Jagdkommando (Bundesheer)
Das Jagdkommando (JaKdo) ist die Spezialeinheit des österreichischen Bundesheers, die in Wiener Neustadt stationiert ist. Zu den Aufgaben gehören Befreiung von Geiseln im Ausland, Kampf gegen den Terrorismus, sowie Gebäudeschutz der österreichischen Botschaften und Einsätze in Kriegs- oder Krisengebieten.
Jagdkommando | |
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Truppenabzeichen | |
Aufstellung | 4. Mai 1963 |
Staat | Österreich |
Streitkräfte | Bundesheer |
Teilstreitkraft | Spezialeinsatzkräfte |
Typ | Spezialeinheit |
Stärke | 400 Soldaten[1] |
Standort | Wiener Neustadt (Niederösterreich) |
Motto | Numquam Retro (Niemals zurück) |
Auszeichnungen | Bronze Star Medal Combat Distinguishing Device |
Kommandant | |
Derzeitiger Kommandant | Segur-Cabanac Philipp, Bgdr |
Auftrag
Das Jagdkommando stellt einen präsenten Einsatzverband der Spezialeinsatzkräfte, der rasch verfügbare Elemente für Einsätze im In- und Ausland bereithält. Jagdkommandokräfte werden im Regelfall in kleinen, unerkannten Einheiten eingesetzt und können dabei folgende Aufgaben wahrnehmen:
- Spezialaufklärung zur Gewinnung von Informationen für die Führungsebene;
- Kommandounternehmen, wie die Festnahme von gesuchten Personen, beispielsweise Kriegsverbrechern, Vernichtung von Stellungen schwerer Waffen, oder die Gefangenen- und Geiselbefreiung von im Ausland festgehaltenen Personen.
- Militärische Unterstützung, welche das Ausbilden von Soldaten auf Ersuchen von Partnern oder befreundeten Nationen (auch im feindlichen Umfeld) enthält.
Außerdem können Jagdkommandokräfte mitwirken bei:
- der Absicherung von Such- und Rettungsoperationen
- Evakuierungen aus Krisen- und Kriegsgebieten
- Terrorismusbekämpfung
- Bei internationalen Einsätzen unterstützt das Jagdkommando konventionelle Kräfte, wenn es die besondere Gefährdungssituation eines Krisengebietes verlangt
- Objektsicherung österreichischer Einrichtungen im Ausland.
Der Personenschutz im Interesse der Republik wurde 2008 an das Kommando Militärstreife & Militärpolizei übergeben.
Organisation
- Stabsabteilung
- Grundlagenabteilung
- Abteilung Öffentlichkeitsarbeit & Kommunikation
- Einsatzbasis
- 1. Task Group
- 2. Task Group
- 3. Task Group (mob)
- Lehrabteilung
Einsätze
Operationen des Jagdkommandos unterliegen grundsätzlich der Geheimhaltung, bisher bekannt gewordene Einsätze fanden unter anderem im Tschad, Mali, Afghanistan, Kosovo, Bosnien, Albanien und Mazedonien sowie im Rahmen verschiedener internationaler Beobachtermissionen statt[2].
