Finkenkruger Kirche
Die Finkenkruger Kirche ist das Gotteshaus der Evangelischen Kirchengemeinde Falkensee-Neufinkenkrug, das nach Plänen des einheimischen Architekten Robert Wilsdorf gebaut und am 31. Oktober 1926 durch den Generalsuperintendenten Otto Dibelius eingeweiht wurde. Die Kirche befindet sich im Ortsteil Neufinkenkrug in der Stadt Falkensee und gehört zum Kirchenkreis Falkensee im Sprengel Potsdam der EKBO.
Finkenkruger Kirche Evangelische Kirche Neufinkenkrug | |
---|---|
Gesehen von der Karl-Marx-Straße | |
Baujahr: | 1924–1926 |
Einweihung: | 31. Oktober 1926 |
Architekt: | Robert Wilsdorf |
Stilelemente: | Stilmix |
Bauherr: | Evangelische Kirchengemeinde Finkenkrug-Waldheim |
Lage: | 52° 33′ 48,4″ N, 13° 2′ 33,5″ O |
Anschrift: | Pfarrer-Voigt-Platz 1 Falkensee Brandenburg, Deutschland |
Zweck: | evangelisch Gemeindekirche |
Gemeinde: | Evangelische Kirchengemeinde Neufinkenkrug |
Landeskirche: | Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Sprengel Potsdam, Kirchenkreis Falkensee |
Webseite: | www.kirche-neufinkenkrug.de |
Geschichte
Erste Bauplanungen
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts stieg die Einwohnerzahl des damals selbstständigen Ortes Finkenkrug rasch an, im Jahr 1913 waren 650 Einwohner gemeldet. Die zahlreichen evangelischen Christen nutzten ab 30. Juni 1903 die Aula des Schulgebäudes für ihren ersten Gottesdienst. Der Bau eines eigenen Gotteshauses wurde unumgänglich und so begannen erste Planungen samt der Auswahl eines möglichen Baugrundstücks. Der Erste Weltkrieg verhinderte eine schnelle Realisierung. Bereits 1919 begann die Kirchengemeinde jedoch Spenden für das Bauvorhaben zu sammeln, und unter dem Kirchenältesten Paul Reinhard konnte mit den Vorbereitungsarbeiten begonnen werden. Aber die Inflation führte zur Einstellung aller Arbeiten. Erst die Gründung eines Kirchenbauvereins am 19. Juni 1924 und die damit verbundenen Geldeinnahmen und Spenden konnten zur Konkretisierung der Baupläne genutzt werden, die der Finkenkruger Architekt Robert Wilsdorf ausgearbeitet hatte.[1]
Errichtung des Kirchengebäudes und weitere Entwicklung
Die Förderung durch den Kirchbauverein und die Initiative des Hilfspfarrers Voigt ermöglichten am 28. September 1924 die Grundsteinlegung für das einfache Kirchengebäude in der Siedlung Neufinkenkrug. Im folgenden Jahr, am 1. Oktober 1925, gründete sich die Kirchengemeinde Neufinkenkrug-Waldheim, die im Jahr 1926 eine eigene Pfarrstelle bekam.[1]
Die Bauarbeiten waren nach knapp zwei Jahren abgeschlossen und am Reformationstag 1926 wurde die Finkenkruger Kirche feierlich eingeweiht.
In der Zeit bis 1945 erlitt das Gebäude keine größeren Schäden, auch eine Requirierung der Kirchenglocken erfolgte nicht. Am Ende des Zweiten Weltkriegs waren lediglich Glasschäden zu verzeichnen, die bald behoben werden konnten. In den 1960er Jahren wurden im Innenraum entsprechend den Empfehlungen der Evangelischen Kirchensynode farbige Malereien im Kirchenraum weiß übertüncht.[1]
Zwischen 2004 und 2006 erfolgten umfangreiche und gründliche Sanierungen des Gebäudes und denkmalpflegerische Innenrenovierungen, so dass die Gemeinde pünktlich die 80-jährige Kirchweihe begehen konnte.
