Franz Massfeller

Franz Massfeller (* 2. Februar 1902 i​n Essen; † 28. Juli 1966) w​ar ein deutscher Jurist u​nd Ministerialbeamter.

Massfeller als Teilnehmer der Besprechung zur Endlösung der Judenfrage am 6. März 1942 im Reichssicherheitshauptamt

Karriere im Nationalsozialismus

Massfeller studierte Rechtswissenschaften a​n der Eberhard-Karls-Universität Tübingen u​nd war s​eit 1922 Mitglied d​er katholischen Studentenverbindung AV Guestfalia Tübingen. Nach d​er zweiten juristischen Staatsprüfung 1928 t​rat er i​n den preußischen Justizdienst e​in und wechselte z​ur Zeit d​es Nationalsozialismus 1934 i​n das Reichsjustizministerium, w​o er i​m Bereich Familien- u​nd Rasserecht[1] tätig wurde. Im amtlichen Organ Deutsche Justiz kritisierte Massfelder i​m März 1934 e​in Gerichtsurteil, d​as eine Anfechtung d​er Ehe w​egen „Rassenverschiedenheit“ n​icht zugelassen hatte.[2]

Als Amtsgerichtsrat i​m Reichsministerium d​er Justiz verfasste e​r zusammen m​it Arthur Gütt u​nd Herbert Linden 1936 d​en Kommentar z​um Blutschutz- u​nd Ehegesundheitsgesetz z​ur Reinhaltung d​es Deutschen Blutes.[1][3] Im Reichssicherheitshauptamt n​ahm er a​n Besprechungen z​ur Endlösung d​er Judenfrage teil[1] u​nd war a​m 13. August 1941 Teilnehmer e​iner Konferenz u​nter Leitung v​on Adolf Eichmann, b​ei der e​s um e​ine „Verschärfung d​es Judenbegriffs“ ging.[4] Als Oberlandesgerichtsrat n​ahm er a​ls Vertreter d​es Reichsjustizministeriums a​n den Folgekonferenzen z​ur Wannseekonferenz a​m 6. März 1942 u​nd am 27. Oktober 1942 i​m Eichmannreferat teil.[5] Während d​es Zweiten Weltkrieges leistete e​r ab 1943 Kriegsdienst. Massfeller gehörte n​icht der NSDAP an.[3]

Karriere nach Kriegsende

Massfeller w​urde 1949 a​ls „nicht belastet“ entnazifiziert.[6] Im Verfahren konnte Massfeller Entlastungsschreiben v​on Josef Hermann Dufhues u​nd Staatssekretär Otto Lenz vorweisen: Dufhues w​ar mit Massfeller i​n der Studentenverbindung Guestfalia gewesen, Lenz kannte e​r von gemeinsamer Tätigkeit i​m Reichsjustizministerium. In d​er Bundesrepublik w​ar er a​b Januar 1950 i​m Bundesjustizministerium zunächst a​ls Oberregierungsrat z​ur Wiederverwendung tätig, danach leitete e​r bis 1964 a​ls Ministerialrat d​as Referat für Familien- u​nd Personenstandsrecht u​nd war a​uch mit d​em Straffreiheitsgesetz befasst.[1][7] Wegen d​er Mitwirkung a​n den Folgebesprechungen n​ach der Wannseekonferenz stellte d​er Bund d​er Verfolgten d​es Naziregimes 1951 Strafantrag g​egen Massfeller w​egen Anstiftung z​um Mord. Diesmal stellte s​ich Franz Schlegelberger schützend v​or ihn. Walter Strauß fasste zusammen, n​ach eingehenden Nachforschungen s​tehe einwandfrei fest, „dass s​eine Aufgabe s​ich darin erschöpfte, d​ie Bedenken […] g​egen die beabsichtigte ‚Lösung d​er Judenfrage‘ geltend z​u machen…“. Am 27. Mai 1961 geriet Massfellers Vergangenheit d​urch eine Veröffentlichung i​m Neuen Deutschland wieder i​n die Schlagzeilen. Massfeller t​rat 1964 a​uf eigenen Wunsch vorzeitig i​n den Ruhestand.[8]

Massfeller s​tarb am 28. Juli 1966 infolge e​ines Verkehrsunfalls.[9]

Schriften (Auswahl)

