Einsetzungsbericht
Als Einsetzungsbericht bezeichnet man in der Liturgiewissenschaft jenen Abschnitt des eucharistischen Hochgebetes, in dem vom Handeln und Reden Jesu beim letzten Abendmahl die Rede ist. Dabei werden die Einsetzungsworte Jesu in einer biblischen oder liturgisch redigierten Fassung zitiert.
Theologischer Hintergrund
Erster Adressat des Textes ist Gott, der in manchen Formularen, so im Canon Romanus, ausdrücklich in Du-Form angesprochen wird. Es handelt sich also nicht eigentlich um einen Bericht, sondern um ein Gebet. Nach abendländischer Tradition (die seit Ambrosius belegt ist) bewirkt Christus selbst durch seine Abendmahlsworte die Heiligung (Konsekration) und Verwandlung der eucharistischen Gaben (Brot und Wein). Diese Worte nennt man daher auch Konsekrationsworte bzw. Wandlungsworte, in Kurzform diese und sogar den ganzen Einsetzungsbericht ungenau Wandlung.
Gemeinsame Überzeugung der römisch-katholischen Kirche wie der Ostkirchen ist es, dass die Verwandlung von Brot und Wein kein Menschenwerk ist, sondern durch den Heiligen Geist geschieht. Darum beten diese Kirchen im Hochgebet um die Herabkunft des Heiligen Geistes auf die Gaben sowie auf die Gläubigen, die sie in der Kommunion empfangen, um selbst in den mystischen Leib Christi verwandelt zu werden.
Jedoch bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass die Einsetzungsworte nur (biblische) Begründung der Wandlung sind, das heißt, die Konsekration an dieser Stelle nicht unbedingt erfolgt. Tatsächlich ist es so, dass die Orthodoxie davon ausgeht, dass die Konsekration während der Epiklese (der Herabrufung des Heiligen Geistes) erfolgt. Dem wird dadurch besonderer Ausdruck verliehen, dass die Epiklese, anders als in der katholischen und der alexandrinischen Liturgie, erst nach den Einsetzungsworten folgt.
Die moderne katholische Theologie geht davon aus, dass die Wandlung (die Transsubstantiation) während des Hochgebetes erfolgt. Die Wandlung ist im Kontext der gesamten Liturgie zu sehen und kann nicht vom Menschen willkürlich auf einen bestimmten Zeitpunkt fixiert werden.
Im Jahre 2001 wurde von der römisch-katholischen Kirche die Gültigkeit der Anaphora der Apostel Addai und Mari der ostsyrischen Liturgie, die bei den nicht-unierten Assyrern keinen expliziten Einsetzungsbericht enthält, anerkannt, das heißt, auch ohne Einsetzungsworte ist eine Konsekration möglich.[1]
Einsetzungsberichte der Heiligen Schrift
Einsetzungsworte zum Abendmahl sind in den drei synoptischen Evangelien und im ersten Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Korinth zu finden. Trotz Abweichungen im Detail weisen sie eine große Übereinstimmung aus, was auf eine vorliegende Tradition verweist. Man spricht deshalb auch von Abendmahlsparadosis (von gr. paradosis „Überlieferung“).
Matthäus 26,26–28 | Markus 14,22–26 | Lukas 22,19–20 | 1. Brief an die Korinther 11,23–26 |
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26 Während des Mahls nahm Jesus das Brot und sprach den Lobpreis; dann brach er das Brot, reichte es den Jüngern und sagte: | 22 Während des Mahls nahm er das Brot und sprach den Lobpreis; dann brach er das Brot, reichte es ihnen und sagte: | Und er sagte zu ihnen: Ich habe mich sehr danach gesehnt, vor meinem Leiden dieses Paschamahl mit euch zu essen. 16 Denn ich sage euch: | Jesus, der Herr, nahm in der Nacht, in der er ausgeliefert wurde, Brot, 24 sprach das Dankgebet, brach das Brot und sagte: |
Ich werde es nicht mehr essen, bis das Mahl seine Erfüllung findet im Reich Gottes. 17 Und er nahm den Kelch, sprach das Dankgebet und sagte: 18 Denn ich sage euch: Von nun an werde ich nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken, bis das Reich Gottes kommt. | |||
19 Und er nahm Brot, sprach das Dankgebet, brach das Brot und reichte es ihnen mit den Worten: | |||
Nehmt und esst; das ist mein Leib. | Nehmt, das ist mein Leib. | Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. Tut dies zu meinem Gedächtnis! | Das ist mein Leib für euch. Tut dies zu meinem Gedächtnis! |