Darüber hinaus waren Soldaten des Jagdkommandos an Evakuierungen unter anderem in Nordafrika, der Türkei, in Peru und im Zuge der COVID-19-Pandemie auch in zahlreichen europäischen Ländern beteiligt, werden zur Schlepperbekämpfung an der österreichischen Staatsgrenze eingesetzt und nehmen immer wieder an internationalen Übungen und Ausbildungen in verschiedenen Ländern teil, unter anderem in Norwegen, Dänemark, Deutschland, Kroatien, USA und südamerikanischen Staaten.[3]
Einsatz im Tschad
Im Dezember 2011 berichtete die Zeitschrift Profil von einem Gefecht zwischen Rebellen und Soldaten des Jagdkommandos, laut dem Bericht töteten die österreichischen Soldaten dabei mehrere Gegner nahe Guéréda.[4]
Der Vorfall ereignete sich in der Nacht des 18. August 2008 als eine Einheit des Jagdkommandos etwa 140 Kilometer nordöstlich der Provinzhauptstadt Abéché ausrückte und gegen Mitternacht auf eine Gruppe von Einheimischen mit mehreren Verwundeten traf.[4] Nachdem die Jagdkommandoeinheit wenig später bei der Erkundung der Gegend selbst, unter anderem mit Panzerabwehrwaffen angegriffen wurde, entwickelte sich ein massives Feuergefecht.[4]
Galerie
- Jagdkommandosoldaten bei einer Übung
- Abseilübung aus Hubschraubern des Typs S-70 Black Hawk
- Simulierte Geiselbefreiung auf einem Schiff
- Fallschirmabsprung aus einer C-130 Hercules des Bundesheeres
- Jagdkommandosoldaten beim amphibischen Training in einem Speedboot
Rekrutierung und Ausbildung
Auswahl und Qualifizierung
Jeder österreichische Staatsbürger ohne Vorstrafen kann sich zum Jagdkommando bewerben. Voraussetzung dafür ist ein abgeschlossener Grundwehrdienst mit absolvierter erweiterter Kaderausbildung, die Verpflichtung als Zeitsoldat. Zusätzlich ist für die Zulassung zum Jagdkommando-Grundkurs das Bestehen des dreiwöchigen Auswahlverfahrens Voraussetzung, das sich wie folgt zusammenstellt:
- 8 km Eilmarsch mit 20 kg Rückengepäck über welliges Gelände in höchstens 60 Minuten
- 30 m Seilklettern im schräg gespannten Seil
- 300 m Kleiderschwimmen (ohne Schuhe) in 11 Minuten
- Wassersprung aus 10 m Höhe auf Befehl ohne Zeitverzögerung
- Hindernisbahn unter 5:10 Minuten
- "A-E Testung" (Zwischen den Übungen ist jeweils eine Minute Pause.):
- mind. 6 Klimmzüge in 60 Sekunden
- mind. 48 Kniebeugen in 120 Sekunden
- mind. 31 Liegestütze in 120 Sekunden
- mind. 25 Sit-Ups in 120 Sekunden
- mind. 19 Hock-Wechsel-Sprünge in 60 Sekunden
- 2400-m-Lauf in unter 12 Minuten
Weiters sind noch folgende Überprüfungen zu bestehen:
- Psychologische und sensomotorische Eignungsfeststellung
- Eine Belastungsübung zur Überprüfung der Leistungsfähigkeit und des Leistungswillens
- Bestehen des Vollkontakt-Kampfes
Das Bestehen des Auswahlverfahrens garantiert jedoch noch keine Aufnahme in den Jagdkommando-Grundkurs, sondern die Bewerber werden nach ihren individuellen Ergebnissen gereiht und es wird nur die tatsächlich benötigte Anzahl an Soldaten auch zum Kurs zugelassen.
Der Jagdkommando-Grundkurs selbst beginnt seit 2009 in der Regel im März jedes zweiten Jahres und dauert 27 Wochen, die Ausbildungsthemen umfassen eine erweiterte Gefechts- und Waffenausbildung, Überlebenstechniken, Sprengausbildung, Militärischer Nahkampf, Ausbildung in amphibischer Fortbewegung, Fallschirmsprungausbildung (Military Freefall), Alpinausbildung (Sommer und Winter), Häuserkampf sowie erweiterte Ausbildungslehrgänge in militärischem Sanitätsdienst, Orientierung im Gelände und im Fernmeldedienst. Nach dem positiven Abschluss des Grundkurses erhält der Soldat das Jagdkommandoabzeichen mit Schwert und Fallschirm („Schwingen“) und kehrt danach entweder wieder zu seiner Stammeinheit zurück oder versieht zukünftig seinen Dienst im Jagdkommando und beginnt dort eine mehrjährige Spezialausbildung in einer der Lehrgruppen.
Aufgrund der körperlichen und geistigen Anforderungen schließen nur etwa 15 % der Bewerber den Kurs ab.[5]
Ausbildung
Hauptaufgabe des Jagdkommandos ist es, Jagdkommandosoldaten auszubilden. Zusätzlich trainiert das Jagdkommando auch Spezialisten für andere Teile der Armee. Dafür ist die Abteilung Sondereinsätze zuständig. Diese Abteilung gliedert sich in verschiedene Lehrgruppen.
