Gallische Sprache
Das Gallische ist eine keltische Sprache, die im Altertum in Gallien gesprochen wurde. Die gallische Sprache ist die am besten belegte der fünf festlandkeltischen Sprachen, die heute alle ausgestorben sind. Gallisch als Sprachbezeichnung ist mindestens seit Aulus Gellius (ca. 180 nach Christus) belegt.[1]
Gallisch | ||
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Zeitraum | ca. 300 v. Chr.–ca. 500 n. Chr. | |
Ehemals gesprochen in |
früheres Gallien (Frankreich, Belgien, am Oberrhein (Schweiz) und Norditalien) | |
Linguistische Klassifikation |
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Sprachcodes | ||
ISO 639-1 |
– | |
ISO 639-2 |
cel (sonstige keltische Sprachen) | |
ISO 639-3 |
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Verbreitung und Quellen
Die Sprache wurde laut Caesar von verschiedenen keltischen Volksstämmen in Teilen des heutigen Frankreichs bis zur Seine und Marne, und in der Schweiz am Oberrhein gesprochen.[2] Einige wenige beschriftete Gegenstände (instrumenta) befinden sich außerdem nördlich der Seine (bis ins heutige Belgien) und in Norditalien.[3] In Norditalien belegen Inschriften eine verwandte Sprache, das Lepontische.
Die frühesten Belege der Sprache werden auf das 4. Jahrhundert v. Chr. datiert, etwa im 3. Jahrhundert n. Chr. brechen die Belege ab. Die keltischen Stämme erfanden keine eigene Schrift, sondern übernahmen die Alphabete ihrer Nachbarn. So sind gallische Inschriften in zwei Alphabeten erhalten: zunächst griechische Schriftzeichen im Umland der griechischen Kolonie Massalia und, nach Ankunft der Römer, lateinische Schriftzeichen.
Erhalten sind in gallischer Sprache eine Anzahl steinerner Inschriften (oft Weihinschriften und zum Teil zweisprachig: Latein und Gallisch), eine Vielzahl kurzer Graffiti auf Tonscherben (häufiges Muster: „X hat dies gemacht“), eine Anzahl bleierner Fluchtäfelchen, der Kalender von Coligny und einige weitere. Diese machten eine relative gute Rekonstruktion des Gallischen möglich, wobei die Sprache wohl immer eine Trümmersprache bleiben wird, da u. a. nur sehr wenige Verbformen, Adjektive usw. erhalten sind.
Sprachliche Merkmale
Das Gallische ist sprachwissenschaftlich vor allem deshalb von großer Bedeutung, da es die aus dem Indogermanischen über das Gemeinkeltische ererbten Endungen fast vollständig erhält. Formal hat es daher eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Urgermanischen, Lateinischen und anderen alten Sprachen. In der (heute nicht mehr allgemein gängigen) Unterscheidung der keltischen Sprachen in q-keltische und p-keltische Sprachen zählt das Gallische zum P-Keltischen. Der Name einer Pferdegöttin lautet beispielsweise Epona (vgl. Latein equus „Pferd“, aber auch griechisch hippos „Pferd“). Das Gallische wie auch das Lepontische und das Galatische steht von den inselkeltischen Sprachen der britannischen Gruppe nahe. Sprachwissenschaftler wie Karl Horst Schmidt gehen sogar von einer gallo-britannischen Untergruppe innerhalb der keltischen Sprachen aus. Von den inselkeltischen Sprachen unterscheidet sich das Festlandkeltische jedoch vor allem durch die Neigung zu Anlautmutationen und den frühen Wegfall der ererbten Endungen in der ersten Gruppe.
Sprachbeispiele
Beim zweiten Beispiel handelt es sich um eine Inschrift in römischen Großbuchstaben.
Gallisch | Deutsch | |
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Segomaros Villoneos toutius namausatis eioru Belesamin sosin nemeton. MARTIALIS DANNOTALI IEVRV VCVETE SOSIN CELICNON ETIC GOBEDBI DVGIIONTITO VCVETIN IN ALISIIA |
Segomaros, Sohn des Villonos (oder Villu), Bürger von Nîmes, hat der (Göttin) Belesama dieses Heiligtum gestiftet.[4] Martialis, der Sohn des Dannotalus, hat dem Ucuetis dieses Heiligtum geweiht und die Metallurgen, die den Ucuetis in Alesia verehren.[5] |
Literatur
- Xavier Delamarre: Dictionnaire de la langue gauloise. Une approche linguistique du vieux-celtique continental. 2e édition revue et augmentée. Éditions Errance, Paris 2003, ISBN 2-87772-237-6.
- Giacomo Devoto: Criteri linguistici e criteri archeologici nella definizione del problema gallico. In: Celtica. Band 3, 1956, ISSN 0069-1399, S. 324–331.
- Georges Dottin: La langue gauloise. Grammaire, textes et glossaire (= Collection pour l'Étude des Antiquités Nationales. Band 2, ZDB-ID 1143444-2). Klincksieck, Paris 1920.
- Paul-Marie Duval (Hrsg.): Recueil des inscriptions gauloises. Volume 1: Michel Lejeune: Textes gallo-grecs (= Gallia. Supplement 45, 1). Éditions du Centre National de la Recherche Scientifique, Paris 1985, ISBN 2-222-03460-4.
- Pierre-Yves Lambert: La langue gauloise. Description linguistique, commentaire d'inscriptions choisies. Éditions Errance, Paris 1994, ISBN 2-87772-089-6.
- Leo Weisgerber: Die Sprache der Festlandkelten. In: Bericht der Römisch-Germanischen Kommission. Band 20, 1931, ISSN 0341-9312, S. 147–226.
Weblinks
Einzelnachweise
- Aulus Gellius, Noctes Atticae, Auszug: ueluti Romae nobis praesentibus uetus celebratusque homo in causis, sed repentina et quasi tumultuaria doctrina praeditus, cum apud praefectum urbi uerba faceret et dicere uellet inopi quendam miseroque uictu uiuere et furfureum panem esitare uinumque eructum et feditum potare. ‚hic‘, inquit, ‚eques Romanus apludam edit et flocces bibit‘. aspexerunt omnes qui aderant alius alium, primo tristiores turbato et requirente uoltu quidnam illud utriusque uerbi foret: post deinde, quasi nescio quid Tusce aut Gallice dixisset, uniuersi riserunt. – “For instance in Rome in our presence, a man experienced and celebrated as a pleader, but furnished with a sudden and, as it were, hasty education, was speaking to the Prefect of the City, and wished to say that a certain man with a poor and wretched way of life ate bread from bran and drank bad and spoiled wine. “This Roman knight”, he said, “eats apluda and drinks flocces.” All who were present looked at each other, first seriously and with an inquiring expression, wondering what the two words meant; thereupon, as if he might have said something in, I don’t know, Gaulish or Etruscan, all of them burst out laughing.” (nach BLOM 2007: 183)
- C. Iulius Caesar, Commentarii de Bello Gallico, Book 1, Chapter 1 <http://classics.mit.edu/Caesar/gallic.1.1.html>
- Pierre-Yves Lambert, La langue gauloise, éditions errance 1994.
- David Stifter: Sengoidelc. Old Irish for Beginners. Syracuse University Press, Syracuse NY 2006, ISBN 0-8156-3072-7, S. 4.
- Christian Goudineau: Caesar und Vercingetorix. 2. Auflage. Philipp von Zabern, Mainz 2003, ISBN 3-8053-2629-7, S. 62.