Jo Jastram
Joachim „Jo“ Jastram (* 4. September 1928 in Rostock; † 7. Januar 2011 in Ribnitz-Damgarten[1]) war ein deutscher Bildhauer und ein Kulturfunktionär in der DDR.
Leben
Joachim Jastram wurde als Sohn einer Lehrerfamilie in Rostock geboren. Er besuchte gemeinsam mit Walter Kempowski die St.-Georg-Schule in Rostock.[2] Früh begann er zu zeichnen und wurde darin durch seinen Lehrer Thuro Balzer gefördert. In den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges wurde er zum Volkssturm eingezogen und geriet in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Nach dem Krieg arbeitete er als Waldarbeiter und begann danach eine Lehre zum Brunnenbauer, später zum Holzbildhauer. 1949 trat er der National-Demokratische Partei Deutschlands (NDPD) bei.[3] Es folgte der Besuch der Fachschule für Holzkunst in Empfertshausen/Rhön.[4]
Jastram studierte an der Hochschule für Bildende Künste Dresden bei Walter Arnold und danach an der Hochschule für bildende und angewandte Kunst in Berlin-Weißensee bei Heinrich Drake. Er beendete 1956 das Studium in Berlin mit dem Diplom als Bildhauer. Nach dem Studium lebte Jo Jastram als freischaffender Bildhauer in Rostock, ab 1973 war Kneese (jetzt Ortsteil von Marlow) sein Schaffens- und Lebensmittelpunkt.
1964 erhielt Jastram einen Lehrauftrag an der Universität Greifswald, von 1980 bis 1986 hatte er einen Lehrauftrag und die Professur für Plastik an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee inne. Studenten in dieser Zeit waren unter anderen die Bildhauer Gerti Bauer, Daniel Hillert, sein Sohn Michael Jastram, Reiner Kessel, Peter Lewandowski, Michael Mohns, Jens-Uwe Raddatz, Susanne Rast, Hans Schlegel, Anne Sewcz und als Meisterschüler der Maler Martin Colden und der Zeichner Michael Reich.
Ab 1956 gehörte Jastram dem Verband Bildender Künstler der DDR (VBK) an, wurde 1974 dessen Vorsitzender im Bezirk Rostock, 1975 Präsident des Internationalen Komitees der Biennale der Ostseeländer. Ab war er Vorsitzender des Arbeitskreises Ernst Barlach im Kulturbund der DDR und gehörte von 1983 bis 1993 der „Akademie der Künste der DDR“ (1990 bis 1993 „Akademie der Künste zu Berlin“) an. Ab 1990 war er Mitglied des Künstlerbundes Mecklenburg-Vorpommern e. V. im Bundesverband Bildender Künstler. Aus der 1993 vereinigten „Akademie der Künste“ trat er 1995 aus.[5]
Jo Jastram hinterließ ein umfangreiches Lebenswerk mit einer Fülle von Porträts, figürlichen Darstellungen von Mensch und Tier und Arbeiten für den öffentlichen Raum wie Brunnen, Kirchentüren, Reliefs und Denkmäler. Für das Hotel Neptun in Warnemünde schuf er 1971 einen Wandfries. 1977 waren auf der documenta 6[6] in Kassel „Ringer“ zu sehen. Als Geschenk der DDR an den äthiopischen Diktator Mengistu Haile Mariam schuf Jastram ein Denkmal für Karl Marx in Addis Abeba[7] und 1991 für das Leipziger Gewandhaus die Statue Felix Mendelssohn Bartholdys.
Zu seinen bekanntesten Werken zählen der „Brunnen der Lebensfreude“ auf dem Universitätsplatz in Rostock (1978, gemeinsam mit Reinhard Dietrich) und die „Große afrikanische Reise“ (seit 1983), aufgestellt 2008 am Rostocker Stadthafen. Seine letzte große Arbeit im öffentlichen Raum war die 2009 an der Ribnitzer Uferpromenade aufgestellte Figurengruppe „Der Zirkus kommt“ (in Zusammenarbeit mit Susanne Rast). Ein weiteres Stahlrelief steht seit dem 9. November 2017 am Schweriner Ziegelinnensee vor dem Speicherhotel neben dem Bootsanleger. In der Berlinischen Galerie befindet sich seine Bronze-Skulptur „Kauernder Usbeke“ (1982; 46 cm hoch). 1984 wurde anlässlich des Staatsbesuchs von Erich Honecker ein Marx-Steindenkmal von ihm in Addis Abeba aufgestellt.[8]
Drei Jahre nach Jastrams Tod, im September 2014, wurde an zentraler Stelle in Rostock vor dem Kröpeliner Tor die Bronzeskulptur "Schreiender Hengst" aufgestellt.[9]
Jastram stellte seine Werke in zahlreichen nationalen und internationalen Ausstellungen aus. In der DDR war er auf den meisten wichtigen Kunstausstellungen vertreten, u. a. von 1958 bis 1988, außer 1962/1963, auf allen Kunstausstellungen der DDR in Dresden.
Jastram war verheiratet mit der Grafikerin Inge Jastram. Er hat eine Tochter, die Bildhauerin Susanne Rast und drei Söhne, den Designer Matthias Jastram und die beiden Bildhauer Michael und Jan Jastram.
Ehrung
- mehrfach Kunstpreis der DDR[1]
- mehrfach Nationalpreis der DDR[1]
- 1988 Vaterländischer Verdienstorden in Gold[10]
- 1999 Kulturpreis der Stadt Wernigerode.
Literatur
- Jastram, Jo. In: Dietmar Eisold: Lexikon Künstler der DDR. Verlag Neues Leben, Berlin, 2010, S. 401–402
- Anke Scharnhorst: Jastram, Jo. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
Weblinks
Einzelnachweise
- Bildhauer Jo Jastram gestorben In: Weser Kurier. 9. Januar 2011.
- Dirk Hempel: Walter Kempowski – eine bürgerliche Biographie. btb, München 2004, ISBN 3-442-73208-5, S. 41.
- Anke Scharnhorst: Jastram, Jo (Joachim). In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
- Dieser Abschnitt nach dem Katalog: Jo Jastram – Plastik – Eine Ausstellung des Landesverbandes Rheinland des Rheinischen Museumsamtes und des Freundeskreises Brauweiler
- Kurzbiographie (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: Akademie der Künste )
- Volker Wehdeking (Hrsg.): documenta 6. Mentalitätswandel in der deutschen Literatur zur Einheit (1990–2000). Erich Schmidt, Berlin 2000, ISBN 3-503-04974-6. (books.google.de)
- Eckhart Gillen: Arno Breker. Dekorateur der Macht und Sündenbock der Deutschen. Kunsthaus Dahlem, Berlin 2015, ISBN 978-3-9816615-2-1, S. 3 f.
- DY 30/ 18725 Karl-Marx-Denkmal in Addis Abeba
- Schreiender Hengst von Jo Jastram eingeweiht. In: Rostock-Heute.de. Abgerufen am 18. Januar 2021 (deutsch).
- Neues Deutschland. 5. Oktober 1988, S. 5.