Burgeis
Burgeis (italienisch: Burgusio; rätoromanisch ) ist eine Fraktion der Gemeinde Mals in Südtirol mit 852 Einwohnern (Januar 2014). Das Dorf liegt auf 1216 m s.l.m. Höhe an der Malser Haide im Vinschgau bzw. Vinschger Oberland, dem höchstgelegenen Abschnitt des Etschtals. Burgeis befindet sich auf der westlichen Talseite am Fuß des Watles (2557 m) am Oberlauf der Etsch.
Der Ort liegt 2,5 Kilometer vom Dorf Mals entfernt.
Geschichte
Die Etymologie des Ortsnamens ist unklar. Ein Burgus war in der Römerzeit ein befestigtes Haus, das einem Turm ähnelt. Ebenso ist auch eine Benennung nach der keltischen Göttin Bergusia gut vorstellbar.[1][2]
Burgeis wird in einer Aufzeichnung der Abtei Marienberg von 1148/49 als „Burgusia“ ersturkundlich genannt.[3] Der Ort ist besonders reich an mit Fresken bemalten Hausfassaden, alten Portalen, Freitreppen und Erkern. Im Ortszentrum ist der St.-Michael-Brunnen sehenswert. Die nahe dem Ort gelegene Fürstenburg wurde im 13. Jahrhundert als Sitz der Fürstbischöfe von Chur erbaut.
Die ältesten Berichte über Burgeis entnehmen wir der Chronik des Benediktinerpaters Goswin, der von ca. 1320 bis 1395 lebte und in einem weitreichenden Aufriss den Besitzstand, aber auch die Geschichte von Marienberg und damit des hochmittelalterlichen Obervinschgaus überliefert hat. So gibt er uns Auskunft über das Burgeis des 12. Jh., das aus mehreren verstreuten Höfen bestanden hat, die sowohl den Klöstern Marienberg und Müstair sowie dem Bischof von Chur, zu dessen Amtsbereich der Vinschgau gehörte, abgabepflichtig waren. Zu dieser Zeit soll sich auch (vermutlich an der Stelle, an der heute die Kreuzkapelle steht) ein Kloster befunden haben, das dem hl. Zeno geweiht war. Goswin berichtet auch von einem Turm, der, „burgus“ oder „castellin“ genannt, zwischen der Fürstenburg und dem Kloster gestanden haben soll und auf den der Name des Dorfes verweist.[4] Als Beweis für diese Behauptung gibt Goswin an, dass bei Grabungen an dieser Stelle sich die Gebeine von Menschen großen Wuchses gefunden hätten.
1928 wurde das bis dato eigenständige Burgeis der Gemeinde Mals zugeschlagen.
Sehenswürdigkeiten
Kloster Marienberg
Oberhalb von Burgeis liegt Europas höchstgelegenes Benediktinerkloster Marienberg (1340 m), eine Gründung der Edlen von Tarasp (Engadin). Seine beeindruckende Barockkirche und die romanische Krypta (Weihejahr 1160) gehören zu den schönsten Kunstdenkmälern im Vinschgau. Die Fresken in der Krypta aus der Zeit zwischen 1175 und 1180 wurden 1887 teilweise entdeckt und 1980 nach dem Abbruch barocker Grufteinbauten ganz freigelegt. Die hervorragende Qualität und der gute Erhaltungszustand der romanischen Wandbilder finden weltweite Beachtung. Burgeis ist der Geburtsort des bekannten Barockmalers Johann Evangelist Holzer, er hat die Schule im Kloster Marienberg besucht.
- Abtei Marienberg und Fürstenburg
- Abtei Marienberg im Herbst
- Abtei Marienberg
St. Stefan
Das unweit von Kloster Marienberg gelegene Kirchlein St. Stefan, das sich aufgrund archäologischer Grabungen bis in die Frühzeit des Christentums im 5. Jahrhundert zurückführen lässt, erhielt seine heutige Gestalt vermutlich im 9./10. Jh., worauf insbesondere die Rundbogenblenden, der Rechteckchor und der Triumphbogen hinweisen. Die Langhausmauer ist 1,50 m stark. An der Chorrückwand, teilw. durch den Altar verdeckt, Wandmalereien von 1498 (Marienkrönung, die hll. Stefanus und Laurentius), in der Fensterleibung Rankendekor. Altarmensa von 1677; Giebelskulpturen und Seitenstatuen (um 1500) im Stift Marienberg deponiert (Diebstahlsgefahr).
Pfaffensee
Oberhalb des Stiftes (2222 m) liegt der nach den Benediktinern benannte romantische Pfaffensee. Er ist leicht von der Plantapatschhütte aus in ca. 30 Gehminuten zu erreichen. er liegt etwa 1.000 Höhenmeter über Burgeis.
Prati-Orgel
In der im Ortskern von Burgeis gelegenen Pfarrkirche Mariä Empfängnis befindet sich die ursprünglich für die Stiftskirche des Klosters Marienberg 1677 bis 1678 von Carlo Prati erbaute Barockorgel. Nach der Aufhebung des Klosters im Jahre 1807 wurde die Prati-Orgel von der Gemeinde Burgeis ersteigert und in der Pfarrkirche aufgestellt. 1874 erneuerte sie Joseph Aigner unter Verwendung von Pratis Prospektpfeifen und des reich ausgestatteten Gehäuses, das die Jahreszahl 1678 und die Wappen des Stiftes und des Abtes Franz von Pasch trägt.
Ossarium
Auf der Malser Haide nordöstlich des Ortes steht als Denkmal ein Beinhaus, das 1939 unter dem Faschismus errichtet wurde. Das Denkmal ist wegen seines Symbolgehaltes umstritten, zumal keiner der dort beigesetzten Soldaten des Ersten Weltkrieges vor Ort gefallen war.