- Lehrgruppe 1: Das Herzstück des Jagdkommandos, hier werden Kommandounternehmen, Spezialaufklärung, spezialisiertes Schießen und Sprengen sowie der militärische Nahkampf gelehrt.
- Lehrgruppe 2: Fallschirmspringerausbildung. Diese Gruppe leitet auch Kurse für die Luftlandetruppen des Jägerbataillons 25, Militärakademiker und Unteroffiziere.
- Lehrgruppe 3: Kampfschwimmer- und Kampftaucherausbildung. Diese Lehrgruppe bildet auch die Pioniertaucher der Pioniertruppe des Bundesheeres aus.
- Lehrgruppe 4: Umfeldausbildung in Dschungel, Wüste und Gebirge. Außerdem wird hier das Überlebenstraining für Spezialeinsatzkräfte und Luftfahrzeug-Besatzungen des Bundesheeres gelehrt.
Ausrüstung
Bei Informationen über die Ausrüstung hält sich das Jagdkommando in der Regel sehr bedeckt.
Neben der beim Bundesheer eingeführten Ausrüstung verwendet es eine ganze Reihe von zusätzlichen Waffen und Ausrüstungsgegenständen, die anderen Einheiten nicht zur Verfügung stehen, wie zum Beispiel das Steyr AUG A3 SF.
Weiters verfügt das Jagdkommando über Ausrüstung, wie sie auch bei anderen Spezialeinheiten üblich ist, wie z. B. moderne digitale Kommunikationsmittel, Empfänger zur Satellitennavigation, Nachtsichtbrillen und -zielgeräte der neuesten Generation sowie Sonderausrüstung für Fallschirmspringer, Kampftaucher, Personenschützer und Einsätze im Gebirge oder im verbauten Gebiet. Unter anderem wurde auch eine eigene, in Tagesportionen verpackte Verpflegung, eingeführt.
Uniform und Abzeichen
Ursprünglich trugen Angehörige des Jagdkommandos nach dem Abschluss des Grundkurses das bei Luftlandeeinheiten übliche weinrote Barett, seit 2003 ist die Farbe des Baretts schlammgrün.
Nach dem positiven Abschluss des Jagdkommandogrundkurses tragen Soldaten (auch nach dem Verlassen der Einheit) das Kommandoabzeichen auf der Uniform über der linken Brusttasche und zusätzlich anstelle des üblichen Bundesadlers auf dem Barett.
Sonstiges
- Der Leitspruch des Jagdkommandos lautet numquam retro (niemals zurück), welches auf die Payer-Weyprecht-Expedition von 1872 bis 1874 zurückgeht[6] sowie auch numquam perimus (wir geben niemals auf).
- Das Wiener Heeresgeschichtliche Museum widmete im Jahr 2007 dem Jagdkommando eine Sonderausstellung mit dem Titel „Your Buddy – Das Jagdkommando des Österreichischen Bundesheeres“.
- Im Herbst 2019 wurde im Diensthundezentrum des Jagdkommando ein Ausbilder von 2 belgischen Schäferhunden getötet.[7]
Kommandanten des Jagdkommandos
- Oberstleutnant Walter Persche,[8] Kdt Heeressport- und Nahkampfschule (HSNS) 1962–1965
- Oberst dG Ferdinand Foltin,[9] Kdt HSNS 1966–1968
- Oberst dG Robert Lang, Kdt HSNS 1968–1970
- Oberstleutnant Friedrich Wirth, Kdt HSNS 1970–1975
- Oberstleutnant Thomas Wild, Kdt HSNS 1971–1972 (mit der Führung betraut)
- Oberst Johann Dreihann-Holenia, Kdt HSNS 1972–1974 (mdFb)
- Major Arthur Zechner, Kdt HSNS 1975–1983
- Oberst Dieter Böhm, Kdt HSNS 1983–1986
- Oberstleutnant Manfred Foidl 1986–1995
- Oberst dG Herbert Bauer 1995–1997
- Oberst dG Wolfgang Wosolsobe 1997–1998
- Oberst Reinhard Drazenowitsch 1998–2002
- Oberst dG Reinhard Trischak 2003–2004
- Oberst dG Siegfried Bognar 2004–2005
- Oberst dG Heinz Assmann[10] 2005
- Oberstleutnant Rudolf Weissenbacher 2006 (mdFb)
- Oberst dG Harald Vodosek 2006–2007
- Oberstleutnant Rudolf Weissenbacher 2007 (mdFb)
- Oberst dG Horst Hofer 2008–2020
- Brigadier Philipp Ségur-Cabanac 2020[11]-...
