Grimselit
Grimselit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Carbonate und Nitrate“ (ehemals „Carbonate, Nitrate und Borate“). Es kristallisiert im hexagonalen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung K3Na[UO2|(CO3)3]·H2O[1] und ist damit chemisch gesehen ein wasserhaltiges Kalium-Natrium-Uranylcarbonat.
Grimselit | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
Andere Namen |
IMA 1971-040 |
Chemische Formel | K3Na[UO2|(CO3)3]·H2O[1] |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Carbonate und Nitrate (ehemals Carbonate, Nitrate und Borate) |
System-Nr. nach Strunz und nach Dana |
5.ED.35 (8. Auflage: V/F.02) 15.02.06.01 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | hexagonal |
Kristallklasse; Symbol | ditrigonal-dipyramidal; m2 |
Raumgruppe (Nr.) | P62c[1] (Nr. 190) |
Gitterparameter | a = 9,30 Å; c = 8,26 Å[1] |
Formeleinheiten | Z = 2[1] |
Häufige Kristallflächen | {101O}, {lO1l}, {0001}[2] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 2 bis 2,5[2] |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 3,30 (synthetisch); berechnet: 3,27[2] |
Spaltbarkeit | Bitte ergänzen |
Bruch; Tenazität | muschelig; spröde |
Farbe | gelb |
Strichfarbe | hellgelb |
Transparenz | durchsichtig bis durchscheinend |
Glanz | Glasglanz |
Radioaktivität | sehr stark |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nω = 1,601 nε = 1,480[3] |
Doppelbrechung | δ = 0,121[3] |
Optischer Charakter | einachsig negativ |
Weitere Eigenschaften | |
Chemisches Verhalten | wasserlöslich |
Grimselit entwickelt nur winzige Kristalle bis etwa 0,3 Millimeter[2] Durchmesser mit hexagonal-tafeligem bis -prismatischem Habitus. Meist findet er sich in Form blättriger oder körniger Mineral-Aggregate und krustiger Überzüge. Die überwiegend gelben, selten auch grünlichgelben Kristalle sind durchsichtig bis durchscheinend und zeigen auf den Kristallflächen einen glasartigen Glanz. Auf der Strichtafel hinterlässt Grimselit einen hellgelben Strich.
Etymologie und Geschichte
Erstmals gefunden wurde Grimselit 1969 von Kurt Walenta am Grimselpass zwischen Berner Oberland und Oberwallis auf der Baustelle für das Kraftwerk Oberhasli in der Schweiz. Weitere Stücke fand später noch H. A. Stalder, die eine genauere Analyse erlaubten. Walenta wählte als Namengeber für das Mineral dessen Typlokalität und reichte seine Untersuchungsergebnisse 1971 zur Prüfung bei der International Mineralogical Association (IMA) ein (Register-Nr. IMA 1971-040).[4]
Typmaterial des Minerals wird im Institut für Mineralogie und Kristallchemie der Universität Stuttgart[2] und im Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart[5] aufbewahrt.
Klassifikation
In der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Grimselit zur gemeinsamen Mineralklasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort zur Abteilung der „Uranylcarbonate [UO2]2+ bis [CO3]2−“, wo er zusammen mit Andersonit, Bayleyit, Čejkait, Fontanit, Liebigit, Metazellerit, Swartzit und Zellerit die unbenannte Gruppe V/F.02 bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Grimselit in die neu definierte Klasse der „Carbonate und Nitrate“, dort allerdings ebenfalls in die Abteilung der „Uranylcarbonate“ ein. Diese ist jedoch weiter unterteilt nach dem Stoffmengenverhältnis vom Uranyl- zum Carbonatkomplex, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „UO2 : CO3 = 1 : 4“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 5.ED.35 bildet.
Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Grimselit wie die veraltete Strunz’sche Systematik in die gemeinsame Klasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort in die Abteilung der „Wasserhaltigen Carbonate“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 15.02.06 innerhalb der Unterabteilung „Wasserhaltige Carbonate mit A+mB2+n(XO3)p • x(H2O), (m+n):p > 1:1“ zu finden.
