Kittlitz (Löbau)
Kittlitz (obersorbisch ) ist ein Dorf in der Oberlausitz und seit 2003 Ortsteil der sächsischen Stadt Löbau. Das Pfarrdorf ist eine der ältesten Ortschaften der Oberlausitz und war der Stammsitz der Herren von Kittlitz, dem ältesten Adelsgeschlecht der Oberlausitz.
Kittlitz Stadt Löbau | |
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Höhe: | 265 m ü. NN |
Einwohner: | 2057 (31. Dez. 2017) |
Eingemeindung: | 1. Januar 2003 |
Postleitzahl: | 02708 |
Vorwahl: | 03585 |
Lage von Kittlitz auf dem Gebiet der Stadt Löbau | |
Geographie
Kittlitz liegt etwa vier Kilometer nördlich des Löbauer Stadtzentrums nahe der Georgewitzer Skala am nordöstlichen Fuß des Lauchaer Schafberges. Umgebende Orte sind Krappe im Norden, Oppeln im Nordosten, Bellwitz im Osten, Georgewitz im Südosten, Unwürde im Süden, Laucha im Südwesten, sowie Carlsbrunn und Wohla im Nordwesten.
Geschichte
Ortsgeschichte
Funde jungsteinzeitlicher und bronzezeitlicher Werkzeuge sowie aus der frühen Eisenzeit belegen, dass die Kittlitzer Umgebung schon in der Frühzeit besiedelt war. Nach der Völkerwanderung siedelte der westslawische Stamm der Milzener in der Oberlausitz und legte auch das Dorf Kittlitz mit einem Burgwall an.
Kittlitz war bereits im 10. Jahrhundert vermutlich Standort einer slawischen Befestigungsanlage, aus der sich später eine Wasserburg und im 18. Jahrhundert das noch heute erhaltene Schloss Kittlitz entwickelte. In der Zeit der deutschen Ostsiedlung wurde Kittlitz durch deutsche Siedler vergrößert und als Missionsstation zur Christianisierung der Sorben genutzt. König Karl IV. bestätigte am 17. April 1348 Heinrich von Kittlitz die Steuerfreiheit sowie die niedere und obere Gerichtsbarkeit, wobei letztere noch im gleichen Jahrhundert an die Stadt Löbau überging.
Auch geistlich hatte Kittlitz zu dieser Zeit weitreichenden Einfluss. Die Kirche betreute vor der Stadtgründung bereits 31 Orte. Somit ist es nicht verwunderlich, dass die Kapelle aus dem 11. Jahrhundert 1252 durch den Bau eines gotischen Kirchengebäudes ersetzt werden konnte.
Mitte des 14. Jahrhunderts ging die Herrschaft über die beiden örtlichen Herrengüter an die Familie von Nostitz bzw. die Familie von Gussigk über. Erst im 18. Jahrhundert gelangten beide wieder in eine Hand und gehörten ab 1750 Karl Gotthelf von Hund und Altengrotkau. Unter seiner Herrschaft erfolgte ein Kirchenneubau, der sich von 1749 bis 1775 erstreckte. Markant ist der eingemauerte Grabstein des Friczko von Nostitz, auf dem die Jahreszahl 1288 zu lesen ist.[1]
Im Zuge der Befreiungskriege war Kittlitz Anfang des 19. Jahrhunderts militärischer Lagerplatz.
Am 1. April 1894 begann der Bau der Nebenbahn Löbau–Weißenberg. Sie wurde am 1. August des Folgejahres eingeweiht und brachte Kittlitz einen Bahnanschluss. Der Personen- und Güterverkehr wurde am 27. Mai 1972 eingestellt und die Strecke später abgebaut.
Seit 1909 gehörte das Rittergut Kittlitz der freiherrlichen Familie von Salza und Lichtenau.
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs verließen die Bewohner vom 18. bis zum 28. April sowie vom 6. bis zum 12. Mai 1945 das Dorf. Nach dem Krieg wurde das Rittergut Kittlitz der Familie von Salza und Lichtenau enteignet und die Familie vertrieben. In das Schloss zog die Gemeindeverwaltung ein. Zudem wurden hier auch eine Kinderkrippe, ein Kindergarten, der Schulhort und die Schulküche untergebracht. Weiterhin gab es Platz für einen Zahnarzt und eine Gemeindeschwester und mehrere Wohnungen.
