Herz-Jesu-Kirche (Glisno)
Die Herz-Jesu-Kirche, auch Kirche des Heiligsten Herzens Jesu ist eine klassizistische römisch-katholische (ehemals evangelische) Kirche im Dorf Glisno (deutsch Gleißen) im Kreis Sulęcin in der polnischen Woiwodschaft Lebus. Sie ist eine Filialkirche von Trzemeszno im Dekanat Sulęcin im Bistum Zielona Góra-Gorzów.
Geschichte
Die Kirche wurde nach Planungsbeginn 1830 nach einem Entwurf von Karl Friedrich Schinkel in der Nähe des Platzes einer nicht mehr bestehenden Fachwerkkirche aus dem Jahr 1677 gebaut und am 17. September 1837 als evangelische Kirche eingeweiht. An der Errichtungsstelle befand sich einst der Dorfteich des Ortes. Sie ist die einzige bekannte Kirche der Region, die von einem jüdischen Bürger gestiftet wurde. Der Unternehmer Israel Moses Henoch, der als Rittergutsbesitzer auch das Kirchenpatronat innehatte, fand seine Ehrung in der Kirche, mit Inschrift und Porträt.
Vor dem Zweiten Weltkrieg
In den 1930er Jahren zerstörten Nationalsozialisten die Ehrungen für Israel Moses Henoch.
Nach dem Zweiten Weltkrieg
Bis 1945 hatte die Kirchengemeinde zur Kirchenprovinz Mark Brandenburg in der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union gehört. Nach der Vertreibung der deutschen Bevölkerung übernahm die römisch-katholische Kirche das Gebäude, und die Umwidmung der protestantischen Kirche erfolgte am 25. Mai 1946.
Im Jahr 2001 begann man den Glockenturm zu sanieren und in den Jahren 2006–2007 die gesamte Kirche.
Architektur (außen)
Es handelt sich um ein auf rechteckigem Feldsteinsockel-Grundriss erbautes verputztes Backsteingebäude mit Satteldach im typisch klassizistischen Stil Schinkels. An der Westseite schließt sich ein vierseitiger Turm (auf Mittelschiffbreite) mit einem flachen Zeltdach und eingangsseitiger Turmuhr (heute umlaufende Uhren) ans Kirchenschiff an. Der Eingang und der ostseitige Chorabschluss haben je eine Doppeltür mit einem darüber liegenden Halbrundfenster. Die Längsseiten des Kirchengebäudes zieren je vier hohe Rundbogenfenster und die Wände waren mit einer leichten Putzquaderung versehen. Die Ecksäulen (Eckpilaster) des Hauptschiffs tragen die Hauptbalken (Architrav) des Daches. Der Turm besteht aus drei Etagen, die Haupthalle mit je einem Rundbogenfenster ist etwas breiter ausgelegt, im zweiten Stock befinden sich die Uhrziffernblätter. Je Turmseite sind sechs Rundbogenfenster teils angedeutet und in der dritten Etage sind darin je Seite ein hölzernes Schallloch für den Glockenklang eingebaut.
Architektur (innen)
Der saalartig Kircheninnenraum erweckt den Eindruck dreier Räume, erzeugt durch jeweils eingezogene Emporen. Diese ruhen auf toskanischen Säulen und die Brüstungssegmente enthalten aufgesetzte Rosetten. Der Kirchensaal besaß eine Holzdecke und eine Orgelempore mit Orgelprospekt. Die Farbgestaltung wird wie folgt beschrieben:
„Das Innere ist steingrün gehalten, wogegen 20 weiße und gelb gehaltene Säulen mit ihren reichen Capitälern und den Verzierungen der Brüstungen königl. Inspectors, Herrn Gropius zu Berlin, einen überraschenden Eindruck gewähren. Besonders erhebend ist der Anblick der weiß calkierten, mit vielen vergoldeten Arabesken versehen, sowie mit einem ausgezeichnetem Bilde (einem Ecce Homo von Guercino) bereicherter Altars, nebst der der gleich schön verzierten Kanzel, welche beide mit carmesinrothen, goldgestickten Bedeckung und Einlassungen geschmückt sind.“
Die Herz-Jesu-Kirche Glisno steht heute unter Denkmalschutz und gehört zum Europäischen Kulturerbe. (Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten polnische Denkmalnummer: KOK-I-541/63 vom 30.05.1963 und 61 vom 28.10.1976)
Ausstattung
Inventar bis 1945 aus der Vorgängerkirche
Der Altar und die Kanzel aus der Vorgängerkirche, wurden nach Költschen (Kołczyno) ausgelagert und gelten als verschollen.
- Eine Spätbarocke 18 Register umfassende Pfeifenorgel mit mechanischer Traktur.