Die hierher umgebetteten Gebeine stammten aus verschiedenen, zum Teil auch weit entfernten Soldatenfriedhöfen. Obwohl das Ehrenmal dem Gedenken der gefallenen italienischen Soldaten gewidmet ist, enthält es auch die sterblichen Überreste von Soldaten der österreichisch-ungarischen Streitkräfte. Deshalb wurden im Jahre 2011 am Ossarium, das im Volksmund Boanerturm genannt wird, erklärende Tafeln angebracht.[5]
Wirtschaft
Zahlreiche Hotels, Pensionen und Gasthöfe in und um Burgeis bilden heute die Grundlage für einen florierenden Tourismus, besonders im Winter. In der Handwerkerzone Burgeis sind aber auch vier größere Betriebe angesiedelt: Ein traditionsreicher Türenhersteller, eine Großbäckerei, ein Hersteller von Niedrigenergiehäusern, sowie die Sennerei Burgeis, welche den original Stilfer Käse g.U. herstellt.
Schulen
In Burgeis gibt es eine Grundschule für die deutsche Sprachgruppe. Während sich die nächstgelegene Mittelschule in der Ortschaft Mals befindet, existiert dafür mit der in der gleichnamigen Burg angesiedelten Fachschule für Land- und Forstwirtschaft „Fürstenburg“ ein weiterführendes Angebot.
Verkehr
Burgeis wird für den Kraftverkehr durch die SS 40 erschlossen. Zudem wird die Ortschaft von der Radroute 2 „Vinschgau–Bozen“ durchquert.
Vereinsleben
In Burgeis gibt es mehrere Vereine. Der älteste darunter ist die Musikkapelle, die im Jahr 1818 gegründet wurde. Freundschaften verbinden die Musikkapelle Burgeis mit der Stadt Lohr am Main, der Stadt Weingarten in Württemberg, der Musikkapelle Patsch am Patscherkofel und der Musikkapelle Diessen am Ammersee.
Ein weiterer Verein ist die Freiwillige Feuerwehr von Burgeis welche 1886 gegründet wurde und zur Zeit 32 aktive Feuerwehrmänner und eine Feuerwehrfrau hat. Weiters gibt es in der Feuerwehr Burgeis eine aktive Jugendgruppe. 2015 wurde die erste Kommandantin einer Feuerwehr in Südtirol gewählt, welche an der Spitze der aktiven Feuerwehrmannschaft in Burgeis steht.
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter von Burgeis:
- Johann Evangelist Holzer (1709–1740), Maler und Freskant
- Cölestin Stampfer (1823–1895), Historiker und Schriftsteller
Weitere Persönlichkeiten, die mit Burgeis in Verbindung stehen:
- Goswin von Marienberg († nach 1393), Benediktinermönch und Historiker in der Abtei Marienberg
- Iban von Rothenstein († 1439), Abt von Marienberg
- Markus Spanier (* 1961 in Kaiserslautern), Abt von Marienberg
Städtepartnerschaft
Burgeis unterhält zu folgenden Gemeinden eine Partnerschaft:
Literatur
- Alfred Reichling: Orgellandschaft Südtirol. Athesia, Bozen 1982, ISBN 88-7014-258-2, S. 11 f., 60–63.
- Hubert Walder, Helmut Stampfer: Romanische Wandmalerei im Vinschgau. Athesia, Bozen 2002, ISBN 88-8266-127-X
- Thomas Wegmann: Burgeis im Obervinschgau. Versuch einer Dorfgeschichte. Innsbruck 2009.
Weblinks
- Burgeis auf der Website der Gemeinde Mals
Einzelnachweise
- Diether Schürr: Weiteres zu Burgeis. In: Der Schlern. Band 76, Nr. 4, 2002, S. 39–49 (academia.edu).
- Diether Schürr: Der Tartscher Bichl und die Deutung von Ortsnamen im Obervinschgau. In: Österreichische Namenforschung. Band 36, Nr. 3, 2008, S. 53–83 (academia.edu).
- Franz Huter: Tiroler Urkundenbuch. 1. Abt., Band 1. Innsbruck: Ferdinandeum 1937, S. 103–104, Nr. 234.
- Oswald Trapp: Tiroler Burgenbuch. I. Band: Vinschgau. Verlagsanstalt Athesia, Bozen 1972, S. 33.
- 1959: Kassian Punt, Vigil Moroder: Italien in Südtirol. Aufstieg-Verlag, München 1959, DNB 453875866 (Das Buch vertritt vehement den deutschsprachigen Standpunkt in der damaligen Auseinandersetzung um Südtirol, die schließlich zum Autonomiestatut führte. Drei Fotos zeigen die genannten Bauwerke.): „Der Faschismus aber entriß Leichname italienischer Soldaten der Heimaterde in Venetien und den südlichen Bergen und errichtete aus politischen Gründen grenznah Ossarien (Gebeinhäuser) bei Innichen, in Gossensaß und auf der Malser Heide.“ –
Auch die Tafeln von 2011 sind umstritten: Roland Lang (für den Südtiroler Heimatbund): Erklärungstafeln an den Beinhäusern: Unwahrheiten nicht auch noch festschreiben. In: suedtiroler-freiheit.com. Süd-Tiroler Freiheit, 21. Februar 2011: „Die Beinhäuser sind keine Orte des Gedenkens, wie die Landesregierung glaubt, sondern versteinerte Lügen des Faschismus. Den Toten Frieden in der Heimaterde, allen Relikten der Diktatur aber die Schleifung. So wie in allen anderen demokratischen Ländern auch, fordert deshalb der Südtiroler Heimatbund.“