Haus des Lehrers
Das Haus des Lehrers (kurz: HdL) ist ein Gebäude im Berliner Ortsteil Mitte am Alexanderplatz. Es befindet sich an der Alexanderstraße 9, bis Juni 2006 lautete die Adresse Alexanderplatz 4. Zum Bauensemble gehört auch die angrenzende, seitlich zurückgesetzte Kongresshalle, ein zweigeschossiger Bau mit einer quadratischen Grundfläche von 2500 Quadratmetern, die seit September 2003 Berlin Congress Center (bcc) heißt.
Haus des Lehrers | |
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Haus des Lehrers | |
Daten | |
Ort | Berlin-Mitte |
Architekt | Hermann Henselmann |
Baustil | Neue Sachlichkeit |
Baujahr | 1961–1964 |
Höhe | 54 m |
Grundfläche | 660 m² |
Koordinaten | 52° 31′ 17″ N, 13° 24′ 59″ O |
Geschichte
Lehrervereinshaus
Im Oktober 1908 wurde in der Alexanderstraße 41 neben dem Bunten Brettl das Lehrervereinshaus eingeweiht, das von Hans Toebelmann und Henry Groß entworfen worden war. Bauherr war der Berliner Lehrerverein, dem das Geschäftshaus mit Konditorei und Restaurant im Erdgeschoss als Mieteinnahmequelle für seinen Verein diente. Im hinteren Bereich des Grundstücks bis zur Kurzen Straße hatte der Verein sein Verwaltungsgebäude und einen Hoteltrakt für Vereinsmitglieder sowie ein Saalgebäude für Veranstaltungen. Unter anderem fanden hier am 2. Februar 1919 die Trauerfeier für Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg sowie am 4. Dezember 1920 der Vereinigungsparteitag von KPD und USPD statt. Die umfangreiche pädagogische Bibliothek des Lehrervereins hat als Deutsche Lehrerbücherei die beiden Weltkriege überstanden und ist in die Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung eingegliedert.
Neubau nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach der Zerstörung des Vorgängerbaus im Zweiten Weltkrieg wurde 1961–1964 etwas weiter nordöstlich das Haus des Lehrers errichtet.[1] Es war das erste Hochhaus am Alexanderplatz. Die Grundsteinlegung für das Gebäude des Architektenteams Hermann Henselmann, B. Geyer und J. Streitparth erfolgte am 12. Dezember 1961, eröffnet wurde es am 9. September 1964.[2]
Gebäude
Das 54 Meter hohe Haus des Lehrers ist ein zwölfgeschossiges Hochhaus in Kastenform auf 44 m × 15 m Grundfläche, eine typische Lösung für die Architektur der Nachkriegsmoderne im Sinne des Internationalen Stils. Errichtet wurde es in Stahlskelettbauweise mit einer Glas-Aluminium-Vorhangfassade. Die Besonderheit des Gebäudes ist ein umlaufender Fries aus 800.000 Mosaiksteinen[3] im Bereich der dritten und vierten Etage, im Volksmund „Bauchbinde“ genannt. Dieser von Walter Womacka in Anlehnung an den Muralismo entworfene Fries mit dem Namen Unser Leben zeigt Darstellungen aus dem gesellschaftlichen Leben in der DDR. Mit sieben Metern Höhe und 127 Metern Länge zählt es flächenmäßig zu den größten Kunstwerken Europas. Der gesamte Gebäudekomplex steht seit den 1990er Jahren unter Denkmalschutz.
Nutzung
Das Haus des Lehrers wurde als Begegnungsstätte für Pädagogen errichtet, unter anderem traf sich hier der Klub Berliner Pädagogen. Im dritten und vierten Obergeschoss – hinter dem umlaufenden Fries – befand sich die aus der Deutschen Lehrerbücherei hervorgegangene Pädagogische Zentralbibliothek, eine der bedeutendsten pädagogischen Bibliotheken Europas mit 650.000 Schriften. Im fünften Obergeschoss befand sich der dazugehörige Lesesaal. Die Bibliothek ist nach dem Ende der DDR in die Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung umgewandelt worden.
Im ersten und zweiten Obergeschoss befanden sich ein Café und ein Restaurant. Weitere öffentliche Bereiche waren ein Buchladen, Veranstaltungsräume und eine Kleinkunstbühne mit Bar. Zeitgleich mit der Eröffnung des neuen Haus des Lehrers wurde auch die nebenstehende Kongresshalle mit ihrer runden Kuppel fertiggestellt.
Nach der politischen Wende ging das Gebäude im September 1991 in das Eigentum des Landes Berlin über, das dort Teile der Senatsschulverwaltung unterbrachte. Ab 1994 wurde das Gebäude für unterschiedliche Zwecke vermietet und schließlich Ende 2001 für 8,18 Millionen Euro an die Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte (WBM) verkauft.
Zwischen 2002 und 2004 wurde der Komplex mit der angrenzenden Kongresshalle für 49 Millionen Euro komplett restauriert, modernisiert und zum Teil umgebaut. Durch Verkleinerung der Treppenhäuser konnte die Nutzfläche verdoppelt werden. Auf dem Dach wurde ein Glaspavillon errichtet, der zu den Büros der zwölften Etage gehört.
In der Zeit von September 2001 bis Februar 2002, Dezember 2003 bis Januar 2004, im Oktober 2004 und nochmals im Oktober 2005 wurde das Gebäude für die interaktive Lichtinstallation Blinkenlights sowie von 2003 bis 2011 für den jährlichen Chaos Communication Congress des Chaos Computer Clubs genutzt.
Das Gebäude ist seit 2008 unter anderem Konzernzentrale des größten überregionalen deutschen Kita-Trägers, der Fröbel-Gruppe.
Literatur
- Elmar Kossel: Hermann Henselmann und die Moderne. Eine Studie zur Modernerezeption in der Architektur der DDR. Hrsg. v. Adrian von Buttlar u. Kerstin Wittmann-Englert (= Forschungen zur Nachkriegsmoderne d. Fachgebietes Kunstgeschichte am Inst. f. Kunstwiss. u. Historischer Urbanistik der Technischen Univ. Berlin) Verlag Langewiesche, Königstein i. Ts. 2013, ISBN 978-3-7845-7405-9.
- Martin Seidel: Vom Arbeitsamt zum Zoll. Staatliche Institutionen und ihre Kunst. Hrsg. v. Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat (BMI): 70 Jahre Kunst am Bau in Deutschland, Deutscher Kunstverlag, Berlin / München 2020, S. 197, ISBN 978-3-422-98617-6.
Weblinks
- Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste mit weiteren Informationen
- Filmbeitrag zum Haus des Lehrers bei TV Berlin
- Hanne Loreck: vorWand – Ein kunstkritisches Plädoyer für das Dekorative (über das Haus des Lehrers), abgerufen am 15. April 2011
- Hubschrauber heben Fahrstuhlteile auf Dach von Haus des Lehrers in Berlin. Deutscher Fernsehfunk vom 19. Juli 1964. (Video im ARD-Retro-Angebot der ARD Mediathek).
Einzelnachweise
- Gernot Jochheim: Der Berliner Alexanderplatz, Links Berlin 2006, ISBN 978-3-86153-391-7, S. 186.
- Joachim Schulz, Werner Gräbner: Berlin. Hauptstadt der DDR. Architekturführer DDR, VEB Verlag für Bauwesen Berlin, 1974; S. 53.
- Die kleinen Steinchen sind poliert. In: Berliner Zeitung, 14. Oktober 2003, abgerufen am 16. Juni 2013.