- Ein sechseckiges hölzernes Taufbecken von aus den Jahr 1582.
- Ein silberner, vergoldeter sechseckiger Kelch (Höhe 16,4 cm) mit gravierter Inschrift »Jhesu« aus dem 15. Jahrhundert.
- Eine Patene (Durchmesser 14 cm) mit eingraviertem Kreuz und der Darstellung »manus Die«.
- Ein silberner, vergoldeter sechseckiger Kelch (Höhe 21 cm) mit den Gravuren »MICVD« und »INRI« aus einer Frankfurter Werkstatt. Inschrift am Kelchfuß »Diesen Kelch hat der edle und erendveste Christoff von Waldow und seine liebe Hausfraw Margareta geborene Loeben in die Kirche gegeben Got zu einem Lob Opffer und Gedechtnis das Got ihnen und ihren lieben Kindern aus vielfeltiger Not geholfen hat. Anno 1587«.
- Ein Zinnkelch mit rundem Ausguss (Höhe 22 cm), datiert 18. Jahrhundert.
- Eine sechseckige Zinnflasche (Höhe 24 cm) Jahreszahlgravur »1768« und Inschrift auf der Unterseite »GES-Pastor«.
- Ein Zinnteller (Durchmesser 21 cm), Anfang 19. Jahrhundert.
- Ein hölzernes Altarkreuz mit vergoldetem Korpus (Höhe 62 cm).
- Vier hölzerne vergoldete Kerzenständer mit unterschiedlich gestalteten Schäften, das erste Paar mit einer Höhe von 94 cm, das zweite mit einer Höhe von 74 cm.
- Eine kleine Holzkassette mit Metallbeschlägen.
- Ein Holzepitaph zum Gedenken an die Gefallenen der preußischen Befreiungskriege.
Inventar bis 1945 aus der Erbauungszeit
- Die Sitzbänke, Türen und der Keramikfußboden
- Ein Porträt von Israel Moses Henoch (Öl auf Leinwand, 65 × 55 cm) im vergoldetem Stuckrahmen, mit einer Inschrift die sich auf die Stiftung der Kirche bezog.
- Ein Kirchenkrug (Höhe 40 cm) aus Zinn mit Deckel und Henkel. Er trug eine Löwenmaske als Verzierung. Der Krug wurde im Heimatmuseum in Zelenzig (Sulęcin) verwahrt und trug folgende Gravierung »Zum Andenken der verstorbenen Madam Henoch, den 14ten November 1828. WP JD WK MM«.
Glocken
Bis zum Zweiten Weltkrieg waren 2 historische Glocken im Turm aufgehängt und gelten seitdem als verschollen. Eine Glocke mit dem Durchmesser von 105 cm wurde 1615 im Auftrag der Familie von Waldow von Otto Albers aus Landsberg an der Warthe (Gorzów Wielkopolski) gegossen.[2]
Eine zweite Quelle (Glockengießer und ihre Glocken in der Provinz Brandenburg) gibt an, dass die Glocken von Otto Albrecht (Albers, Albres) schon 1605 gegossen wurden und die Inschrift »Meister Albers aus Lansberg« enthielten.[3][4]
Weblinks
- Polnische Onlinegalerie von Glisno und Kirche glisno.pl
- Skaziński, Błażej: Gleißen / Glisno (Schlösser und Gärten der Neumark / Zamki i ogrody Nowej Marchii 7), herausgegeben von Sibylle Badstübner-Gröger und Markus Jager, übersetzt von Agnieszka Lindenhayn-Fiedorowicz, Berlin 2011 ISBN 978-3-941675-37-7. (academia.edu PDF online)
Einzelnachweise
- Camilla Badstübner-Kizik, Edmund Kizik: Entdecken - Erforschen – Bewahren Beiträge zur Kunstgeschichte und Denkmalpflege : Festgabe für Sibylle Badstübner-Gröger zum 12. Oktober 2015. Lukas Verlag, 2016, ISBN 978-3-86732-213-3, S. 170-181 (Snippet-Ansicht) (google.de).
- Skaziński, Błażej: Gleißen / Glisno (Schlösser und Gärten der Neumark / Zamki i ogrody Nowej Marchii 7), hg. v. Sibylle Badstübner-Gröger und Markus Jager, übers. v. Agnieszka Lindenhayn-Fiedorowicz, Berlin 2011 ISBN 978-3-941675-37-7. (PDF) S. 15–16
- Fritz Wolff: Die Glocken der Provinz Brandenburg und ihre Giesser. Zirkel, 1920, S. 141 (Snippet Ansicht) (google.de).
- Fritz Wolff: Die Glocken der Provinz Brandenburg und ihre Giesser. Zirkel, 1920, S. 141 (Snippet Ansicht) (google.de).