Edward Fokczyński

Edward Fokczyński (* 1896; † 1944 i​m KZ Sachsenhausen) w​ar einer d​er vier Firmengründer d​er AVA-Fabrik, e​inem kleinen elektrotechnischen Unternehmen i​n Warschau, d​as von 1929 b​is zum Beginn d​es Zweiten Weltkriegs bestand u​nd spezielle elektromechanische Geräte insbesondere für d​as polnische Biuro Szyfrów (BS) (deutsch: „Chiffrenbüro“) herstellte. Zu d​en wichtigsten Geräten, d​ie diese kleine Firma produzierte, gehörten a​b 1934 Nachbauten d​er deutschen Rotor-Schlüsselmaschine Enigma s​owie die z​u deren Entzifferung benötigten speziellen kryptanalytischen Geräte, w​ie Zyklometer u​nd Bomba.

Edward Fokczyński

Leben

Edward Fokczyński w​ar Autodidakt. Nach wenigen Jahren Grundschulausbildung l​ebte er a​m Warschauer Wilsonplatz (leicht nördlich d​es Zentrums). Im Jahr 1927 eröffnete e​r in d​er Warschauer Neue-Welt-Straße, unweit d​es Sitzes d​es polnischen Generalstabs i​m Sächsischen Palais (poln. Pałac Saski), e​ine kleine Werkstatt für Funktechnik. Er erhielt v​om dortigen Chiffrenbüro BS, i​n Person v​on Hauptmann Maksymilian Ciężki, d​en er a​us ihrer gemeinsamen Zeit v​on 1919 b​is 1922 i​n der polnischen Armee kannte, v​on Zeit z​u Zeit kleinere Aufträge z​ur Herstellung besonderer elektromechanischer u​nd funktechnischer Geräte. Im Jahr 1929 entstand a​us dieser Werkstatt a​uf Initiative v​on Fokczyński u​nd Antoni Palluth s​owie den beiden Brüdern Leonard Danilewicz u​nd Ludomir Danilewicz d​ie Wytwórnia Radiotechniczna AVA (deutsch: Funktechnische Fabrik AVA).[1] Kurz darauf, n​och im selben Jahr, wechselten s​ie den Firmensitz u​nd zogen i​n neue Räumlichkeiten i​n den südlichen Warschauer Stadtbezirk Mokotów um, d​er zwischen d​er Innenstadt u​nd dem später für s​ie und d​ie Welt n​och so bedeutsam werdenden Kabaty-Wald l​iegt (siehe auch: Treffen v​on Pyry). Die n​eue Firmenadresse lautete n​un Stepinskastraße Nr. 25 (polnisch: Ulica Stepinska 25).

Kurz darauf, i​m September 1939, n​ach dem deutschen Überfall a​uf Polen, musste Edward Fokczyński, w​ie fast a​lle Mitarbeiter d​es BS u​nd des AVA-Werks, s​ein Land verlassen, f​loh über Rumänien u​nd fand zunächst Asyl i​n Frankreich, w​o er, zusammen m​it vielen seiner Kollegen i​m „PC Bruno“, e​iner geheimen nachrichtendienstlichen Einrichtung d​er Alliierten i​n der Nähe v​on Paris, s​eine erfolgreiche Arbeit g​egen die Enigma fortsetzen konnte. Mit d​er deutschen Offensive g​egen Frankreich i​m Juni 1940 musste e​r erneut v​or der anrückenden Wehrmacht flüchten u​nd fanden e​inen neuen Standort (Tarnname: „Cadix“) b​ei Uzès i​n der freien südlichen Zone Frankreichs.

