Joseph Fickler
Joseph Fickler (* 6. Februar 1808 in Konstanz; † 26. November 1865 ebenda) war ein demokratischer Agitator des Vormärz im Großherzogtum Baden und Politiker in der Zeit der badischen Revolution als regionalem Bestandteil der Märzrevolution in nahezu allen Staaten des Deutschen Bundes.
Leben
Joseph Fickler stammte wie sein Bruder, der Gymnasialprofessor Karl Alois Fickler, aus einer einfachen Tiroler Familie. Er war zuerst Kaufmann, gründete 1830 ein Wochenblatt im Sinn der damaligen liberalen Opposition und wurde Obmann des Bürgerausschusses seiner Vaterstadt. Als Autodidakt machte er die „Seeblätter“, die er seit 1836 redigierte, zu einem einflussreichen Organ der liberalen Opposition und dann der Demokratie. Zu Beginn der Revolution von 1848 agitierte Fickler alsbald für eine Republik. Verdächtig, mit den Zuzügen deutscher Arbeiter aus Frankreich, vielleicht mit der französischen provisorischen Regierung, die nach der dortigen Februarrevolution die zweite Republik in Frankreich anführte, selbst in Verbindung zu stehen, wurde er am 8. April auf Veranlassung Karl Mathys in Karlsruhe verhaftet, aber im Mai 1849 freigesprochen. Durch die Offenburger Volksversammlung (13. Mai 1849) in den Landesausschuss gewählt, bewies er sich bei dessen Beratungen in Karlsruhe als eines der talentvollsten und entschiedensten Mitglieder, dem sowohl der planlos erscheinende revolutionäre Radikalismus Struves als auch die zögerlich-vorsichtige Haltung der Brentanoschen Partei widerstrebte.
Am 1. Juni 1849 in die provisorische Regierung der neu ausgerufenen badischen Republik gewählt, wurde er bereits am 3. Juni in Stuttgart, wohin er geschickt worden war, um eine Verbindung des württembergischen Volkes und Militärs mit der badischen Revolutionspartei zu bewirken, gefangen genommen und auf der Festung Hohenasperg inhaftiert.
Nach der Niederschlagung der Revolution in Baden wurde er gegen eine Kaution von 1000 Gulden freigelassen und setzte sich ins Schweizer Exil ab. Später ging er nach England und von da nach Nordamerika, wo er als heftiger Verfechter der Sklaverei auftrat. Nach der Niederlage der Konföderierten kehrte er in seine Vaterstadt Konstanz zurück und starb dort am 26. November 1865.[1]
Einzelnachweise
- Jakob Schneider: Josef Fickler. Abgerufen am 24. Mai 2020.
Marx/Engels über Fickler
Joseph Fickler hat, wie es einem biedern, entschiedenen, unerschütterlichen Volksmann geziemt, ein feistes Vollmondsgesicht, einen dicken Kehlbraten und entsprechenden Wanstumfang. Aus seinem früheren Leben ist nur bekannt, daß er mit einem Bildschnitzkunstwerk aus dem fünfzehnten Säkulum und mit Reliquien, die auf das Konstanzer Konzil Bezug hatten, eine livelihood <einen Lebensunterhalt> gewann, indem die Reisenden und fremden Kunstliebhaber jene Merkwürdigkeiten für Geld in Augenschein nahmen und nebenbei "altertümliche" Andenken kauften, die Fickler, wie er mit bedeutendem Selbstgenuß erzählt, immer wieder aufs neue "altertümlich" anfertigen ließ. Seine einzigen Taten während der Revolution waren erstens seine Verhaftung durch Mathy nach dem Vorparlament und zweitens seine Verhaftung durch Römer in Stuttgart im Juni 1849; dank diesen Verhaftungen ist er an der Gefahr, sich zu kompromittieren, glücklich vorbeigeschifft. Die württembergischen Demokraten stellten später für ihn 1.000 Gulden Kaution, worauf Fickler inkognito ins Thurgau ging und zum großen Bedauern der Kautionssteller nichts mehr von sich hören ließ. Es ist nicht zu leugnen, daß er in den "Seeblättern" die Gefühle und Meinungen der Seebauern mit Glück in Druckerschwärze übersetzte; übrigens ist er in der Hinblick auf seinen Freund Ruge der Meinung, daß das viele Studieren dumm macht, weshalb er auch seinen Freund Goegg warnte, die Bibliothek des Britischen Museums zu besuchen.
Karl Marx und Friedrich Engels in Die grossen Männer des Exils, London 1852