Herrschaft Kirchheim und Stauf
Die Herrschaft Kirchheim und Stauf, alternativ auch als Herrschaft Kirchheim-Bolanden und Stauf bezeichnet, war ein historisches Territorium in Rheinland-Pfalz, im Wormsgau am Donnersberg. Sie bestand aus den ehemalig selbstständigen Herrschaften Kirchheim und Stauf. 1388 wurde die Herrschaft unter Heinrich II. von Sponheim-Bolanden-Dannenfels vereinigt und gelangte über dessen Enkelin Anna von Hohenlohe-Weickersheim bei der Heirat mit Philipp I. von Nassau-Saarbrücken an das Haus Nassau. Bis 1793 verblieb die Herrschaft bei verschiedenen Linien des Hauses Nassau; zuletzt bei Nassau-Weilburg.
Geographie
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts umfasste die Herrschaft Kirchheim und Stauf[1]:
- das vollständige Oberamt Kirchheim mit:
Kirchheimbolanden, Albisheim, Bennhausen, Bischheim, Bolanden, Breunigweiler, Dannenfels, Dreisen, Eisenberg, Göllheim, Kerzenheim, Marnheim, Morschheim, Oberwiesen, Orbis, Ramsen, Rittersheim, Rosenthal, Rüssingen, Sippersfeld, Stauf, Steinbach (zu 1/4) und Weitersweiler (zu 1/3); sowie
- das Amt Alsenz mit:
Alsenz, Niederhausen, Winterborn, Rohrbach (zur Hälfte)
Geschichte
Herrschaft Kirchheim
Der Hauptbesitz der Herrschaft lag um den Donnersberg, weitere Lehen befanden sich im Speyer-, Worms-, Rhein-, Nahe- und Moselgau und der Wetterau.
Folgende Ortschaften gehörten zu Kirchheim[2]:
Kirchheimbolanden, Albisheim (vor 1613 teilweise, danach vollständig), Bennhausen, Bischheim, Bolanden, Dannenfels, Dreisen, Marnheim, Morschheim, Oberwiesen, Orbis, Rittersheim und Rüssingen
Den Grundstein legten die Herren von Bolanden; mit Werner von Bolanden Anfang des 12. Jahrhunderts erstmals erwähnt. Stammburg war Alt-Bolanden, nahe dem heutigen Bolanderhof; später Neu-Bolanden bei Bolanden. Auf dem Gebiet der Herrschaft Bolanden bildeten sich am Donnersberg durch Erbteilung mehrere Seitenlinien. Darunter die Herrschaften Kirchheim (entstanden aus der Herrschaft Dannenfels) als Haupterbin des Bolander Besitzes, Falkenstein (mit Philipp I. von Falkenstein, Sohn Werners III.) und Hohenfels (mit Philipp I. von Hohenfels, Sohn Werners I.). 1386 stirbt das Adelsgeschlecht im Mannesstamme mit Konrad, Sohn Ottos I. und Enkel Werner V. aus.
- 1268 Besitzteilung zwischen den Brüdern Werner V. und Philipp von Bolanden. Bolanden und Kirchheim bleiben von der Teilung ausgeschlossen und werden weiter gemeinschaftlich regiert.
- 1288 stirbt Johann von Bolanden, der einzige Sohn Philipps von Bolanden. Der Besitz fällt an seine Schwester Kunigunde, welche mit Heinrich I. von Sponheim-Kreuznach verheiratet ist.
- Grundstein für die Herrschaft Sponheim-Bolanden-Dannenfels
- die Nachkommen Werners V. veräußern nach und nach ihre Besitzungen; das Amt Bolanden kommt so zur Kurpfalz, Kirchheim fast vollständig an Sponheim-Bolanden-Dannenfels.
- über Anna, einer Urenkelin Werners V., kam der Überrest des alten Bolandischen Besitzes bei ihrer Heirat mit Philipp von Neu-Baumberg an die Raugrafen.
