Hertie School
Die Hertie School (bis 2019 Hertie School of Governance) ist eine staatlich anerkannte private Hochschule mit Promotionsrecht[3] in Berlin. Sie wurde im Dezember 2003 von der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung als gemeinnützige GmbH gegründet und befindet sich seit 2008 im Quartier 110-Gebäude in der Berliner Friedrichstraße.[4]
Hertie School | |
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Motto | Understand today. Shape tomorrow. |
Gründung | 2003 |
Trägerschaft | privat |
Ort | Berlin |
Bundesland | Berlin |
Land | Deutschland |
Leitung | Mark Hallerberg, Axel Baisch |
Studierende | 687 (WS 2019/2020)[1] |
Professoren | 34[2] |
Website | www.hertie-school.org |
Angeboten werden zwei Master-Studiengänge: der Master of Public Policy und ein Master of International Affairs. Außerdem werden für Berufserfahrene ein Abschluss als Executive Master of Public Administration sowie einzelne Weiterbildungsseminare angeboten. Unterrichtssprache ist Englisch.
Geschichte
Im Jahr 2003 wurde die Hertie School of Governance gegründet.[5]
Studium
Der Abschluss Master of Public Policy (MPP) kann nach einem zweijährigen Master-Studiengang erworben werden. Dieser kann sowohl konsekutiv nach Abschluss eines Bachelors als auch postgradual absolviert werden. „Gutes Regieren im 21. Jahrhundert“ ist inhaltlicher Schwerpunkt, der aber nicht auf die klassischen Regierungsämter beschränkt ist. Mikroökonomie, Makroökonomie und Verhandlungsführung gehören ebenso zum Curriculum wie Politisches Management und Entwicklung moderner Formen der Governance. Praxiskenntnisse sollen in Fallstudien, in einem achtwöchigen Praktikum und in der Abschlussarbeit im zweiten Studienjahr erworben werden.
Der zweijährige Studiengang Master of International Affairs (MIA) wird seit 2015 angeboten. Er vermittelt Fachkenntnisse im Bereich der internationalen Beziehungen und bereitet auf die besonderen Herausforderungen modernen Regierens in einer global vernetzten Welt vor.
Das Executive Master of Public Administration-Programm richtet sich an Berufserfahrene, für die die Kooperation von Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft Bestandteil ihrer Arbeit ist. Jeder Studierende des EMPA-Programms wählt einen von drei individuellen Schwerpunktbereichen. Dies sind Management and Leadership, Economics, Finances and Methods oder Intersectoral Management.[6] Der Master kann entweder im Vollzeitstudium über ein Jahr oder berufsbegleitend über zwei Jahre absolviert werden.
Seit 2008 gibt es ein Doktorandenprogramm der Berlin Graduate School for Transnational Studies (BTS), einem Gemeinschaftsprojekt der Hertie School mit der Freien Universität Berlin und dem Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung.
Ab 2012 bietet die Hertie School ein eigenes, dreijähriges, strukturiertes Promotionsprogramm in Public Policy an, das wahlweise zum PhD in Governance oder Dr. rer. pol. führt.[7]
Lehrende
Zum ständigen Lehrkörper gehören Acting President Mark Hallerberg, Dean Andrea Römmele, Dean Christine Reh, Helmut K. Anheier, Arjun Appadurai, Kerstin Bernoth, Joanna Bryson, Başak Çalı, Luciana Cingolani, Mark Dawson, Christian Flachsland, Lukas Graf, Gerhard Hammerschmid, Anita Gohdes, Anke Hassel, Lion Hirth, Klaus Hurrelmann, Thurid Hustedt, Leonardo Iacovone, Wolfgang Ischinger, Markus Jachtenfuchs, Slava Jankin Mikhaylov, Christian Joerges, Mark Kayser, Mareike Kleine, Genia Kostka, Michaela Kreyenfeld, Johanna Mair, Alina Mungiu-Pippidi, Jean Pisani-Ferry, Hanna Schwander, Daniela Stockmann, Christian Traxler, Kai Wegrich und Julian Wucherpfennig.[8]
Organisation
Die Einrichtung wird durch ein Kuratorium sowie einen Aufsichtsrat unterstützt. Die Mitglieder des Kuratoriums prägen die Gesamtentwicklung der Hochschule. Der Aufsichtsrat unterstützt und überwacht die wirtschaftlichen Prozesse der Hertie School.
Standort
Nach Abschluss der 2019 begonnenen Sanierung des Robert-Koch-Forums soll die Hochschule 2022 in den denkmalgeschützten Bau umziehen.[9]
Partnerschaften
Die Bildungseinrichtung verfügt über institutionelle Partnerschaften u. a. mit Sciences Po in Paris, der London School of Economics and Political Science, der Columbia University in New York und der Wirtschaftsuniversität Luigi Bocconi in Mailand, die Auslandsaufenthalte im Umfang von einem oder zwei Semestern im zweiten Jahr des MPPs ermöglichen. Daneben besteht für einige Studenten die Möglichkeit, ein Doppeldiplom (dual degree) an einer der Partnerinstitutionen zu erlangen.
