Deutsch-Russisches Forum
Das Deutsch-Russische Forum ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Berlin, der sich seit 1993 für einen breiten gesellschaftlichen Dialog zwischen Deutschland und Russland engagiert.
Deutsch-Russisches Forum e. V.[1] | |
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Zweck: | Organisation des Dialogs und der Begegnung zwischen den Gesellschaften Deutschlands und Russlands |
Vorsitz: | vakant |
Gründungsdatum: | 1993 |
Mitgliederzahl: | 409 (Januar 2016)[2] |
Sitz: | Berlin, Deutschland |
Website: | www.deutsch-russisches-forum.de |
Trägerschaft und Mitglieder
Der Verein wird inhaltlich und finanziell durch Mitglieder aus Politik, Wirtschaft, Massenmedien und Kultur getragen. Die Mitgliedschaft wird durch Kooptation erworben.
Im Februar 1993 wurde der Verein mit 59 Mitgliedern gegründet, Stand 2016 gibt es 400 Mitglieder.[3] Die Mitgliedschaft ist öffentlich.[4]
Aktivitäten
Zu den Aktivitäten und Projekten des Deutsch-Russischen Forums gehören unter anderem die Organisation von Praktika für Journalisten, jährliche deutsch-russische Städtepartnerkonferenzen, der Schüler- und Jugendaustausch sowie die Durchführung der Potsdamer Begegnungen. Diese wurden 1999 durch den ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog initiiert und dienen dem Treffen von Akteuren aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Zivilgesellschaft statt.
In Kooperation mit der deutschen Botschaft Moskau und dem Deutschen Akademischen Austauschdienst organisiert der Verein das Alumni-Netzwerk hallo deutschland!, das sich an russische Absolventen deutscher Förderinstitutionen richtet.
Seit 2001 beteiligt sich das Deutsch-Russische Forum auch an der Organisation des Petersburger Dialogs, ein bilaterales Diskussionsforum, das seit 2001 achtzehn mal stattfand, abwechseln in Russland und Deutschland.
Weitere regelmäßige Aktivitäten sind das Kulturportal Russland und die Deutsch-Russische Städtepartnerkonferenz, die vom 28. bis 30. Juni 2021 in Kaluga zum sechzehnten Mal stattfand.[5]
Dr.-Friedrich-Joseph-Haass-Preis
Der Verein verleiht seit 1994 jährlich den Dr.-Friedrich-Joseph-Haass-Preis an Personen, die sich um die deutsch-russischen Beziehungen verdient gemacht haben. Der Preis ist benannt nach dem deutschen Arzt Friedrich Joseph Haass, der Mitte des 19. Jahrhunderts in Russland wirkte.
Preisträger
- 1994: Wolfgang Karte, ehemaliger Berater der Bundesregierung für die Russische Föderation
- 1995: Wjatscheslaw Daschitschew, Leiter des Zentrums für deutsch-russische Studien im Institut für globale wirtschaftliche und politische Studien
- 1996: Thomas Roth, Journalist, damals Leiter des ARD Studios Moskau
- 1997: Maja Turowskaja, Theater- und Filmkritikerin und Drehbuchautorin
- 1998: Sigmund Jähn, Raumfahrtberater, ESA
- 1999: Wladimir Wojnowitsch, Schriftsteller
- 2000: Otto Wolff von Amerongen, Unternehmer
- 2001: Juri Luschkow, Oberbürgermeister von Moskau
- 2002: Manfred Stolpe, damals Ministerpräsident des Landes Brandenburg
- 2003: Jekaterina Genijewa, Präsidentin des Moskauer Instituts »Offene Gesellschaft«
- 2004: Erzbischof Georg Kretschmar, geistlicher Leiter der evang.-luth. Kirche in Russland
- 2005: Tamara Morschtschakowa, ehem. stellv. Vorsitzende des Verfassungsgerichts der Russischen Föderation
- 2006: Martin Friedrichs, Organisator medizinischer Projekte in Russland
- 2007: Michail Gorbatschow, Staatspräsident a. D.
- 2008: Angelika Küpper, Vorstandsvorsitzende der Gesellschaft für Deutsch-Russische Begegnung Essen e. V. und Anne Hofinga, Vorstandsvorsitzende der Russlandhilfe e. V.
- 2009: Alexej Mordaschow, Vorsitzender des Vorstands, OAO Sewerstal
- 2010: Nikolaus Knauf, Stellvertretender Vorsitzender des Gesellschafterausschusses der Knauf Gruppe
- 2011: Ella Pamfilowa, Vorsitzende des Präsidiums, Allrussische gesellschaftliche Bewegung »Würde des Bürgers«
- 2012: Reinhard Führer, Präsident des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. und Nikolai I. Owtscharow, Bürgermeister der Stadt Kursk
- 2013: Alexandra Gräfin Lambsdorff
- 2014: Elena Nemirowskaja, Gründerin der Moskauer Schule für Gesellschaftliche Bildung
- 2015: Egon Bahr, Bundesminister a. D.
- 2016: Daniil Granin, Schriftsteller
- 2017: Fritz Pleitgen, Ehrenvorsitzender des Lew Kopelew Forums e.V.
- 2018: Michail Jefimowitsch Schwydkoi, Sonderbeauftragter des Präsidenten der Russischen Föderation für internationale kulturelle Zusammenarbeit
- 2019: Graciela Bruch, Vorstandsvorsitzende der Globus-Stiftung, und Stefan Dürr, geschäftsführender Gesellschafter und CEO der Ekosem-Agrar AG
- 2021: Michail Alexandrowitsch Fedotow, Berater des Präsidenten der Russischen Föderation a. D.