Zur weiteren Betreuung des Gotteshauses und dem langfristigen Erhalt gründete sich im November 2002 der Kirchenbauförderverein der Evangelischen Kirchengemeinde Neufinkenkrug.[2]
Architektur
Kirchengebäude
Das Gotteshaus ist ein kompakter kubusartiger Ziegelbau auf einem Bruchsteinsockel, der innen und außen verputzt wurde. Die Putzflächen sind an verschiedenen Stellen in Flammen- und Rautenform ausgeführt und verweisen damit auf die vom Architekten gewählten Vorbilder des Flamboyant-Stils und des Expressionismus. Jedoch wurden auch andere in den 1920er Jahren vorherrschende Baustile berücksichtigt wie die Neue Sachlichkeit und Moderne. Mit diesem Stilmix gilt die Finkenkruger Kirche als wichtiges Beispiel der Kirchenarchitektur in der Weimarer Republik. Der Haupteingang befindet sich auf der Nordseite des Gebäudes und wird mittels vier Pfeilern mit einem Portikus sowie als Schmuck einem Löwenkopf betont.[3]
Die halbkreisförmige Apsis ist aus der Symmetrieachse etwas seitlich verschoben und enthält sieben bunte bleiverglaste Altarfenster. Sie ist mit einem eigenen Kegeldach abgeschlossen und nimmt damit sogar frühe Bauformen der Romanik auf. An der nordwestlichen Ecke des Gebäudes ist der Kirchturm in den Baukörper integriert worden. Das Hauptgebäude ist mit einem Satteldach abgeschlossen, in dem auf jeder Seite Gauben mit einer rautenförmigen Sprossenteilung eingearbeitet sind. Die Längsseiten des Kirchenschiffes werden von je drei Sprossenfenstern unterbrochen, die genügend Tageslicht in den Raum einfallen lassen. Die zur Straße gewandte Seite wird durch übergiebelte Risalite aufgelockert. Der südliche Risalit umrahmt den Haupteingang zur Kirche, dessen Tür mit Rauten und Blumenornamenten geschmückt ist.[4]
An der Südwestseite des Kirchenraumes sind der Gemeindesaal und ein Abstellraum angebaut worden. An der Nordseite schließt sich an das Seitenschiff die Sakristei an. Der Hauptraum selbst besteht aus einem breiteren südlichen und einem schmaleren nördlichen Bereich.[4] Eine Orgelempore befindet sich über dem Gemeinderaum, der anfangs als Brauthalle diente.[3]
Turm
Der Kirchturm besitzt einen quadratischen Grundriss mit einem ziegelgedeckten Zeltdach, das von einem Turmknopf und Kreuz bekrönt wird. Drei hohe schlanke Schallöffnungen betonen die Vertikale dieses Baus, hinter denen sich die Glockenstube befindet. Über den Schallöffnungen schmücken Gesimse und abgetreppte Fenster die Fassade. Dem Glockenturm sind ein gesonderter Treppenturm, gestaltet ähnlich wie die Apsis, und ein Portikus vorgelagert. Der Turmeingang, in dem die Holzplastik Der verlorene Sohn des Tiroler Schnitzers Rudolf Vallazza, 1931 geschaffen, steht, wird mittels eines auf vier Rechteckpfeilern ruhenden Portikus umrahmt. Der Turmvorraum ermöglicht den Zugang zum Haupt- und Seitenschiff, zum Gemeindesaal und zum Heizungskeller.[4][3]
Im Turm befindet sich ein dreistimmiges Eisenhartguss-Geläut, das 1926 von der Firma Schilling & Lottermann in Apolda gegossen worden ist.[5] Die größte Glocke, mit einem Gewicht von 1,35 Tonnen, trägt die Inschriften: „Die Lebenden ruf' ich zur Andacht herzu“, „Den Toten läute ich Frieden und Ruh'“ und „Menschen kommen und gehen Gott allein bleibt bestehen“.[3]
Über der Glockenstube ist eine Turmuhr mit großen in eine quadratische flache Nische eingepassten Zifferblättern eingesetzt.
Ausstattung
Die hier beschriebenen Ausstattungsgegenstände mit Ausnahme der Orgel stammen aus der Bauzeit des Kirchengebäudes.
Hauptraum
Der Kirchenhauptraum wird von einem kassettierten hölzernen Tonnengewölbe überspannt, durch weit gespannte Gurtbögen rhythmisiert. An der Nordseite schließt sich ein emporenartig überhöhtes Seitenschiff an, unter dem der Heizungskeller liegt. Decke und Wände sind nach der im Jahr 2006 abgeschlossenen Renovierung wieder in annähernd originaler Farbfassung gestaltet, insbesondere fallen die acht orangeroten Nuancierungen des Altarraumes auf.[3]
Altar
Der hölzerne Altar steht auf einem flachen Sockel in der Mitte der mittels drei Stufen erhöhten Apsis. Die dem Hauptschiff zugewandte Vorderfläche ist in drei mit Ornamentbändern verzierte Felder gegliedert. Auf dem Altar steht ein von der Künstlerin Hannelore Thielke geschnitztes Kruzifix, in durchlöcherter Gestaltung. Diese Form soll den Auferstehungsglauben symbolisieren. Das erste Kruzifix aus der Bauzeit erhielt einen neuen Platz an der Ostwand der Seitenempore.[3]
