Josef Hengge
Josef Hengge (auch: Joseph Hengge; * 23. Januar 1890 in Durach[1]; † 21. März 1970 in Kempten (Allgäu)) war ein deutscher Maler.
Leben
Hengge stammte ursprünglich aus dem Allgäu. Nach einer Lehre bei einer Kirchenmalerfirma in Sontheim besuchte er die Städtische Gewerbeschule und anschließend die Königliche Kunstgewerbeschule in München.[2] 1915 wurde er während des Ersten Weltkriegs in Arras schwer verwundet. Als „Privatier“, persönlich unterstützt von König Ludwig III.,[2] nahm er dann am 15. Mai 1916 an der Akademie der bildenden Künste in München bei Angelo Jank ein Studium im Zeichnen auf.[3] Später war er auch noch Schüler von Franz von Stuck. Hengge blieb, unterbrochen 1932 von einem einjährigen Stipendienaufenthalt in Florenz, bis zur „Ausbombung“ seiner Wohnung 1945 in München. Anschließend zog er nach Wertach und ab 1950 zurück an seinen Geburtsort Kempten, wo er 1970 auch verstarb.[2]
Wirken
Stilistisch eingeordnet wurde er als Vertreter des „kräftigen Realismus“.[2] Ein Kritiker bezeichnete ihn als „Egger-Lienz des Allgäus“.[2]
Bereits als junger Künstler hatte er mehrere Preise errungen und wurde in die Jury für die Ausstellungen im Münchner Glaspalast berufen.[2]
Dank seiner engen Kontakte zur bayerischen Königsfamilie, insbesondere zu Kronprinz Rupprecht, erhielt er 1929 den Auftrag zur Ausgestaltung der Schlossplatzfresken für ein Kriegerdenkmal in Berchtesgaden.[2] Hengge hatte noch viele andere Wandgemälde (Fresken) an den Fassaden öffentlicher Gebäude sowie im Inneren von Kirchen geschaffen, von denen jedoch einige im Krieg zerstört oder nach dem Krieg dem „geänderten Zeitgeschmack geopfert“ wurden.[2] Daneben schuf er Porträts, zu Anfang seiner Karriere u. a. von dem bayerischen König Ludwig III. und dessen Frau sowie später auch von hochrangigen Militärpersonen wie Ernst Udet, dem „Generalluftzeugmeister“ während der Nationalsozialistischen Diktatur.[2] Zudem ist für die Zeit des Nationalsozialismus über Josef Hengge bekannt, dass er mit 14 Ölgemälden an der nationalsozialistischen Großen Deutschen Kunstausstellung in München beteiligt war.[4] Käufer seines 1941 hier ausgestellten Ölgemäldes mit dem Porträt von General Eduard Dietl war Adolf Hitler (Kaufpreis 3000 RM), der Dietl 1940 zum General befördert hatte.[5] Weitere Motive seiner Ölbilder waren arbeitende Menschen wie Holzfäller und Bauern.[2]
Auszeichnungen
- „Henggeweg“ – postume Benennung eines Weges in Kempten (Allgäu) nach Josef Hengge.[6] (Siehe auch: Liste der nach Personen benannten Straßen und Plätze in Kempten (Allgäu))
Ausstellungen
- 1941–1944: Nationalsozialistische Große Deutsche Kunstausstellung von 1937 bis 1944 im Haus der Deutschen Kunst in München, beteiligt mit 14 Bildern.[4]
- 1960: Kornhaus in Kempten, Ausstellung zum 70. Geburtstag von Josef Hengge mit 100 seiner Werke.[2]
Werke (Auswahl)
- Fresken am Alten Rathaus in Passau, 1922
- Fresken am Alten Rathaus in Bad Reichenhall, 1924
- Fresken am Schlossplatz in Berchtesgaden, 1929,[7] zu Ehren der 89 im Ersten Weltkrieg gefallenen Berchtesgadener, Übermalung 1945 durch US-Militärregierung[8], 1952 Freilegung durch Hengge und Ergänzung um die Ehrung der Gefallenen des Zweiten Weltkriegs, restauriert 1961 von Gerhard Kommossa[2][9]
- Wandmalereien im Helmbrechtsaal, Burghausen[10]
- Fresken in St. Wendelin in Durach, 1932
- Wandmalereien mit martialischer Darstellung von Gefallenen des Ersten Weltkriegs auf dem Lyzeum dazu passenden Kriegerdenkmal in Kempten, 1933 (verwittert und überbaut)
- Wandmalereien in der Vorhalle mit Motiven der nationalsozialistischen Rassenideologie von Mariä Himmelfahrt in Kempten, 1934
- Wandmalerei an der Außenfassade der Bad Reichenhaller Hochstaufen-Kaserne, Darstellung von vier Wehrmachtssoldaten in den Uniformen der damaligen Zeit, 1936[11]
- Altes Rathaus, Passau
- Altes Rathaus, Bad Reichenhall
- Schlossplatz (Kriegerdenkmal), Berchtesgaden
- Mariä Himmelfahrt, Kempten
Literatur
- Hengge, Josef. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts. Band 2: E–J. E. A. Seemann, Leipzig 1955, S. 418.
