Indische Schlangenwurzel
Die Indische Schlangenwurzel (Rauvolfia serpentina, Synonym: Rauwolfia serpentina, Ophioxylon serpentinum L., Ophioxylon majus Hassk.), auch Wahnsinnskraut, Schlangenholz, Indische Schlangenwurz oder Java-Teufelspfeffer genannt, gehört zur Familie der Hundsgiftgewächse (Apocynaceae). Sie ist jedoch nicht identisch mit der als Amerikanische, Schwarze oder Wilde Schlangenwurzel bezeichneten Trauben-Silberkerze. Ebenfalls nicht zu verwechseln ist sie mit der oft auch als Schlangenholz bezeichneten Art Brosimum guianense, einem südamerikanischen Baum.
Indische Schlangenwurzel | ||||||||||||
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Indische Schlangenwurzel (Rauvolfia serpentina) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Rauvolfia serpentina | ||||||||||||
(L.) Benth. |
Merkmale
Die Indische Schlangenwurzel ist ein immergrüner, aufrecht wachsender Strauch, der eine durchschnittliche Wuchshöhen von 50 bis 100 cm erreicht. Die Pflanzen enthalten Milchsaft und haben eine glatte hellbraune Borke.
Die gestielten, ganzrandigen und wirtelig angeordneten Laubblätter sind eiförmig oder lanzettlich bis verkehrt-eiförmig, spitz bis zugespitzt und glänzend.
Sie bildet zwischen (Februar) April und Mai (Oktober) viele kleine, zwittrige, radiärsymmetrische, und fünfzählige, stieltellerförmige Blüten aus. Sie stehen in achsel- oder endständigen, lang gestielten und zymösen Blütenständen. Die becherförmig verwachsenen Kelchblätter mit dreieckigen Zipfeln, sind anfangs grünlich, dann weißlich, rötlich und dann nach der Befruchtung rötlich. Die Kronblätter sind zu einer langen, weiß-rosa Kronröhre, mit einem oberhalb der Mitte kurzen, verdickten Teil, und weißen Kronzipfeln, verwachsen. Die dachziegeligen Kronzipfel überlappen nach links. Es ist nur ein Staubblattkreis vorhanden; die Staubfäden sind sehr kurz und in der Kronröhre so angeordnet, dass die Staubbeutel im verdickten Teil liegen. Der Fruchtknoten ist oberständig mit einem langen Griffel, der etwa bei den Antheren endet, mit einem breiten, zylindrischen, oben fransigen Narbenkopf mit zwei kleinen Spitzen, und unten einem Anhängsel. Es ist ein becherförmiger Diskus vorhanden.
Es werden erbsengroße, erst rote, bei der Reife dann schwarze Steinfrüchte gebildet, die etwa 8 mm groß sind. Oft werden Doppel-Steinfrüchte gebildet.
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 22.[1]
Herkunft
Die Indische Schlangenwurzel ist ursprünglich in Indien beheimatet und hat sich von dort in Indonesien, Pakistan und Sri Lanka verbreitet. Die Areale befinden sich in Bergwäldern in Höhenlagen zwischen 800 und 1500 m NN in Indien, Indonesien, Malaysia, Myanmar, Sri Lanka, Thailand und in den chinesischen Provinzen: im südlichen Yunnan (Gengma, Jing-hong), südlichen Guangxi und Hainan (angebaut im südlichen Guangdong). Um die Wildbestände der Pflanze nicht zu gefährden, ist der Export aus Indien seit 1997 verboten.
