Grzimek-Haus
Das Grzimek-Haus ist das Nachttierhaus (Noctarium) des Frankfurter Zoos, in dem Tierarten gehalten werden, die vorwiegend nachtaktiv sind. Das nach dem ehemaligen Zoo-Direktor Bernhard Grzimek benannte Gebäude wurde 1978 eröffnet und ist der Ersatz für das Kleinsäugerhaus von 1899. Das Grzimek-Haus zählt zusammen mit der Einrichtung im Bronx Zoo New York zu den größten Nachttierhäusern der Welt. Das Grzimek-Haus beherbergt jedoch auch tagaktive Tierarten, die im Ein- und Ausgangsbereich zu sehen sind. Vor einigen Jahren bestanden Planungen zum Neubau des Hauses, diese verliefen allerdings nach kurzer Zeit im Sande.
Funktionsweise
Um den nur tagsüber anwesenden Zoobesuchern das Verhalten ausgewählter Tiere während ihrer nächtlichen Aktivitätsphase demonstrieren zu können, werden die Tiere im Grzimek-Haus in einer „künstlichen Nacht“ gehalten. Dazu wird die „innere Uhr“ der Tiere durch verschobene Hell- beziehungsweise Dunkelphasen sozusagen um 12 Stunden verstellt, so dass es für sie während der Besuchszeit „Nacht“ ist. Dementsprechend ist die Beleuchtung der Gehege nachts angeschaltet und tagsüber eher spärlich ausgelegt, was zur Folge hat, dass sich die Besucher nach Betreten des dunklen Hauses zunächst ca. zehn Minuten lang an die Dunkelheit gewöhnen müssen. Nach dieser Eingewöhnungszeit können die gezeigten Tiere dann bei ihren nächtlichen Aktivitäten beobachtet werden.
Auch viele neu ins Grzimek-Haus eingebrachte Tiere müssen schrittweise an die veränderte Hell-Dunkel-Periodik angepasst werden, indem in speziellen Eingewöhnungsräumen der scheinbare Nachtbeginn alle 24 Stunden zum Beispiel um eine Stunde verschoben wird. So konnten die Kiwis erst erfolgreich gehalten werden, nachdem deren spezielle Eingewöhnungsbedürfnisse in einer wissenschaftlichen Studie der Universität Frankfurt untersucht worden war.
Bewohner
Im Tagtierbereich (18 Schaugehege) leben Rotbraune Elefantenspitzmaus, Kurzohr-Rüsselspringer, Nördliche Spitzhörnchen, Zwergseidenäffchen, Tamanduas, Gundis, Gold-Stachelmäuse und Streifengrasmäuse sowie Kleinkantschile und Komodowarane. In einigen Gehegen werden mehrere Arten gehalten. Zu nennen sind die Vergesellschaftungen von Springtamarinen mit Zwergagutis, von Goldenen Löwenäffchen mit Kugelgürteltieren und Zweifinger-Faultieren (Doppelstockgehege), Kap-Borstenhörnchen und Siedelwebern sowie Buschschliefern und Zwergmangusten. Die Zwergotter erhielten 2004 eine Außenanlage, die Löwenäffchen 2018. 2022 soll im Haus eine neue Anlage für Nacktmulle eröffnet werden, ermöglicht vom Förderverein des Zoos[1].
Größer ist der Nachttierbereich (24 Schaugehege), in dem die einzigen Fingertiere in einem deutschen Zoo zu sehen sind. In einigen Gehegen sind auch hier mehrere Tierarten miteinander vergesellschaftet, so etwa Eulenschwalme und Schnabeligel, Fingertiere und Mausmakis, Kleine Igeltanreks und Fettschwanzmakis, aber auch Nachtaffen und Gürteltiere respektive Buschbabys, Springhasen und züchtende Erdferkel. Weitere Arten im Nachttierbereich sind Haus-Spitzmausbeutelratten, Tüpfelbeutelmarder, Kowaris, Zwerggleitbeutler, Brillenblattnasen, Schlankloris, Wüstenschläfer, Greifstachler, Wüstenspringmaus, Seurat-Stachelmäuse (eine Unterart der Ägyptischen Stachelmaus) und Schwimmratten.
