Günter Törner
Günter Törner (* 29. Juli 1947 in Gießen) ist ein deutscher Mathematiker und Hochschullehrer. In über 100 Fachpublikationen bzw. Monographien, als Organisator internationaler Konferenzen und Projekte in Mathematik und mathematischer Ausbildung und als Mitglied diverser wissenschaftlicher Gesellschaften beschäftigt er sich mit Fragestellungen aus den Gebieten der Diskreten Mathematik, (Nichtkommutativen) Algebra, Optimierungsrechnung und Mathematikdidaktik.
Leben
Törner studierte ab 1968 an der Universität Gießen, an der er 1972 sein Diplom machte und im Jahr 1974 bei Benno Artmann und Günter Pickert mit der Arbeit Eine Klassifizierung von Hjelmslev-Ringen und Hjelmslev-Ebenen promoviert wurde. Ebenfalls in Gießen habilitierte sich Törner Über den Stufenaufbau von Hjelmslev-Ebenen. Sein Studium und Promotionsstudium absolvierte er als Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes, seine Dissertation wurde von der Universität Gießen ausgezeichnet. Nach einer Zwischenstation in den Jahren 1975 bis 1978 als Dozent für Didaktik der Mathematik an der Technischen Hochschule Darmstadt und im Jahr 1978 als Wissenschaftlicher Rat und Professor an der Gesamthochschule Paderborn folgte er im Jahr 1978 im Alter von 31 Jahren einem Ruf für Mathematik und Didaktik der Mathematik an der Universität Duisburg-Essen, an der er noch heute als Leiter der Arbeitsgruppe Diskrete Mathematik, Algebra tätig ist. Hier hat er jeweils über 10 Mathematik-Doktoranden und Doktoranden in der Didaktik der Mathematik betreut. Törner war bzw. ist Vorstandsmitglied der Deutschen Mathematiker-Vereinigung (DMV), Mitglied in der Gesellschaft für Operations Research, Chairman des Mathematical Education Committee der European Mathematical Society, Gründungsmitglied des Deutschen Zentrums für Lehrerbildung Mathematik (DZLM) und Beirat in der Gesellschaft für Didaktik der Mathematik.[1]
Werk
Törner startete seine wissenschaftliche Forschung mit der Betrachtung von so genannten Hjemslev-Ebenen (H-Ebenen).[2] Dies sind projektive Inzidenzstrukturen, in denen zwei Punkte u. U. mehr als eine Verbindungsgerade bzw. zwei Geraden mehr als einen Schnittpunkt haben – was der anschaulichen „Unschärfe“ beim realen Zeichnen Rechnung trägt. Für den desarguesschen Fall ist das Koordinierungsproblem gelöst, es ergeben sich als Koordinatenbereiche so genannte Hjemslev-Ringe (H-Ringe).[3] Unter (nicht notwendig kommutativen) H-Ringen werden lokale Ringe verstanden, deren Links-(Rechts-)Idealverband linear geordnet ist – solche Ringe nennt Törner Kettenringe[4] –, deren Nullteiler zweiseitig sind und das maximale Ideal bilden.[5] Diese Ringe führen wiederum zu den nichtkommutativen Bewertungsringen. Einen Schwerpunkt der Törner’schen Forschung in über 40 Artikeln bilden dann die so genannten Rechtskettenringe, insbesondere im endlichen Fall. Sie finden Verwendung in so unterschiedlichen Gebieten wie Codierungstheorie, Scheduling Theorie und Optimierungstheorie.
Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Törner sind die Lernziele, Inhalte und Lehrmethoden in der Unterrichtung von Mathematik. So war die Methodik des Problemlösens bis in die 1980er Jahre nur Fokus im Mathematikunterricht in den USA, durch seine Veröffentlichungen und Monographien[6][7][8] hat dieser Aspekt teilweise auch in deutsche Curricula Einzug gefunden. In der Beschäftigung mit diesem Thema stieß er auf irreführende und unzureichende mathematische Normen, Überzeugungen, Hintergrundtheorien und (Leit-)Vorstellungen über Mathematik.[9] Während es wieder nur im amerikanischen Raum zahlreiche Forschungsarbeiten über „mathematical beliefs“ bis weit in die neunziger Jahre gab, war Törner dann mit diesem Fokus Initiator einer Serie von Workshops im Mathematischen Institut Oberwolfach und anschließenden Proceedings bzw. Monographien.[10] Schlussendlich ist Törner Gründungsmitglied des DZLM, einer bundesländerübergreifenden, zentralen Anlaufstelle für die Lehrerfortbildung im Fach Mathematik, im Jahr 2005 mitinitiiert von der Deutsche Telekom Stiftung. Hier legte er den Fokus auf Angebote für Lehrende, die andere im Sinne eines Multipliaktorenprinzips fortbilden und begleiten, dies gebündelt unter anderem in den Programmen Mathematics become differently.[11] und Continuous Professionell Development CPD[12]
Schriften (Auswahl)
- Unzerlegbare, injektive Moduln über Kettenringen. In: Journal für die Reine und Angewandte Mathematik. Band 285, 1976, S. 172–180.