Ehemalige Jagdkommando-Soldaten
- Bert Nussbaumer
- Christian Prosl[12]
- Clemens Hellsberg[13]
- Heinz Werner Schimanko[13]
- Herbert Tumpel[13]
- Rudi Gollner[13]
- Dieter Baumholzer[13]
Literatur
- Christoph Hatschek: Your Buddy. Das Jagdkommando – Österreichs Elitesoldaten zu Lande, zu Wasser und in der Luft, in: Viribus Unitis. Jahresbericht 2007 des Heeresgeschichtlichen Museums, Wien 2008, ISBN 978-3-902551-06-1, S. 113–124.
- Markus Gollner: "Speed Action Surprise – Das Jagdkommando" Action Unlimited, 2009 ISBN 978-3-200-01385-8.
- Wolfdieter Hufnagl: Jagdkommando – Sondereinheiten des österreichischen Bundesheeres. Motorbuch-Verlag, Stuttgart 2000, ISBN 3-613-02079-3
- Sören Sünkler: Elite- und Spezialeinheiten Europas. Motorbuch-Verlag, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-613-02853-1, S. 150–157.
- Reinhard Drazenowitsch: Jagdkommandokräfte im Auslandseinsatz – einst, jetzt und morgen. In: Christian Ségur-Cabanac, Wolfgang Etschmann (Hrsg.): 50 Jahre Auslandseinsätze des Österreichischen Bundesheeres (= Schriften zur Geschichte des Österreichischen Bundesheeres). Hrsg. vom Generalstab des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport und dem Heeresgeschichtlichen Museum, Wien 2010, ISBN 978-3-9502653-1-6, S. 359 ff.
Siehe auch
- Kommando Spezialkräfte (Deutschland)
Weblinks
Einzelnachweise
- Terror: Mehr Geld für Elitetruppe des Heeres. Abgerufen am 29. November 2016.
- Einsätze. Als Spezialeinsatzverband hat das Jagdkommando in den Jahren seines Bestehens eine Vielzahl an Einsätzen positiv absolviert. Abgerufen am 15. Februar 2019.
- https://kurier.at/chronik/niederoesterreich/corona-krise-so-bringt-das-jagdkommando-landsleute-nach-hause/400809866
- Gernot Bauer, Martin Staudinger: Wüstenkrieger. Ein RH-Bericht beleuchtet unfreiwillig ein Staatsgeheimnis: Österreichische Soldaten töteten im Tschad Rebellen. 2. Dezember 2011, abgerufen am 15. Februar 2019.
- Die Jagdkommando Grundausbildung. Das Jagdkommando bietet Ihnen eine faszinierende und in jedem Falle außergewöhnliche berufliche Herausforderung. Abgerufen am 15. Februar 2019.
- Der Wahlspruch des Jagdkommandos. Archiviert vom Original am 10. Dezember 2008; abgerufen am 12. August 2014.
- https://www.diepresse.com/5722451/militarhunde-bissen-elitesoldaten-zu-tode-heer-und-polizei-ermitteln
- Heeressportmannschaft 1962 – 2007, PDF-Dokument S. 24
- General Ferdinand Foltin – "In memory of a Fallen kamerad, Rest in Peace", Webseite www.fjr6.net, abgerufen am 25. Juni 2016
- Kopf des Tages: Oberst Heinz Assmann, Webseite derstandard.at, abgerufen am 25. Juni 2016
- Das Jagdkommando hat einen neuen Kommandanten Kurier, 20. April 2020. Abgerufen am 24. August 2021
- Angst vor dem Islam? (PDF) Abgerufen am 26. August 2014.
- Die Presse: Auch Clemens Hellsberg war ein wilder Hund, 25. Mai 2007