Degeto Film
Die Degeto Film GmbH (kurz Degeto, auch ARD Degeto; Kunstwort aus Deutsche Gesellschaft für Ton und Bild)[4] ist die gemeinsame Filmeinkaufsorganisation der ARD. Sie hat ihren Sitz in Frankfurt am Main auf einem Nebengelände des Hessischen Rundfunks (HR) und beschäftigt 89 Mitarbeiter. Ihre Gesellschafter sind die Landesrundfunkanstalten der ARD bzw. deren Werbetöchter.
Degeto Film | |
---|---|
Rechtsform | GmbH |
Gründung | 1928 |
Sitz | Frankfurt am Main, Deutschland |
Leitung | Thomas Schreiber (Geschäftsführung)[1] |
Mitarbeiterzahl | 89 (2016)[3] |
Umsatz | 14,8 Millionen Euro (2016)[3] |
Branche | Unterhaltungsindustrie |
Website | www.degeto.de |
Aufsichtsratsvorsitzende ist seit 2019 die RBB-Intendantin Patricia Schlesinger[5] (zuvor von 2018 bis 2019 Lutz Marmor).[6] Den Vorsitz der Gesellschafterversammlung führt Ulrich Wilhelm seit 2012.
Aufgaben in der ARD
Die ARD Degeto erwirbt fiktionale Programme für das ARD-Gemeinschaftsprogramm Das Erste, die Dritten Programme der Landesrundfunkanstalten (BR, HR, MDR, NDR, Radio Bremen, RBB, SR, SWR, WDR), 3sat, ARTE sowie für One und die weiteren ARD-Spartenkanäle. Die Programmbeschaffung erfolgt durch Auftrags- und Koproduktionen sowie Lizenzkäufe von Spiel- bzw. Fernsehfilmen und Serien in redaktioneller Verantwortung. Daneben leistet die Degeto vertragstechnische und administrative Dienstleistungen für ARD-Gemeinschaftsproduktionen und -Anstaltsbeschaffungen. Ihr obliegt auch die Verwaltung der Programmbestände und deren Bereitstellung für die ARD. 2018 lieferte die ARD Degeto an die Programme 737.564 Minuten für 10.101 Sendetermine.[7]
Geschichte
Das Unternehmen wurde 1928 als Deutsche Gesellschaft für Ton und Film e. V. gegründet und produzierte und vertrieb in den 1930er und 1940er Jahren Propagandafilme für die Reichsregierung Hitlers.[8] Es firmierte seit 1937 als Degeto–Kulturfilm G.m.b.H., ab 1942 als Degeto Film GmbH. Nach der Reaktivierung 1952 durch das Land Nordrhein-Westfalen und den Hessischen Rundfunk war das Unternehmen ab 1954 zunächst im Besitz der Werbung im Rundfunk GmbH, einem Tochterunternehmen des hr, und wurde 1959 von den ARD-Anstalten gemeinschaftlich übernommen.[9]
Die Degeto erwirbt für ihre Gesellschafter Lizenzen an Fernsehsendungen aller Art, insbesondere Spielfilmen und Serien. Dazu werden auch Sendungen kofinanziert, Produktionsbeteiligungen geleistet, Eigenproduktionen hergestellt und Synchronisationen ausländischer Produktionen in Auftrag gegeben. Hierfür steht der Degeto von ihren Gesellschaftern ein jährliches Budget von zurzeit (Stand 2017) rund 400 Millionen Euro zur Verfügung.[10]
Die Degeto war Vertragspartner und Auftraggeber für die Produktion der Sendungen Harald Schmidt ab 2004 im Ersten und Gottschalk Live im Jahr 2012.[11]
Seit Mai 2021 leitet Thomas Schreiber als Geschäftsführer die Degeto Film GmbH.[12][13] Frühere Geschäftsführer waren Christine Strobl (Juli 2012 bis April 2021), Gerhard Schneider (April 2016 bis März 2019)[14], Bettina Reitz (Mai 2011 bis Mai 2012), Hans-Wolfgang Jurgan (Juli 2001 bis November 2011), Jörn Klamroth (Mai 2002 bis März 2011), Klaus Lackschéwitz (Juli 1994 bis Dezember 1999),[15] Peter T. Heimes (Juli 1988 bis September 1994)[16] und Hans-Joachim Wack (1954 bis Dezember 1988)[17].