27 Dann nahm er den Kelch, sprach das Dankgebet und reichte ihn den Jüngern mit den Worten: | 23 Dann nahm er den Kelch, sprach das Dankgebet, reichte ihn den Jüngern und sie tranken alle daraus. 24 Und er sagte zu ihnen: | 20 Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sagte: | 25 Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sprach: |
Trinkt alle daraus; 28 das ist mein Blut, das Blut des Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden. | Das ist mein Blut, das Blut des Bundes, das für viele vergossen wird. | Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird. | Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut. Tut dies, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis! |
29 Ich sage euch: Von jetzt an werde ich nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken bis zu dem Tag, an dem ich mit euch von neuem davon trinke im Reich meines Vaters | Amen, ich sage euch: Ich werde nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken bis zu dem Tag, an dem ich von neuem davon trinke im Reich Gottes. | siehe oben Vers 16–18 | 26 Denn sooft ihr von diesem Brot esst und aus dem Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt. 27 Wer also unwürdig von dem Brot isst und aus dem Kelch des Herrn trinkt, macht sich schuldig am Leib und am Blut des Herrn. 28 Jeder soll sich selbst prüfen; erst dann soll er von dem Brot essen und aus dem Kelch trinken. 29 Denn wer davon isst und trinkt, ohne zu bedenken, dass es der Leib des Herrn ist, der zieht sich das Gericht zu, indem er isst und trinkt. 30 Deswegen sind unter euch viele schwach und krank und nicht wenige sind schon entschlafen. 31 Gingen wir mit uns selbst ins Gericht, dann würden wir nicht gerichtet. 32 Doch wenn wir jetzt vom Herrn gerichtet werden, dann ist es eine Zurechtweisung, damit wir nicht zusammen mit der Welt verdammt werden. 33 Wenn ihr also zum Mahl zusammenkommt, meine Brüder, wartet aufeinander! 34 Wer Hunger hat, soll zu Hause essen; sonst wird euch die Zusammenkunft zum Gericht. Weitere Anordnungen werde ich treffen, wenn ich komme. |
Text von Epiklese und Einsetzungsbericht
Römisch-katholische Liturgie
Das von Papst Paul VI. herausgegebene Missale Romanum (Editio typica 1970, Editio typica tertia 2002) enthält vier Hochgebete (Prex eucharistica I-IV) zur Auswahl. Für das deutsche Sprachgebiet erschien 1975 die Erstausgabe des Messbuchs (2. Auflage 1988). Der Wortlaut der Hochgebete in deutscher Fassung findet sich auch im Gotteslob (1975) Nr. 360 und 367 bis 369. Die lateinische und deutsche Fassung des Zweiten Hochgebetes finden sich im neuen Gotteslob (2013) Nr. 588. Das zuletzt von Papst Johannes XXIII. im Jahr 1962 herausgegebene Missale Romanum kannte nur einen Canon Missae.
Der Einsetzungsbericht lautet in den derzeit gültigen Fassungen:
Canon Missae (1962) |
Prex eucharistica I seu Canon Romanus (1970, 2002) |
Erstes Hochgebet |
Zweites Hochgebet |
Drittes Hochgebet |
Viertes Hochgebet |
Quam oblationem tu, Deus, in omnibus, quæsumus, benedíctam, adscriptam, ratam, rationabilem, acceptabilemque facere digneris: ut nobis Corpus et Sanguis fiat dilectissimi Filii tui, Domini nostri Jesu Christi. |
Quam oblatiónem tu, Deus, in ómnibus, quaesumus, benedíctam, adscríptam, ratam, rationábilem, acceptabilémque fácere dignéris: ut nobis Corpus et Sanguis fiat dilectíssimi Fílii tui, Dómini nostri Iesu Christi. |
Schenke, o Gott, diesen Gaben Segen in Fülle und nimm sie zu eigen an. Mache sie uns zum wahren Opfer im Geiste, das dir wohlgefällt: zum Leib und Blut deines geliebten Sohnes, unseres Herrn Jesus Christus. |
Sende deinen Geist auf diese Gaben herab und heilige sie, damit sie uns werden Leib + und Blut deines Sohnes, unseres Herrn Jesus Christus. |
Heilige unsere Gaben durch deinen Geist, damit sie uns werden Leib + und Blut deines Sohnes, unseres Herrn Jesus Christus, der uns aufgetragen hat, dieses Geheimnis zu feiern. |
So bitten wir dich, Vater: der Geist heilige diese Gaben, damit sie uns werden Leib + und Blut unseres Herrn Jesus Christus, der uns die Feier dieses Geheimnisses aufgetragen hat als Zeichen des ewigen Bundes. |
Qui pridie quam pateretur, accepit panem in sanctas ac venerabiles manus suas, et elevatis oculis in cælum ad te Deum, Patrem suum omnipotentem, tibi gratias agens, benedixit, fregit, deditque discipulis suis, dicens: |
