Katapult
Katapult (altgriechisch καταπέλτης katapeltēs, von κατά- kata- „gegen, wider“ und πάλλειν pallein „schleudern“), auch Wurfmaschine genannt, bezeichnet eine große, nicht tragbare Fernwaffe, welche Geschosse mittels mechanischer Energie aus dem ruhenden Zustand stark beschleunigt.
Geschichte
Antike
In der Wehrtechnik bezeichnet man mit dem Begriff „Katapult“ oder „Wurfschleuder“ seit dem Altertum gebaute Wurfmaschinen, die zunächst nur zum Abschießen von Steinen und Pfeilen genutzt wurden. Was unter den verschiedenen Formen wie „Ballista“ oder „Euthytonon“ genau verstanden wurde, ist in der Wissenschaft zum Teil umstritten.
Die Entstehung wird in Syrakus zur Zeit des Dionysios I. im 4. Jahrhundert v. Chr. vermutet. Eingesetzt wurden diese vorwiegend als Belagerungswaffe. Armeen führten meist keine oder nur wenige Katapulte mit sich, weil der Transport sehr aufwändig war und durch die breite Verfügbarkeit von Holz überall neue gebaut werden konnten. Als Antriebsmedium für diese auch als Onager bezeichneten Katapulte wurden meist unter Spannung stehende Materialien (Holz, Seil oder Sehnen) eingesetzt, die vorher durch die Arbeit des Bedienpersonals gespannt werden mussten.
Mittelalter
Ende des 12. Jahrhunderts wurden in Italien Mangen (den antiken Ballisten entsprechend)[1] verwendet. Laut dem Liber ad honorem von 1196 kamen sie in größerer Zahl bei der staufischen Eroberung Siziliens zum Einsatz.[2] Sie wurden auch als Tarrant, Notstal, Springolf oder Selbschoß bezeichnet und üblicherweise von Mauleseln gezogen.[3] Sie waren auch auf Stadtmauertürmen aufgestellt.
Ab dem frühen 13. Jahrhundert wurden sie durch die effizienteren und weitaus größeren Bliden ersetzt, vermutlich eine byzantinische Entwicklung, die von Kreuzfahrern und Arabern übernommen wurde. Neben Steinen und Pfeilen konnten Katapulte auch Brandgeschosse wie Falarika schleudern. Im Spätmittelalter wurden sehr große Bliden gebaut. Gelegentlich wurden Menschen, meist Gefangene, über Stadt- oder Festungsmauern katapultiert. Dies war einerseits eine Hinrichtungsmethode, meist sollte damit aber der Gegner hinter den Mauern demoralisiert werden. Nicht zuletzt war die Verwendung von Pestleichen oder anderweitig mit Krankheitserregern kontaminierten Menschen- oder Tierleichen als Geschosse eine frühe Form biologischer Kriegsführung, so zum Beispiel während der Belagerung von Kaffa durch die Tataren im 14. Jahrhundert.
Ein verbreitetes Katapult seit dem 11. Jahrhundert war die Zugblide (französisch pierrière). Sie war kleiner und leichter als die Blide ohne Gegengewicht. Der Wurfarm wurde mit Muskelkraft über Seile betätigt. Sie verschoss hauptsächlich Steinkugeln bis etwa 80 m mit einer Schussfolge bis zu 2/Minute und diente in erster Linie der Verteidigung, kam aber auch im Angriff zum Einsatz. Sie wurde oft von Frauen bedient. Ein berühmtes Opfer war Simon IV. de Montfort bei der Belagerung von Toulouse 1218.
Neuzeit
Durch den allgemeinen technischen Fortschritt wurden auch Katapulte mit Stahlfedern möglich. Es sind diverse Ausführungen bekannt, die allerdings keine besondere Verbreitung gefunden haben.[4] Mit dem Beginn der Neuzeit wurden Katapulte weitgehend von treibmittelbetriebenen Geschützen verdrängt, die eine größere Reichweite und höhere Zielgenauigkeit ermöglichten.
Noch im Ersten Weltkrieg wurden Katapulte militärisch verwendet, um Handgranaten über das „Niemandsland“ in feindliche Schützengräben zu schleudern. Improvisierte Katapulte wurden auch im Zweiten Weltkrieg genutzt, um Handgranaten oder Brandsätze in Straßenkämpfen weit schleudern zu können, und die britische Panzerabwehrwaffe PIAT nutzte eine Kombination aus Federkraft und chemischer Treibladung.
Bauformen
Die Bezeichnungen der verschiedenen Bauformen der Katapulte sind nicht einheitlich. Sie variieren stark von der Epoche und der damals vorherrschenden Sprache.