Kristallstruktur
Grimselit kristallisiert hexagonal in der Raumgruppe P62c (Raumgruppen-Nr. 190) mit den Gitterparametern a = 9,30 Å und c = 8,26 Å sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[1]
Eigenschaften
Grimselit ist wasserlöslich, wobei die Lösung alkalisch reagiert.[6]
Durch seinen Urangehalt von bis zu 39,13 % ist das Mineral sehr stark radioaktiv. Unter Berücksichtigung der natürlichen Zerfallsreihen bzw. vorhandener Zerfallsprodukte wird die spezifische Aktivität mit 70,043 kBq/g[7] angegeben (zum Vergleich: natürliches Kalium 0,0312 kBq/g).
Bildung und Fundorte
Grimselit kommt als seltenes Sekundärmineral in durchsetzten Gängen von Granodioriten und Aplit-Graniten vor, wo er meist Quarz und Feldspat aufsitzend gefunden werden kann. Als Begleitminerale können unter anderem Bayleyit, Baylissit, Calcit, Čejkait, Monohydrocalcit und Schröckingerit auftreten.
Als sehr seltene Mineralbildung konnte Grimselit bisher (Stand 2014) nur in wenigen Proben aus weniger als 10 Fundorten nachgewiesen werden. Bekannte Fundorte sind neben seiner Typlokalität Gerstenegg-Sommerloch Tunnel und der nahegelegenen NAGRA in der Schweiz nur noch die Uranlagerstätte im Krunkelbachtal nahe der Gemeinde Menzenschwand im deutschen Bundesland Baden-Württemberg sowie die Rovnost Mine (Werner Mine) und Svornost Mine (Einigkeit Mine) bei Jáchymov (Sankt Joachimsthal) in der tschechischen Region Böhmen.[8]
Vorsichtsmaßnahmen
Aufgrund der Toxizität und der starken Radioaktivität des Minerals sollten Mineralproben vom Grimselit nur in staub- und strahlungsdichten Behältern, vor allem aber niemals in Wohn-, Schlaf- und Arbeitsräumen aufbewahrt werden. Ebenso sollte eine Aufnahme in den Körper (Inkorporation, Ingestion) auf jeden Fall verhindert und zur Sicherheit direkter Körperkontakt vermieden sowie beim Umgang mit dem Mineral Atemschutzmaske und Handschuhe getragen werden.
Siehe auch
Literatur
- Kurt Walenta: Grimselite, a new Ka-Na-uranyl carbonate from the Grimsel region, Oberhasli, Bern canton, Switzerland. In: Schweizerische Mineralogische und Petrographische Mitteilungen = Bulletin Suisse de Mineralogie et Petrographie Band 52-1 (1972), S. 93–108
- Carl Hintze: Handbuch der Mineralogie. Neue Mineralien und neue Mineralnamen (mit Nachträgen, Richtigstellungen und Ergänzungen). Ergänzungsband 4, Teil 2. Walter de Gruyter, Berlin 1975, ISBN 3-11-005850-2, S. 283–285 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Yaping Li, Peter C. Burns (2001): The crystal structure of synthetic Grimselite, K3Na[(UO2)(CO3)3](H2O) In: The Canadian Mineralogist Band 39, Nr. 4, S. 1147–1151 doi:10.2113/gscanmin.39.4.1147
- Philippe Roth: Minerals First Discovered in Switzerland and Minerals Named After Swiss Individuals. Excalibur Mineral Corp. 2007, ISBN 978-3-9807561-8-1, S. 78–79 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
Weblinks
Einzelnachweise
- Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 321.
- Grimselite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 74 kB)
- Mindat - Grimselite
- Philippe Roth: Minerals First Discovered in Switzerland and Minerals Named After Swiss Individuals. Excalibur Mineral Corp. 2007, ISBN 978-3-9807561-8-1, S. 78–79 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
- Typmaterialkatalog der Universität Hamburg - Grimselit
- Carl Hintze: Handbuch der Mineralogie. Neue Mineralien und neue Mineralnamen (mit Nachträgen, Richtigstellungen und Ergänzungen). Ergänzungsband 4, Teil 2. Walter de Gruyter, Berlin 1975, ISBN 3-11-005850-2, S. 284 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Webmineral - Grimselite
- Fundortliste für Grimselit beim Mineralienatlas und bei Mindat