Franz J. Müller
Franz Josef Müller (* 8. September 1924 in Ulm;[1][2] † 31. März 2015 in München) war ein Mitglied der „Ulmer Abiturientengruppe“, einer Untergruppierung der Weißen Rose. Er gründete 1986 die Weiße Rose Stiftung.
Leben
Franz J. Müller sammelte Geld für Briefmarken und Umschläge, in denen Flugblätter der Weißen Rose verschickt wurden, und war auch in die Verteilung der Briefe eingebunden. Oft traf er sich zu diesem Zweck in der geheimen Orgelkammer der Ulmer Martin-Luther-Kirche mit Hans Hirzel, einem Sohn des damaligen Gemeindepfarrers Ernst Hirzel. Mit Hans Hirzel faltete, adressierte und frankierte er dort 1.000 Exemplare des fünften Flugblatts der Weißen Rose. Müller wurde im Februar 1943 zur Wehrmacht nach Frankreich zum Wehrdienst eingezogen.
Die Gestapo verhaftete ihn im März 1943. Ein anderes Mitglied der Weißen Rose hatte unter Folter seinen Namen genannt. Am 19. April 1943 begann im Münchner Justizpalast der zweite Prozess des Volksgerichtshofs gegen Mitglieder der Weißen Rose unter dem Vorsitz von Volkgerichtshofspräsident Roland Freisler. Müller wurde zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Warum Susanne Hirzel, Hans Hirzel und er nicht wie andere Mitglieder der Weißen Rose bei diesem Prozess zum Tode verurteilt wurden, ist unklar. Müller glaubte, dass dabei Freislers Rassismus eine Rolle spielte, da alle drei blond und blauäugig waren. Im Verfahren schrie Freisler: „Sie haben ja ein rassisch gutes Aussehen, wie konnten Sie dann gegen den Führer sein?“ Zum Ende der Zeit des Nationalsozialismus kam Müller wieder frei.[3]
Statt wie geplant 1947 in die USA zu emigrieren, überzeugte ihn der damalige Ulmer Oberbürgermeister Robert Scholl, Vater der hingerichteten Geschwister Scholl, in Deutschland zu bleiben. Franz J. Müller studierte Rechtswissenschaften in Tübingen, Basel und Freiburg im Breisgau. Er engagierte sich auch beruflich für die Aufarbeitung des Nationalsozialismus. 1986 rief er mit Mitgliedern und Angehörigen der in München hingerichteten Mitglieder der Weißen Rose die Weiße Rose Stiftung ins Leben, die es sich zum Ziel gesetzt hat, das geistige Vermächtnis der Weißen Rose weiterzugeben. Bereits seit Anfang der 1970er Jahre sprach Müller regelmäßig als Zeitzeuge vor Schulklassen, um über sein Leben und die Weiße Rose zu berichten. Er ist auch in der Ulmer DenkStätte Weiße Rose porträtiert.
Franz J. Müller war unter anderem Träger der Auszeichnung München leuchtet und wurde mit einer Yad-Vashem-Medaille ausgezeichnet,[4] einer Medaille des Staates Israel zur Anerkennung der Mitgliedschaft Müllers in der „Weiße Rose“ und für deren Engagement gegen das NS-Regime. Diese Medaille führt allerdings nicht zu einem Eintrag auf der offiziellen Webseite von Yad Vashem unter den deutschen Gerechten unter den Völkern.[5]
Franz J. Müller starb am 31. März 2015 im Alter von 90 Jahren nach langer Krankheit in München.
Literatur
- Inge Scholl: Die Weiße Rose. Fischer, Frankfurt am Main 1993, ISBN 3-596-11802-6.
Film
- Die weiße Rose, deutscher Spielfilm von 1982, Regie: Michael Verhoeven
- Sophie Scholl – Die letzten Tage, deutscher Spielfilm von 2005, Regie: Marc Rothemund
Weblinks
- Literatur von und über Franz J. Müller im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Kurzes Interview mit Müller im Neuen Deutschland, vom 3. Februar 2009
- Hintergrundinformationen zur Weißen Rose
Einzelnachweise
- Michael Kißener u. a. (Hrsg.), „Weitertragen. Studien zur Weissen Rose“. Festschrift für Anneliese Knoop-Graf zum 80. Geburtstag, Konstanz 2001, S. 35.
- Englische Übersetzung des Urteils im zweiten Weiße-Rose-Prozess vom 19. April 1943. In Gestapo Interrogation Transcripts: Willi Graf, Alexander Schmorell, Hans Scholl, and Sophie Scholl, NJ 1704 - Volumes 1-33, Exclamation! Publishers, Los Angeles, California USA, 2002–2003. ISBN 0-9710541-3-4.
- »Franz, du lebst! Es ist alles vorbei«, Focus, 4. Juni 2012, abgerufen am 3. April 2015
- Transkription eines längeren Interviews mit Müller (PDF; 50 kB) auf BR-alpha vom 2. Mai 2003
- Liste der deutschen Gerechten unter den Völkern (PDF; 264 kB), Stand 8. September 2011