- Wappen derer von Bolanden
- Wappen der Kurpfalz, mit Helm und Pfälzer Löwen als Helmzier; Stiftskirche (Neustadt an der Weinstraße), um 1420
- Wappen der Raugrafen
Herrschaft Stauf
Das Zentrum der Herrschaft Stauf lag ungefähr zehn Kilometer südlich des Donnersberges und grenzte direkt an die Herrschaft Kirchheim an. Sitz der Herren von Stauf war Burg Stauf im Eistal, erstmals um 1010 als castellum Stoufenburc erwähnt. Um die Burg entwickelte sich später das gleichnamige Dorf, nahe Eisenberg.
Zur Herrschaft Stauf gehörten folgende Ortschaften:
Stauf, Breunigweiler, Eisenberg, Göllheim, Kerzenheim, mit Rosenthal und Kerzweiler, Ramsen, Sippersfeld mit dem Pfrimmerhof, sowie die Rheindörfer: Bobenheim, Hochheim, Horchheim, Leiselheim, Mörsch, Pfiffligheim, Roxheim, Weinsheim und Wiesoppenheim
Um 1010 ist das castellum Stoufenburc als Sitz Herzog Konrads I. von Kärnten aus dem Geschlecht der Salier anzunehmen, da sein Sohn hier verstarb. Zwischen 1150 und 1263 gehörte Stauf mit Eberhard III. und Eberhard IV. den Grafen von Eberstein. Nach deren Aussterben im Mannesstamm mit dem Tode Eberhards IV. 1263 viel das Erbe an dessen Tochter Agnes, die mit Heinrich II. von Zweibrücken verheiratet war. Die linksrheinischen Gebiete des Ebersteiner Erbes (hauptsächlich Stauf) gliederte Heinrich II. seinem Herrschaftsgebiet an, die rechtsrheinischen Besitzungen (die Grafschaft Eberstein) übernahm sein Sohn Simon. Die jüngeren Söhne Heinrichs II., Walram I. und Eberhard, teilten sich zunächst die Regierung, bis 1286 eine Trennung in zwei Linien stattfand: Zweibrücken (Walram I.) und Zweibrücken-Bitsch (Eberhard). Die Herrschaft Stauf verblieb bei Walram I. und somit bei Zweibrücken. Der letzte männliche Nachkomme von Walram I., sein Urenkel Graf Eberhard von Zweibrücken, veräußerte die Herrschaft Stauf schließlich in drei Schritten 1378, 1383 und 1388 an Heinrich II. von Sponheim-Bolanden-Dannenfels.
- Wappen der Grafen von Eberstein, Scheiblersches Wappenbuch 1450–1480
- Wappen der Grafen von Zweibrücken(-Zweibrücken)
Vereinigung unter Heinrich II. von Sponheim-Bolanden-Dannenfels
Die Grafen von Sponheim-Dannenfels hatten im Verlauf von 100 Jahren zwischen 1288 und 1388 einen Großteil der Herrschaft Bolanden und der raugräflichen Güter, sowie 1378 bis 1388 unter Heinrich II. von Sponheim-Dannenfels die komplette Herrschaft Stauf in ihren Besitz gebracht. Die vereinigten Besitzungen hießen von da an Herrschaft Kirchheim und Stauf. Nach dem Tode Heinrichs II. von Sponheim-Dannenfels fiel die Herrschaft 1393 durch seine Tochter Elisabeth, verheiratet mit Kraft von Hohenlohe-Weikersheim, an deren einzige Tochter Anna und ihren Mann Philipp I. von Nassau-Saarbrücken. Philipps Söhne teilten das Erbe ihres Vaters und bildeten so die Linien Nassau-Saarbrücken und Nassau-Weilburg; Kirchheim und Stauf blieb aber unter gemeinschaftlicher Kontrolle. Im Jahr 1574 starb die Saarbrücker Linie der Nassauer aus, mit der Konsequenz, dass deren Ländereien an Weilburg fielen. Trotz weiterer Teilungen blieb der Hauptteil – teils durch Erbgang, teils durch Ankauf oder Tausch – der Herrschaft Kirchheim und Stauf bis zum Ende des 18. Jh. bei Nassau-Weilburg.[3]
- Wappen der Grafen von Hohenlohe nach dem Scheiblerschen Wappenbuch
- Wappen der Grafen von Nassau-Saarbrücken (Gewölbeschlussstein, Spolie, Kloster Rosenthal (Pfalz))
- Wappen von Nassau-Weilburg um 1714
Die Zugehörigkeit zum Hause Nassau zeigt sich deutlich in Kirchheimbolanden an der Fassade des alten Rathauses. Dort befindet sich ein Steinrelief mit dem Doppelwappen von Nassau-Saarbrücken.