Nach der Wende hat die Gemeinde, die durch die Gemeindegebietsreform 1994 enorm angewachsen war, verschiedentliche Investitionen getätigt. Vier davon stellten sich später als kommunale Fehlinvestitionen heraus, durch die ein Schuldenberg von 21,6 Millionen Euro angehäuft wurde, der dazu führte, dass die Gemeinde handlungsunfähig wurde. Die sächsische Staatsregierung initiierte darauf hin einen Zusammenschluss mit Löbau, was in der Stadt auf Negativkritik stieß und in Kittlitz durch einen Bürgerentscheid abgelehnt wurde.
Nach diversen Zusagen des Freistaates erbrachte ein zweiter Bürgerentscheid schließlich das von der Staatsregierung gewünschte Resultat. Der Stadt Löbau wurde zugesichert, dass der Freistaat Sachsen für fünf Jahre den Jahreszins für 5 Millionen Euro Schulden der Stadt für ein unverkäufliches Gewerbegebiet übernähme. Mit der Eingemeindung nach Löbau übernahmen die Stadt und der Freistaat die Schulden der Gemeinde je zur Hälfte. Dadurch stieg die Pro-Kopf-Verschuldung in Löbau von 871 auf 1200 Euro.
Ortsteil Neukittlitz
Ursprung der kleinen Siedlung nördlich des Kittlitzer Dorfkerns ist eine zum Rittergut Kittlitz gehörende Ziegelei mit Brennofen und Lehmgrube, welche Karl Gotthelf Freiherr von Hund und Altengrotkau im 18. Jahrhundert im Zusammenhang mit dem Neubau der Kittlitzer Kirche und der Erweiterung zweier Rittergüter angelegen ließ. Wenig später entstand hier eine kleine Tagelöhnersiedlung mit zwölf Anwesen.
1912 wurde in Neukittlitz ein Vorwerk des Kittlitzer Rittergutes eingerichtet, dessen Gebäude noch erhalten sind. Genutzt wurde dieses Vorwerk hauptsächlich für die Kälberzucht. Eine Kartusche am Stallgebäude mit einem Monogramm erinnert an die ehemaligen Besitzer, die Familie von Salza.[2]
Mit Einführung der Straßennamen in Kittlitz erhielt die Siedlung die amtliche Bezeichnung Neukittlitz. 2003 wurde sie zusammen mit dem Ort nach Löbau eingemeindet und ist heute einer der 32 offiziellen Stadtteile der Großen Kreisstadt Löbau. Unweit von Neukittlitz, am Glossener Flösschen in Richtung Krappe liegt das Flurstück Ewige Brache. Hier wurden im Mittelalter außerhalb besiedelter Gebiete die Pesttoten bestattet.[2]
Eingemeindungen
Zum 1. April 1938 wurden die Nachbargemeinden Laucha und Unwürde eingemeindet. Ihnen folgten am 1. April 1974 die Gemeinden Carlsbrunn, Krappe, Oppeln und Wohla.[3] Im Zuge der sächsischen Gemeindegebietsreform wurden am 1. März 1994 die Gemeinden Georgewitz-Bellwitz, Kleinradmeritz und Lautitz nach Kittlitz eingegliedert[3], so dass die Gemeinde auf 34 Quadratkilometer und etwa 2800 Einwohner vergrößert wurde. Die 15 Ortsteile der Großgemeinde waren Alt-Cunnewitz, Bellwitz, Carlsbrunn, Georgewitz, Glossen, Kittlitz, Kleinradmeritz, Krappe, Laucha, Lautitz, Mauschwitz, Neu-Cunnewitz, Neukittlitz, Oppeln und Wohla. Unwürde war inzwischen mit Kittlitz so sehr zusammengewachsen, dass eine gesonderte Ausweisung als Ortsteil nicht mehr erfolgte.
Am 1. Januar 2003 wurde Kittlitz nach Löbau eingemeindet.[4]
Bevölkerungsentwicklung
Jahr | Einwohner |
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1834[5] | 477 |
1871 | 624 |
1890 | 671 |
1910 | 812 |
1925 | 769 |
1939 | 1.170 |
1946 | 1.508 |
1950 | 1.570 |
1964 | 1.313 |
1990[6] | 1.739 |
1993 | 1.681 |
1998 | 2.839 |
2002 | 2.721 |
Im Jahr 1777 wirtschafteten in Kittlitz 32 Gärtner und 30 Häusler.
