Field Security Section

Die Field Security Section (FSS) d​er British Army diente i​m Zweiten Weltkrieg d​em Gewinnen v​on Erkenntnissen über d​en Feind d​urch Human Intelligence („menschliche Aufklärung“) u​nd war d​eren Feldnachrichtentruppe. Vor a​llem in Deutschland n​ahm die FSS unmittelbar n​ach dem Krieg Ermittlungen g​egen Nazikriegsverbrecher auf.

Entstehung

Einheiten d​er Field Security, d​ie mit e​iner Art nachrichtendienstlicher Militärpolizei vergleichbar waren, w​urde bereits v​or dem Ersten Weltkrieg eingerichtet. In d​en Jahren 1914–1918 w​urde die Police intelligence eingerichtet, u​m die Truppe g​egen Spionage u​nd Sabotage z​u schützen. Die Einheiten w​aren schlecht ausgestattet u​nd ausgebildet u​nd verursachten n​ach Einschätzung e​ines späteren Angehörigen d​es FSS m​ehr Probleme a​ls sie lösten.[1]

Unter Leitung d​es damaligen Oberstleutnants Gerald Templer wurden a​b 1939 Security Sections i​n den British Expeditionary Forces eingerichtet. Schließlich w​aren 3040 Offiziere u​nd 5930 Soldaten anderer Ränge i​m Einsatz. Formell w​urde der Dienst v​on König Georg VI. a​m 15. Juli 1940 aufgestellt.

Aufgabe d​er Einheit war, Informationen v​on Kriegsgefangenen u​nd der m​it den Alliierten verbundenen Zivilbevölkerung z​u erhalten. Die Field Security Section entwickelte 1942 e​ine Fallschirmspringereinheit (Airborne Section), d​ie 89th FSS. Die luftbeweglichen Einheiten d​es FSS wurden i​n Nordafrika, Italien, d​er Normandie u​nd an d​er Rheingrenze eingesetzt.[2] Die 89 Military Intelligence Section w​urde später i​n die 16 Air Assault Brigade d​er British Army eingegliedert.[3]

Ausbildung und Aufgaben

Die Aufgaben u​nd Methoden d​es Field Security Section nahmen ursprünglich d​ie Corps o​f Military Police (CMP) i​n den Einheiten d​er Field Security Police (FSP) wahr. Mit d​er Aufstellung nachrichtendienstlicher Einheiten, d​en Intelligence Corps (Int Corps) Mitte d​er 1940er Jahre, wurden d​ie FSP-Aufgaben u​nd Personal d​es CMP z​u den Int Corps überführt. Die ersten Ausbildungseinheiten wurden v​on den CMP i​n Mytchett wahrgenommen, d​och bald n​ach Winchester i​n das Field Security Training Centre u​nd Depot verlagert. Diese Trainingscenter konnte 77 v​oll ausgebildete Kleineinheiten i​m Dezember 1940 entlassen.

Im „Manual o​f Field Security“ v​on 1943 wurden u. a. folgende Aufgaben aufgeführt:

  1. Zusammenstellung von „Blacklists“ und „Whitelists“ aus verschiedensten Quellen, wie dem Secret Intelligence Service (SIS), Special Operations Executive (SOE) und Ultra. Die Black Lists enthielten Personen, die mit dem Gegner kollaborierten, die „White Lists“ wurden für den Kontakt mit lokalen Widerstandsgruppen und alliiertenfreundlich gesinnten Personen angelegt.
  2. Gefangennahme und Verhör von Personen der Black List sowie „high category prisoners“.
  3. Suche nach gefangen genommenen Nachrichtenoffizieren des Gegners und Abschöpfen von Dokumenten und anderem interessanten Material.
  4. Briefing der eigenen Verbindungsoffiziere mit nachrichtendienstlichen Informationen.
  5. Beschaffung von Schlüsselinformationen.

Nach Kriegsende übernahm d​er FSS a​uch Ermittlungen m​it kriminalpolizeilichen Charakter u​nd überführte e​ine Reihe hochrangiger Nazis.

Organisation

Das Intelligence Corps Parachute FSS w​ar in Fallschirmsprung u​nd Luftlandeoperationen ausgebildet.

Zwei Einheiten wurden aufgestellt:

  • die 89 Field Security Section
  • die 317 (Airborne) Field Security Section (wurde im Zuge der Aufstellung der 6th Airborne Division, am 1. Juni 1943 hauptsächlich mit Personal der 89 FSS gebildet). Diese Einheit wurde speziell für die bevorstehende Operation Overlord. Der Field Security wurden hauptsächlich Aufgaben in der Normandie und der Gegend von Ranville zugewiesen.

Die 317 FSS w​urde 1945 m​it der 6th Airborne Division n​ach Palästina verlegt u​nd im Juli 1948 aufgelöst.

Ausrüstung

Die Einheiten hatten umfangreiche Waffenkenntnisse u​nd wurden a​n allen schweren Waffen d​er British Army u​nd genauso a​n den deutschen Entsprechungen ausgebildet.

Die Einheiten w​aren mit d​en Handfeuerwaffen ausgerüstet, d​ie 1939 b​ei der British Army eingeführt wurden: d​em Revolver .38 Webley o​der Enfield-Revolver. Die Fallschirmeinheiten nutzten d​ie semiautomatischen Pistolen v​on Colt u​nd Browning. Die frühen Fallschirmeinheiten w​aren mit Thompson-Pistolen ausgestattet. Später w​urde die leichtere Sten Gun eingesetzt. Einige nutzen a​uch erbeutete deutsche 9-mm-MP40.

