Canal de la Marne au Rhin
Der Canal de la Marne au Rhin (deutsch Rhein-Marne-Kanal) ist ein Schifffahrtskanal im Nordosten Frankreichs, der in der Region Grand Est verläuft.
Canal de la Marne au Rhin | |
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Canal de la Marne au Rhin zwischen Saverne und Lutzelbourg | |
Gewässerkennzahl | FR: ----0092 |
Lage | Frankreich, Region Grand Est |
Länge | 293 km[1] |
Erbaut | 1839–1853 |
Klasse | I (Freycinet-Klasse) |
Beginn | Übergang vom Canal latéral à la Marne bei Vitry-le-François |
Ende | Mündung in den Rhein im Norden von Straßburg |
Abstiegsbauwerke | 154 |
Häfen | Bar-le-Duc, Toul, Nancy, Straßburg |
Abzweigungen, Kreuzungen | Canal entre Champagne et Bourgogne, Stichkanal nach Houdelaincourt, Canal de la Meuse, kanalisierte Mosel, Saarkanal, kanalisierte Ill |
Genutzter Fluss | Saulx, Ornain, Maas, Mosel, Meurthe, Sânon, Zorn, Ill |
Herausragende Bauwerke | Mauvages-Tunnel, Schiffshebewerk Saint-Louis/Arzviller |
Kilometrierung | Richtung Rhein |
Die Strecke von Toul nach Frouard ist außer Betrieb und wird über die Mosel umfahren. | |
Verlauf
Der Kanal verbindet den Canal latéral à la Marne (deutsch Marne-Seitenkanal) und den Canal entre Champagne et Bourgogne (deutsch: Kanal zwischen Champagne und Burgund) in Vitry-le-François mit der Mosel bei Nancy und dem Rhein bei Straßburg. Er überquert in seinem Verlauf zwei Wasserscheiden:
- Mauvages-Scheitelhaltung zwischen Marne und Mosel und die
- Vogesen-Scheitelhaltung zwischen Meurthe und Rhein.
Anschluss an andere Kanäle
- bei Demange-aux-Eaux zweigt ein Stichkanal nach Houdelaincourt ab, Länge 3,25 km,[2]
- bei Troussey zweigt der Canal de la Meuse (früher: Canal de l’Est, branche Nord) ab,
- östlich von Nancy führt der Canal de jonction de Nancy zum Canal des Vosges (deutsch: Vogesen-Kanal, früher: Canal de l’Est, branche Sud),
- in der Nähe von Gondrexange zweigt der Canal des Houillères de la Sarre (deutsch: Saarkanal) ab,
- in Straßburg kommt er mit dem alten Nordabschnitt des Canal du Rhône au Rhin (deutsch: Rhein-Rhone-Kanal) zusammen.
Koordinaten
- Ausgangspunkt des Kanals: 48° 43′ 48″ N, 4° 36′ 29″ O
- Endpunkt des Kanals: 48° 35′ 38″ N, 7° 48′ 13″ O
Durchquerte Départements
Größere Orte am Kanal
Technische Infrastruktur
Der Kanal ist vom Typus her ein doppelter Wasserscheidenkanal. Er hat heute eine Länge von 293 Kilometern[1] und verfügt über insgesamt 154 Schleusen, ausgebaut für Schiffe der Normgröße Freycinet. Er besteht aus folgenden Teilabschnitten:
- Westabschnitt von Vitry-le-François bis Toul mit 97 Schleusen. In der Mauvages-Scheitelhaltung erreicht der Kanal eine Höhe von 281 Meter. Dieser Abschnitt beinhaltet den 4.880 Meter langen Mauvages-Tunnel, durch den Boote und Schiffe ab 1887 von zwei dampfbetriebenen Kettenschleppschiffen,[3] seit 1912 von einem elektrischen Kettenschlepper gezogen werden.[4] Ein weiterer Tunnel auf diesem Streckenabschnitt ist der Tunnel von Foug, mit einer Länge von 866 Metern.
- Der ursprüngliche Mittelteil des Kanals zwischen Toul und Frouard wurde stillgelegt und durch die kanalisierte Mosel ersetzt. Dieser Abschnitt zählt heute offiziell nicht mehr zum Kanal.