Die erste Bevölkerungserhebung in Sachsen, in der nicht die Besitzverhältnisse, sondern jeder einzelne Einwohner gleichwertig gezählt wurde, erfolgte im Jahr 1834. Die Bevölkerung vergrößerte sich innerhalb eines halben Jahrhunderts von 477 Einwohnern auf 671 im Jahr 1890.
Arnošt Muka ermittelte Anfang der 1880er, dass die Bevölkerung damals noch zu etwa einem Drittel aus Sorben und zwei Dritteln aus Deutschen bestand. Von den 674 ermittelten Einwohnern waren 229 Sorben.[7] Diese sprachen den Löbauer Dialekt des Obersorbischen. Ernst Tschernik zählte 1956 in der Gemeinde Kittlitz einen sorbischsprachigen Bevölkerungsanteil von nur noch 3,1 % bzw. insgesamt 47 Sprecher.[8] Die letzte sorbische Messe in der Kittlitzer Kirche wurde unter Pfarrer Mroßak 1926/27 gehalten.[9] Auf dem Friedhof befinden sich bis heute die zweisprachigen Grabmale der Pfarrer Johann Karl Rentsch und Michael Domaschke sowie jenes des sorbischen Komponisten Korla Awgust Kocor, der über Jahrzehnte Kantor in Kittlitz war.
Bis 1910 ergab sich ein weiteres Bevölkerungswachstum auf 812 Einwohner, fiel danach bis 1925 auf 769 ab. Durch die Eingemeindung von Laucha und Unwürde stieg die Einwohnerzahl bis zum Jahr 1939 auf nahezu 1200. Nach dem Kriegsende fanden viele Flüchtlinge in Kittlitz Unterschlupf, so dass die Bevölkerung auf über 1500 Einwohner anwuchs.
Der anschließend eintretende Bevölkerungsrückgang konnte 1974 durch Eingemeindungen kompensiert werden, so dass die Gemeinde 1990 über 1700 Einwohner aufwies. Bis 1993 war zwar ein Rückgang auf 1681 Einwohner festzustellen, durch die anschließende Gemeindereform wuchs die Gemeinde jedoch auf über 2700 Einwohner an. Bis zur Eingemeindung im Jahr 2003 bewegten sich die Einwohnerzahlen zwischen 2700 und 2900 Einwohnern.
1925 waren mit 749 Personen 97 % der Bevölkerung Angehörige der evangelisch-lutherischen Landeskirche.
Ortsname
Namensformen von Kittlitz sind unter anderem die Personennamen Chideliz (1160), Kiteliz (1185), Kithelicz (1290) und Kethelicz (1319) sowie die daraus entstandenen Ortsnamen Kitlicz (1390) und Kytlitz (1491). Die Form Kittlitz ist für das Jahr 1529 belegt. Die sorbische Namensform Ketlicy ist für das Jahr 1843 belegt. Sie entwickelte sich aus Ketlize und Kettlizy (18. Jahrhundert).
Als Ursprung für den deutschen wie für den sorbischen Ortsnamen gehen Jan Meschgang (1973)[10] sowie Hans Walther und Ernst Eichler (1975)[11] von einem Personennamen aus. Meschgang schließt einen Ursprung vom sorbischen koteł „Kessel“ aufgrund der Schreibweise mit -e- und -i- explizit aus.
Nahverkehr
Kittlitz wird durch mehrere Buslinien der Kraftverkehrsgesellschaft Dreiländereck (KVG) angefahren. So bestehen beispielsweise Verbindungen nach Weißenberg und Löbau. Einige Fahrten werden als Rufbusfahrt angeboten.