Die Gattungsbezeichnung Rauvolfia erhielt die Pflanze im Jahr 1703 von dem französischen Botaniker Charles Plumier, der sie zu Ehren des Augsburger Arztes und Botanikers Leonhard Rauwolf so bezeichnete, welcher 1576 getrocknete Pflanzen von einer Orientreise mitgebracht hatte. Carl von Linné übernahm diese latinisierte Bezeichnung (mit v) in seinem erstmals 1753 erschienenen Werk Species Plantarum. In späteren Auflagen der Werke Plumiers und Linnés wurde die Schreibweise von den seinerzeitigen Herausgebern jedoch zu Rauwolfia (mit w) abgeändert, weswegen heute beide Schreibweisen verbreitet sind.[2]
Medizinische Anwendungen
Extrakte aus den getrockneten Wurzeln und Rhizomen der Pflanze (Rauvolfia radix, auch Rauwolfia radix) werden seit Jahrhunderten in der ayurvedischen Heilkunde zu vielfältigen Zwecken in innerer und äußerer Anwendung eingesetzt: zur Behandlung von Insekten- und Schlangenbissen, bei Hornhauttrübung, bei schwierigen Geburtsverläufen; gerade von der ärmeren Bevölkerung Mumbais wird berichtet, dass Extrakte auch bei verschiedensten Verdauungsbeschwerden und bei Wurmbefall wertgeschätzt wurden. In Kombination mit Extrakten weiterer Pflanzen kam Rauvolfia radix auch zur Behandlung der Cholera zum Einsatz.[2] Anfang des 18. Jahrhunderts gelangte sie auch nach Europa.
Der Großteil der medizinisch wirksamen Bestandteile ist in der Rinde enthalten.[3] Dabei handelt es sich um etwa 60 verschiedene Alkaloide, Rauwolfia-Alkaloide, genauer um Monoterpen-Indolalkaloide des Yohimban-, Heteroyohimban-, Sarpagan- und Ajmalantyps. Der Gesamtalkaloidgehalt liegt bei 1–2 %. Die beiden Hauptwirkstoffe sind das Reserpin und das Rescinnamin. Weitere Alkaloide sind beispielsweise: Ajmalin, Deserpidin, Serpentin und Yohimbin.
Das Alkaloidgemisch wirkt abführend, beruhigend, blutdrucksenkend, krampflösend und stimmungsaufhellend.
In höherer Dosierung wurde Reserpin in den 1950er und 1960er Jahren auch als Mittel gegen Schizophrenie eingesetzt.[4]
Literatur
- P. H. List, L. Hörhammer: Handbuch der Pharmazeutischen Praxis. 6. Band: Chemikalien und Drogen: Teil B: R, S. 4. Auflage. Springer, Berlin 1979, ISBN 978-3-642-66378-9 (Reprint), S. 19 ff.
- Mannfried Pahlow: Das große Buch der Heilpflanzen: gesund durch die Heilkräfte der Natur. Bechtermünz, Augsburg 2001, ISBN 3-8289-1839-5.
- Max Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka: ein Handbuch für die Praxis auf wissenschaftlicher Grundlage. 4. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002, ISBN 3-8047-1854-X.
- Robert Zander: Zander Handwörterbuch der Pflanzennamen. Hrsg. von Fritz Encke, Günther Buchheim, Siegmund Seybold. 15. Auflage, korrigierter Nachdruck der 14. Auflage, Eugen Ulmer, Stuttgart 1994, ISBN 3-8001-5072-7.
Weblinks
Einzelnachweise
- Rauvolfia serpentina bei Tropicos.org. In: IPCN Chromosome Reports. Missouri Botanical Garden, St. Louis.
- J. E. Saxton: The Indole Alkaloids. In: R. H. F. Manske (Hrsg.): The Alkaloids: Chemistry and Physiology – Volume VII. Academic Press, New York/London 1960, S. 62 f.
- J. E. Saxton: The Indole Alkaloids. In: R. H. F. Manske (Hrsg.): The Alkaloids: Chemistry and Physiology – Volume VII. Academic Press, New York/London 1960, S. 68.
- Hans Bangen: Geschichte der medikamentösen Therapie der Schizophrenie. Berlin 1992, ISBN 3-927408-82-4. S. 90–95: Neuroleptika und psychiatrische Theorienbildung