Chaos Communication Congress
Der Chaos Communication Congress ist ein mehrtägiges, in Deutschland stattfindendes Treffen der internationalen Hackerszene, das vom Chaos Computer Club (CCC) ausgerichtet und organisiert wird. Der Kongress widmet sich in zahlreichen Vorträgen und Workshops technischen und gesellschaftspolitischen Themen. Seit 2015 übersteigt das Interesse die Anzahl der verfügbaren Tickets, die 2018 und 2019 bei 17.000[1][2] lag und online binnen Sekunden ausverkauft war.[3]
Der Kongress findet jährlich statt, von der Gründung im Jahr 1984 bis zum Jahr 2004 vom 27. bis zum 29. Dezember, seit 2005 vom 27. bis zum 30. Dezember. Als Abkürzung dient die laufende Nummer der Veranstaltung, ergänzt um den Zusatz C3 (für „Chaos Communication Congress“, Details s. u.).
Geschichte
Nachdem der Kongress, der seit 1984 im Eidelstedter Bürgerhaus in Hamburg stattfand, für diesen Ort zu groß geworden war, zog er 1998 nach Berlin ins Haus am Köllnischen Park, wo er von mehr als 4000 Teilnehmern besucht wurde. Von 2003 bis 2011 fand der Kongress im Berliner Congress Center am Alexanderplatz statt. Im Jahr 2012 wurde er ins Congress Centrum Hamburg (CCH) verlegt.[4] Im Dezember 2013 besuchten ihn über 9000 Teilnehmer. Das gesteigerte Interesse wurde der Globalen Überwachungs- und Spionageaffäre und den Veröffentlichungen Edward Snowdens zugerechnet.[5] 2017 zog der Kongress in die Leipziger Messe, da das CCH wegen Sanierungsarbeiten nicht mehr zur Verfügung stand.[6]
Der Kongress bemüht sich um möglichst niedrige Eintrittspreise – vor allem, um Jugendlichen die Teilnahme zu ermöglichen. 2011 kostete ein Ticket für die gesamte Kongressdauer 80 Euro, für Jugendliche unter 18 Jahren 25 Euro.[7] Ein großer Teil der Referenten rekrutiert sich aus der Szene selbst, und die organisatorische Arbeit vor Ort wird von freiwilligen Helfern geleistet, die im CCC-Jargon als Engel bezeichnet werden.
Teil des Kongresses ist das Hackcenter, ein großes Areal, in dem die verschiedenen regionalen Gruppierungen des Clubs mit ihrer Technik auf dem Kongress präsent sind. Das Hackcenter und die anderen Bereiche der Veranstaltung sind über eine breitbandige Anbindung mit dem Internet verbunden. Der CCC legt aber Wert auf die Feststellung, dass es sich beim Hackcenter nicht um eine LAN-Party handelt, sondern um ein „Hands-On“-Labor zum gemeinsamen Erforschen und Testen von Netzwerktechnologie. Mit dem Umzug ins Congress Centrum Hamburg im Jahr 2012 wurde das Hackcenter um sogenannte Assemblies erweitert, abgegrenzte Bereiche außerhalb der Vortragssäle, die verschiedenen sozialen Gruppierungen und Projekten als Präsentationsfläche dienen konnten.[8]
Von 1997 bis 2004 wurde während des Kongresses gleichzeitig auch die Deutsche Meisterschaft im Lockpicking ausgetragen.
