Frank Eisenhauer
Frank Eisenhauer (* 9. Juni 1968 in Augsburg) ist ein deutscher Astronom und Astrophysiker. Bekannt ist er vor allem für seine Beiträge zur Interferometrie und Spektroskopie sowie der Erforschung des Schwarzen Lochs im Zentrum der Milchstraße.
Leben
Frank Eisenhauer ist in Augsburg aufgewachsen und erlangte 1987 sein Abitur am Justus-von-Liebig Gymnasium in Neusäß. Den Wehrdienst leistete er beim Gebirgsfernmeldebataillon 8 in Murnau. Eisenhauer ist verheiratet, hat drei Kinder und lebt in München.
Studium
Frank Eisenhauer studierte Physik an der Technischen Universität München (1988–1995) und ist seit seiner Diplomarbeit (1995) bis heute am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) tätig. Dort verfasste er bei Reinhard Genzel seine Doktorarbeit, mit der er 1998 an der Ludwig-Maximilian-Universität München promovierte. 2011 habilitierte Eisenhauer an der Technischen Universität München.
Lehrtätigkeit
Frank Eisenhauer lehrt als Privatdozent an der Technischen Universität München Astrophysik und hochauflösende Astronomie.
Wissenschaft und Forschung
Als Leiter (Principal Investigator) von zwei großen astrophysikalischen Experimenten hat Frank Eisenhauer maßgeblich die Entwicklung der Astronomie mit höchster räumlicher Auflösung und der abbildenden Spektroskopie vorangetrieben, und damit insbesondere zur Entdeckung und Erforschung des Schwarzen Loch im Zentrum der Milchstraße[1] beigetragen. Am MPE leitet er heute die Entwicklung und wissenschaftliche Auswertung großer astronomischer Instrumente und Experimente.
Bereits in seiner Doktorarbeit hat sich Eisenhauer der Infrarotastronomie zugewandt und für die adaptive Optik am 3.6m Teleskop der Europäischen Südsternwarte (ESO) in La Silla (Chile) eine Infrarotkamera mit Fabry-Pérot-Spektrometer entwickelt. Anschließend hat er als Principal Investigator die Entwicklung des SPIFFI/SINFONI Spektrometers am ESO Very Large Telescope in Paranal (Chile) geleitet, das mit einer damals einzigartigen Kombination aus adaptiver Optik und abbildender Spektroskopie[2] nicht nur die Störung durch die Erdatmosphäre korrigiert, sondern gleichzeitig für jeden Bildpunkt der Aufnahme ein Spektrum aufzeichnet. Damit konnten Eisenhauer und Kollegen 2003 erstmals mit geometrischen Methoden aus der Umlaufbahn des Sterns S2 die Entfernung zum Zentrum der Milchstraße messen,[3] und mit der Vermessung der Radialgeschwindigkeiten mehrerer Sterne die Vermutung bekräftigen, dass sich dort ein supermassives Schwarzes Loch befindet.[4]
Seit 2005 ist Frank Eisenhauer Principal Investigator des GRAVITY Experiments,[5] mit dem die vier Very Large Telescope in Paranal (Chile) der Europäischen Südsternwarte als Stern-Interferometer zusammengeschaltet werden und damit eine Winkelauflösung erreichen, die dem eines Teleskopes mit 130 Meter Durchmesser entspricht. Ähnlich wie bei einer adaptiven Optik werden bei GRAVITY die störenden Einflüsse der Erdatmosphäre und die Störungen im Lichtweg zwischen Teleskop und Labor aktiv korrigiert, wodurch die Empfindlichkeit um mehrere Größenordnungen im Vergleich zu früheren Experimenten verbessert wurde. Damit konnten Frank Eisenhauer und Kollegen 2018 insbesondere die aus der Allgemeinen Relativitätstheorie von Albert Einstein vorausgesagte Rotverschiebung im Schwerefeld eines schwarzen Loches nachweisen.[6] Dem gleichen Team gelang im Jahr 2020 auch der Nachweis der Schwarzschild-Präzession (Orbit-Vergleich Newton und Einstein) im Orbit des Sterns S2.[7]
Die geometrische Messung der Entfernung zum Galaktischen Zentrum und der Nachweis der Gravitationsrotverschiebung im Schwerefeld des schwarzen Loches wurden von Andrea Ghez und Kollegen mit Beobachtungen am Keck-Observatorium auf Hawaii bestätigt[8].[9]
SINFONI und GRAVITY gehören zu den Instrumenten, die bei der Entdeckung und Charakterisierung des Schwarzen Lochs im Galaktischen Zentrum eingesetzt wurden[10], wofür Reinhard Genzel und Andrea Ghez den Nobelpreis für Physik 2020 erhalten haben.[11] Eisenhauer erhielt für 2021 den Tycho-Brahe-Preis und für 2022 sowohl die Stern-Gerlach-Medaille[12] der DPG als auch die Jackson-Gwilt-Medaille der Royal Astronomical Societyzugesprochen.