Entwicklung nach 1700
Ursprünglich gehörten die drei reformierten Gemeinden Bolanden, Dreisen und Marnheim, sowie das Drittel von Weitersweiler aus dem Amt Bolanden zur Kurpfalz. Diese wurden 1706 gegen die Rheindörfer, welche aus den alten Besitzungen der Herrschaft Stauf stammten, getauscht, um ein geschlossenes Territorium zu erhalten.
Spätbarocke Blütezeit und Niedergang
Kirchheimbolanden stellte das Verwaltungszentrum für die Nassau-Weilburgischen Herrscher vor Ort da. Anfang des 17. Jahrhunderts errichteten sie außerhalb der Stadtmauer ein Schloss. 1737 verlegte Carl August von Nassau-Weilburg seine Residenz von Weilburg nach Kirchheimbolanden und verhalf der noch mittelalterlich geprägten Stadt so zu einer barocken Blüte. Zwischen 1738 und 1740 ließ er das alte Schloss durch einen Neubau ersetzen. Zur neuen Anlage gehörte außer dem barocken Schlossgarten eine Orangerie, sowie ein Ballhaus. Die Schloßkirche, heute Paulskirche, wurde zwischen 1739 und 1744 gebaut. Neben den Neubauten für die Herrscherfamilie entstanden auch eine ganze Reihe von Kavaliershäusern für den Hofstaat.
- Schloss
- Orangerie (Zustand 2017)
- Schloßkirche
- Schloßkirche (Innenansicht)
- Kavaliershaus
Auch der Sohn Carl Augusts Carl Christian und sein Enkel Friedrich Wilhelm residierten hier. 1793 floh Friedrich Wilhelm wegen der Französischen Revolution aus dem nahe an Frankreich gelegenen, und somit unsicheren Kirchheimbolanden. Mit dieser Flucht endete nicht nur die Herrschaft der Nassauer über die Herrschaft Kirchheim und Stauf, dass ganze historische Territorium ging durch die nachfolgenden Kriege unter. Erst von Frankreich besetzt, wurde das Gebiet nach 1797 annektiert und ging 1798 im neugeschaffenen Departement Donnersberg auf.
- Carl August von Nassau-Weilburg
- Karl Christian von Nassau-Weilburg
- Friedrich Wilhelm von Nassau-Weilburg
Literatur
- M. Hoffmann: Die Verbandsgemeinde Göllheim – Ein kulturhistorischer Reiseführer, Göllheim 1997
- A. Köllner: Geschichte der Herrschaft Kirchheim-Boland und Stauf : nach J. M. Kremer's und J. Andreä's Manuscripten, zuverlässigen Urkunden und anderen Hülfsmitteln bearbeitet, Wiesbaden 1854
Einzelnachweise
- Michael Frey: Versuch einer geographisch-historisch-statistischen Beschreibung des Gerichts=Bezirkes von Kaiserslautern im königl. bayer. Rheinkreise, Speyer, 1837
- A. Köllner: Geschichte der Herrschaft Kirchheim-Boland und Stauf : nach J. M. Kremer's und J. Andreä's Manuscripten, zuverlässigen Urkunden und anderen Hülfsmitteln bearbeitet, Wiesbaden, 1854
- Karl Scherer (Hrsg.): Göllheim - Beiträge zur Ortsgeschichte I, 2006