Kastanienallee (Berlin-Prenzlauer Berg)
Die Kastanienallee ist eine 950 Meter lange Allee, die im Berliner Ortsteil Prenzlauer Berg an der Eberswalder Straße/ Ecke Schönhauser Allee beginnt und bis zur Fehrbelliner Straße im Ortsteil Mitte führt. Sie verbindet den Weinbergsweg im Süden mit der Pappelallee im Norden.
Kastanienallee | |
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Blick nach Norden | |
Basisdaten | |
Ort | Berlin |
Ortsteil | Prenzlauer Berg |
Angelegt | 1826 |
Anschlussstraßen | Weinbergsweg (südlich), Pappelallee (nördlich) |
Querstraßen | (Auswahl) Oderberger Straße, Schwedter Straße |
Nutzung | |
Nutzergruppen | Fußverkehr, Radverkehr, Autoverkehr, ÖPNV |
Technische Daten | |
Straßenlänge | 950 Meter |
Die kreuzende Schwedter Straße teilt die Kastanienallee in einen längeren (nördlichen) Teil, der zum Ortsteil Prenzlauer Berg gehört, und einen kleineren zum Ortsteil Mitte gehörenden Abschnitt.
Neben der hier behandelten Straße tragen noch sechs weitere Berliner Straßen den Namen Kastanienallee.
Geschichte
Die Kastanienallee wurde 1826 vom Grundbesitzer Wilhelm Griebenow als Verlängerung des Weinbergsweges angelegt und erhielt ihren Namen nach ihrer Erstbepflanzung, den Rosskastanien, die hier damals als Alleebäume gepflanzt wurden.
Nach der politischen Wende wurden die Häuser größtenteils saniert und modernisiert sowie Kriegslücken geschlossen. Ende der 1990er Jahre wurden auf kompletter Länge neue Kastanien gepflanzt. Die Kastanienallee und ihre Umgebung wurden ein beliebtes Vergnügungsviertel mit vielen Kneipen und Galerien, das einen Ruf als eine „Szenemeile“ hat, zum Beispiel in zahlreichen Berlin-Reiseführern. Durch die Gentrifizierung des Gebietes und die zunehmende Geschäftstätigkeit fand eine Verteuerung der Mieten statt, sodass viele der früheren Hausbewohner abwanderten.
Im Berliner Volksmund wird die Kastanienallee wegen ihrer teils exklusiven Designerboutiquen samt entsprechendem Publikum mitunter scherzhaft auch „Castingallee“ genannt.[1] Der Kabarettist Rainald Grebe dichtete dazu ein gleichnamiges Lied.[2]
Ausbau
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung plante 2011/2012 eine Verringerung der Anzahl der Pkw-Stellplätze, wofür rund 1,5 Millionen Euro geplant waren.[3][4] Der Umbau war bei den Anwohnern umstritten. Eine Bürgerinitiative erreichte mit einem Bürgerbegehren zunächst einen Stopp der Planungen.[5]
Da es zu keiner Einigung zwischen Bürgerinitiative und Bezirksamt kam, wurde im Sommer 2011 nur der Gehweg restauriert und teilweise umgebaut. Dabei wurden an den Straßenbahnhaltestellen Kaps eingerichtet, die das Ein- und Aussteigen erleichtern. Alle Bäume blieben erhalten.[6]
Die Radwege wurden auf einer Länge von rund 1200 Metern auf dem Streckenabschnitt zwischen Schönhauser Allee und Schwedter Straße im Auftrag der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz und durch das landeseigene Unternehmen Infravelo als Bauherr und Projektsteuerer zwischen März und April 2019 mit grüner Farbe gekennzeichnet.[7]
Besonderheiten und Baubeispiele
Gedenkmosaik
Am nördlichen Ende der Kastanienallee auf dem Fußgängerweg an der Schönhauser Allee erinnert ein 1999 eingelassenes Mosaik des Berliner Künstlers Manfred Butzmann an die Brüder Skladanowsky. Die Pioniere der Kinematografie hatten im dortigen Eckhaus der Kastanienallee auf dem Dachboden ihr Atelier und Max Skladanowsky filmte bereits 1896 vom Dach des Hauses die Straßenkreuzung. Vier Jahre zuvor, am 20. August 1892, hatte Skladanowsky seinen Bruder Emil bei gymnastischen Übungen im dortigen Atelier des Fotografen Fenz aufgenommen; es sind die ersten deutschen Filmaufnahmen.