Weitere Forschungsfelder, zu denen Frank Eisenhauer mit seinen Beobachtungen unter anderem beigetragen hat, sind die Galaxiendynamik im frühen Universum,[13] Aktive Galaxienkerne,[14] und die Sternentstehung in massereichen Sternhaufen.
Mitgliedschaften
- International Astronomical Union, Paris
- Astronomische Gesellschaft, Heidelberg
- European Astronomical Society (EAS), Genf
Weblinks
- Publikationen von F. Eisenhauer im Astrophysics Data System, abgerufen am 2. Oktober 2019
- https://www.eso.org/public/germany/news/eso1825/?lang Pressekonferenz zum Nachweis der Rotverschiebung im Schwerefeld des Schwarzen Loches, abgerufen am 2. Oktober 2019
- https://www.eso.org/public/germany/news/eso1601/?lang Pressemitteilung zur Inbetriebnahme von SPIFFI/SINFONI und GRAVITY, abgerufen am 2. Oktober 2019
- http://hyperraum.tv/2017/06/14/die-beobachtung-des-unbeobachtbaren/ Interview und Allgemeinverständliche Erklärung zum Schwarzen Loch im Zentrum der Milchstraße und zu GRAVITY, abgerufen am 2. Oktober 2019
- http://www.mpe.mpg.de/~eisenhau/ Profil Frank Eisenhauer bei Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik, Garching, abgerufen am 2. Oktober 2019
- https://www.ph.tum.de/about/people/vcard/DB021172F366B24F Profil Frank Eisenhauer bei Technischer Universität München, abgerufen am 2. Oktober 2019
- https://www.eso.org/public/germany/news/eso2006/?lang Pressemitteilung zum Nachweis der Schwarzschild-Präzession im Orbit des Sterns S2 um das Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße, abgerufen am 24. April 2020
Einzelnachweise
- http://adsabs.harvard.edu/abs/2010RvMP...82.3121G Genzel, R., Eisenhauer, F., & Gillessen, S. 2010: "The Galactic Center massive black hole and nuclear star cluster", Reviews of Modern Physics, 82, 3121–3195
- http://adsabs.harvard.edu/abs/2015ARA%26A..53..155E Eisenhauer, F., & Raab, W. 2015: "Visible/Infrared Imaging Spectroscopy and Energy-Resolving Detectors", Annual Review of Astronomy and Astrophysics, 53, 155–197
- http://adsabs.harvard.edu/abs/2003ApJ...597L.121E Eisenhauer, F., et al. 2003: "A Geometric Determination of the Distance to the Galactic Center", The Astrophysical Journal, 597, L121
- http://adsabs.harvard.edu/abs/2005ApJ...628..246E Eisenhauer, F., et al. 2005: "SINFONI in the Galactic Center: Young Stars and Infrared Flares in the Central Light-Month", The Astrophysical Journal, 628, 246
- http://adsabs.harvard.edu/abs/2017A%26A...602A..94G Gravity Collaboration, et al. 2017: "First light for GRAVITY: Phase referencing optical interferometry for the Very Large Telescope Interferometer", Astronomy and Astrophysics, 602, A94
- http://adsabs.harvard.edu/abs/2018A%26A...615L..15G Gravity Collaboration, et al. 2018: "Detection of the gravitational redshift in the orbit of the star S2 near the Galactic centre massive black hole", Astronomy and Astrophysics, 615, L15
- https://www.aanda.org/articles/aa/full_html/2020/04/aa37813-20/aa37813-20.html GRAVITY Collaboration, et al. 2020: "Detection of the Schwarzschild precession in the orbit of the star S2 near the Galactic centre massive black hole", Astronomy and Astrophysics, 636, L5
- http://adsabs.harvard.edu/abs/2005ApJ...620..744G Ghez, A., et al. 2005: “Stellar Orbits Around the Galactic Center Black Hole”, Astrophysical Journal, 620, 744
- http://adsabs.harvard.edu/abs/2019Sci...365..664D Do, T., et al. 2019: “Relativistic redshift of the star S0-2 orbiting the Galactic Center supermassive black hole”, Science, 365
- Reinhard Genzel erhält den Physik-Nobelpreis. Abgerufen am 17. Februar 2021.
- The Nobel Prize in Physics 2020. Abgerufen am 17. Februar 2021 (amerikanisches Englisch).
- Stern-Gerlach-Medaille 2022
- http://adsabs.harvard.edu/abs/2006Natur.442..786G Genzel, R., Tacconi, L. J., Eisenhauer, F., et al. 2006: "The rapid formation of a large rotating disk galaxy three billion years after the Big Bang", Nature, 442, 786
- http://adsabs.harvard.edu/abs/2018Natur.563..657G Gravity Collaboration, et al. 2018: "Spatially resolved rotation of the broad-line region of a quasar at sub-parsec scale", Nature, 563, 657