Vorstand
- Matthias Platzeck, Vorsitzender von 2014 bis 2022
- Wilfried Bergmann, Stellvertretender Vorsitzender
- Andrea von Knoop, Stellvertretende Vorsitzende
- Per Fischer, Schatzmeister
- Martin Hoffmann, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied
- Thomas Falk
- Torsten Erdmann
- Bernhard Kaster
- Elena Melnikov
- Sergej Nikitin
- Michael Rutz
- Michael Sasse
- Evgeniya Sayko
- Doris Schröder-Köpf
Ehemalige Vorstandsvorsitzende
- Alexandra Gräfin Lambsdorff, Gründerin des Deutsch-Russischen Forums und Vorsitzende 1993 bis 2002
- Andreas Meyer-Landrut, Vorsitzender 2002 bis 2003, heute Ehrenvorsitzender
- Ernst-Jörg von Studnitz, Vorsitzender 2003 bis 2014, heute Ehrenvorsitzender
- Matthias Platzeck, Vorsitzender von 2014 bis 2022
Kuratorium
- Bernhard Reutersberg, Vorstandsmitglied der E.ON AG, Vorsitzender
- Manfred Balz
- Roland Berger
- Heinrich Bonnenberg
- Andre Carls
- Eckhard Cordes
- Hans-Ulrich Engel
- Gernot Erler
- Regina von Fleming
- Hans-Joachim Gornig
- Tessen von Heydebreck
- Wladimir Jakunin
- Nikolaus Knauf
- Gabriele Krone-Schmalz
- Klaus-Dieter Lehmann
- Rainer Lindner
- Lothar de Maizière
- Klaus Mangold
- Alexander Medwedew
- Hartmut Mehdorn
- Alexej Mordaschow
- Siegfried Russwurm
- Markus Scheer
- Hermann Schmidt
- Antje Vollmer
- Georg Graf Wäldersee
- Michael Wedell
- Heinrich Weiss
Kritik
Im Zuge der Ukrainekrise wurde dem Deutsch-Russischen Forum, insbesondere wegen der Wortmeldungen seines Vorsitzenden Matthias Platzeck, wiederholt eine zu unkritische Haltung gegenüber der umstrittenen Politik des russischen Präsidenten vorgeworfen. Auch in diesem Zusammenhang berichtete die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung am 22. November 2014 von einem Eckpunktepapier, das von Kanzleramt und Auswärtigem Amt unterstützt wird. In ihm wird gefordert, der Petersburger Dialog müsse „auch Raum für die kritische Auseinandersetzung mit der russischen Politik geben“. Die Anbindung an das Deutsch-Russische Forum soll beendet werden, da es in beiden Gremien große personelle Überschneidungen gibt: Der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft ist stark vertreten.[6] Im Rahmen der Reform soll der frühere brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck an Einfluss in dem Forum verlieren. Dieses Zugeständnis habe Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) am 19. November 2014 „abgerungen“.[7]
Auf einer Sitzung der Organisation erklärte am 26. März 2015 die Journalistin und langjährige Moskau-Korrespondentin Elfie Siegl ihren Austritt. In ihrer Erklärung, die ihr Kollege Boris Reitschuster auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte, heißt es, das Forum habe sich in den vergangenen Jahren immer weiter vom in der Satzung festgeschriebenen Vereinszweck entfernt und setze nunmehr andere Prioritäten: „Es geht ihm weniger darum, Verständnis für Russland zu wecken, als vielmehr darum, der Politik des Putin-Regimes Verständnis entgegen zu bringen, sie zu billigen.“ Ferner kritisiert Siegl, dass mehrere bekannte Mitglieder und Vorstandsmitglieder des Forums den Appell „Wieder Krieg in Europa? Nicht in unserem Namen!“ unterzeichnet haben. Dazu führt sie aus: „In diesem Aufruf wird auf den Kriegszustand in einigen Teilen der Ukraine und die Annexion der Krim mit keinem Wort eingegangen. Schon allein aus diesem Grund fühle ich mich als unabhängige Journalistin und Russland-Expertin vom Deutsch-Russischen Forum und seiner Leitung nicht mehr angemessen vertreten.“ Aus ähnlichen Gründen haben laut Siegl der Politologe Hannes Adomeit und der Jurist Otto Luchterhandt die Organisation verlassen. Zudem plane die Journalistin und Autorin Christine Hamel ihren Austritt. Boris Reitschuster schreibt außerdem, ein Mitglied habe ihm gesagt, „im Forum würde offenbar durch Neuaufnahmen gezielt die Pro-Putin-Mehrheit gefestigt“.[8]
Weblinks
Einzelnachweise
- Satzung des Deutsch-Russischen Forums e. V. von 2016 (PDF; 591 kB) deutsch-russisches-forum.de. März 2016. Abgerufen am 21. Februar 2017.
- FAQ: 4. Wer sind die Mitglieder des Deutsch-Russischen Forums?, abgerufen am 25. Januar 2016
- deutsch-russisches-forum.de
- „Mitgliederliste Deutsch-Russisches Forum e.V. Stand 15.01.2016“ (Memento vom 25. Januar 2016 im Internet Archive) (PDF).
- mdz-moskau.eu: Martin Hoffmann über deutsch-russische kommunale Partnerschaften, abgerufen am 18. August 2021
- faz.net
- Russland-Politik: Merkel bootet Platzeck aus, in: Spiegel Online, 22. November 2014, abgerufen am 18. Oktober 2021.
- Facebook-Seite von Boris Reitschuster