Cyclobis(paraquat-p-phenylen)

Cyclobis(paraquat-p-phenylen) (formal gesehen ein Derivat des Paraquat) gehört zur Klasse der Cyclophane, da es aus aromatischen Einheiten besteht, die über aliphatische Reste verbrückt sind. Cyclobis(paraquat-p-phenylen) ist, ebenso wie viele andere Cyclophane, in der Lage, ein kleineres Molekül (einen „Gast“) in sich aufzunehmen. Es spielt eine bedeutende Rolle in der Wirt-Gast-Chemie und ist vielleicht sogar das bekannteste Cyclophan der supramolekularen Chemie.[3]

Strukturformel
Allgemeines
Name Cyclobis(paraquat-p-phenylen)
Andere Namen

5,12,19,26-Tetraazoniaheptacyclo­[24.2.2.22,5.27,10.212,15.216,19.221,24]­tetraconta-1(28),2,4,7,9,12,14,16,18,21,23, 26,29,31,33,35,37,39-octadecaen (IUPAC)

Summenformel C36H32N4
Kurzbeschreibung

weißer Feststoff[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
PubChem 4457151
ChemSpider 3655997
Wikidata Q18411248
Eigenschaften
Molare Masse 520.663 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
keine Einstufung verfügbar[2]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Es wird auch „Stoddarts blue box“ genannt, da sein Erfinder, J. Fraser Stoddart, elektronenarme Bereiche in Molekülen blau zeichnete.[4]

Synthese

Zur Darstellung des Cyclobis(paraquat-p-phenylen) wird zunächst 4,4′-Bipyridin mit 1,4-Bis(brommethyl)benzol zu 1,1′-[1,4-phenylenbis(methylen)]bis(4,4′-bipyridin) und dieses in einer Templatsynthese erneut mit 4,4′-Bipyridin zum Endprodukt umgesetzt. Als Templat dient 1,5-Bis(2-(2-methoxyethoxy)ethoxy)naphthalin.[1]

Wirt-Gast-Chemie des CBPQT4+

Wie erwähnt ist CBPQT4+ in der Lage, einen Gast in sich aufzunehmen; dabei bildet sich ein Wirt-Gast-Komplex. Die dafür nötigen Wechselwirkung sind Donor-Akzeptor-Wechselwirkungen, ihre Stärke ist dabei stark von der Fähigkeit des Donors abhängig, π-Elektronendichte bereitzustellen. Für die Stärke der Komplexierung gilt dabei, dass sie umso stärker ist, je stärker der π-Elektronendonor ist. Auch eine Vergrößerung des π –Systems verstärkt die Bindung. Hingegen ist die Kinetik der Komplexbildung und -dissoziation von der Sperrigkeit des Gasts abhängig.[5]

Ein Molekül, das in der Lage ist, stabile Komplexe mit CBPQT4+ zu bilden, ist Tetrathiafulvalen (TTF). Auf dieser Fähigkeit zur Komplexierung des TTF beruhen zahlreiche Derivate. Zu den Abwandlungen gehören mechanisch eingeschlossene Verbindungen wie Catenane und Rotaxane, molekulare Schalter und größere, supramolekulare Strukturen.[5]

Die im Cyclobis(paraquat-p-phenylen) vorhandenen Charge-Transfer-Wechselwirkungen können als Strukturmotiv mit den generell häufiger verwendeten Wasserstoffbrückenbindungen verglichen werden, speziell hinsichtlich ihrer Direktionalität und ihrer Komplementarität (Schlüssel-Schloss-Prinzip). Charge-Transfer-Komplexe unterscheiden sich jedoch bezüglich ihrer leichten Spektroskopierbarkeit und ihrer größeren Toleranz gegenüber verschiedenen Lösungsmitteln, sowie ihrer generell geringeren Assoziationskonstante. Durch die geringere Assoziationskonstante sind deutlich weniger Charge-Transfer- als Wasserstoffbrücken-basierte Komplexe bekannt. Es können andere, nichtkovalente Bindungen (z. B. solvophobe Kräfte, Metall-Ligand-Wechselwirkung) zur Erhöhung der Assoziationskonstante genutzt werden; zahlreiche, auf dieser Strategie aufbauende Strukturen sind in der Literatur bekannt.[6]

Wie gezeigt wurde, nimmt die Wahl des Gegenions von CBPQT4+ einen großen Einfluss auf die Bindungskonstante des entsprechenden Wirt-Gast-Komplexes.[7] CBPQT4+ wird meist als Hexafluorophosphat-Salz verwendet.

