DB-Baureihe VT 98
Als DB-Baureihe VT 98 wurden Nebenbahn-Triebwagen der Deutschen Bundesbahn bezeichnet. Ab 1968 wurden sie als DB-Baureihe 798 bzw. 796 geführt. Umgangssprachlich werden diese Schienenbusse zusammen mit ähnlichen Baureihen als Uerdinger Schienenbusse bezeichnet.
DB VT 98.9 DB 798, 796 | |
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VT 98 in Boppard | |
Nummerierung: | VT 98 901–903 VT 98 9501–9829 ab 1968: 798 901–903 798 501–829 |
Anzahl: | 329 |
Hersteller: | Waggonfabrik Uerdingen, MAN, WMD |
Baujahr(e): | 1953, 1955–1962 |
Ausmusterung: | 2000 |
Achsformel: | Bo |
Gattung: | B |
Spurweite: | 1435 mm (Normalspur) |
Länge über Puffer: | 13.950 mm |
Höhe: | 3.300 mm |
Breite: | 3.000 mm |
Fester Radstand: | 6.000 mm |
Dienstmasse: | 18,9 t |
Radsatzfahrmasse: | 9,7 t |
Höchstgeschwindigkeit: | 90 km/h |
Installierte Leistung: | 2 × 110 kW |
Treibraddurchmesser: | 900 mm |
Motorentyp: | Büssing AG U 10 |
Leistungsübertragung: | mechanisch |
Bremse: | Druckluft (Bauart KE-P-Mg) |
Sitzplätze: | 56+2 |
Geschichte
Der VT 98.9 wurde Mitte der 1950er Jahre aus dem VT 95.9 entwickelt, welcher mit nur einem Fahrmotor für viele Strecken zu schwach motorisiert war. Daher hatte der VT 98.9 zwei Fahrmotoren. Der VT 98.9 verfügte im Gegensatz zum VT 95.9 über Pufferbohlen mit Schraubenkupplungen, so dass er als Schlepptriebwagen zusätzliche Eisenbahnwagen mitführen konnte, die dem mitteleuropäischen Standard entsprachen. Dies wurde sowohl gelegentlich für einzelne Güterwagen (Expressgut-Kurswagen) als auch bisweilen für Reisezugwagen (Verstärkungswagen) genutzt. Allerdings war die Last, die ein Schienenbus zusätzlich ziehen konnte, erheblich geringer als bei Lokomotiven. Durch seine Standard-Kupplungsvorrichtungen konnte ein VT 98.9 auch an das Ende anderer Züge eingestellt werden, um mit fremder Kraft befördert zu werden.
In allen Schienenbustypen wurden Unterflurmotoren des Typs U 10 der Büssing AG eingebaut, der gleiche Antrieb wie bei den Berliner Doppeldeckerbussen des Typs D2U, Leistung 110 kW bei 1900/min. Das Sechs-Gang-Getriebe wurde von der ZF Friedrichshafen AG geliefert. Anstelle eines Gaspedals verfügten diese Triebwagen über einen Handgashebel links am Fahrersitz. Für den Steilstreckenbetrieb hatten sie eine Motorstaubremse.
Der Innenraum war schlicht gehalten und ähnelte damaligen Omnibussen beziehungsweise Oberleitungsbussen. Es handelte sich um einen Großraumwagen. Die Rückenlehnen der Sitzbänke konnten durch die Fahrgäste je nach aktuellem Bedarf umgeklappt werden – zum Beispiel, um in Fahrtrichtung zu sitzen oder eine Kleingruppe vis-a-vis unterzubringen.