Ehemalige Bewohner des Hauses sind Opossums, Maus-Zwergbeutelratten, Neuguinea-Beutelmarder, Kurzkopfgleitbeutler, Gleichfarbkuskuse, Nacktnasenwombats, Bürstenkängurus, mehrere Vertreter der Baumkängurus, Große Igeltanreks, Langohrigel, Goldene Rüsselhündchen, Rotschulter-Rüsselhündchen, mehrere Vertreter der Fledertiere, Zwerggalagos, Zwergplumploris, Pottos, Koboldmakis, Varis, Braunrückentamarine, Kaiserschnurrbarttamarine, Rotbauchtamarine, Brüllaffen, Sakis, Totenkopfäffchen, Zwergmeerkatzen, Hoffmann-Zweifingerfaultiere, mehrere Vertreter der Gürteltiere, Schönhörnchen, Riesenhörnchen und Rotschenkelhörnchen, Afrikanische Bilche, Riesenborkenratten, mehrere Vertreter der Grasmäuse, der Rennmäuse und Wühlmäuse, ferner Hasenmaus, Stachelmaus und Hüpfmaus, mehrere Vertreter der Zwerghamster, Sandratten, Votsotsas, mehrere Vertreter der Meerschweinchen, Ferkelratten, Chinchillas, Viscachas, Pakaranas, Baumstachler, Graumulle, Fenneks, Waldhunde, Katzenfretts, Wickelbären, Zorillas, Skunks, Fingerotter, Fossas, Linsangs, Flecken- und Palmenroller, Fuchsmangusten, Erdwölfe, Schwarzfußkatzen, Rostkatzen, Servale, Karakals, Kap-Klippschliefer, Hornvögel, Nordbüscheleulen, Perlkäuze, Prachtfinken, Kiwis, Wickelskinke, Jemenchamäleons, Tokehs, Pythons und Riesenlaubfrösche.
Da es sich zum Teil um selten gezeigte Arten mit wenig Haltungserfahrung handelt, wurden manche Arten aufgrund des Ablebens der Tiere nur kurzzeitig gehalten. So gelangten die Opossums aus anderen Gründen nie in den Schaubereich. In der Nachttierabteilung wurden aber auch sehr viele Erfolge erzielt. Bei dem gezeigten Goldenen Rüsselhündchen etwa handelte es sich um das einzige Exemplar seiner Art, das jemals in Menschenobhut lebte. Außerdem gelang die deutsche Erstzucht bei Fingertieren, Schlankloris, Zwergplumploris, Bänderrollern und Großen Igeltanreks. Frankfurt war einziger Halter und Züchter der Großen Fruchtfledermaus[2] in der europäischen Zoogeschichte. Ebenso war Frankfurt einziger Halter und Züchter des Philippinen-Koboldmakis der deutschen Zoogeschichte. Auch bei zahlreichen anderen schwer züchtbaren Tieren wie Kurzschnabeligeln, Greifstachlern, Kiwis, Galagos oder Nachtaffen wurden Erfolge erzielt.
Galerie
- Zwergmanguste im Tagtierbereich
- Gundi im Tagtierbereich
- Eulenschwalm damals in der Tagtierabteilung- heute im Nachttierbreich
- Komodowaran im Tagtierbereich
- Springhase im Nachttierbereich
- Löffelbilch in der Nachttierabteilung
- Schlanklori in der Nachttierabteilung
- Stachelmaus in der Tagtierabteilung
- Wildmeerschweinchen in der Tagtierabteilung
- Kurzschnabeligel in der Tagtierabteilung
- Fingertier in der Nachttierabteilung
- Löwenäffchen in der Tagtierabteilung
- Braunborstengürteltier in der Nachttierabteilung
Weblinks
- Grzimekhaus, Nachttiere Webseite des Zoo Frankfurt (Beschreibung der Gehege und Tierhäuser)
- Panoramabilder aus dem Grzimek-Haus
Einzelnachweise
- Zoo-Freunde Frankfurt e. V.: Blick unter die Erde: Anlage für Nacktmulle geplant. Zoo-Freunde Frankfurt e. V., abgerufen am 3. Februar 2022.
- Zootierliste: ehemalige Haltungen, abgerufen am 14. August 2017