Karawankentunnel (Eisenbahn)
Der Karawankentunnel (slowenisch Predor Karavanke) ist der längste Eisenbahntunnel im Verlauf der Rosentalbahn bzw. Karawankenbahn. Er wurde in den Jahren 1901 bis 1906 erbaut und am 30. September 1906 in Betrieb genommen. Ursprünglich zweigleisig angelegt, ist er nach einer umfassenden Sanierung seit Juli 2021 nur noch eingleisig.
Karawankentunnel Predor Karavanke | ||||
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Nutzung | Eisenbahntunnel | |||
Verkehrsverbindung | Rosentalbahn | |||
Ort | Nordportal: Sankt Jakob im Rosental Südportal: Jesenice | |||
Länge | 7976 m | |||
Anzahl der Röhren | 1 | |||
Größte Überdeckung | 637 m | |||
Bau | ||||
Fertigstellung | 30. September 1906[1] | |||
Betrieb | ||||
Betreiber | ÖBB Infra / SŽ | |||
Karte | ||||
Lage | ||||
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Koordinaten | ||||
Südportal | 46° 26′ 57″ N, 14° 0′ 56″ O | |||
Nordportal | 46° 31′ 15″ N, 14° 1′ 33″ O |
Geografische Lage
Der Tunnel führt etwa 637 m unter dem Karawankenkamm durch das Gebirge. Im Tunnel wird die Staatsgrenze zwischen Österreich und Slowenien überquert. Das Nordportal befindet sich ungefähr 800 m südlich des Bahnhofs Rosenbach, das Südportal auf dem Gemeindegebiet von Jesenice (Aßling) in der Ortschaft Hrušica (Birnbaum).
Technische Parameter
Der Tunnel ist 7976 m lang, eingleisig und die Strecke ist elektrifiziert. Das Profil ist etwas kleiner als das des nördlich gelegenen Tauerntunnels.[2]
Geschichte
Planung, Bau und Betrieb
Als Projektant des Tunnels trat der Eisenbahnpionier Herrmann Bachstein auf, der sich bereits an vielen anderen Orten mit seinen Projekten – u. a. in Thüringen – einen Namen gemacht hatte.[3] Im Jahre 1901 begann der Bau des Eisenbahntunnels. 4000 Arbeiter waren am Projekt beteiligt. Schlagende Wetter erschwerten die Konstruktion massiv. Oft trat Methangas aus dem Berg aus und entzündete sich. Hauptsächlich deswegen starben 50 Arbeiter während der Errichtung.
Die Kosten für die Errichtung betrugen rund 36 Millionen Österreichische Kronen, umgerechnet 200 Millionen Euro. Neueste Maschinen ermöglichten einen durchschnittlichen Vortrieb von 4,5 Metern pro Tag. Das Aushubmaterial wurde bereits mit Elektrolokomotiven abtransportiert.[4]
Im Zuge des Baus wurde bereits 1902 in Rosenbach, einem Ortsteil von St. Jakob im Rosental, ein eigenes Kraftwerk errichtet. Seit der Fertigstellung des Tunnels versorgt es die Eisenbahninfrastruktur mit 50-Hz-Drehstrom.
Am 30. September 1906 durchfuhr ein Festzug von Villach kommend den Tunnel. Dieser wurde am gleichen Tag mit der Karawankenbahn eröffnet.[5]
Auch während des Kalten Kriegs war der Tunnel in Betrieb, obwohl sich in der Tunnelmittel die Grenze zwischen dem ehemaligen Jugoslawien als Staat des Ostblock und dem neutralen Österreich befand. Trotz der Bewachung wurde der Tunnel als Fluchtweg genutzt, um aus Ländern des Ostblocks nach Österreich zu gelangen. Einer der Personen, die so die Grenze überquerten, war 1975 der Musiker Leslie Mandoki.[6][7]
Umbau und Sanierung 2020/21
Vom 5. Oktober 2020 bis zum 10. Juli 2021 wurde der Tunnel für Sanierungsarbeiten vollständig geschlossen. Seit dem 11. Juli 2021 ist er wieder in Betrieb. Ein österreichisches Joint Venture bestehend aus STRABAG SE und Dion IC – Ingenieurtiefbau[8] sanierte für Österreich und Slowenien den in die Jahre gekommenen Tunnel.[9] Diese setzte sich bei einem Bieterverfahren, welches nach österreichischem Recht durchgeführt wurde, mit einem Gebot in der Höhe von 73,1 Mio. Euro gegen sieben weitere Anbieter, namentlich die österreichischen Unternehmen Swietelsky, Bahnbau Graz, ÖSTU-Stettin, Rhomberg Bahntechnik und die slowenischen Anbieter SŽ-ŽGP, Tehnična komerciala und GH Holding durch.[10][11] Das Auswahlverfahren wurde bewusst nicht nach slowenischem Recht durchgeführt, da es in Slowenien seit Jahren Usus ist, dass slowenische Firmen, welche sich für öffentliche Ausschreibungen bewerben, diese bis zur letzten Instanz anfechten, wenn sie diese nicht selbst erhalten. Diese Anfechtungen verzögern Projekte in Slowenien immer wieder um Jahre, zuletzt beim Karawanken-Autobahntunnel.[12] Im September 2021 soll die Sanierung vollständig abgeschlossen sein.[13]