Das Betriebsergebnis des Unternehmens in den zurückliegenden Geschäftsjahren betrug in den Jahren[3][18][19]
- 2011: 242.539 Euro Gewinn
- 2012: 765.506 Euro Verlust
- 2013: 1.249.074 Euro Gewinn
- 2014: 748.748 Euro Verlust
- 2015: 161.896 Euro Verlust
- 2016: 1.264.055 Euro Gewinn
- 2017: 200.587 Euro Gewinn
Kritik
In der Medienkritik wurde gelegentlich auch von einer Degetoisierung oder Degetosierung gesprochen. So beklagte 2006 der Bundesverband Regie (BVR) eine „Degetoisierung“ der Fernsehkultur beim Intendanten des MDR. Eigentlich sei die Degeto für den Einkauf von Filmlizenzen verantwortlich, wandte sich aber seit etwa dem Jahre 2000 zunehmend der Fernsehproduktion zu. Nach Ansicht des BVR sei „die allgemeine inhaltliche und ästhetische Verflachung des Programms mit den Interessen der Degeto verbunden, die mittelbar ein Interesse an einer allgemeinen Trivialisierung [hat] und [der] damit verbunden Depolitisierung des Programms zuarbeitet.“[20] Der Fernsehkritiker Torsten Körner sagte etwa anlässlich der Verleihung des Bert-Donnepp-Preis 2009: „Statt Menschen sehen wir viel zu oft brave Landschaften, pilcherisierte Täler und degetosierte Wälder“.[21]
Die FAZ nannte 2005 Degeto auch als „heimliche Supermacht des Kitschfilms“, die aufgrund des Quotendrucks durch die privaten Sender entstand. So ließ der ARD-Fernsehfilmkoordinator Jürgen Kellermeier „ein Manifest erarbeiten, das von den Programmdirektoren der anderen Anstalten im Jahr 2000 abgenickt wurde“. Eine Filmproduktion solle demnach „attraktiv, unterhaltsam und/oder interessant/relevant (möglichst generationenübergreifend)“ sein. Für Titel galt die Vorgabe „einladend, anziehend, mit attraktivem und interessantem Assoziationsfeld“. Wichtig seien „Emotionalität“ und eine Erzählweise, die „unkompliziert, einfach, klar, auf keinen Fall verwirrend“ sein dürfe. Außerdem seien „Hauptdarsteller mit möglichst hohem Bekanntheitsgrad“ einzusetzen, die sich in einem „attraktiven, zumindest interessanten, nicht abstoßenden Milieu“ zu bewegen haben. Als Negativbeispiel wird in der Kritik häufig die Serie Das Traumhotel (2004–2014) herangezogen.[22]
Produktionen mit Degeto-Beteiligung (Auswahl)
Literatur
- Rolf Aurich: Die Degeto und der Staat. Kulturfilm und Fernsehen zwischen Weimar und Bonn. München: edition text + kritik 2018.
- Nicolas Henning Bräuer: Von ersten Filmen zu Filmen im Ersten. Die Geschichte der Degeto und wie sie zur Spielfilmzentrale der ARD wurde. In: Rundfunk und Geschichte 47 (2021), 1–2, S. 68–83.
Weblinks
- Website der ARD Degeto
- ARD Degeto in der Internet Movie Database (englisch)
- BVR beklagt „Degetoisierung“ der Fernsehkultur (web.archive.org) (Memento vom 19. September 2015 im Internet Archive)
- Degeto: Eine Tragikomödie, noch ohne Happy End. In: brand eins, 6/2012
Einzelnachweise
- degeto.de: Impressum
- Schlesinger neue Vorsitzende des Degeto-Aufsichtsrats auf dwdl.de
- Beteiligungsbericht 2016 des SWR, Seite 92 ff. (PDF; 1,6 MB), abgerufen am 12. Dezember 2017
- web.ard.de: ARD übernimmt Degeto Film
- DWDL de GmbH: Schlesinger neue Vorsitzende des Degeto-Aufsichtsrats. Abgerufen am 23. Juni 2019.
- Aufsichtsgremien der ARD Degeto gewählt. In: Degeto Film GmbH. (degeto.de [abgerufen am 18. April 2018]).
- Über uns. In: Degeto Film GmbH. Abgerufen am 16. Mai 2019 (deutsch).
- Unvollständige Liste der durch die Degeto Kulturfilm GmbH vertriebenen Filme in Internet Movie Database, abgerufen am 16. Mai 2016
- ARD übernimmt Degeto Film Chronik der ARD, abgerufen am 16. Mai 2016
- Durchschnittliches Jahresbudget der ARD Degeto im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung, abgerufen am 12. Dezember 2017
- ARD: Eine Nase tankt Super in Zeit Online vom 22. März 2012, abgerufen am 16. Mai 2016
- Neue Degeto-Chefin Fluch und Segen zeit.de, 12. August 2012
- Thomas Schreiber neuer Geschäftsführer der ARD Degeto. Abgerufen am 6. Dezember 2021.
- DWDL de GmbH: Strobl wird alleinige Geschäftsführerin der ARD Degeto. Abgerufen am 16. Mai 2019.
- Wechsel in der Geschäftsführung der Degeto Film
- Noch nie ein Wohltäter. In: Der Spiegel. Nr. 26, 1995 (online).
- BERUFLICHES. Hans Joachim Wack. In: Der Spiegel. Nr. 52, 1988 (online).
- Beteiligungsbericht 2014 des SWR, S. 100 ff. (PDF; 3,1 MB), abgerufen am 12. Dezember 2017
- Degeto FILM GmbH, Frankfurt am Main. In: Northdata. Abgerufen am 20. Februar 2019.
- Degeotisierung in Lexikon der Filmbegriffe; abgerufen am 16. Februar 2019
- Tanja Weber: Kultivierung in Serie: Kulturelle Adaptionsstrategien von fiktionalen Fernsehserien; Schüren Verlag 2015 S. 308; online in Google Bücher
- Jens Bergmann: Degeto Film – „Alles wird gut”; in: Brand eins 6/2012; abgerufen am 23. Februar 2019