Johanna Wokalek
Johanna Wokalek (* 3. März 1975 in Freiburg im Breisgau) ist eine deutsche Schauspielerin. Ihren Durchbruch hatte sie 2003 als Lene in dem Heimatfilm Hierankl.
Leben und Karriere
Frühe Jahre und Ausbildung
Johanna Wokalek entstammt einer Familie siebenbürgischer Ärzte und Apotheker. Sie wurde als Tochter des Hautarztes Heinrich-Franz Wokalek und dessen Frau Angelika, geb. Bettermann in Freiburg geboren und wuchs in den Freiburger Stadtteilen Neuburg und Wiehre auf.[1] Ihr Onkel ist der Diplomat und ehemalige Protokollchef im Auswärtigen Amt Karl Wokalek. Während ihrer Schulzeit am Friedrich-Gymnasium Freiburg entdeckte Wokalek ihre Liebe zum Theaterspielen und wurde nach dem Abitur am Max-Reinhardt-Seminar in Wien aufgenommen[2]. Noch während ihres Studiums war sie in dem Film Aimée & Jaguar neben Maria Schrader und Juliane Köhler als Ilse zu sehen.
Theater
1996 gab Wokalek unter der Regie von Paulus Manker ihr Theaterdebüt bei den Wiener Festwochen in dem Stück Alma – A Show Biz ans Ende, das 1999 mit ihr für das Fernsehen verfilmt wurde. Nach dem Studium folgte ein Dreijahresengagement am Theater Bonn. Wokalek spielte dort unter der Regie von Valentin Jeker unter anderem die Titelrolle der Rose Bernd von Gerhart Hauptmann. Für ihre Interpretation erhielt sie 1999 den Alfred-Kerr-Darstellerpreis. Seitdem war sie am Wiener Burgtheater engagiert, wo sie unter anderem in den Titelrollen von Kleists Das Käthchen von Heilbronn und Lessings Emilia Galotti spielte. 2015 verließ Wokalek das Burgtheater.[3]
Im Sommer 2014 übernahm Wokalek bei den Salzburger Festspielen die Rolle der Charlotte Salomon in der Uraufführung der gleichnamigen Oper von Marc-André Dalbavie. Es inszenierte Luc Bondy, es dirigierte der Komponist.
2019 kehrte Johanna Wokalek für Die Ratten in der Inszenierung von Andrea Breth an das Wiener Burgtheater zurück. Im selben Jahr war sie erstmals im Tanztheater von Pina Bausch Er nimmt sie an die Hand und führt sie in das Schloß, die anderen folgen gemeinsam mit Maik Solbach in Wuppertal zu erleben. 2020 setzte sie die Zusammenarbeit in Wuppertal mit den Sieben Todsünden. Teil II: Fürchtet euch nicht fort.
Film und Fernsehen
2003 spielte Wokalek die Rolle der Lene im kritischen Heimatfilm Hierankl, wofür sie mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde. 2004 wurde sie mit der weiblichen Hauptrolle Leila in Til Schweigers Film Barfuss besetzt und spielte die Hauptrolle der jüdischen Bankierstochter Ruth Goldfisch in dem Dreiteiler Die Kirschenkönigin. 2008 verkörperte sie in Bernd Eichingers Der Baader Meinhof Komplex die Rolle der RAF-Terroristin Gudrun Ensslin. Im gleichen Jahr spielte Wokalek in Philipp Stölzl Bergsteigerdrama Nordwand an der Seite von Benno Fürmann und Florian Lukas die Fotoreporterin Luise Fellner. 2009 übernahm sie anstelle von Franka Potente die Hauptrolle in Sönke Wortmanns Literaturverfilmung Die Päpstin.[4]
2010 stellte Wokalek in Die kommenden Tage die in den Terrorismus abgleitende Cecilia Kuper dar. 2012 spielte sie die Hauptrolle der Tiffany Blechschmid in Sherry Hormanns Film Anleitung zum Unglücklichsein. 2013 war sie Hauptdarstellerin im Musikvideo zu dem Song Halo der britischen Popgruppe Depeche Mode, die das Video für die Bühnenshow ihrer Delta-Machine-Tour 2013/14 benutzte. In der daraufhin erscheinenden Live-DVD Depeche Mode Live in Berlin hatte sie zusätzlich einen Cameo-Auftritt als Hure bei der Akustik-Session im Berliner Bordell Bel Ami.[5]
2017 spielte Wokalek die Claire Kornitzer in Matthias Glasners ZDF-Zweiteiler Landgericht – Geschichte einer Familie[6] sowie die Nora in dem Kinofilm Freiheit von Jan Speckenbach, der im Wettbewerb des Locarno Festivals lief. Landgericht – Geschichte einer Familie wurde 2018 mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet.
