Entwicklung des Comics
Wird der Comic als ein Werk betrachtet, welches man der Sequenziellen Bildenden Kunst zuordnen kann, lassen sich die Anfänge seiner Entwicklung bis in die Steinzeit zurückverfolgen.
Als eigentliche Geburt des modernen Comics gilt die Veröffentlichung von Hogan's Alley (später Yellow Kid) von Richard F. Outcault in Pulitzers New York World ab Juli 1895.
Vorgeschichte
Frühzeit
Bereits in der Frühzeit, vor mehr als 30.000 Jahren, malte der Mensch die Tiere seiner Umgebung auf Felswände (Menschen finden sich selten, Landschaften gar nicht) und verfügte damals schon über die Fähigkeit, anhand von Umrissen und angedeuteten Linien und der sich daraus ergebenden Strichführung den dahinter stehenden Inhalt zu erkennen – einer der bedeutenden Aspekte des Comics, in dem beispielsweise zwei Punkte auf gleicher Höhe, darunter ein horizontaler Strich und das alles eingeschlossen von einem Kreis, ein Gesicht darstellen sollen. In der Höhle von Chauvet an der Ardèche in Frankreich entstand dabei die erste Zeichnung eines Tieres (Nashorn), deren Körperumrisse mit mehreren Umrandungen versehen wurde und womit die erste Darstellung eines sich bewegenden Tieres gelang.
Als erste Abbildung eines Zeitlaufes gilt gemeinhin die Malerei in der Höhle von Lascaux. Schriftzeichen, mittels derer verschiedene Bilder in einen Sinn- und Zeitzusammenhang gebracht werden konnten, entstanden im vierten Jahrtausend vor Christus in Mesopotamien. Um 2.600 v. Chr. entstand dort ein Siegel mit dem Friedhof von Ur, deren Bild die damalige Königin zeigt und eine Unterschrift enthielt, welche übersetzt Königin Pua-bi bedeutet.
Antike
In der altägyptischen Kunst verwendete man eine Kombination von Hieroglyphen und Bildern, um das Leben dieser Kultur zu beschreiben. Dabei waren auch die Bilder einer Symbolik unterworfen, die kaum voneinander abwich. Stets wurde dieselbe Perspektive bewahrt, alles von der Seite gezeigt. Auch die Darstellung der Menschen geschah nach einem festgelegten Schema. Aus Ägypten gelangte die Idee der Bildfolge nach Griechenland, wo sie insbesondere bei der Vasenmalerei Verwendung fand. Zum ersten Mal wurden den Figuren auch Texte über den Kopf gemalt, die quasi aus dem Mund kamen. Ähnliches findet sich in Syrien im 6. Jahrhundert n. Chr. oder bei den Azteken zwei Jahrhunderte später.
Auch die römische Kultur nahm diese Kunst wahr und führte sie weiterhin fort: 113 n. Chr. veranlasste der Herrscher Trajan eine Beschreibung eines Feldzuges um eine Steinsäule, die 33 m hohe Trajanssäule in Rom. Das 200 Meter lange Steinrelief umfasst 155 Einzelszenen, die durch Stilmittel wie Bäume voneinander getrennt sind (eine Vorwegnahme der Bildstege).
Mittelalter
Klöster waren im frühen Mittelalter Zentren des Wissens. Ihre Bewohner verfassten Bücher, die bald auch Bilder enthielten. Häufig wurden Kirchen mit Fresken, Wand- oder Glasmalereien versehen, die religiöse Motive enthielten und nicht selten auch verschiedene Szenen einer Geschichte beschrieben und damit Sequenzen bildeten. Ab 1000 n. Chr. verwendeten Kirchen immer wieder Wandteppiche, um Geschehnisse zu beschreiben und setzten dabei auch (lateinische) Zwischentexte ein. Der bekannteste ist der Teppich von Bayeux, der die Schlacht bei Hastings beschreibt.
Im 12. Jahrhundert erschienen auch Bildillustrationen, in denen die dargestellten Personen mit gesprochenen Texten in Form von Spruchbändern dargestellt wurden – Vorläufer der Sprechblasen (z. B. im Evangeliar Heinrichs des Löwen). Im 13. Jahrhundert fand die bebilderte Armenbibel zunehmende Verbreitung, mit der die Kirche die lese- und Latein- unkundigen Gläubigen erreichen wollte.
