Helmut Horten
Helmut Horten (* 8. Januar 1909 in Bonn; † 30. November 1987 in Croglio, Schweiz) war ein deutscher Unternehmer. Er stammt aus der Kaufmannsfamilie Horten.
Leben
Horten wurde 1909 als Sohn von Josef Emil August Horten, Jurist des Senatspräsidenten am Oberlandesgericht Köln, geboren. Sein Patenonkel war der Dominikaner Titus Maria Horten[1] und er war ein Vetter von Alphons Horten.
Karriere
Er ging im Düsseldorfer Kaufhaus Leonhard Tietz in die Lehre und wechselte dann in die Nachbarstadt Duisburg zum Textilkaufhaus Gebr. Alsberg. Als mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 zunehmend deutsche Juden enteignet wurden, und auch die Eigentümer des Kaufhauses Gebr. Alsberg, Strauß und Lauter, zum Verkauf gezwungen wurden und später in die USA emigrierten, kaufte Horten im Mai 1936 dieses Kaufhaus.[2] Die Finanzierung sicherte der Bankier Wilhelm Reinold von der Hamburger Commerz- und Disconto-Bank, ein Freund der Familie Horten, der die Bank zum stillen Teilhaber der nun gegründeten Unternehmung Horten & Co. machte.[3]
Im selben Jahr erwarb Horten das Wattenscheider Kaufhaus Hess, dem weitere sechs Häuser bis 1939 folgten. Obwohl Titus Maria Horten, der Patenonkel des Unternehmers, nach einem NS-Schauprozess und anschließender Haft 1936 verstarb, hatte dies keine Auswirkungen auf die Beziehung zum Hitler-Regime. Es gelang ihm, die Verteilung der kriegsbedingt kontingentierten Waren für die Kauf- und Warenhäuser im gesamten Niederrheinbereich an sich zu ziehen.
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs inhaftierten die Briten Horten im August 1946 und internierten ihn bis Anfang 1948 in Recklinghausen. Nach einem 17-tägigen Hungerstreik kam Horten dann frei.[3] In der Internierung hatte er Rudolf Tesmann, den ehemaligen Adjutanten des Gauleiters Ernst Wilhelm Bohle kennengelernt, der später erst in die Werbeabteilung der Horten & Co., dann in den Werbering Duisburger Innenstadt aufrücken sollte. 1948 kehrte er nach Duisburg zurück.[4]
Da er seine Firma nicht eingebüßt hatte und ab 1944 Waren in einem stillgelegten Schacht der August-Thyssen-Hütte, Hamborn, gehortet hatte, begann Horten nach seiner Freilassung mit der Konsolidierung und Expansion der Horten & Co. In der Duisburger Innenstadt baute er 1958 ein sechsstöckiges Gebäude, das heute den Kaufhof beherbergt und dessen Außenwände und Fassade denkmalgeschützt waren.[5] 1953 kaufte er für 10 Mio. DM die Merkur AG, die bis 1938 und ab 1949 Salman Schocken gehört hatte.[3] Die bankenfinanzierte Übernahme erforderte die Umfirmierung der alten Horten & Co. in die Merkur Horten & Co. KG mit Sitz in Nürnberg. Alleiniger persönlich haftender Gesellschafter blieb Helmut Horten.
1954 erwarb Horten von dem nach New York emigrierten Unternehmer Jakob Michael, dem die New Jersey Industries als ausländische Holding der DeFaKa gehörte, die vorher Friedrich Flick angebotenen Anteile an der Emil Köster AG, die dann in die Emil Köster KG a. A. umgewandelt wurde und in deren Aufsichtsrat u. a. Duisburgs Landgerichtsdirektor Hans Gatermann und der Duisburger Rechtsanwalt Wilhelm Großhans aufrückten.[3]
Privates
Die erste Ehefrau Hortens beging Suizid.[6] Um 1964 lernte Horten die 32 Jahre jüngere Sekretärin Heidi Jelinek, spätere Heidi Horten (* 1941) in einer Hotelbar in Velden am Wörthersee kennen. Sie wurde 1966 seine zweite Ehefrau. Zur Hochzeit schenkte er ihr den Blauen Wittelsbacher. Ende 1968 übersiedelte das Ehepaar Horten nach Croglio im Kanton Tessin. Kurz darauf, von 1969 auf 1970, wandelte Horten sein Unternehmen in eine Aktiengesellschaft um, damit er deren Mehrheit veräußern könne. Bis 1972 hatte er sich ganz aus dem Warenhauskonzern zurückgezogen. Der Verkauf selbst war lange Zeit umstritten, weil die Aktien kurze Zeit nach der Emission beträchtlich unter den Emissionspreis fielen. Für den Verkauf erhielt er 1,2 Mrd. DM, die aufgrund einer Gesetzeslücke steuerfrei waren.[7][8] Diese Steuervermeidung war ein Anlass für die spätere Entwicklung der Außensteuer in Deutschland.