Das Streaming der Vorträge wurde die letzten Jahre von der Forschungsgemeinschaft elektronische Medien e. V. (FeM) umgesetzt. Durch die hohe Nachfrage war 2007 und 2008 die 1-Gbit/s-Anbindung der TU Ilmenau zu 99 Prozent ausgelastet.[9][10] Beim Wechsel des Chaos Communication Congress nach Hamburg (29C3), konnten die Rechnerressourcen und Bandbreite anderer Studentennetzwerke in Deutschland genutzt werden.[11] Außerdem erhielt man Unterstützung aus dem CCC-Umfeld. Im Jahr darauf wurde innerhalb des CCC das Video Operation Center (VOC) ins Leben gerufen, welches unterstützt wurde.[12] Seit dem 31C3 hat das VOC die Leitung übernommen und wird von der FeM sowie der ags (TU Braunschweig) unterstützt.[13]
Statt einer Creative-Commons-by-nc-nd-Lizenz für 32C3-Videos wurden die meisten 33C3-Videos mit einer CC-by-Lizenz publiziert.[14]
Vorfälle im Umfeld des 26C3
Im Rahmen des Chaos Communication Congress 2009 verschafften sich Unbekannte vermutlich illegal Zugang zu internen Daten der Singlebörse Ma-flirt.de, zudem wurden öffentlich zugängliche Profilfotos von der Singlebörse Harzflirt.de heruntergeladen. Zu diesen Daten wurden Download-Links im Kongress-Wiki des CCC erstellt. Passwörter wurden dort direkt veröffentlicht. Ein älterer Hack der Kundendatenbanken des Bekleidungshändlers Thor Steinar wurde ebenfalls bekanntgemacht. Zu den veröffentlichten Daten gehörten Profilnamen, Passwörter, E-Mail-Adressen, Ortsangaben, Wohnadressen, Fotos und Umsatzzahlen. Zwei der Seiten stehen im Ruf, von Mitgliedern der rechten Szene frequentiert zu werden, die anderen nicht. Der Verein wollte zu den Datenschutzverletzungen keine Stellungnahme geben.[15] Kongressteilnehmer distanzierten sich jedoch von dem Vorfall. Er stehe im Widerspruch zur Hackerethik.[16][17][18]
Remote Chaos Experience (rC3)
Aufgrund der COVID-19-Pandemie wurde der 37C3, der wieder auf dem Leipziger Messegelände stattfinden sollte, abgesagt.[19] Der Kongress wurde von zahlreichen Bühnen im ganzen Bundesgebiet auf eine Streaming-Plattform übertragen. Um für die Teilnehmenden eine „Kongress-Umgebung“ zu imitieren, wurde eine 2D-Welt zur Verfügung gestellt, über die Vorträge besucht werden konnten und automatisch mit den umherstehenden Teilnehmenden eine Videokonferenz gestartet wurde.
Kongress-Mottos und Veranstaltungsorte 1984 bis heute
Der Chaos Communication Congress steht fast jedes Jahr unter einem Motto, meist in Bezug auf wichtige Themen des zurückliegenden oder kommenden Jahres.
Nr. | Jahr | Motto | Kürzel | Besucher | Veranstaltungsort |
---|---|---|---|---|---|
1 | 1984 | CCC’84 nach Orion’64 | Eidelstedter Bürgerhaus in Hamburg | ||
2 | 1985 | Du Darfst | |||
3 | 1986 | Damit Sie auch morgen noch kraftvoll zubyten können | |||
4 | 1987 | Offene Netze – Jetzt! | |||
5 | 1988 | ich glaub’ es hackt | |||
6 | 1989 | Offene Grenzen: Cocomed zuhauf | |||
7 | 1990 | ohne Motto | |||
8 | 1991 | Per Anhalter durch die Netze | |||
9 | 1992 | Es liegt was in der Luft | |||
10 | 1993 | Ten years after Orwell | |||
11 | 1994 | Internet im Kinderzimmer – Big business is watching you?! | Bikini-Haus in Berlin | ||
12 | 1995 | Pretty Good Piracy – verdaten und verkauft | Eidelstedter Bürgerhaus in Hamburg | ||
13 | 1996 | Der futurologische Congress – Leben nach der Internetdepression | |||
14 | 1997 | Nichts ist wahr. Alles ist erlaubt. | |||
15 | 1998 | All Rights Reversed | [20] | 2.300Haus am Köllnischen Park in Berlin | |
16 | 1999 | ohne Motto | 16C3 | ||
17 | 2000 | Explicit Lyrics | 17C3 | [21] | 2.500|
18 | 2001 | Hacking Is Not A Crime | 18C3 | [22] | 2.500|
19 | 2002 | Out Of Order | 19C3 | [23] | 3.000|
20 | 2003 | Not A Number | NaN | [24] | 2.500Berliner Congress Center |
21 | 2004 | The Usual Suspects | 21C3 | [25] | 3.500|
22 | 2005 | Private Investigations | 22C3 | [26] | 3.000|
23 | 2006 | Who can you trust? | 23C3 | [27] | 4.200|
24 | 2007 | Volldampf voraus! | 24C3 | [28] | 4.013|
25 | 2008 | Nothing To Hide! | 25C3 | [29] | 4.200 (inkl. Tagestickets)|
26 | 2009 | Here Be Dragons | 26C3 | [29][30] 9.000 (inkl. Streaming) | |
27 | 2010 | We come in peace | 27C3 | [31] | 4.000|
28 | 2011 | Behind enemy lines | 28C3 | [32] | 3.000|
29 | 2012 | Not My Department | 29C3 | [33] | 6.500Congress Center Hamburg |
30 | 2013 | ohne Motto | 30C3 | [34] | 9.000|
31 | 2014 | A New Dawn | 31C3[35] | 12.000[36] | |
32 | 2015 | Gated Communities | 32C3[37] | 13.000 (ausverkauft)[38] | |
33 | 2016 | Works For Me | 33C3[39] | 12.000 (ausverkauft)[40] | |
34 | 2017 | tuwat | 34C3[41] | 15.000 (ausverkauft)[42] | Leipziger Messe[43][44][45] |
35 | 2018 | Refreshing Memories | 35C3[46] | 17.000 (ausverkauft)[1] | |
36 | 2019 | Resource exhaustion | 36C3[47] | 17.000 (ausverkauft)[48] | |
37 | 2020 | remote Chaos Experience | rC3[19] | – | Online[19] |
38 | 2021 | NOWHERE | rC3 2021[49] | – | Online[49] |
Abkürzung
Seit dem Chaos Communication Congress 1999 hat sich eine abkürzende Schreibweise eingebürgert. Anstatt 16. Chaos Communication Congress wurde der Begriff 16C3 verwendet. Die offizielle Schreibweise des Chaos Communication Congress 2004 lautet somit „21C3: The Usual Suspects“ 21. Chaos Communication Congress. Der 20. Kongress 2003 hingegen bildete mit dem Kürzel NaN eine zum Motto passende Bezeichnung.