Qui, prídie quam paterétur, accépit panem in sanctas ac venerábiles manus suas, et elevátis óculis in caelum ad te Deum Patrem suum omnipoténtem, tibi grátias agens benedíxit, fregit, dedítque discípulis suis, dicens: |
Am Abend vor seinem Leiden nahm er das Brot in seine heiligen und ehrwürdigen Hände, erhob die Augen zum Himmel, zu dir, seinem Vater, dem allmächtigen Gott, sagte dir Lob und Dank, brach das Brot, reichte es seinen Jüngern und sprach: |
Denn am Abend, an dem er ausgeliefert wurde und sich aus freiem Willen dem Leiden unterwarf, nahm er das Brot und sagte Dank, brach es, reichte es seinen Jüngern und sprach: |
Denn in der Nacht, da er verraten wurde, nahm er das Brot und sagte Dank, brach es, reichte es seinen Jüngern und sprach: |
Da er die Seinen liebte, die in der Welt waren, liebte er sie bis zur Vollendung. Und als die Stunde kam, da er von dir verherrlicht werden sollte, nahm er beim Mahl das Brot und sagte Dank, brach das Brot, reichte es seinen Jüngern und sprach: |
Accipite, et manducate ex hoc omnes. |
Accípite et manducáte ex hoc omnes:
hoc est enim Corpus meum, quod pro vobis tradetur. |
Nehmet und esset alle davon: |
Nehmet und esset alle davon: |
Nehmet und esset alle davon: |
Nehmet und esset alle davon: |
Simili modo postquam cœnatum est, accipiens et hunc præclarum calicem in sanctas ac venerabiles manus suas: item tibi gratias agens, benedixit, deditque discipulis suis, dicens: |
Símili modo, postquam cenátum est, accípiens et hunc praeclárum cálicem in sanctas ac venerábiles manus suas, item tibi grátias agens benedíxit, dedítque discípulis suis, dicens: |
Ebenso nahm er nach dem Mahl diesen erhabenen Kelch in seine heiligen und ehrwürdigen Hände, sagte dir Lob und Dank, reichte den Kelch seinen Jüngern und sprach: |
Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch, dankte wiederum, reichte ihn seinen Jüngern und sprach: |
Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch, dankte wiederum, reichte ihn seinen Jüngern und sprach: |
Ebenso nahm er den Kelch mit Wein, dankte wiederum, reichte den Kelch seinen Jüngern und sprach: |
Accipite, et bibite ex eo omnes. |
Accípite et bíbite ex eo omnes:
hic est enim calix Sánguinis mei novi et aetérni testaménti, qui pro vobis et pro multis effundétur in remissionem peccatorum. Hoc fácite in meam commemorationem. |
Nehmet und trinket alle daraus: |
Nehmet und trinket alle daraus: |
Nehmet und trinket alle daraus: |
Nehmet und trinket alle daraus: |
Evangelisch-lutherische Liturgie
In den evangelischen Kirchen wird üblicherweise folgender Wortlaut verwendet:
„Unser Herr Jesus Christus, in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot, dankte und brach’s und gab’s seinen Jüngern und sprach: Nehmet hin und esset: Das ist + mein Leib, der für euch gegeben wird. Solches tut zu meinem Gedächtnis. Desgleichen nahm er auch den Kelch nach dem Abendmahl, dankte und gab ihnen den und sprach: Nehmet hin und trinket alle daraus: Das ist + mein Blut des neuen Testaments, das für euch vergossen wird zur Vergebung der Sünden. Solches tut, sooft ihr’s trinket, zu meinem Gedächtnis.“
Im traditionellen lutherischen Gottesdienst werden die Einsetzungsworte in persona Christi im Evangelienton gesungen.[3]
Literatur
- Jens Schröter: Das Abendmahl. Frühchristliche Deutungen und Impulse für die Gegenwart (Stuttgarter Bibelstudien 210). Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 2006, ISBN 3-460-03104-2.
- Hans-Joachim Schulz: „Wandlung“ im ostkirchlich-liturgischen Verständnis. Eine Orientierung im Disput um Transsubstantiation und Transsignifikation. In: Catholica 40 (1986) 270–286.
Einzelnachweise
- Päpstlicher Rat zur Förderung der Einheit der Christen: RICHTLINIEN FÜR DIE ZULASSUNG ZUR EUCHARISTIE ZWISCHEN DER CHALDÄISCHEN KIRCHE UND DER ASSYRISCHEN KIRCHE DES ORIENTS. 20. Juni 2001, archiviert vom Original; abgerufen am 20. Januar 2015.
- Als Übertragung wünscht die Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung künftig in allen Übersetzungen: „für viele“ (Brief von Papst Benedikt XVI., 14. April 2012)
- Michael Meyer-Blanck: Gottesdienstlehre, Mohr Siebeck, 2011