C/1885 X1 (Fabry)
C/1885 X1 (Fabry) war ein Komet, der im Jahr 1886 mit dem bloßen Auge gesehen werden konnte.
C/1885 X1 (Fabry)[ i ] | |
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Eigenschaften des Orbits (Animation) | |
Orbittyp | hyperbolisch |
Numerische Exzentrizität | 1,00036 |
Perihel | 0,642 AE |
Neigung der Bahnebene | 82,6° |
Periheldurchgang | 6. April 1886 |
Bahngeschwindigkeit im Perihel | 52,6 km/s |
Geschichte | |
Entdecker | Louis Fabry |
Datum der Entdeckung | 1. Dezember 1885 |
Ältere Bezeichnung | 1886 I, 1885d |
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Entdeckung und Beobachtung
Am Abend des 1. Dezember 1885 wurde der Komet von Louis Fabry in Paris entdeckt. Der Komet befand sich zu diesem Zeitpunkt noch weit von der Sonne entfernt, jenseits der Umlaufbahn des Mars. Er erschien in einer Helligkeit von etwa 12 mag und bewegte sich in den folgenden Tagen am Himmel langsam nach Westen.
Er wurde im weiteren Verlauf des Monats intensiv beobachtet, u. a. auch von Ernst Wilhelm Leberecht Tempel in Italien, Ralph Copeland in Schottland, Julius Bauschinger in München und Ladislaus Weinek in Prag. Obwohl sich der Komet weiter der Sonne näherte, entfernte er sich in den folgenden Wochen wieder von der Erde, so dass seine Helligkeit nur langsam zunahm. Bis Ende Januar 1886 hatte sie 6 mag erreicht und der Abstand zur Erde begann sich danach auch wieder zu verringern. Ab Ende Februar konnte auch die Ausbildung eines kleinen Schweifs beobachtet werden.
Der Komet näherte sich im Verlauf des März und April beständig weiter der Erde. Bis Ende April war seine Helligkeit bis auf etwa 2 mag angewachsen. In der Morgendämmerung des 26. und 27. Mai wurde der Komet die letzten beiden Male von der Nordhalbkugel aus beobachtet mit einem schmalen Schweif von 10° Länge und bereits einen Tag später ging er in etwa 9° Abstand an der Sonne vorbei. Auch chinesische Astronomen berichteten im Mai 1886 von einem „Besenstern“.
Bereits in der Abenddämmerung des 1. Mai wurde der Komet dann von der Südhalbkugel wiederentdeckt, u. a. von Südafrika und Brasilien aus. Helligkeit und Schweiflänge nahmen wegen der zunehmenden Entfernung von Sonne und Erde rasch ab und die letzte Beobachtung erfolgte schließlich am 30. Juli 1886, als sich der Komet bereits wieder jenseits der Umlaufbahn des Mars bewegte.[1]
Etwa während des gleichen Zeitraums, in dem der Komet Fabry beobachtet werden konnte, war auch der knapp 2 ½ Tage später entdeckte Komet C/1885 X2 (Barnard) am Himmel zu sehen, der aber die meiste Zeit etwas schwächer erschien. Am Abend des 24. April 1886 näherten die beiden Kometen sich einander bis auf weniger als 7° Abstand an.
Wissenschaftliche Auswertung
Als Komet mit einer gesicherten hyperbolischen Umlaufbahn zog der Komet Fabry das Interesse der Astronomen auf sich, die den möglichen interstellaren Ursprung der Kometen untersuchten. Insbesondere versuchte man die Bahnelemente der Kometen nach rückwärts zu berechnen, um dadurch nachzuprüfen, ob die Bahnform sich beim Durchgang durch das innere Sonnensystem verändert hatte.
Für den Kometen Fabry ergab sich in einer Berechnung von Svante Elis Strömgren unter Berücksichtigung der Bahnstörungen nur durch Jupiter und Saturn zwar immer noch eine geringfügig hyperbolische Ausgangssituation,[2] allerdings lag die Abweichung zu einer elliptischen Bahn innerhalb der Unsicherheit der ursprünglichen Bahnbestimmung.[3]
Auch in einer neueren Untersuchung von 1978 fanden Marsden, Sekanina und Everhart für die ursprüngliche Bahn noch eine hyperbolische Form, allerdings lag auch hier die Bahnexzentrizität sehr nahe bei 1, und eine ursprünglich elliptische Bahn wurde als wahrscheinlich angesehen, wenn zusätzlich nicht-gravitative Einflüsse berücksichtigt worden wären.[4]
In einer Untersuchung von 2010 wurde durch Królikowska und Dybczyński nachgewiesen, dass nur dann signifikante Aussagen über die ursprüngliche und die zukünftige Bahn des Kometen gemacht werden können, wenn zur Ermittlung der Bahnelemente außer den gravitativen Störungen durch alle Planeten und den relativistischen Effekten auch zusätzlich nicht-gravitative Einflüsse bei der Berechnung berücksichtigt werden. Die von ihnen aus 228 Beobachtungen über einen Zeitraum von 142 Tagen ermittelten Bahnelemente enthalten daher auch zwei nicht-gravitative Parameter.[5] Zur Beurteilung der vergangenen und zukünftigen Bahn des Kometen wurden auch die differentiellen Gezeitenkräfte von Zentrum und Scheibe der Galaxis auf Sonne und Komet berücksichtigt. Die Berechnungen bestätigen die Annahme einer ursprünglich elliptischen Bahnform des Kometen, ebenso wie die nunmehr hyperbolische Bahnform.[6]
Die Bahnelemente des Kometen C/1885 X1 wurden neben denen von 18 anderen extrem langperiodischen Kometen von Jan Hendrik Oort zur Herleitung seiner Hypothese der Oortschen Kometenwolke[7] benutzt.[8]
Umlaufbahn
Bereits wenige Tage nach seiner Entdeckung wurde für den Kometen eine erste parabolische Bahn berechnet, aber bald zeigte sich eine ungewohnte Schwierigkeit, das voraussichtliche Datum des Vorbeigangs an der Sonne zu bestimmen, da mehrere Berechnungen stark voneinander abweichende Daten lieferten. Erst unter Berücksichtigung der Bahndaten von Dezember 1885 bis Juni 1886 wurde im darauf folgenden Jahr erstmals erkannt, dass der Komet sich auf einer hyperbolischen Bahn bewegte.