2019 war Wokalek als Ditte Nansen in Christian Schwochows Neuverfilmung Deutschstunde des gleichnamigen Romans von Siegfried Lenz zu sehen. Im gleichen Jahr spielte sie die Linda in Jonas Alexander Arnbys Drama Suicide Tourist – Es gibt kein Entkommen.
Privates
Johanna Wokalek lebt in Paris[7] und ist mit dem Dirigenten Thomas Hengelbrock verheiratet. Das Paar hat einen Sohn. Ihr Vater Heinrich ist ein Bruder des Diplomaten Karl Wokalek.
Bühnenstücke (Auswahl)
- 1996: Alma – A Show Biz ans Ende, Wiener Festwochen, Regie: Paulus Manker
- 1997: Die Familie Schroffenstein, Schauspiel Bonn, Regie: Dietrich Hilsdorf
- 1997: Die Dreigroschenoper, Burgtheater Wien, als Polly, Regie: Paulus Manker
- 1999: Rose Bernd, Schauspiel Bonn, Regie: Valentin Jeker
- 2000: Hamlet, Salzburger Festspiele/Stuttgarter Schauspielhaus, Regie: Martin Kušej
- 2000: Die Möwe, Burgtheater Wien, Regie: Luc Bondy
- 2001: Das Käthchen von Heilbronn, Burgtheater Wien, Regie: Andrea Breth
- 2002: Das Maß der Dinge, Salzburger Festspiele, Regie: Igor Bauersima
- 2003: Emilia Galotti, Regie: Andrea Breth
- 2004: Die Katze auf dem heißen Blechdach, Burgtheater Wien, Regie: Andrea Breth
- 2005: Don Carlos*, Burgtheater Wien, Regie: Andrea Breth
- 2007: Some Girl(s)*, Akademietheater Wien, Regie: Dieter Giesing
- 2008: Die Rosenkriege, Burgtheater Wien, Regie: Stephan Kimmig
- 2010: Das Begräbnis, Burgtheater Wien, Regie: Thomas Vinterberg
- 2011: Zwischenfälle, Akademietheater Wien, Regie: Andrea Breth
- 2011: Platonov, Akademietheater Wien, Regie: Alvis Hermanis
- 2013: Tartuffe, Akademietheater Wien, Regie: Luc Bondy
- 2016: Jeanne d’Arc au bûcher, Dresdner Philharmonie unter Bertrand de Billy, Szenische Einrichtung: Reto Nickler
- 2019: Die Ratten, Burgtheater Wien, Regie: Andrea Breth
- 2019: Er nimmt sie an die Hand und führt sie in das Schloß, die anderen folgen, Tanztheater Wuppertal, Regie: Pina Bausch
- 2020: Die sieben Todsünden, Teil II: Fürchtet euch nicht, Tanztheater Wuppertal, Regie: Pina Bausch
Filmografie
Kino
- 1998: Aimée & Jaguar
- 2002: Hierankl
- 2005: Barfuss
- 2007: Weiße Lilien (Silent Resident)
- 2008: Nordwand
- 2008: Der Baader Meinhof Komplex
- 2009: Die Päpstin
- 2010: Die kommenden Tage
- 2012: Anleitung zum Unglücklichsein
- 2018: Wuff – Folge dem Hund
- 2019: Deutschstunde
- 2019: Suicide Tourist – Es gibt kein Entkommen
- 2021: Beckenrand Sheriff
Fernsehen
- 1998: Rose Bernd (Fernsehfilm)
- 1999: Alma – A Show Biz ans Ende (Fernsehfilm)
- 1998: Der Laden (Dreiteiler)
- 2002: Das letzte Versteck (Fernsehfilm)
- 2004: Die Kirschenkönigin (Dreiteiler)
- 2005: Don Carlos, Infant von Spanien (Fernsehfilm)
- 2006: Bella Block: Blackout (Fernsehreihe)
- 2008: Tatort: Der tote Chinese (Fernsehreihe)
- 2017: Landgericht – Geschichte einer Familie (Fernsehfilm)
- 2019: Tatort: Falscher Hase (Fernsehreihe)
- 2020: Spy City (Fernsehserie, 6 Folgen)
- 2021: Am Anschlag – Die Macht der Kränkung (Fernsehserie, 6 Folgen)
- 2022: Tatort: Saras Geständnis
Hörbücher und Hörspiele
- 2006: Johanna Wokalek liest Franziska Linkerhand. Brigitte Reimann, ISBN 3-86604-186-1.