- Glenn Greenwald hält die Keynote des 30C3 (Dez. 2013)
- Assemblies, leuchtende Rohrpostkartusche im Wellschlauch, 30C3
- Trammel Hudson bei einem Vortrag auf dem 34C3
Siehe auch
Weblinks
- Auflistung aller C3 mit dazugehörigen Websites
- Aufzeichnungen der Vorträge seit 2000 auf media.ccc.de
- media.ccc.de auf YouTube
Einzelnachweise
- 35c3 in Leipzig „Seid gute Hacker!“ Abgerufen am 9. Januar 2019.
- Manuel Atug: 36C3: Von Netzpolitik und Klimawandel – Einmischen statt stillhalten Artikel vom 9. Februar 2020 auf der Webseite heise.de. Abgerufen am 28. April 2021.
- 36C3: Tickets & Presale Artikel vom 19. Oktober 2019 auf der Webseite events.ccc.de. Abgerufen am 28. April 2021.
- Why did you move the CCCongress to Hamburg (of all places)? In: CCC Event Weblog. 8. August 2012, abgerufen am 4. Oktober 2012 (englisch).
- Stefan Krempl: 30C3: Snowden-Effekt beschert Hackertreffen Besucherrekord. In: Heise online. 31. Dezember 2013, abgerufen am 3. November 2015.
- CCC | Chaos Communication Congress zieht nach Leipzig. Abgerufen am 1. Januar 2018.
- Tickets – 28C3. In: Eventseite zum 28C3. CCC, 2011, abgerufen am 4. Oktober 2012.
- Assemblies. In: CCC Event Blog. Abgerufen am 15. Januar 2013 (englisch).
- Sway, Felix von Leitner: FeM-Streaming und Encoding. 30. Dezember 2007, abgerufen am 8. Juni 2016.
- Andreas Dommaschk: FeM auf dem 25. Chaos Communication Congress II. Forschungsgemeinschaft elektronische Medien, 30. Dezember 2008, abgerufen am 27. September 2010.
- Rechenschaftsbericht 2012. (PDF) Forschungsgemeinschaft elektronische Medien, 9. Januar 2013, S. 9–10, abgerufen am 21. Dezember 2015.
- Rechenschaftsbericht 2013. (PDF) Forschungsgemeinschaft elektronische Medien, 19. Januar 2014, S. 9–10, abgerufen am 21. Dezember 2015.
- Rechenschaftsbericht 2014. (PDF) Forschungsgemeinschaft elektronische Medien, 13. Januar 2015, S. 7–8, abgerufen am 21. Dezember 2015.
- Call for Participation: 33rd Chaos Communication Congress. packetstormsecurity.com, 2. September 2016, abgerufen am 4. Januar 2017 (englisch).
- Stefan Krempl: 26C3: Hacker verbrauchen Rekord-Bandbreite. In: Heise online. 31. Dezember 2009, abgerufen am 3. November 2015.
- Stefan Krempl: 26C3: Flirtbörse der rechten Szene gehackt. In: Heise online. 29. Dezember 2009, abgerufen am 31. Dezember 2009.
- Christian Klaß: Rechte Flirtbörse und NPD-Webseiten gehackt. Nutzerdaten von Hackern zum Download veröffentlicht. In: golem.de. 30. Dezember 2009, abgerufen am 31. Dezember 2009.
- Luise Strothmann: Hacker outen Thor Steinar Fans. In: taz. 2. Januar 2010, abgerufen am 2. November 2015.
- rC3 – remote Chaos Experience – CCC Event Blog. Abgerufen am 5. September 2020.
- Mirco Blitz: C3-HdK: Historie Teil 1. Interview mit Tim Pritlove bei 42:24. In: Sendungsbewustsein. Abgerufen am 6. Dezember 2017.