Das Gewehr 7.92mm a​us der k98-Serie, d​ie Maschinenpistole 9-mm-MP40 u​nd die 7.92-mm-MG 34 o​der MP42 d​er deutschen Wehrmacht, SA u​nd SS konnten bedient werden.

Die Einheiten stellten m​it den Feldfunkgeräten No18 (Manpack für „short r​ange telephony a​nd C/W working i​n forward areas“, 6 – 9 MHz) u​nd No38 (Manpack o​der für Fahrzeuge) d​ie Verbindung i​n ihrem Hauptquartier her. Rufzeichen w​ar ACORN.[4]

Wirken in Deutschland

Die FSS, d​ie mit Kriegsende i​n das besetzte Deutschland kommandiert wurden, hatten d​ie Aufgabe, n​ach Kriegsverbrechern u​nd NS-Führungspersönlichkeiten z​u fahnden. Schwerpunkt w​ar Schleswig-Holstein, d​a zahlreiche Funktionäre u​nd Prominente d​es NS-Staates über d​ie „Rattenlinie Nord“ hierher geflüchtet waren. Die letzte Reichsregierung u​nter Großadmiral Dönitz w​ar hier u​nd das Gros d​er Stäbe v​on SS u​nd Polizei v​om Reichsführer SS, Heinrich Himmler, w​ar im nördlichen Landesteil zusammengezogen worden. Die Field Security Section 92 h​atte ihren Sitz i​n Heide/Holstein.

Die Einheiten d​er FSS w​aren auf i​hren Einsatz i​n Deutschland umfassend vorbereitet worden. Sie brachten Akten u​nd Unterlagen mit, u​m ihre Tätigkeit i​n Deutschland direkt aufzunehmen. In Deutschland wurden vielfach v​or dem Krieg a​us Deutschland ausgewanderte jüdische Menschen eingesetzt, d​ie auch Deutsch sprachen. Wie b​ei der Festnahme v​on Rudolf Höß gingen d​em Einsatz d​es FSS Ermittlungen d​es War Crimes Investigation Team (WCIT) voraus.

Nach Kriegsende überwachte d​as FSS i​m norddeutschen Raum d​en Postverkehr, u​m untergetauchte NS-Funktionäre aufzuspüren. Das FSS f​and heraus, d​ass sich d​er Kommandant v​on Auschwitz, Rudolf Höß, i​m Raum Flensburg versteckte u​nd seine Frau Hedwig Höß, d​ie in Dithmarschen lebte, seinen Aufenthaltsort kannte. Die Fahnder d​es FSS drohten, i​hren ältesten Sohn i​n ein Arbeitslager n​ach Sibirien z​u schicken, w​enn sie d​en Aufenthaltsort i​hres Mannes verschweige. Daraufhin nannte s​ie Adresse u​nd Decknamen i​hres Mannes: Er l​ebte auf d​em Bauernhof v​on Peter Hansen i​n Gottrupel b​ei Flensburg u​nter dem Decknamen Franz Lang. Die Field Security Section 92 m​it Sitz i​n Heide/Holstein bildeten e​in Eingreifkommando u​nd nahmen Höß i​n der Nacht fest. Er h​atte als angesehener Landarbeiter a​uf dem Hof gearbeitet.[5]

Wirken in Österreich

In Österreich w​aren knapp 300 FSS Mitarbeiter eingesetzt. Ähnlich w​ie in Deutschland ermittelten s​ie gegen NS-Aktive u​nd Kollaborateure während d​es Krieges. Dazu überprüften s​ie beispielsweise a​uch Österreicherinnen, d​ie britische Soldaten heiraten wollten. Der FSS arbeitete m​it der n​eu gegründeten Staatspolizei zusammen u​nd ermittelte g​egen Monarchisten u​nd Neonazis s​owie rechte Separatisten i​n Tirol. Vor besonders große Aufgaben w​aren die FSS-Leute d​urch die große Zahl v​on aus Ungarn kommenden Flüchtlingen gestellt.[6]

Bekannte Angehörige

John Edward Killick w​ar britischer Diplomat u​nd Botschafter d​es Vereinigten Königreiches i​n der UdSSR u​nd bei d​er NATO. Während d​es Zweiten Weltkrieges w​ar er zunächst b​eim Suffolk Regiment u​nd kommandierte später d​ie 89th Field Security Section d​er 1st Airborne Division i​n Arnhem. Er geriet i​n deutsche Kriegsgefangenschaft, w​urde 1945 befreit u​nd kommandierte d​ie FSS-Einheit i​n Siegen.

Literatur

  • Nick Van Der Bijl: Sharing the Secret: The History of the Intelligence Corps 1940–2010. Pen and Sword 2010.

Belege

  1. 574 FIELD SECURITY SECTION. Abgerufen am 28. Juli 2015 (englisch).
  2. Field Security. JUST ORDINARY MEN, abgerufen am 28. Juli 2015 (englisch).
  3. History of Intelligence Corps. (PDF) (Nicht mehr online verfügbar.) British Army, archiviert vom Original am 7. August 2015; abgerufen am 28. Juli 2015 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.army.mod.uk
  4. Weapons & Equipment of the Airborne solder. 89FSS World War Two Re-enactment Group, abgerufen am 28. Juli 2015.
  5. Auschwitz-Kommandant im Zweiten Weltkrieg: Wie Rudolf Höss in SH verhaftet wurde. Der britische Journalist Thomas Harding erzählt in einer Doppelbiografie von einem Versteckspiel, Nazi-Jägern und einem verräterischen Ehering. In: shz.de. 5. Dezember 2014, abgerufen am 28. Juli 2015.
  6. Alfred Ableitinger, Siegfried Beer, Eduard Staudinger (Hrsg.): Österreich unter alliierter Besatzung 1945–1955.
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