- Über den Stufenaufbau von Hjelmslev-Ebenen. In: Mitt. Math. Sem. Gießen. Band 126, 1977.
- Mit H. Brungs: Extensions of Chain Rings. In: Mathematische Zeitschrift. Band 185, 1984, S. 93–104 doi:10.1007/BF01214974.
- Mit H.-J. Arnold, W. Junkers, W. Kühnel und H. Wefelscheid (Hrsg.): Beiträge zur Geometrischen Algebra und ihren Anwendungen. In: Proceedings des 2. Duisburger Symposiums über Geometrische Algebra und ihre Anwendungen. Universität Duisburg 1987.
- Mit M. Ferrero: Rings with chain annihilator conditions and right distributive rings. In: Proceedings of the American Mathematical Society. Band 119, 1993, S. 401–405.
- Mit H. Brungs: Locally invariant and semi-invariant right cones. In: Communications in Algebra. Band 37, 2009, S. 2616–2626.
- Mit H. Brungs: /-compact right chain domains. In: Journal of Algebra and its Applications. Band 10, 2011, S. 1107–1139.
Weblinks
- Günter Törner im Mathematics Genealogy Project (englisch)
- Homepage
Einzelnachweise
- H. H. Brungs, Y. Li: About Günter Törner and his work. In: Proficiency and Beliefs in Learning and Teaching Mathematics. 2013, S. 19–29. doi:10.1007/978-94-6209-299-0_3
- G. Törner: Eine Klassifizierung von Hjelmslev-Ringen und Hjelmslev-Ebenen. In: Mitt. Math. Sem. Gießen. Band 107, 1974.
- W. Klingenberg: Desarguessche Ebenen mit Nachbarelementen. In: Abh. Math. Sem. Hamburg. Band 20, 1955, S. 97–111. doi:10.1007/BF02960742
- H. H. Brungs, G Törner: Chain rings and prime ideals In: Archiv der Mathematik. Band 27, 1976, S. 253–260. doi:10.1007/BF01224668
- G. Törner: Über ein Problem von Klingenberg. In: Archiv der Mathematik. Band 28, 1977, S. 253–254. doi:10.1007/BF01223917
- B. Artmann, G. Törner: Lineare Algebra - ein Grund- und Leistungskurs. 2. Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1988.
- W. Blum, G. Törner: Didaktik der Analysis. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1983.
- A. H. Schoenfeld, G. Törner, K. Reiss: Problem solving around the world: summing up the state of art. In: ZDM – the International Journal on Mathematics Education. Band 39, 2007. doi:10.1007/s11858-007-0053-0
- G. Törner: Mathematische Weltbilder von Lehrern. In: K. P. Müller (Hrsg.): Vorträge auf der 30. Bundestagung für Didaktik vom 4. bis 8. März 1996 in Regensburg. Franzbecker, Hildesheim 1996, ISBN 3-88120-274-9, S. 433–436.
- G. Leder, G. Törner, E. Pehkonen: Beliefs - a hidden variable in mathematics education? (= Mathematics Education Library). Kluwer Academic Publishers, Dordrecht 2002. doi:10.1007/0-306-47958-3
- B. Rösken, G. Törner: Mathematics done differently - An innovative approach to furthering the professional development of German teachers. Paper presented at the Annual Conference of the American Educational Research Association, New York, USA, March 24-28, 2008.
- B. Rösken, G. Törner: Teacher graduation as a means of continuing professional development. In: Journal of Mathematics Teacher Education. (JMTE), Special Issue on Teacher Change, 2009.