Zunehmend stieg der Bedarf an Schreibern, die sich nicht mehr nur in Klöstern befanden. Höfische Literatur entstand, das Papier fand seinen Weg nach Europa, im 15. Jahrhundert wurde der Holzschnitt erfunden. Danach entstanden erste Blockbücher, die Bilder und Texte vereinten.
In Japan entstand im 16. Jahrhundert eine Tradition japanischer Holzschnitte, die Vorbild einer Reihe grotesker Zeichnungen des japanischen Künstlers Katsushika Hokusai im 19. Jahrhundert waren, vergleichbar mit den Grotesken da Vincis. Hokusai nannte sie Manga. Diese Bezeichnung findet noch heute Anwendung für Comics im japanischen Stil.
Neuzeit
Durch die Einführung des Buchdrucks und deren professionellen Vertriebs durch Johannes Gutenberg wurden Bilder und Texte zunächst wieder getrennt. Später gelang der Einblattdruck, der als ein Vorgänger des Bilderbogens anzusehen ist. So wurde schließlich die thematische Beschränkung auf höfische und biblische Geschichten aufgehoben, die narrative Erzählung setzte sich durch. Da der größte Teil der Bevölkerung aus Analphabeten bestand, wurde die Handlung mittels Bilder transportiert. Auch geschriebene Bücher enthielten so bis zu 100 Holzschnitte, die die Handlung nacherzählten, diese konnten aber nur wenige Leser erreichen. Erst Mitte des 18. Jahrhunderts bestand im gesamten deutschsprachigen Raum die Schulpflicht, weshalb nun mehr und mehr Personen Lesen lernten.
Die Gattung des Bilderzyklus erlaubte Künstlern wie Albrecht Dürer, Hans Holbein der Jüngere erstmals Bilder zu vertreiben, die eine Handlung darstellten. Am bekanntesten und einflussreichsten war der Brite William Hogarth (1697 bis 1764), der Themen des modernen Lebens behandelte, wie etwa Armut und Prostitution, von dem es sogar ein Werk mit Interpretationen gab, das Georg Christoph Lichtenberg verfasste. Rodolphe Töpffer verwendete ab 1827 erstmals ein und dieselbe Person für seinen Bilderbögen Les Amours de Monsieur Vieux-Bois mit über 200 Bildern und ließ jedes als Resultat des davor geschehenen wirken. Jedes Bild versah er zudem mit einigen Textzeilen. Er benutzte erstmals Stilmittel, um Bewegungen oder Musik zu visualisieren. Dies beeinflusste viele Zeichner überall in Europa. Zu dieser Zeit fand die Karikatur schon allgemeine Verbreitung. Bereits Leonardo da Vinci wandte die Methode an, mittels grotesker optischer Verzerrung der Personen einen satirischen Effekt zu erzielen. Der Begriff selbst stammt aus dem 17. Jahrhundert und vom italienischen caricare (= überladen).
Thomas Rowlandson zeichnete ab 1800 Bilderfolgen mit Dialogen über dem Kopf der Beteiligten und konnte aufgrund des großen Erfolges seiner Reihe Doktor Syntax bald Bücher verkaufen, zu denen Fortsetzungen und Übersetzungen im Ausland erschienen. 1830 wurde die erste französische Zeitung mit einem satirischen Schwerpunkt gegründet, in der hauptsächlich Karikaturen vertrieben wurden. Sie hieß La Caricature. In der Nachfolgezeitschrift Charivari veröffentlichten Künstler wie Grandville und Gustave Doré ähnliches. In England erschien die Zeitschrift Punch und erfand den Begriff cartoon für seine Bilder. Deutsche Zeitschriften waren zum Beispiel Fliegende Blätter, Der Wahre Jacob oder Kladderadatsch sowie Simplicissimus, die später etwa Wilhelm Busch beeinflussten. In der amerikanischen Zeitschrift Truth zeichnete Richard Felton Outcault, erstmals der Name jener Figur, die später alsThe Yellow Kid erscheinen sollte.
Im 20. Jahrhundert wurde der Comic mitunter auch für Propagandazwecke eingesetzt. So haben US-Comic-Verlage während des Zweiten Weltkrieges in Bezug auf die Kriegsgegner teilweise rassistische Darstellungen in ihren Comics verwendet. Dies hat sich beispielsweise auch auf Comic-Inhalte schwedischer Comics vererbt.[1]
Siehe auch
Einzelnachweise
- Scholz, Michael F.: Comics im Kampf um Herzen und Köpfe. Propaganda während des 2. Weltkrieges, in: Katapult-Magazin, Greifswald 2015.