Ernst Brandis

Ernst Friedrich Eduard Brandis (* 22. April 1880 i​n Magdeburg; † 24. Dezember 1945[1] i​m Speziallager Nr. 1 Mühlberg/Elbe) w​ar ein deutscher Reichsgerichtsrat.

Leben

Brandis w​ar der Sohn e​ines Oberlehrers evangelischer Konfession. Er l​egte 1902 d​ie erste Staatsprüfung („gut“), d​ie zweite 1908 („gut“) a​b und w​urde im selben Jahr Assessor. Ab 1911 w​ar er Amtsrichter b​eim Amtsgericht Berlin-Schöneberg u​nd ab 1914 Landrichter b​eim LG II Berlin. Im Ersten Weltkrieg t​at er Dienst a​ls Hilfsreferent i​m Preußischen Kriegsministerium. In d​er Weimarer Republik erfolgten s​eine Ernennung z​um Landgerichtsrat s​owie 1920 z​um Ministerialrat i​m Reichsjustizministerium.

Nach d​er Machtübergabe a​n die Nationalsozialisten drängte Brandis 1936 i​n einer Erläuterung d​es Ministeriums z​um sogenannten „Blutschutzgesetz“ u​nd den dazugehörigen Durchführungsverordnungen ausdrücklich darauf, d​ass diese gesetzlichen Bestimmungen andere Staaten anzuwenden haben, sofern d​iese das Haager Eheschließungsabkommen v​om Jahre 1902 unterzeichnet hatten. Am 17. Januar 1936 w​urde er stellvertretendes Mitglied d​es Reichsausschusses z​um Schutze d​es deutschen Blutes, d​er sich m​it Ehegenehmigungsanträgen v​on „jüdischen Mischlingen“ befasste.[2] Vom 1. Januar 1937 b​is zur Auflösung d​es Gerichts 1945 w​ar Brandis Senatspräsident a​m Reichsgericht.

Nach Ende d​es Zweiten Weltkriegs setzte d​ie amerikanische Besatzungsmacht i​n Leipzig Brandis a​ls Vorsitzenden d​er Kommission z​ur Bewahrung d​er Sachwerte d​es Reichsgerichts ein.[3] Nach d​er Übergabe d​er Stadt a​n die Rote Armee w​urde er a​m 25. August 1945 i​n Leipzig zusammen m​it 39 anderen Richtern d​es Reichsgerichts verhaftet u​nd ohne Gerichtsverfahren zunächst i​m Leipziger Gerichtsgefängnis inhaftiert. Später w​urde er i​n das sowjetische Speziallager Nr. 1 Mühlberg/Elbe verlegt.[4] Brandis verstarb d​ort am 24. Dezember 1945.[1]

Parteizugehörigkeit

Ehrungen

Schriften

Bücher

  • Entschädigung für unschuldig erlittene Untersuchungshaft (eine systematisch-kritische Darstellung des Reichsgesetzes vom 14. Juli 1904). Leipziger juristische Inauguraldissertation, Leipzig 1905. (Digitalisat in der Google-Buchsuche-USA)
  • (auch als Herausgeber) Miet- und Wohnungsrecht in Reich und Ländern (mit Anh.: Berlin), nach dem Stande von Mitte Januar 1925 mit den neuesten Vorschriften über Lockerung der Wohnungszwangwirtschaft. J. Bensheimer Verlag, Mannheim 1925.
  • Der Gesetzentwurf über das Unehelichenrecht und seine Probleme. A. Metzner, Berlin 1929.
  • Mieterschutz vom April 1933 ab. Gesetz über Räumungsfristen vom 29. März 1933. Bekanntmachung über Mieterschutz vom 27. April 1933. Vahlen, Berlin 1933.
    • 1935 als 2., völlig neu bearbeitete Auflage: Mieterschutz im neuen Reich. Räumungsfristen, Vollstreckungsschutz, Einheitsmietvertrag. Eine Darstellung der einschlägigen Bestimmungen.
    • 1936 als 3. Auflage, völlig neu bearbeitet und erweitert unter Mitwirkung von Ernst Ludwig Rexroth: Mieterschutz im neuen Reich. Verhinderung unberechtigter Mietsteigerungen. Räumungsfristen, Vollstreckungsschutz, Güteverfahren, Einheitsmietvertrag. Eine Darstellung der reichs- und landesrechtlichen Bestimmungen nach dem Stande vom September.
  • Vereinheitlichung der Zuständigkeit in Familiensachen. Eine Darstellung der Verordnung vom 31. Mai 1934 und der dazu ergangenen Durchführungsbestimmung vom 27. Juli 1934 für den praktischen Gebrauch der Justizbehörden, der Standesämter und ihrer Aufsichtsbehörden mit Musterbeispielen. Verlag für Standesamtswesen, Berlin 1934.
  • Die Ehegesetze von 1935. Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und deutschen Ehre mit den einschlägigen Vorschriften des neuen Reichsbürgerrechts. Gesetz zum Schutze der Erbgesundheit des deutschen Volkes (Ehegesundheitsgesetz). Weitere Fortschritte der Rechtseinheit in Familiensachen. Mit sämtlichen Durchführungsbestimmungen und Ministerialerlassen für den praktischen Gebrauch des Standesbeamten. Verlag für Standesamtswesen, Berlin 1936. Wurde nach Kriegsende in der Sowjetischen Besatzungszone auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.[5]
  • Herausgegeben mit Franz Massfeller: Das neue Personenstandsgesetz vom 3. November 1937. Mit Einführung, amtlichen Begründungen, kurzen Bemerkungen und einer vergleichenden Zusammenstellung der alten und neuen Vorschriften. Verlag für Standesamtswesen, Berlin 1937.
  • Mit Franz Massfeller: Das neue Personenstandsgesetz vom 3. November 1937 und Ausführungsvorschriften. Verlag für Standesamtswesen, Berlin 1938.
  • Mit Franz Massfeller: Gesetzgebung im Personenstandswesen. Enthält die das Arbeitsgebiet des Standesbeamten berührenden Gesetze, Verordnungen und Erlasse nach dem Stichtage vom 1. Februar 1939. Verlag für Standesamtswesen, Berlin 1939.

Aufsätze

  • „Haftung aus Vermögensübernahme und Konkurs“, Juristische Rundschau 1932, S. 1, 14.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Initiativgruppe Lager Mühlberg e. V. (Hrsg.): Totenbuch – Speziallager Nr. 1 des sowjetischen NKWD, Mühlberg/Elbe, Mühlberg/Elbe, 2008, S. 54, ISBN 978-3-00-026999-8
  2. Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5, S. 72.
  3. Ruth-Kristin Rössler: Justizpolitik in der SBZ/DDR 1945-1956, S. 71.
  4. August Schaefer: Das große Sterben im Reichsgericht. In: Deutsche Richterzeitung 1957, Seite 249f.
  5. http://www.polunbi.de/bibliothek/1948-nslit-b.html
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.