Für den Kometen konnte aus 26 Beobachtungen über einen Zeitraum von 142 Tagen eine sehr präzise hyperbolische Umlaufbahn bestimmt werden, die um rund 83° gegen die Ekliptik geneigt ist.[9] Die Bahn des Kometen steht damit fast senkrecht zur Bahnebene der Planeten. Im sonnennächsten Punkt der Bahn (Perihel), den der Komet am 6. April 1886 durchlaufen hat, befand er sich mit etwa 96,1 Mio. km Sonnenabstand im Bereich zwischen den Umlaufbahnen von Merkur und Venus. Am 17. April ging er in 52,4 Mio. km Abstand am Merkur vorbei und am 18. April passierte er die Venus in 68,0 Mio. km Distanz. Am 1. Mai erfolgte mit etwa 0,20 AE/29,6 Mio. km Abstand seine größte Annäherung an die Erde. Dieser relativ nahe Vorbeigang war der Grund für seine beobachtete Helligkeit. Am 12. Mai erfolgte noch ein Vorbeigang am Mars in 136,5 Mio. km Abstand.[10]
Die folgenden Aussagen beruhen auf den nicht-gravitativen Bahnelementen von Królikowska und Dybczyński. Der Komet bewegte sich einige Zeit vor seiner Annäherung an das innere Sonnensystem im Jahr 1886 noch auf einer extrem langgestreckten elliptischen Bahn mit einer Bahnexzentrizität von etwa 0,99996 und einer Großen Halbachse von etwa 16.000 AE. Er hatte damit eine Umlaufzeit in der Größenordnung von 2 Mio. Jahren und war mindestens einmal zuvor bereits in die Sonnennähe gelangt, es handelte sich also definitiv nicht um einen „dynamisch neuen“ Kometen. Durch die Anziehungskraft der Planeten, insbesondere während Vorbeigängen am Saturn am 23. August 1883 in 6 AE und am Jupiter am 21. Mai 1886 in knapp 5 AE Abstand wurde die Exzentrizität seiner Bahn jedoch auf einen Wert von etwa 1,00007 vergrößert, so dass er sich jetzt auf einer hyperbolischen Bahn entfernt. Der Komet wird daher nahezu sicher nicht mehr in das innere Sonnensystem zurückkehren.[6]
Siehe auch
Einzelnachweise
- G. W. Kronk: Cometography - A Catalog of Comets, Volume 2. 1800–1899. Cambridge University Press, Cambridge 2003, ISBN 0-521-58505-8, S. 553–561.
- E. Strömgren, B. Strömgren: Lehrbuch der Astronomie. Springer, Berlin 1933, ISBN 978-3-642-89464-0, S. 310–311 doi:10.1007/978-3-642-91320-4.
- G. Abetti, W. E. Bernheimer, K. Graff, A. Kopff, S. A. Mitchell (Ed.): Handbuch der Astrophysik. Bd. IV Das Sonnensystem. Springer, Berlin, Heidelberg 1929, ISBN 978-3-662-38835-8, S. 429–430 doi:10.1007/978-3-662-39753-4.
- B. G. Marsden, Z. Sekanina, E. Everhart: New Osculating Orbits for 110 Comets and Analysis of Original Orbits for 200 Comets. In: The Astronomical Journal. Vol. 83, No. 1, 1978, S. 64–71 doi:10.1086/112177.
- Solar System Dynamics & Planetology Group: C/1885 X1 Fabry. Abgerufen am 15. September 2015 (englisch).
- M. Królikowska, P. A. Dybczyński: Where do long-period comets come from? 26 comets from the non-gravitational Oort spike. In: Monthly Notices of the Royal Astronomical Society. Vol. 404, 2010, S. 1886–1902 doi:10.1111/j.1365-2966.2010.16403.x PDF; 9,4 MB.
- J. H. Oort: The Structure of the Cloud of Comets Surrounding the Solar System, and a Hypothesis Concerning Its Origin. In: Bulletin of the Astronomical Institutes of the Netherlands. Vol. 11, Nr. 408, 1950. S. 91–110, bibcode:1950BAN....11...91O.
- P. A. Dybczyński: On the famous Oort table. Abgerufen am 11. September 2015 (englisch).
- C/1885 X1 (Fabry) in der Small-Body Database des Jet Propulsion Laboratory (englisch).
- SOLEX 11.0 von A. Vitagliano. Archiviert vom Original am 18. September 2015; abgerufen am 2. Mai 2014 (englisch).