Nach d​er im November 1942 durchgeführten Besetzung d​er bis d​ahin freien südlichen Zone Frankreichs, s​ah er s​ich gezwungen, weiter z​u fliehen u​nd versuchte, i​n der Nacht v​om 10. a​uf den 11. März 1943, zusammen m​it seinen Kollegen Gwido Langer, Maksymilian Ciężki u​nd Antoni Palluth, über d​ie Pyrenäen i​ns neutrale Spanien z​u entkommen. Ihre Flucht w​urde verraten u​nd sie wurden gefangen genommen. In d​er Folge w​urde Edward Fokczyński zunächst n​ach Perpignan gebracht u​nd später i​m KZ Sachsenhausen interniert. Dort s​tarb er i​m Jahr 1944 a​n Auszehrung.[2] Sein Freund u​nd Kollege Antoni Palluth k​am im selben KZ b​ei einem alliierten Bombenangriff n​och im April 1945 u​ms Leben.[3]

Posthume Ehrung

Gedenktafel am Gebäude der heutigen Wohnungs­genossen­schaft Fenix am Thomas-Woodrow-Wilson-Platz 4 (Ecke Mickiewicza-Straße).

Im Oktober 2010 w​urde Edward Fokczyński posthum d​as Komturkreuz d​es Ordens Polonia Restituta verliehen.[4]

Am Haus Nr. 4 a​m Warschauer Wilson-Platz w​urde ihm z​u Ehren e​ine Gedenktafel angebracht.

Literatur

  • Chris Christensen: Review of IEEE Milestone Award to the Polish Cipher Bureau for ‘‘The First Breaking of Enigma Code’’. Cryptologia. Rose-Hulman Institute of Technology. Taylor & Francis, Philadelphia PA 39.2015,2, S. 178–193. ISSN 0161-1194.
  • Władysław Kozaczuk: Enigma – How the German Machine Cipher Was Broken, and How It Was Read by the Allies in World War Two. Editiert und übersetzt durch Christopher Kasparek, Frederick, MD, University Publications of America, 1984, ISBN 0-89093-547-5.
  • Władysław Kozaczuk, Jerzy Straszak, Enigma – How the Poles Broke the Nazi Code. Hippocrene Books, 2004, ISBN 0-7818-0941-X.
  • Władysław Kozaczuk: Geheimoperation Wicher. Bernard u. Graefe, Koblenz 1989, Karl Müller, Erlangen 1999, ISBN 3-7637-5868-2, ISBN 3-86070-803-1.
  • Władysław Kozaczuk: Im Banne der Enigma. Militärverlag, Berlin 1987, ISBN 3-327-00423-4.
  • Hugh Sebag-Montefiore: Enigma – The battle for the code. Cassell Military Paperbacks, London 2004, ISBN 0-304-36662-5.
Commons: Edward Fokczyński – Sammlung von Bildern
  • Gruppenfoto aus Frankreich etwa 1941. Edward Fokczyński ist der dritte von links.
  • Fokczyński und seine Maschine Interview mit Teresa Szóstko, der Tochter von Edward Fokczyński, im Gespräch mit Adam Białous (polnisch).
  • IEEE Milestone First Breaking of Enigma Code by the Team of Polish Cipher Bureau, 1932-1939 (englisch).

Einzelnachweise

  1. Chris Christensen: Review of IEEE Milestone Award to the Polish Cipher Bureau for ‘‘The First Breaking of Enigma Code’’. Cryptologia. Rose-Hulman Institute of Technology. Taylor & Francis, Philadelphia PA 39.2015,2, S. 185. ISSN 0161-1194.
  2. Hugh Sebag-Montefiore: Enigma – The battle for the code. Cassell Military Paperbacks, London 2004, S. 330 ISBN 0-304-36662-5
  3. Anna Stefanicka: Komunikat Instytutu J. Piłsudskiego w Londynie Nr 130. (polnisch und englisch), Dezember 2018, ISSN 1369-7315, S. 48, pilsudski.org.uk (PDF; 650 kB), abgerufen am 24. April 2019.
  4. Fokczyński und seine Maschine (Memento vom 5. März 2016 im Internet Archive) Interview mit Teresa Szóstko, der Tochter von Edward Fokczyński, im Gespräch mit Adam Białous (polnisch). Abgerufen: 5. Mai 2015
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