Haus Nummer 77
Seit 1998 befindet sich im Vorderhaus der Kastanienallee 77 das kleine Programmkino Lichtblick-Kino,[8] das mehrmals den Kinoprogrammpreis erhielt.[9] Das Haus Kastanienallee 77 oder kurz K77[10] wurde laut Denkmaldatenbank bereits 1852/1853 vom Dampfsägewerksbesitzer Arnheim als Bauherr erbaut und 1893/1894 zu einem Mietshaus umgebaut.[9] Nach Information des K77 wurde das Vorderhaus bereits 1848 errichtet.[9] Man kann davon ausgehen, dass sich in der Mitte des 19. Jahrhunderts hinter dem Vorderhaus demnach ein frühindustrielles Dampfsägewerk mit einem größeren Kessel befand.[9] Derartige Dampfkessel und Maschinen wurden seit den 1840er Jahren in Feuerland, der industriellen Keimzelle Berlins, in der Chausseestraße von Franz Anton Egells, August Borsig und anderen gebaut.[9] 1992 wurde das leerstehende, verfallende Haus von der Gruppe Vereinigte Varben Wawavox mit der Kunstaktion Kunst-Besetzen-1.Hilfe besetzt – und gerettet![9] 1995 bis 1998 wurde das Haus totalsaniert.[9] Dort befindet sich ein selbstverwaltetes gemeinschaftliches Wohnen.[11]
Häuser Nummer 7–9 und Hirschhof
Schräg gegenüber liegt der Berliner Prater, ein traditionsreicher Biergarten. In der Nähe befindet sich ein Eingang zum Hirschhof, einem der Zentren der alternativen DDR-Kultur, der sich im Straßenblock zwischen Kastanienallee, Oderberger Straße und Eberswalder Straße befindet.
Haus Nummer 86 und Zionskirche
Im Südosten öffnet sich die Kastanienallee zum Zionskirchplatz mit der Zionskirche. Hier befand sich bis 1989 eines der Zentren der kirchlichen Bürgerrechtsbewegung. Im Haus Nummer 86 befindet sich das Tuntenhaus, ein von schwulen Männern bewohntes und ehemals besetztes Haus.
Haus Nummer 97
Hier entstand in einer Baulücke der Puhlmannshof, ein kleines Bauensemble, das wie ein Mäander die Baufluchtlinie unterbricht, das heißt, die Kastanienallee öffnet sich hier. Die fünfgeschossigen Häuser beherbergen von der zweiten bis zur fünften Etage Wohnungen, im Erdgeschoss sind Geschäfte eingezogen. Errichtet wurde der Komplex nach Plänen der Architekten Grüntuch Ernst, die sich damit am Wettbewerb um den Preis des Bundes Deutscher Architekten 2018 bewerben.[12]
Weblinks
- Kastanienallee. In: Straßennamenlexikon des Luisenstädtischen Bildungsvereins (beim Kaupert)
Einzelnachweise
- Henning Sußebach: Bionade-Biedermeier, Teil 2. In: zeit.de
- Liedtexte von Rainald Grebe (Memento vom 24. März 2010 im Internet Archive)
- Umbau der Kastanienallee dauert bis 2012. In: Berliner Morgenpost, 23. November 2010
- Bauarbeiten in der Kastanienallee beginnen. In: Welt Online. 11. April 2011, archiviert vom Original am 19. April 2011; abgerufen am 11. April 2011.
- Initiative sammelt Unterschriften gegen Kastanienallee-Umbau. In: Berliner Morgenpost. 30. März 2011, abgerufen am 11. April 2011.
- Barrierefreier Ausbau der Gehwege ist abgeschlossen. In: Berliner Woche. 15. Januar 2015, abgerufen am 22. November 2015.
- Grünbeschichtung - Kastanienallee. Abgerufen am 25. April 2019.
- Homepage des Lichtblick Kino (Memento vom 9. Februar 2010 im Internet Archive)
- Night Out @ Berlin – Stadtkultur im Film – Jakob-Kirchheim-Retrospektive en miniature im Kino Lichtblick. In: nightoutatberlin.jaxblog.de. 1. März 2010, abgerufen am 26. Mai 2016.
- Kastanienallee 77 – Kunst- und Kulturprojekt. In: k77.org. Abgerufen am 26. Mai 2016.
- Stiftung Trias: Wohnprojekte Portal: Kastanienallee 77. In: wohnprojekte-portal.de. 16. März 2015, abgerufen am 26. Mai 2016.
- Nikolaus Bernau: Schöne neue Arbeitswelt. In: Berliner Zeitung, 20. September 2018, S. 10 (Printausgabe).