Verwendung

Um Catenane zu erzeugen, kann das CBPQT4+ als Templat zum „einfädeln“ eines Kronenethers mit einer π-Donor-Komponente dienen. Anschließend werden dessen noch offene Enden verknüpft und man erhält zwei miteinander verschlossene Ringe.[8] Ein bistabiles Catenan (ein Ring mit zwei π-Donor-Komponenten) ist bereits ein einfaches Beispiel für einen molekularen Schalter. In dem vorliegenden Beispiel wurde ein cyclischer Ether mit einer TTF- und einer DNP-Einheit gewählt. Während das CBPQT4+ die TTF-Einheit in Ruhelage umgibt, ist die DNP-Einheit stabiler, sobald das TTF (reversibel) oxidiert wird. Der Ring rotiert in diesem Fall aufgrund der Coulomb-Abstoßung um sich selbst, bis das CBPQT4+ die DNP-Einheit umschließen kann. Eine umgekehrte Bewegung erfolgt, sobald die TTF-Einheit wieder reduziert vorliegt. Diesem ersten Beispiel, das die generelle Machbarkeit bewiesen hat, sind zahlreiche weitere gefolgt.[9]

Abwandlungen

Zahlreiche Derivate des CBPQT4+ sind entwickelt worden. So ist auch eine vergrößerte Version des Moleküls möglich; in der Literatur wird dieses als ExnBox4+ bezeichnet, wobei n die Nummer der p-Phenylen-Ringe ist (n = 0–3).[3] Diese Varianten mit größerer Öffnung sind in der Lage Moleküle abweichender Größe aufzunehmen. Aufbauend auf die Charge-Transfer-Komplexierung des CBPQT4+ sind zahlreiche supramolekulare Strukturen erzeugt worden, darunter Fibrillen-Gele, Micellen, Vesikel, Nanoröhren, Foldamere und flüssigkristalline Phasen. In Analogie zu biologischen Systemen, die durch Wasserstoff-Brückenbindungen zu supramolekularen Strukturen zusammengelagert sind, stellt die Charge-Transfer-Komplexierung hier eine Alternative dar.[6]

Einzelnachweise

  1. Masumi Asakawa, Wim Dehaen, Gerrit L’abbé, Stephan Menzer, Jan Nouwen, Françisco M. Raymo, J. Fraser Stoddart, David J. Williams: Improved Template-Directed Synthesis of Cyclobis(paraquat-phenylene). In: The Journal of Organic Chemistry. Band 61, Nr. 26, Januar 1996, ISSN 0022-3263, S. 9591–9595, doi:10.1021/jo961488i.
  2. Dieser Stoff wurde in Bezug auf seine Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  3. Jonathan C. Barnes, Michal Juríček, Nicolaas A. Vermeulen, Edward J. Dale, J. Fraser Stoddart: Synthesis of ExnBox Cyclophanes. In: The Journal of Organic Chemistry. Band 78, Nr. 23, 6. Dezember 2013, S. 11962–11969, doi:10.1021/jo401993n.
  4. Jerry L. Atwood, Jonathan W. Steed: Supramolecular chemistry. Wiley, Hoboken, N.J. 2013, ISBN 978-1-118-68150-3.
  5. Mogens Brøndsted Nielsen, Jan Oskar Jeppesen, Jesper Lau, Christian Lomholt, Dorthe Damgaard, Jens Peter Jacobsen, Jan Becher, J. Fraser Stoddart: Binding Studies between Tetrathiafulvalene Derivatives and Cyclobis(paraquat-phenylene). In: The Journal of Organic Chemistry. Vol. 66, Nr. 10, S. 3559–3563, doi:10.1021/jo010173m.
  6. Anindita Das, Suhrit Ghosh: Supramolecular Assemblies by Charge-Transfer Interactions between Donor and Acceptor Chromophores. In: Angewandte Chemie International Edition. Vol. 53, Nr. 8, 17. Februar 2014, S. 2038–2054, doi:10.1002/anie.201307756.
  7. Sissel S. Andersen, Morten Jensen, Anne Sørensen, Eigo Miyazaki, Kazuo Takimiya, Bo W. Laursen, Amar H. Flood, Jan O. Jeppesen: Anion effects on the cyclobis(paraquat-p-phenylene) host. In: Chemical Communications. Vol. 48, Nr. 42, S. 5157, doi:10.1039/c2cc31225e.
  8. Ognjen Š. Miljanić, William R. Dichtel, Shahab Mortezaei, J. Fraser Stoddart: Cyclobis(paraquat-phenylene)-Based [2]Catenanes Prepared by Kinetically Controlled Reactions Involving Alkynes. In: Organic Letters. Vol. 8, Nr. 21, S. 4835–4838, doi:10.1021/ol061864d.
  9. Albert C. Fahrenbach, Scott C. Warren, Jared T. Incorvati, Alyssa-Jennifer Avestro, Jonathan C. Barnes, J. Fraser Stoddart, Bartosz A. Grzybowski: Organic Switches for Surfaces and Devices. In: Advanced Materials. Vol. 25, Nr. 3, 18. Januar 2013, S. 331–348, doi:10.1002/adma.201201912.
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