Evangelisches Kirchspiel
- Pfarrer
- Christian Friedrich Brahz (* 16. September 1723 in Voigtshagen, Landkreis Greifenberg i. Pom.; † 1796 in Kittlitz), Pädagoge und evangelischer Pfarrer, übernahm am 27. Oktober 1753 das Pfarramt in Kittlitz, das er bis zu seinem Tod innehatte.[12]
Persönlichkeiten
Gebürtige Kittlitzer Persönlichkeiten sind unter anderem:
- Anna II. von Kittlitz (1488–1558), Äbtissin von Gernrode
- Christian Gottlieb Buder (1693–1763), Jurist und Bibliothekar
- Martin Rentsch (1853–1911), sorbischer Pfarrer und Wissenschaftler mit besonderem Bezug zur Orts- und Kirchengeschichte seiner Heimat
- Johannes Georg Rentsch (1856–1916), sorbischer Oberpfarrer und Mitglied der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften
- Max Wünsche (1914–1995), SS-Standartenführer
- Frieder Jelen (* 1943), Minister für Umwelt in Mecklenburg-Vorpommern und Landrat des Kreises Demmin
In Kittlitz trat der sorbische Musiker und Komponist Korla Awgust Kocor (1822–1904) im Jahr 1852 die Stelle eines Lehrers und Organisten an. Nach seiner Pensionierung blieb er in Kittlitz, wo die meisten seiner bekannten Kompositionen entstanden. Der Gärtner und Sachbuchautor Max Jubisch hatte 1881 in Kittlitz die Gärtnerei übernommen und war dort bis an sein Lebensende tätig.
Quellen und weiterführende Verweise
Literatur
- Zwischen Löbau und Herrnhut (= Werte der deutschen Heimat. Band 56). 1. Auflage. Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1996, ISBN 3-7400-0935-7, S. 67–72.
- Peter Altmann/ Lars-Arne Dannenberg (Hrsg.): Kittlitz – Dorf und Herrschaft in der Geschichte, Görlitz/Zittau 2010.
- Cornelius Gurlitt: Kittlitz. In: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen. 34. Heft: Amtshauptmannschaft Löbau. C. C. Meinhold, Dresden 1910, S. 242.
- Karl-Heinz Noack: Aus der Geschichte des Dorfes Kittlitz und seiner umliegenden Orte (anlässlich der 850-Jahrfeier von Kittlitz), Spitzkunnersdorf 2010. ISBN 978-3-941908-07-9.
- Johannes Georg Rentsch: Geschichte der Kirche und Kirchfahrt Kittlitz. Bautzen 1884.
Einzelnachweise
- Bild des Grabsteins auf loebaufoto.de
- Info zu Neukittlitz auf www.loebaufoto.de
- Gemeinden 1994 und ihre Veränderungen seit 01.01.1948 in den neuen Ländern, Verlag Metzler-Poeschel, Stuttgart, 1995, ISBN 3-8246-0321-7, Herausgeber: Statistisches Bundesamt
- StBA: Änderungen bei den Gemeinden Deutschlands, siehe 2003
- Kittlitz im Digitalen Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen
- Regionalregister Sachsen. Abgerufen am 12. September 2008.
- Ernst Tschernik: Die Entwicklung der sorbischen Bevölkerung. Akademie-Verlag, Berlin 1954, S. 105.
- Ludwig Elle: Sprachenpolitik in der Lausitz. Domowina-Verlag, Bautzen 1995, S. 253.
- Peter Altmann, Lars-Arne Dannenberg (Hrsg.): Kittlitz. Dorf und Herrschaft in der Geschichte 1160–2010. Görlitz/Zittau, 2010, S. 271.
- Jan Meschgang: Die Ortsnamen der Oberlausitz. 2. Auflage. Domowina-Verlag, Bautzen 1979, S. 59 (bearbeitet von Ernst Eichler).
- Ernst Eichler, Hans Walther: Ortsnamenbuch der Oberlausitz – Studien zur Toponymie der Kreise Bautzen, Bischofswerda, Görlitz, Hoyerswerda, Kamenz, Löbau, Niesky, Senftenberg, Weißwasser und Zittau. I Namenbuch. In: Deutsch-slawische Forschungen zur Namenkunde und Siedlungsgeschichte. Band 28. Akademie-Verlag, Berlin 1975, S. 127.
- Lausitzer Monatsschrift, Band 1, Görlitz 1797, S. 252–254, Nr. 28 (online)
Weblinks
- Webseite zu Kittlitz und seiner Geschichte
- Informationen über Kittlitz auf der Website der Stadt Löbau
- Fotos und ortskundliche Informationen zu Kittlitz