- Stefan Krempl: Berlin wird wieder zur Hauptstadt des Chaos. In: Telepolis. Abgerufen am 27. Dezember 2018.
- Stefan Krempl, Torsten Kleinz: Chaos-Nächte: Der 18. CCC-Kongress in Berlin. In: Heise online. Abgerufen am 27. Dezember 2018.
- Stefan Krempl: 19C3: Funkstille am „Abuse“-Telefon. In: Heise online. 31. Dezember 2002, abgerufen am 2. November 2015.
- Till Meyer: Datenmißbrauch verhindern. In: Junge Welt. 31. Dezember 2003, abgerufen am 3. November 2015.
- Stefan Krempl: 21C3: Hackertreffen endet mit Besucherrekord. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Heise online. 31. Dezember 2004, archiviert vom Original am 22. Dezember 2015; abgerufen am 2. November 2015.
- Stefan Krempl: 22C3: Abschied der Hacker vom Robin-Hood-Heroismus. In: Heise online. 31. Dezember 2005, abgerufen am 2. November 2015.
- Stefan Krempl: 23C3: Hackertreffen schließt mit neuem Besucherrekord. In: Heise online. 31. Dezember 2006, abgerufen am 2. November 2015.
- Stefan Krempl: 24C3: Mehr Aktivismus 2008. In: Heise online. 31. Dezember 2007, abgerufen am 2. November 2015.
- 26C3: Besucher- und Bandbreiten-Rekord 2009. In: WinFuture.de
- Frank Rieger, Ron: 26C3 Closing Event. 30. Dezember 2009, abgerufen am 22. Juli 2020.
- Falk Hedemann: 27C3: Hacker kritisieren Angriffe auf Paypal, Mastercard & Co. In: t3n. 28. Dezember 2010, abgerufen am 2. November 2015.
- Jakob Steinschaden: Unter Hackern: Es brodelt im Untergrund. In: futurezone. 30. Dezember 2011, abgerufen am 14. Januar 2015.
- Stefan Krempl: 29C3: CCC sieht Umzug ins Hamburger Kongresszentrum als vollen Erfolg. In: Heise online. 31. Dezember 2012, abgerufen am 6. Januar 2015.
- Stefan Krempl: 30C3: Snowden-Effekt beschert Hackertreffen Besucherrekord. In: Heise online. 31. Dezember 2013, abgerufen am 15. April 2015.
- Hakan Tanriverdi: Grund zur guten Laune. In: Süddeutsche Zeitung. 27. Dezember 2014, abgerufen am 27. Dezember 2014.
- Ute Welty: Hacker-Kongress 31C3: Mit Sachverstand gegen Überwachung. Deutschlandfunk Kultur, 30. Dezember 2014, abgerufen am 6. Januar 2015.
- 32C3: Gated Communities. CCC Event Weblog, 4. November 2015, abgerufen am 4. November 2015.
- Stefan Krempl: 32C3: Hackertreffen mit 13.000 Teilnehmern von DDoS-Angriffen geplagt. In: Heise online. 31. Dezember 2015. Abgerufen am 14. Mai 2017.
- Hello, this is 33C3 „works for me“. CCC Event Weblog, 22. November 2016, abgerufen am 23. November 2016.
- Torsten Kleinz: 33C3: CCC-Kongress beginnt in Hamburg. In: Heise online. 27. Dezember 2016. Abgerufen am 14. Mai 2017.
- 34C3: tuwat. CCC Event Weblog, 23. November 2017, abgerufen am 23. November 2017.
- Nico Jurran: Hackerkongress endet: Breiteres Programm, mehr Besucher. In: Heise online. 30. Dezember 2017. Abgerufen am 30. Dezember 2017.
- Erdgeist: Chaos Communication Congress zieht nach Leipzig. Chaos Computer Club, 13. Mai 2017, abgerufen am 13. Mai 2017.
- CCC Updates: Chaos Communication Congress wieder in Leipzig. Chaos Computer Club, 1. September 2018, abgerufen am 3. September 2018.
- Aktueller Stand zum 37C3. Chaos Computer Club, 6. Juni 2020, abgerufen am 8. Juni 2020.
- CCC | Vorverkauf des 35. Chaos Communication Congress startet. Abgerufen am 5. November 2018.
- CCC | Einladung zur Beteiligung: Chaos Communication Congress in Leipzig. Abgerufen am 4. Oktober 2019.
- 36C3: Hackerkongress produziert mehr als 11 Tonnen CO2. Abgerufen am 27. Dezember 2019.
- rC3: NOWHERE (2021) - CCC Event Blog. Abgerufen am 19. Dezember 2021.