Zu diesen 329 Triebwagen wurden auch 220 Beiwagen VB 98 mit Packabteil, weitere 100 ohne Packabteil sowie 310 Steuerwagen VS 98 hergestellt. 3 Beiwagen VB 98 wurden nachträglich zu Steuerwagen VS 98 umgebaut. Meistens wurden bei der DB diese Fahrzeuge in der Zusammenstellung VT+VB+VS eingesetzt. Es gab aber auch kürzere Zweier-Einheiten (VT+VS), gelegentlich war der Motorwagen (VT) allein unterwegs. Längere Garnituren, bis hin zu Sechs-Wagen-Einheiten (VT+VB+VS+VT+VB+VS) wurden bei besonders hohem Fahrgastaufkommen gebildet. Betriebstechnisch war ein VT-98-Zug mit bis zu zwölf Achsen, also insgesamt sechs Wagen, möglich. Aufgrund der in den VT verbauten Vielfachsteuerung konnten im Zugverband maximal zwei VT (= vier Motoren) gesteuert werden.
1968 wurde die Bauartnummer der Triebwagen in 798 geändert, die Beiwagen erhielten die Nummern 998.0–3 und Steuerwagen 998.6–9. Bei den Steuerwagen wurde dabei die Ordnungsnummer um 600 erhöht (VS 98 001 wurde zu 998 601-9).
Einige wenige Triebwagen wurden modernisiert und erhielten eine Sonderlackierung in weiß-mintgrün, den damaligen Produktfarben der Deutschen Bundesbahn des Nahverkehrs. Diese Schienenbusse verkehrten auf der Chiemgaubahn von Aschau nach Prien, später bis 2014 als „Ulmer Spatz“.[1][2][3] Ansonsten behielten die Schienenbusse bis zum Schluss das für Triebwagen der Bundesbahn typische Purpurrot RAL 3004.
- Modernisierter Schienenbus auf der Chiemgaubahn in Aschau (Chiemgau)
- Chiemgaubahn-Schienenbus: Außenlackierung
- Chiemgaubahn-Schienenbus: automatisierte Falttür
- Chiemgaubahn-Schienenbus: Klapplehnen
1988 wurden 47 Triebwagen, 23 Beiwagen und 45 Steuerwagen auf Einmannbetrieb umgebaut. Sie erhielten pneumatische Türschließeinrichtungen und Zahltische für den Triebfahrzeugführer. Diese Fahrzeuge erhielten die Baureihennummer 796 bzw. 996.
1989 erwarb die Türkische Staatsbahn Türkiye Cumhuriyeti Devlet Demiryolları (TCDD) 25 VT 98, die sie als Baureihe RM 3000 bezeichnete. Zu den Triebwagen Rm 3001 bis Rm 3025 kamen 25 Steuerwagen (Rp) und 15 Beiwagen (Rt) in die Türkei.[4][5]
Eine Dreier-Einheit wurde 2015 von der „Initiative Fuchstal-Bahn“ erworben und wird seit Juli 2015 im Raum Schongau für Touristik-Sonderfahrten eingesetzt.[6][7]
Literatur
- Joachim Seyferth: Erinnerungen an den Schienenbus (Schiene-Photo Band 1). Joachim Seyferth-Verlag, Wiesbaden 1987, ISBN 3-926669-01-2.
Weblinks
- VT 98 Sonderfahrten bei der OEF
- VT 98 bei Roter-Brummer.de
- Die Baureihe 798 auf Bahn-Galerie.de
Einzelnachweise
- Fahrzeuge – Geschichte. Schienenbusfreunde Ulm e. V., abgerufen am 2. Juli 2015.
- Ulrike Bührer-Zöfel: Ulmer Spatz" auf dem Abstellgleis. Alb-Bote, 19. März 2014, abgerufen am 2. Juli 2015.
- Jakob Resch: Ein Ulmer Spatz weniger. Südwest-Presse, 10. Januar 2015, abgerufen am 2. Juli 2015.
- Bahn Epoche Heft 30, S. 42.
- RM3001 to RM3025 bei Trains of Turkey, abgerufen am 6. Mai 2019
- Oliver Sommer: Geburtstagsfeier als Schienenbus-Premiere. merkur.de, 30. Juni 2015, abgerufen am 30. Juni 2015.
- Andreas Hoehne: Der alte Schienenbus kehrt zurück. Augsburger Allgemeine, 1. Juli 2015, abgerufen am 2. Juli 2015.