Ernst Scharnowski
Ernst Scharnowski (* 5. Dezember 1896 in Preußisch Eylau; † 9. März 1985 in Berlin[1] (West)) war ein deutscher Politiker (SPD). Er war in der 3. Wahlperiode (1957 bis 1961) über die Landesliste Berlin gewähltes Mitglied des Deutschen Bundestages.
Leben
Scharnowski, Sohn eines Landarbeiters, war gelernter Schlosser. Nachdem er in diesem Beruf gearbeitet hatte, leistete er von 1914 bis 1918 Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg.
Im Jahr 1918 trat Scharnowski der SPD bei. Er war von 1922 bis 1933 Sekretär im Deutschen Landarbeiterverband und im Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund (ADGB) in den Bezirken Ostpreußen, Pommern und Sachsen. In der Zeit des Nationalsozialismus von 1933 an zunächst arbeitslos, machte sich Scharnowski in den Jahren 1936 und 1937 mit einem Fuhrbetrieb selbständig und arbeitete anschließend bis 1944 als Prokurist eines Fischernetzbetriebes in Stettin. Scharnowski wurde sechs Mal verhaftet, im Zweiten Weltkrieg diente er 1944/45 in der Wehrmacht.
Im Jahr 1945 wurde Scharnowski Stadtrat in Stettin. Er verließ Stettin noch 1945 nach mehrmaliger Inhaftierung durch die sowjetische und polnische Geheimpolizei. In Genthin wurde er erneut Mitglied der SPD, dann, infolge der Zwangsvereinigung seiner Partei mit der KPD im April 1946, der SED. Von 1945 bis 1948 war er Landrat im Landkreis Jerichow in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ). Von hier flüchtete er 1948 nach der Warnung durch einen Kommunisten, er solle verhaftet werden, nach West-Berlin. Grund war Scharnowskis Gegnerschaft zur Zwangsvereinigung mit der KPD. Ab 1948 war er als Betriebsrätesekretär des Landesverbands Berlin der SPD und Stadtrat in Berlin-Neukölln aktiv.
Scharnowski gehörte im Mai 1948, am Beginn der Teilung Berlins, zu den Gründern der Unabhängigen Gewerkschaftsopposition (UGO), der SPD-nahen Abspaltung vom SED-dominierten Berliner Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB). Scharnowski war von 1949 bis 1960 ihr Vorsitzender bzw. nach dem Aufgehen der UGO im DGB der Landesvorsitzende des DGB in Berlin.[2] Zudem gab er ab 1949 die Monatsschrift Freies Wort heraus.
Von 1948 bis 1950 gehörte Scharnowski während der zweiten Wahlperiode der Berliner Stadtverordnetenversammlung an. Von 1950 bis 1960 war er Mitglied des Landesvorstandes der Berliner SPD. Anlässlich der Bundestagswahl 1957 nominierte ihn die Landesliste der SPD zum Vertreter für Berlin. So in den Deutschen Bundestag gewählt, wurde Scharnowski als ordentliches Mitglied im Ausschuss für Arbeit tätig und war außerdem als stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Sozialpolitik. Er war unter anderem an einem Stufenplan beteiligt, der die Einführung der 40-Stunden-Woche vorsah. Nach seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter war er von 1963 bis 1967 in der vierten Wahlperiode Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses in der Fraktion der SPD.
Im Mai 1974 war Scharnowski Mitbegründer und Vorsitzender des Bundes Freies Deutschland (BFD), einer West-Berliner Regionalpartei aus bekennenden Gegnern der Neuen Ostpolitik, besonders von den rechten Parteiflügeln der SPD und der CDU. Der BFD scheiterte in der Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin 1975 an der 5-Prozent-Hürde und löste sich bis Januar 1977 auf.
Literatur
- Werner Breunig, Siegfried Heimann, Andreas Herbst: Biografisches Handbuch der Berliner Stadtverordneten und Abgeordneten 1946–1963 (= Schriftenreihe des Landesarchivs Berlin. Band 14). Landesarchiv Berlin, Berlin 2011, ISBN 978-3-9803303-4-3, S. 229 (331 Seiten).
- Rudolf Vierhaus, Ludolf Herbst (Hrsg.), Bruno Jahn (Mitarb.): Biographisches Handbuch der Mitglieder des Deutschen Bundestages. 1949–2002. Bd. 2: N–Z. Anhang. K. G. Saur, München 2002, ISBN 3-598-23782-0, S. 728.
- Ernst Scharnowski, in: Internationales Biographisches Archiv 21/1975 vom 12. Mai 1975, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
Weblinks
- Handbuch des Deutschen Bundestages, Materialie Nr. 127 der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages vom April 1998, S. 186, ISSN 0344-9130 (PDF; 1,20 MB)
- Politische Würdigung auf der Website der SPD Berlin
- Bericht über seinen Rücktritt als Berliner Landesvorsitzender des DGB: Scharnowski. Salzige Leber, in: Der Spiegel, 4/1960, 20. Januar 1960.
Einzelnachweise
- Standesamt Diepholz, Sterbebuch 1985, Nr. 74
- Salzige Leber. In: Der Spiegel. Nr. 4, 1960 (online).