Für Mülheim an der Ruhr, wo er am Uhlenhorstweg eine repräsentative Villa errichten ließ, und vor allem für Duisburg, wo sich das Zentrum seiner unternehmerischen Aktivitäten befand, wurde Horten nach dem Krieg ein wichtiger Förderer. Er wurde Mitglied des Duisburger Clubs Raffelberg, dem er u. a. einen Centre Court für große Tennisturniere bauen ließ, förderte den Fußball, den Duisburger Karneval, stiftete dem Duisburger Zoo u. a. einen Elefanten und war auch an der Einrichtung des berühmten Delphinariums 1965 beteiligt. Lediglich der Wunsch, in Duisburg ein Kabarett nach Berliner Vorbild zu gründen, konnte nie erfüllt werden. 1983 spendete er 6 Millionen DM an die FDP,[8] die er bereits 1956 mit einer Millionenspende vor Finanzproblemen gerettet hatte.[6]
1971 gründete Horten die Stiftung Villalta in Croglio, um die medizinische Forschung zu fördern; sie wurde nach seinem Tod in Helmut Horten Stiftung umbenannt. Das Stiftungskapital betrug 2004 über 60 Millionen Schweizer Franken. Seine Frau Heidi war Alleinerbin seines Vermögens.[9]
Literatur
- Michael Jungblut: Die Reichen und die Superreichen in Deutschland. Hamburg 1971, S. 67 ff.
- Kurt Pritzkoleit: Die neuen Herren. Die Mächtigen in Staat in Wirtschaft. Wien, München u. Basel 1955, S. 412–428.
- Bernt Engelmann, Günter Wallraff: Ihr da oben – wir da unten. Kiepenheuer & Witsch, Köln 1973, S. 158 ff.
- Peter Hoeres/Maximilian Kutzner, Der Kaufhaus-König im „Dritten Reich“, in: FAZ vom 18. Januar 2022.
- Josef Niesen: Bonner Personenlexikon. Bouvier, Bonn 2007, ISBN 978-3-416-03159-2.
- Johannes Ludwig: Boykott, Enteignung, Mord. Die »Entjudung« der deutschen Wirtschaft. Facta Oblita Hamburg 1988, erweiterte Neuauflage Piper, München 1992, ISBN 3-492-11580-2. Darin das neue Kapitel: „Hat das Kaufhaus praktisch umsonst bekommen.“ Der Yuppie des Jahres 1936: Helmut Horten. S. 154–174.
- Das Paradies der Damen. Der Spiegel vom 18. Mai 1955
- Arisierung – „Keiner hat hier was zu feiern.“ Der Spiegel 52/1987, S. 58–72.
Weblinks
- Biographie im Portal Rheinische Geschichte des Landschaftsverbandes Rheinland
- Helmut-Horten-Stiftung
- Helmut Horten auf ti.ch/can/oltreconfiniti/ (abgerufen am: 15. Juli 2016.)
- Helmut Horten (italienisch) auf swissinfo.ch (abgerufen am: 8. September 2016.)
- Olga Kronsteiner: Hortens Nazi-Makel Der Standard, 31. Mai 2020.
Einzelnachweise
- Bernt Engelmann: Die Macht am Rhein. Meine Freunde, die Geldgiganten. Der alte Reichtum. Band 1, W. Goldmann, München 1983, ISBN 3-442-06649-2, S. 85.
- „Nach der Arisierung ist das Kaufhaus Herrn Horten für ein Appel und ein Ei zugefallen, nachdem er es zuerst als Treuhänder leitete...“ Aussage der Verkäuferin Erika H. aus: Bernt Engelmann, Günter Wallraff: Ihr da oben wir da unten, Verlag der Nation Berlin, 1975, ISBN 3-462-01202-9
- Hans Otto Eglau: Die goldenen zwanzig Jahre: Mit Geschick, Glück und Gönnern wurde Helmut Horten zum tausendfachen Millionär, Die Zeit, 2/1972, 14. Januar 1972
- finanzen net GmbH: Helmut Horten: Der Glücksritter schuf ein Kaufhausimperium - 28.02.20 - BÖRSE ONLINE. Abgerufen am 4. April 2020 (englisch).
- Galeria Kaufhof und der Denkmalschutz: 60 Jahre Kaufhaus: Galeria, Merkur, Horten, bz-duisburg.de, abgerufen am 19. Mai 2019
- Parteifinanzen: Der Superreiche im Schmollwinkel, Die Zeit 47/1984, 16. November 1984
- Der Spiegel vom 26. November 1984: Sicheres Gespür
- Gestorben: Helmut Horten, Der Spiegel 50/1987, 7. Dezember 1987
- Heidi Horten. Weiblich, ledig, reich. In: Manager-Magazin. 30. Januar 2004.