Seit 2011 besteht eine Kooperation mit der ESCP Europe Wirtschaftshochschule Berlin. Die Zusammenarbeit umfasst ein Austauschprogramm der berufsbegleitenden Managementstudiengänge für Führungskräfte beider Hochschulen. Seit Anfang 2011 können die Teilnehmer des „European Executive MBA-Programms“ der ESCP Europe und des „Executive Master of Public Administration“ der Hertie School an einzelnen Wahlkursen der jeweils anderen Partnerhochschule teilnehmen. Die erworbenen Leistungen und Credits werden wechselseitig anerkannt. Ein ähnlich aufgebautes Austauschprogramm besteht mit der Copenhagen Business School und der Universität Bern.[10]
Absolventen
In der Zeit von 2007 bis 2016 haben mehr als 1100 Absolventen die Hochschule mit einem Master-Abschluss verlassen. Sie stammten aus 80 Ländern, rund die Hälfte kamen aus Deutschland.
Kontroverse
Die Initiative Her.Tietz, die von fast 150 aktuellen und ehemaligen Studierenden der Hertie School ins Leben gerufen wurde, warf seit 2018 der Hochschule vor, sich der Aufarbeitung des geschichtlichen Erbes der Hertie Stiftung zu verweigern. Der Namen des ursprünglichen Unternehmens wurde zugunsten der Abkürzung "Hertie" getilgt. "Hertie" bedeutet die Zusammensetzung aus Hermann und Tietz. Hermann Tietz finanzierte seinem Neffen Oscar Tietz 1882 ein Textilgeschäft, woraus der Konzern erwuchs. Die jüdische Unternehmerfamilie Tietz wurde aus dem Unternehmen gedrängt. Der nach der "Arisierung" eingesetzte Manager Georg Karg führte die Geschäfte auch nach dem Krieg weiter.[11]
Die Initiative Her.Tietz versuchte den Vorstand der Hertie-Stiftung zu „einem offenen Umgang und einer wissenschaftlichen Aufarbeitung ihrer Geschichte zu überzeugen“. Auf den Internetseiten der Hertie School und Hertie-Stiftung fänden sich kaum Informationen zur Herkunft des Namens „Hertie School“, auch fände dies keine Erwähnung im Curriculum. Nach mehrjährigem Drängen der Initiative sei eine historische Info-Tafel in der Cafeteria der Hertie School in Berlin angebracht worden.[11][12] Im November 2020 gab die Hertie-Stiftung bekannt, dass sie für die wissenschaftliche Aufarbeitung ihrer Vorgeschichte die Gesellschaft für Unternehmensgeschichte beauftragt habe.[13][14]
Literatur
- Hans Weiler: Die Erfindung einer privaten Hochschule für öffentliches Handeln. Inventing a Private School of Public Policy. Berlin 2014.
Weblinks
Einzelnachweise
- https://www.hertie-school.org/en/who-we-are/facts/ (abgerufen am 10. September 2021)
- https://www.hertie-school.org/de/magazin/detail/content/hertie-school-hires-new-professors-to-expand-focus-on-digitalisation-and-globalisation/ (abgerufen am 6. Februar 2019)
- http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/1637-11.pdf
- Inventing a Private School of Public Policy. Tradition and Innovation in German Higher Education (Memento vom 30. Oktober 2016 im Internet Archive), (engl.)
- Electives – Areas of Concentration | Hertie School. In: www.hertie-school.org. Archiviert vom Original am 30. Oktober 2016; abgerufen am 30. Oktober 2016.
- Hertie School startet im Herbst Promotionsprogramm „PhD in Governance“ (Memento vom 6. Dezember 2012 im Internet Archive), vom 6. März 2012 auf www.hertie-school.org
- Webseite der Hertie School: Core Faculty, abgerufen am 9. April 2014
- Armory Burchard: Neuer Sitz für Berliner Hertie School. Regierungshochschule an geschichtsträchtiger Stätte. In: Der Tagesspiegel/Tagesspiegel Online. Verlag Der Tagesspiegel GmbH, 17. Dezember 2018, abgerufen am 18. Dezember 2018.
- Partners & Exchanges | Hertie School. In: www.hertie-school.org. Abgerufen am 17. Oktober 2016.
- Thorsten Schmitz: Hertie und die Hitler-Diktatur – War da was? In: Sueddeutsche.de. 16. Oktober 2020, abgerufen am 4. Dezember 2020.
- Christoph David Piorkowski: Im Namen von Hermann Tietz: „Arisierungs“-Geschichte holt Hertie-School ein. In: Tagesspiegel.de. 13. November 2020, abgerufen am 4. Dezember 2020.
- Christoph David Pirokowski: Hertie-Stiftung stellt sich „Arisierungs“-Geschichte. In: Tagesspiegel.de. 30. November 2020, abgerufen am 4. Dezember 2020.
- Hubert Spiegel: Auf in die Archive! In: FAZ.net. 30. November 2020, abgerufen am 4. Dezember 2020.