- 2008: Gretel Adorno – Walter Benjamin: Briefwechsel. ISBN 978-3-940018-02-1.
- 2009: Herzzeit: Briefwechsel. Ingeborg Bachmann – Paul Celan, ISBN 978-3-940018-03-8.
- 2009: Die Päpstin: das Hörspiel zum Film. ISBN 978-3-86717-523-4.
- 2019: Johanna Wokalek liest Laufen. Isabel Bogdan, ISBN 978-3-8398-1733-9.
- 2020: Nelly B.s. Herz. Aris Fioretos. Gelesen von Johanna Wokalek, ISBN 9783940018854.
- 2021: Kazuo Ishiguro: Klara und die Sonne. Gelesen von Johanna Wokalek, Random House Audio, ISBN 978-3-8371-5542-6
Auszeichnungen
- 1999
- Alfred-Kerr-Darstellerpreis
- Förderpreis des Landes Nordrhein-Westfalen für junge Künstlerinnen und Künstler
- Nachwuchsschauspielerin des Jahres der Theaterzeitschrift Theater heute
- 2002
- Förderpreis Deutscher Film für ihre Darstellung im Film Hierankl
- Nestroy-Theaterpreis – Bester Nachwuchs[8]
- 2003
- Bayerischer Filmpreis für ihre Darstellung im Film Hierankl
- 2006
- Europäischer Shooting Star aus Deutschland der European Film Promotion (EFP) im Rahmen der Berlinale
- Adolf-Grimme-Preis für ihre Darstellung im Film Hierankl (zusammen mit Hans Steinbichler, Bella Halben, Barbara Sukowa, Josef Bierbichler und Peter Simonischek)
- 2008
- Bambi in der Kategorie Jurypreis Schauspielerin national für ihre Darstellung im Film Der Baader Meinhof Komplex
- 2009
- Diva in der Kategorie Schauspielerin des Jahres für ihre „herausragende Leistungen im vergangenen Jahr [2008]“.[9]
- Nominierung für den Deutschen Filmpreis als Beste Hauptdarstellerin für Der Baader Meinhof Komplex.[10]
- 2010
- Jupiter Award – Publikumspreis für ihre Darstellung im Film Die Päpstin
- 2018
- Grimme-Preis für Landgericht – Geschichte einer Familie[11]
Weblinks
- Literatur von und über Johanna Wokalek im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Johanna Wokalek in der Internet Movie Database (englisch)
- Johanna Wokalek bei filmportal.de
- Offizielle Website
- Andrea Ritter: Die Kunst der Extreme. In: Stern. 4. Oktober 2008 .
- Bert Rebhandl: „Baader-Meinhof-Komplex“: Wie konnte Gudrun Ensslin das tun, Frau Wokalek? In: FAZ. 19. September 2008 .
Einzelnachweise
- Stichwort »Johanna Wokalek«. Abgerufen am 1. März 2022.
- Johanna Wokalek bei filmportal.de , abgerufen am 13. Februar 2022
- Evelyn Finger: Das war meine Rettung: "Ich hatte Angst, draußen im Leben etwas zu verpassen". In: ZEITMagazin. 5. Juli 2017, abgerufen am 19. August 2020.
- vgl. Peter Zander: Erst Gudrun Ensslin, jetzt die Päpstin. In: Berliner Morgenpost, 15. Mai 2008, S. 21.
- Berliner Kurier: Depeche Mode Geheimauftritt in Berliner Puff
- Landgericht – Geschichte einer Familie. Abgerufen am 31. Januar 2019 (Zweiteiliger Film im ZDF).
- Johanna Wokalek, Was ist eine Schweigeminute?, In: FAZ vom 4. November 2020
- NESTROY-Nominierungen 2000 – 2010. In: nestroypreis.at. Abgerufen am 12. Oktober 2020.
- Barbara Jänichen: Johanna Wokalek zur Nummer eins gekürt. In: Berliner Morgenpost. 28. Januar 2009, abgerufen am 19. August 2020.
- Deutscher Filmpreis – Die Nominierungen im Überblick. In: Die Welt. 13. März 2009, abgerufen am 19. August 2020.
- 54. Grimme-Preis 2018 – Johanna Wokalek. In: grimme-preis.de. Abgerufen am 12. Oktober 2020.