Einzelnachweise
- Martin Kellenberger: Stadt Kempten. Buch der Erinnerung. Kempten 1937, S. 66.
- Gunter Le Maire: In der Welt der Holzfäller, Bauern und hohen Militärs (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive), Biographische Angaben zu Josef Hengge sowie mehrere Bildbeispiele, u. a. mit einer Darstellung von „Generalluftzeugmeister Ernst Udet“, Bilddatei einer Seite der Allgäuer Zeitung mit „Oberallgäu - Kultur“ und Kunstgeschichte(n) 63 vom 6. Oktober 2007.
- Matrikeleintrag zu Josef Hengge
- Große Deutsche Kunstausstellung 1937–1944, Website des Zentralinstituts für Kunstgeschichte (ZI) in München mit Suchergebnissen zu Josef Hengge, online unter gdk-research.de
- General Dietl (Bild) Einzelangaben zu diesem auf der Großen Deutschen Kunstausstellung ausgestellten Bild (GDK1941-0420, Saal 17) von Josef Henge mit Abbildung auf der Webseite des Zentralinstituts für Kunstgeschichte in München, online unter gdk-research.de
- Anna Köhl, Ralf Lienert: Kreative Köpfe - Straßen und ihre Namensgeber in Kempten. Dannheimer, Kempten (Allgäu) 2007. ISBN 978-3-88881-056-5; Seite 26 f.
- Hinweis auf Hengges Wandmalerei als Teil des Kriegerdenkmals zu Ehren der Gefallenen beider Weltkriege in Berchtesgaden, 1961 restauriert von Gerhard Kommossa (1906–1973) im Berchtesgadener Anzeiger
- (Fotos) Wandmalereien am Schlossplatz Berchtesgaden, Fotos 1936 nach Bemalung 1929, weitere 1937, 1945, dann 1949 mit Übermalung, und aktuell nach Freilegung 1952 und Restaurierung 1961, online unter thirdreichruins.com. Abgerufen am 25. Oktober 2020.
- Hellmut Schöner: Berchtesgaden im Wandel der Zeit. Ergänzungsband I. Verein für Heimatkunde d. Berchtesgadener Landes, Verlag Berchtesgadener Anzeiger sowie Karl M. Lipp Verlag, München 1982, ISBN 3-87490-528-4.1982; zum Schloss S. 185, 309 f.
- Alois Buchleitner: Burghausen Stadt - Burg - Geschichte. In: Heimatverein und Stadtarchiv Burghausen (Hrsg.): Burghauser Geschichtsblätter. 5. Auflage. Band 33. Burghausen 2001.
- Christian Dewitz: Bad Reichenhall: Wirbel um Landsergemälde und NS-Adler im bundeswehr-journal vom 13. Juni 2017, online unter bundeswehr-journal.de
Weblinks
- Bilddarstellung: Der Schimmelreiter (Memento vom 28. April 2016 im Internet Archive), Wandgemälde von Josef Hengge in Wertach, online unter kultur-oa.de.
- Bilddarstellung: Deckenfresko (Memento vom 29. Dezember 2016 im Internet Archive) von Josef Hengge in der Kapelle von Bichel, online unter kultur-oa.de.
- Gunter Le Maire: In der Welt der Holzfäller, Bauern und hohen Militärs (Memento vom 28. März 2016 im Internet Archive), Online-Ausgabe der Allgäuer Zeitung vom 6. Oktober 2007, online unter all-in.de.