  • Blutschutz- und Ehegesundheitsgesetz: Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre und Gesetz zum Schutze der Erbgesundheit des deutschen Volkes nebst Durchführungsverordnungen sowie einschlägigen Bestimmungen. J. F. Lehmanns Verlag, München 1936 (zusammen mit Arthur Gütt und Herbert Linden).
  • Das neue Ehegesetz vom 6. Juli 1938 und seine Ausführungsvorschriften sowie die Familienrechtsnovelle vom 12. April 1938. Verlag für Standesamtswesen, Berlin 1938.
  • Das neue Personenstandsgesetz vom 3. November 1937 und Ausführungsvorschriften. Verlag für Standesamtswesen, Berlin 1938 (zusammen mit Ernst Brandis).
  • Neueste Gesetzgebung im Personenstandswesen. Enthält die das Arbeitsgebiet des Standesbeamten berührenden Gesetze, Verordnungen und Erlasse nach dem Stichtage vom 1. Febr. 1939. Verlag für Standesamtswesen, Berlin 1939 (zusammen mit Ernst Brandis).
  • Die Führung der Personenstandsbücher in Musterbeispielen. Handbuch für die deutschen Standesbeamten und ihre Aufsichtsbehörden. Verlag für Standesamtswesen, Berlin 1939.
  • Das Personenstandsrecht im Kriege. Zusammenstellung der gesetzlichen Vorschriften e. Erl. mit zahlr. Musterbeisp. Verlag für Standesamtswesen, Berlin 1939.
  • Das neue Personenstands- und Familienrecht nebst den Staatsangehörigkeitsvorschriften für die neuen deutschen Gebiete. Textausg. d. neuen Gesetzgebg. mit Verweisgn. u. Sachverz. f. d. standesamtl. Handgebr. Verlag für Standesamtswesen, Berlin 1940 (hg. mit Friedrich August Knost).
  • Das neue Familienrecht. Gesetzentwurf über d. Gleichberechtigung von Mann u. Frau auf d. Gebiete d. bürgerl. Rechts u. über d. Wiederherstellung d. Rechtseinheit auf d. Gebiete d. Familienrechts. Mit amtl. Begründung, 2 synoptischen Gegenüberstellungen u.e. Einf. Metzner, Frankfurt am Main/Berlin 1952.
  • Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht von 1870 bis zur Gegenwart. Metzner, Frankfurt am Main/Berlin 1953.
  • Personenstandsrecht. Personenstandsgesetz u. Ausführungsverordnung sowie alle sonstigen wichtigen Bestimmungen. Verlag für Standesamtswesen, Frankfurt am Main 1957 (zusammen mit Alexander Koehler).
  • Das Güterrecht des Gleichberechtigungsgesetzes. Verl. Handelsblatt, Düsseldorf 1957.
  • Das Gleichberechtigungsgesetz im Geschäftsverkehr der Kreditinstitute. Dt. Sparkassenverl., Stuttgart 1957.
  • Gleichberechtigung und ihre wirtschaftlichen Auswirkungen. Commerz- u. Credit-Bank, Frankfurt am Main 1958.
  • Das Gleichberechtigungsgesetz mit Erläuterungen. Heymann, Berlin/Köln 1958 (zusammen mit Dietrich Reinicke).
  • Das gesamte Familienrecht. Sammlung aller familienrechtl. Vorschriften mit Hinweisen unter bes. Berücks. d. Gleichberechtigungsgesetzes. Metzner, Frankfurt am Main/Berlin 1958.
  • Personenstandsgesetz. Kommentar; Grundwerk. Verlag für Standesamtswesen, Frankfurt am Main 1963 (zusammen mit Werner Hoffmann).

Literatur

  • Cora Ciernoch-Kujas: Ministerialrat Franz Massfeller 1902–1966. Wissenschaftlicher Verlag Berlin, Berlin 2003, ISBN 978-3-936846-22-5 (nicht ausgewertet).
  • Manfred Görtemaker, Christoph Safferling: Die Akte Rosenburg. Das Bundesministerium der Justiz und die NS-Zeit. München 2016, ISBN 978-3-406-69768-5 (dort S. 306 bis 310).

Einzelnachweise

  1. Otto Langels: Die Akte Rosenburg. Das Bundesjustizministerium und die NS-Zeit. In: rbbKultur. 17. Juli 2019, abgerufen am 2. Mai 2020 (Audio; 25:53 min).
  2. Dok. VEJ 1/109 in: Wolf Gruner (Bearb.): Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945 (Quellensammlung). Band 1: Deutsches Reich 1933–1937. München 2008, ISBN 978-3-486-58480-6, S. 312 f.
  3. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Frankfurt am Main 2007, S. 393 f.
  4. Dokument VEJ 3/202 in: Andrea Löw (Bearb.): Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945 (Quellensammlung). Band 3: Deutsches Reich und Protektorat Böhmen und Mähren, September 1939–September 1941. München 2012, ISBN 978-3-486-58524-7, S. 501 f.
  5. Manfred Görtemaker, Christoph Safferling: Die Akte Rosenburg. Das Bundesministerium der Justiz und die NS-Zeit. München 2016, ISBN 978-3-406-69768-5, S. 22.
  6. Andrea Loew: Deutsches Reich und Protektorat September 1939–September 1941 (= Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945. Bd. 3). Oldenbourg, München 2012, ISBN 978-3-486-58524-7, S. 501, Anmerkung 5
  7. Rosenburg-Projekt des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz. (Memento vom 18. September 2016 im Internet Archive) Website des BMJV, 14. September 2015 / Manfred Görtemaker, Christoph Safferling: Die Akte Rosenburg. Das Bundesministerium der Justiz und die NS-Zeit. München 2016, ISBN 978-3-406-69768-5, S. 306 und 309
  8. Manfred Görtemaker, Christoph Safferling: Die Akte Rosenburg. Das Bundesministerium der Justiz und die NS-Zeit. München 2016, ISBN 9783406697685, S. 306–308
  9. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. aktual. Ausgabe Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-596-16048-0, S. 394
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