- Ostabschnitt von Frouard bis Straßburg mit 57 Schleusen. Mit der Vogesen-Scheitelhaltung überwindet der Kanal eine Höhe von 267 Meter und hat zwei Tunnel von 480 und 2.310 Metern Länge bei Niderviller und Arzviller. Diese können die Schiffe heute mit eigener Kraft durchfahren (Einbahnregelung). Von 1930 bis 1977 waren zum Treideln dort zunächst elektrische Zugmaschinen und später eine Treidelbahn mit Elektrolokomotiven im Einsatz.[5] Der Aufstieg zur Scheitelhaltung erfolgt über die Schleuse Écluse de Réchicourt-le-Château, kurz hinter dem Tunnel von Arzviller führt das Schiffshebewerk Saint-Louis/Arzviller wieder hinunter in das Tal der Zorn. Die Wasserversorgung der Vogesen Scheitelstrecke erfolgt hauptsächlich durch die Saar. Im Hafen von Hesse kann man einen der künstlichen Zuflüsse sehen. Im Sommer wird Wasser aus den Seen von Gondrexange und Stock hochgepumpt.[6]
- Tunnel de Mauvages, westlicher Tunnelmund
- Tunnel de Foug
- Untertor der Schleuse Écluse de Réchicourt-le-Château – rechts oben und unten endeten die Treidelbahngleise
Geschichte
1827 erstelle der Ingenieur M. Brisson einen Plan zur Verbindung von Marne und Rhein. Die Arbeiten begannen kurz darauf, wurden allerdings 1844 unterbrochen, weil das Parlament keine Mittel für den Weiterbau bewilligte. Erst 1846 wurde der Bau wieder aufgenommen. 1853 wurde der Kanal eröffnet. 1855 war der Abschnitt zwischen Vitry-le-François und Nancy in normaler Benutzung, der Abschnitt von Nancy nach Straßburg wurde provisorisch befahren. Dies hatte Auswirkungen auf die Tarife, die staatlich geregelt waren.[7]
Bis 1979 war der Kanal mit 315 Kilometern der längste Kanal Frankreichs. In jenem Jahr wurde im Zuge des Ausbaus der Mosel der Kanalabschnitt im Moseltal (zwischen Toul und Frouard) geschlossen und durch die kanalisierte Mosel ersetzt. Seither hat der befahrbare Kanal nur mehr eine Länge von 293 Kilometern.
In den Jahren 1964 bis 1969 wurde durch Bau des Schrägschiffshebewerks Saint-Louis/Arzviller die Schleusentreppe Arzviller mit siebzehn Schleusen abgekürzt. Die zwischen 1960 und 1965 gebaute Schleuse Écluse de Réchicourt-le-Château, die mit einer Höhendifferenz von bis zu 16,10 Meter die höchste französische Schleuse in einem Freycinet-Kanal ist, ersetzte eine weitere Schleusentreppe mit sechs Schleusen.
Wirtschaftliche Bedeutung
Heute hat der Gütertransport aufgrund der Vielzahl der Schleusen auf dem Kanal und ihren geringen Abmessungen keine Bedeutung mehr. Der Wasserweg wird jedoch intensiv für den Wassertourismus mit Sport- und Hausbooten genutzt. Entlang des Kanals haben sich Sportboot-Verleiher angesiedelt.