Bereits 2015 wurde vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie verlautbart, dass beabsichtigt sei, den Tunnel sicherheitstechnisch zu adaptieren und dauerhaft auf ein Gleis zurückzubauen.[14] Grund dafür war neben dem Alter auch die geringe Nutzung und das kleine Profil, welches es beispielsweise nicht erlaubte, dass zwei Güterzüge zugleich den Tunnel befahren konnten. Vor allem aber entsprach der Tunnel nicht mehr den Ansprüchen der europäischen Gesetzgebung.[15] 2017 wurde daher ein Staatsvertrag zwischen Österreich und Slowenien geschlossen.[2]
Durch den gewonnenen Raum konnte ein Rettungsweg eingebaut und der Tunnel insgesamt auf den neuesten Stand der Technik gebracht werden. Dazu gehörte unter anderem, dass die Oberleitung durch eine Deckenstromschiene ersetzt, die Wasserhaltung und insbesondere die Tunnelsohle saniert wurde, sowie das Tunnelgewölbe durch neue Anker, Bewehrung und Spritzbeton erneuert wurde. Der Tunnel erhielt teilweise eine Spritzgussbetonauskleidung, welche das historische Ziegelmauerwerk an vielen Stellen überdeckt. Dieses wurde zuvor abgefräst. Interventionskorridore wurden eingerichtet, neue Signal- und Sicherheitseinrichtungen installiert, sowie Telekommunikations-, Brandschutz- und Katastrophenhilfesysteme. Die Geschwindigkeit konnte dank der Renovierung von 50 auf 120 km/h[16] steigen und ihn RoLa-tauglich machen. Auch die Portale aus der Kaiserzeit wurden saniert und erstrahlen nun in neuem Glanz. Der nun eingleisige Betrieb soll im Verhältnis zum Verkehrsaufkommen kein Hindernis darstellen.[17] Die Zulaufstrecken zum Tunnel sind teilweise ebenfalls noch eingleisig, ein doppelgleisiger Tunnel soll daher keine wesentliche Kapazitätserweiterung der Strecke bringen. Täglich durchfahren derzeit durchschnittlich zwölf Personen- und fünfunddreißig Güterzüge den Tunnel.[15]
Das Projekt hatte ein Gesamtbudget von 114,9 Millionen Euro. Aufgeteilt auf die Länge im jeweiligen Staatsgebiet trug Slowenien davon 49,6 Millionen Euro, Österreich 65,3 Millionen Euro.[2] Das Projekt wurde von der Europäischen Union im Rahmen des Connecting Europe Facility Programmes finanziell unterstützt.[18][2][15]
Studie für 2. Röhre
Langfristig wird in Erwägung gezogen, gleichwie beim Karawanken-Autobahntunnel, eine zweite Röhre zu bauen, sodass es pro Fahrtrichtung einen Tunnel mit je einem Gleis geben soll. Daher ist mit Stand Sommer 2020 konkret eine Studie in Vorbereitung, welche schon jetzt die beste Position für eine etwaige zweite Röhre festlegen soll. Hier dürfte vor allem die Geologie eine Hauptrolle spielen, da selbige im slowenischen Bereich des aktuellen Tunnels sehr ungünstig ist und beim Bau der ersten Röhre viele Probleme bereitet hat. In einer historischen Baudokumentation wurde beispielsweise beschrieben, wie ein Bohrwagen regelmäßig von nachgebenden Gesteinsmassen erdrückt wurde und immer wieder befreit werden musste. Grubengase und Bergwasser sorgten ebenfalls für massive Probleme. Gleiches galt für die Errichtung des ersten Straßentunnels, welcher in der gleichen Geologie liegt und praktisch parallel zum Eisenbahntunnel verläuft. Bis 2040 soll die aktuelle Lösung mit einem Tunnel und einem Gleis reichen, danach könnte der Bau einer zweiten Röhre anstehen.[19]
Rettungszug
Für die Tunnelsicherheit steht im Verschiebebahnhof Villach Süd ein eigener Rettungszug bereit, der im Ernstfall durch die Freiwillige Feuerwehr und Mitarbeiter der ÖBB besetzt wird.[2]
Literatur
- August Steinermayr: Der Karawanken-Tunnel. In: Allgemeine Bauzeitung, Jahrgang 1906, (Band LXXI), ZDB-ID 2147220-8, S. 95–98. (online bei ANNO). .