Fenster
Die sieben in gleichmäßigen Abständen angeordneten Altarfenster stellen Szenen aus dem Neuen Testament dar: Jesus im Tempel, Geburt Jesu, Jesus auf dem Ölberg, Abendmahl, Heimkehr des verlorenen Sohnes, Jesus auf dem See Genezareth, Salbung der Füße. Jedes Fenster trägt als Inschrift eine Bitte aus dem Vaterunser.[5]
Die Fenster an den Längswänden selbst sind dreibahnig; einige obere Fensteröffnungen sind maßwerkähnlich gestaltet. Sie sind nicht farblich ausgeführt. Die Fenstergitter wurden aus Beton geformt.[4]
Weitere Fenster im Westgiebel versorgen den Gemeindesaal mit Tageslicht. Die oberen Teile dieser Öffnungen sind jedoch Blendfenster.[1]
Kanzel, Taufstein, Orgel
Nordöstlich vor dem Apsisbogen steht die hölzerne Kanzel auf einer Säule. Der polygonale Kanzelkorb ist in kleine abgesetzte Felder gegliedert. Südöstlich vor dem Apsisbogen befindet sich der rechteckige Taufstein. Der obere Rand ist mit Engelsköpfen geschmückt.[5]
Die aus der Bauzeit stammende Orgel wurde Anfang der 1940er Jahre verschrottet und zeitweilig durch ein Harmonium ersetzt.[6]
Die Orgel auf der Empore wurde nach dem Zweiten Weltkrieg, 1954, in der Werkstatt von Alexander Schuke durch Hans-Joachim Schuke in Potsdam hergestellt und hier eingebaut. Die Orgelweihe fand am Reformationstag 1954[2] statt. Die Orgel besitzt zwei Manuale, ein Pedal und 13 Register sowie einen ornamentalen Prospekt mit der Inschrift „Soli deo gloria“.[5] Im Jahr 2008 hat die Firma Schuke das Instrument überholt und mit einer neuen Klaviatur ausgerüstet. Eine angedachte klangliche Erweiterung war aus Platzgründen nicht möglich.
Pfarrer
- 1926–1961: Otto Voigt; zwischen 1933 und 1937 von den Nationalsozialisten mehrfach vom Dienst suspendiert, auch inhaftiert und wieder eingesetzt bzw. freigelassen[2]
- 1962–1971: Karl Pandikow
- 1972–1999: Eberhard Grohmann
- 2000–2002: Christian Pagel
- 2003–2021: Anneliese Hergenröther
Das Wirken und die aufrechte Gesinnung des ersten Pfarrers dieser Kirche wurde (um 2006/07) durch die Namensvergabe an das bis dahin namenlose Rondell des Kirchenareals auf der Kreuzung der Leistikowstraße, Karl-Marx-Straße und Böcklinstraße gewürdigt: Pfarrer-Voigt-Platz.
Gemeindeleben (Auswahl)
Die Finkenkruger Kirchengemeinde unterhält einen Kinderkirchenchor (Finkenchor), einen Gospelchor (The Finchpotsingers) und einen Kirchenchor (Finkenkruger Kantorei). Sie führt Hauskreise, Gesprächskreise, Seniorennachmittage durch und bietet mit dem Sterncafé einen monatlichen Treff für trauernde Menschen an. Darüber hinaus gibt es den im Jahr 2001 gegründeten Verein Beratung und Lebenshilfe mit Beratungsstellen und die Mitglieder beteiligten sich auch aktiv an dem Taizé-Treffen im Dezember 2011. Im Kirchenraum finden gelegentlich auch Ausstellungen statt, beispielsweise im Frühjahr 2020 Wunder der Schöpfung: Das schillernde Leben der Libellen (Fotoausstellung).[7]
Literatur
- Hans-Ulrich Rhinow: Heimatgeschichte Falkensee und Region (ohne Jahr)
- Hans-Ulrich Rhinow: Die Geschichte der Evangelischen Kirchengemeinde Neufinkenkrug, Druckerei Bügler, Falkensee 2009, ISBN 978-3-00-029274-3.
- Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Brandenburg. Deutscher Kunstverlag München Berlin, ISBN 3-422-03054-9.
- Hans-Joachim Beeskow: Führer durch die evangelischen Kirchen des Kirchenkreises Falkensee. Evangelischer Kirchenkreis Falkensee (Hg.), 2001, Seiten 67–74.
Weblinks
- Homepage der Kirche Neufinkenkrug
- Kirchengeschichte von Finkenkrug
- Eintrag zur Denkmalobjektnummer 09150453 in der Denkmaldatenbank des Landes Brandenburg
Einzelnachweise
- Beeskow: Führer durch die evangelischen Kirchen…, S. 67.
- Heimatgeschichte auf der privaten Homepage von Hans-Ulrich Rhinow (Memento des Originals vom 7. August 2011 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Georg Dehio: Handbuch der Baudenkmäler, Jahr 2000, S. 275.
- Beeskow: Führer durch die evangelischen Kirchen…, S. 69.
- Beeskow: Führer durch die evangelischen Kirchen…, S. 72–74
- Bericht der Pfarrerin an Benutzerin:44Pinguine am 17. Juni 2020.
- Wunder der Schöpfung: Das schillernde Leben der Libellen, Abruf 5. Mai 2020.