Der Treidelpfad am Kanal ist im Elsass (Département Bas-Rhin) von den Vogesen bis nach Straßburg zu einem stark frequentierten Radweg ausgebaut.[8]
- Kombinierte Kanal- und Eisenbahnbrücke über die Meurthe
Treidelbahn
Bis 1930 wurde auf dem Kanal mit Pferden, von da an zunehmend elektrisch getreidelt.[9] In einer Übergangszeit herrschte teilweise Mischbetrieb der beiden Treidelarten. Während westlich von Nancy schienengebundene Treidelbahnen gebaut wurden, wurden die Schiffe von dort bis Niderviller von unter Oberleitungen elektrisch betriebenen Zugmaschinen gezogen. Erst in den 1950er Jahren wurden diese durch auf Gleisen laufende Treidellokomotiven ersetzt. Auf dem Abschnitt im Industriegebiet im Osten Nancys kamen Schleppschiffe zum Einsatz.[5]
Die Treidelbahn im Westabschnitt wurde von der Compagnie Générale de Traction sur les Voies Navigables (C.G.T.V.N.) betrieben und hatte 1000 mm Spurweite, die Bahn im Ostabschnitt zwischen Niderviller und Straßburg von der Traction de l’Est (TE)[10] mit einer Spurweite von 600 mm. Die TE-Bahn hatte für diesen Zweck zehn zweiachsige Lokomotiven mit einem Endführerstand, der Zughaken für das Seil befand sich auf dem flachen Vorbau. Die Lokomotiven waren in der Regel zu zweit unterwegs und bewegten jeweils einen Schleppverband aus maximal fünf 350-Tonnen-Schiffen. In der Mitte der Strecke wurden die Zugseile und die Schleppverbände zwischen den Lokomotiven getauscht, die dann in Gegenrichtung weiterfuhren.[11]
Nachdem 1964 die neue Schleuse bei Réchicourt-le-Château in Betrieb ging, wurde die Treidelbahn dort unterbrochen. Die Gleise beider Ebenen endeten fortan an deren westlicher Mauer. 1970 wurde der Treidelbetrieb aufgegeben.[12]
Sonstiges
Am 14. November 2015 entgleiste ein TGV-Testzug bei Eckwersheim nahe Straßburg an einer Brücke der Eisenbahn-Neubaustrecke LGV Est européenne über den Kanal. Ein Triebkopf stürzte ins Kanalbett, der Unfall forderte mehrere Todesopfer.[13][14]
Literatur
- A. Hess: Der Rhein-Marne-Kanal. In: Allgemeine Bauzeitung, Jahrgang 1871, XXXVI. Jahrgang, S. 80–104, 137–174 (Text); 13–20 (Pläne). (online bei ANNO). .
- Henri Rebsamen: Schiffahrt auf dem Marne-Rhein-Kanal. In: Otto Schlaginhaufen et al. (Red.): Mitteilungen der Geographisch-Ethnographischen Gesellschaft Zürich. Band XXXI., Jahrgang 1930–1931, ISSN 1013-8846, S. 21–42. – Digitalisat.
Weblinks
- Informationen zum Kanal im Projekt Babel (französisch)
- Flusstourismus zwischen Arzviller und Straßburg PDF-Dokument in Deutsch, Englisch und Französisch
Einzelnachweise
- Die Angaben zur Kanallänge beruhen auf den Informationen über den Canal de la Marne au Rhin bei SANDRE (französisch), abgerufen am 1. Dezember 2011, gerundet auf volle Kilometer.
- Guide Fluvial Alsace Lorraine. Edtions du Breil, Castelnaudery 2007, ISBN 2-913120-41-5, S. 27.
- Oskar Teubert: Die Binnenschiffahrt – Ein Handbuch für alle Beteiligten. Band 2, Verlag Wilhelm Engelmann, Leipzig 1918, 4. Teil, Abschnitt III., Schiffszug. 4. Das Schleppen an der Kette oder am Seil, S. 268–287.
- Le tunnel de Mauvages bei nordest.vnf.fr, abgerufen am 7. März 2019
- Gérard Bianchi: Les Cahiers du Musée de la Batellerie. La traction mécanique sur berge en France. Association des amis du Musée de la Batellerie, Conflans-Sainte-Honorine 2015, ISBN 2-909044-69-6, S. 43.
- Guide Fluvial Alsace Lorraine. Éditions du Breil, Castelnaudery 2007, ISBN 2-913120-41-5, S. 18.
- Ernest Grangez: Precis Historique et Statistique des Voies Navigables de la France (1855) (Kompendium der Schifffahrtsstraßen Frankreichs), Librairie de la Centrale de Napoléon, Paris 1855, Reprint Kessinger Publishing 2010, ISBN 978-1-162-41741-7, S. 377ff
- Radwege (Voies vertes) in Frankreich
- Pierre Miquel: Histoire des canaux, fleuves et rivières de France bei Google Books, abgerufen am 7. März 2019
- Gérard Bianchi: Les Cahiers du Musée de la Batellerie. La traction mécanique sur berge en France, S. 48.
- Rolf Löttgers: Europas letzte Treidelbahn. In: eisenbahn-magazin. Nr. 6, 2017, ISSN 0342-1902, S. 46–49.
- Traction mécanique sur les voies navigables dans les années 50 bei papidema.fr, abgerufen am 25. Februar 2019
- Un TGV d’essai déraille près de Strasbourg, au moins 10 morts bei lemonde.fr, 14. November 2015
- Accident de la rame d'essai de TGV : 10 morts, douze blessés graves, cinq personnes recherchées bei dna.fr, 14. November 2015