- Jos. Fischer: Die Förderung beim Bau des Karawankentunnels (Nord). In: Zentralblatt der Bauverwaltung. Nachrichten der Reichs- und Staatsbehörden. Herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten. Band 23/1906, XXVI. Jahrgang. Wilhelm Ernst & Sohn, Berlin 1906, ZDB-ID 200914-6, S. 149 ff. – Volltext online.
- Victor von Röll: Karawankentunnel. In: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. Band 6 (Güterverkehr – Krisen). 2., vollständig neu bearbeitete Auflage. Urban & Schwarzenberg, Wien 1914, S. 326 f. – Volltext online.
- Gerald Zwittnig, Gudrun Polzhofer-Girstmair, Roland Pavel, Gernot Jedlitschka, Helmut Jannach: Modernisierung des Karawanken Eisenbahntunnels. In: Eisenbahntechnische Rundschau. Nr. 12, Dezember 2021, ISSN 0013-2845, S. 66–72.
Weblinks
Einzelnachweise
- https://kaernten.orf.at/stories/3046452/
- Sanierung des Karawankentunnels beginnt 2020. In: Eisenbahn-Revue International. Nr. 11, November 2018, ISSN 1421-2811, S. 583.
- Winfried Haun: Historische Persönlichkeiten des Kreises Weimarer Land, Bucha 2011, S. 54, ISBN 978-3-936455-94-6
- kaernten ORF at red: Mega-Bauprojekt der Monarchie. 12. Mai 2020, abgerufen am 31. Mai 2020.
- Die Eröffnung der Karawankenbahn. In: Neue Freie Presse, Abendblatt (Nr. 15126/1906), 1. Oktober 1906, S. 5, Mitte oben. (online bei ANNO). .
- Leslie Mandoki: "Das war der berühmte Gulaschkommunismus". Zeit.de, 23. Oktober 2019, abgerufen am 15. September 2021.
- Musiker Leslie Mandoki: "Ein Rebell bin ich immer noch". tagesspiegel.de, 20. Februar 2017, abgerufen am 15. September 2021.
- Besedilo: Urša Peternel Kategorija: Jesenice / ponedeljek, 27 Julij 2020 / 15:01: Železniški predor bo obnovilo avstrijsko podjetje. In: Gorenjski glas. Abgerufen am 28. Juli 2020.
- Prenova železniškega predora Karavanke bo stekla avgusta. Abgerufen am 21. Juli 2020.
- Železniški predor Karavanke bo nadgrajeval Strabag. Abgerufen am 22. Juli 2020 (slowenisch).
- Vsak dan prvi - 24ur.com. Abgerufen am 22. Juli 2020.
- Slovenija in Avstrija v skupen razpis za železniški predor Karavanke. Abgerufen am 22. Juli 2020.
- Baustart für Modernisierung des Karawankentunnels. 18. September 2020, abgerufen am 1. Oktober 2020.
- Stöger unterzeichnet Abkommen mit Slowenien zum Karawanken-Eisenbahntunnel. bmvit, 20. März 2015, abgerufen am 19. November 2015.
- Besedilo: Urša Peternel Kategorija: Jesenice / petek, 29 Marec 2019 / 22:26: V predoru bo le še en tir. In: Gorenjski glas. Abgerufen am 1. April 2019.
- Strabag sperrt und modernisiert den Karawanken-Tunnel. 23. Juli 2020, abgerufen am 29. Juli 2020.
- Besedilo: Urša Peternel Kategorija: Jesenice / nedelja, 27 September 2020 / 06:38: Železniški predor obnavljajo avstrijski delavci. In: Gorenjski glas. Abgerufen am 5. Oktober 2020.
- Ein Jahr Bauzeit: ÖBB investieren 110 Millionen Euro in Karawanken-Bahntunnel. In: www.kleinezeitung.at. (kleinezeitung.at [abgerufen am 31. Oktober 2018]).
- Prenova železniškega predora Karavanke bo stekla avgusta. Abgerufen am 21. Juli 2020.