Grundsätzlich wurden zwei Prinzipien, die Federkraft und die Zugkraft, eingesetzt. Das Ziel war es, dem Geschoss eine möglichst hohe kinetische Energie mit auf den Weg zu geben und das Ziel möglichst genau zu treffen. Bei Katapulten mit einem Hebelarm befand sich am Ende des Hebelarms zusätzlich ein Schleuderseil, welches ähnlich einer Schleuder wirkte. Als Alternative hierzu gab es auch Katapulte mit einer Schale oder Korb für das Geschoss am Ende des Hebelarms.
Federkraft
Die Federkraft war für leichte und mittlere Katapulte das geeignete Prinzip. Die Kraft wurde von einer Blattfeder oder einer Torsionsfeder (Torsionsgeschütz) erzeugt.[4] Um eine größere Energie zu speichern, wurden diese zum Teil auch gleichzeitig genutzt.
- Einarmiges Torsionskatapult (horizontal), genannt Onager und Mangonel
- Zweiarmiges Torsionskatapult (vertikal), genannt Balliste bzw. Skorpion, Euthytonon (Speerschleuder), Palintona und Cheiroballistra bzw. Manuballista
- Einarmige Blattfeder (horizontal)
- Zweiarmige Blattfeder (vertikal), genannt Bogenkatapult
- Mehrere zweiarmige Blattfedern in Reihe
- Mischformen zwischen Torsions- und Blattfeder
- Einarmiges Torsionskatapult
- Zweiarmiges Torsionskatapult
- Einarmiges Blattfederkatapult
- Zweiarmiges Blattfederkatapult
- Mehrere zweiarmige Blattfederkatapulte in Reihe
- Zweiarmige Torsions- und Blattfederkatapulte
Zugkraft
Mittlere und große Katapulte verwendeten die Zugkraft eines Gegengewichts, erzeugt durch die Schwerkraft. Bei kleineren Modellen wurde auch die Zugkraft von Menschen eingesetzt. Bei der Blide bzw. Trebuchet befand sich am Ende des Hebelarms zusätzlich ein Schleuderseil.
- Zugblide mit Schleuderseil
- Gegengewicht mit Schleuderseil
- Gegengewicht ohne Schleuderseil
Siehe auch
- Onager, Balliste, Blide und Warwolf
- Steinschleuder
Literatur
- Hans Aufheimer: Schiffsbewaffnung von den Anfängen bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. VEB Hinstorff Verlag, Rostock 1983.
- Friedrich Engels: Katapult. in Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, Seite 265. Dietz Verlag, Berlin. Band 14, 4. Auflage 1972. unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1961, Berlin/DDR. Onlineversion in The New American Cyclopædia, Band IV.
- W. Gohlke: Das Geschützwesen des Altertums und des Mittelalters, in Band 6 (1912–1914) der Zeitschrift fuer historische Waffenkunde, Verlag: Verein für historische Waffenkunde, Dresden, 1915, Seiten 12 bis 22. (online-Digitalisat)
- Robert Grosse, Römische Militärgeschichte von Gallienus bis zum Beginn der byzantinischen Themenverfassung, 1920, ISBN 978-0-405-07083-9, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
- Hans Michael Schellenberg: Diodor von Sizilien 14,42,1 und die Erfindung der Artillerie im Mittelmeerraum. Frankfurter elektronische Rundschau zur Altertumskunde 3 (2006), Seiten 14–23. Frankfurt 21. Dezember 2006. Onlineversion in der Hochschulbibliothek Frankfurt (PDF; 209 kB)
- Günter Ulbert: Der Auerberg, C.H.Beck Verlag, München 1994 ISBN 978-3-406-37500-2, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
- Bernhard Rathgen: Das Geschütz im Mittelalter. Quellenkritische Untersuchungen. VDI-Verlag, Berlin 1928, S. 578ff.: Zum Trebuchet und anderen Fernwaffen vor Erfindung des Schießpulvers. (Reprint. VDI-Verlag, Düsseldorf 1987, ISBN 3-18-400721-9; in den Schlussfolgerungen nicht unbedingt aktuell, aber eine einzigartige Quellensammlung).
- Eugène Viollet-le-Duc: Engins, in: Dictionnaire raisonné de l’architecture française du XIe au XVIe siècle. Tome 5. B. Bance, Paris 1861 (französischer Volltext bei Wikisource) – ab S. 218 Abschnitt Engins de Guerre über frühe Geschütze und Lafetten, auch als ISBN 3-8491-4697-9.
Weblinks
- Literatur von und über Katapult im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
- Alfred Geibig: Die Macht des Feuers - ernstes Feuerwerk des 15. - 17. Jahrhunderts im Spiegel seiner sächlichen Überlieferung. Kunstsammlungen der Veste Coburg, Coburg 2012, ISBN 978-3-87472-089-2, S. 227–266.
- Etwa in fol. 104r, 109r, 111r, 114r u. a.
- Karrenballiste. In: Brockhaus Konversations-Lexikon 1894–1896, 10. Band, S. 190.
- W. Gohlke: Das Geschützwesen des Altertums und des Mittelalters, Seiten 12 bis 22.