Boscalid

Boscalid ist ein Fungizid aus der Gruppe der Carbonsäureamide. Es wurde von BASF entwickelt und kam 2003 auf den Markt. In reiner Form bildet es farb- und geruchlose Kristalle.[1]

Strukturformel
Allgemeines
Name Boscalid
Andere Namen
  • Nicobifen
  • BAS 510
  • 2-Chlor-N-(4′-chlorbiphenyl-2-yl)nicotinamid (IUPAC)
Summenformel C18H12Cl2N2O
Kurzbeschreibung

weißer, kristalliner oder pulveriger[1] Feststoff

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 188425-85-6
EG-Nummer 606-143-0
ECHA-InfoCard 100.115.343
PubChem 213013
ChemSpider 184713
DrugBank DB12792
Wikidata Q894358
Eigenschaften
Molare Masse 343,21 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,394 g·cm−3[1]

Schmelzpunkt

142,8–143,8 °C[1]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [3]
H- und P-Sätze H: 411
P: 273 [3]
Toxikologische Daten

> 2000 mg·kg−1 (LD50, Ratte, transdermal)[3]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Geschichte

Carboxin

Boscalid basiert auf dem 50 Jahre früher eingeführten Fungizid Carboxin.

Verwendung

Boscalid wird vor allem im Obst-, Gemüse- und Weinbau verwendet.[4][1][2][5]

Boscalid war das erste Fungizid aus der Wirkstoffklasse der Succinat-Dehydrogenase-Hemmer.[6]

Toxikologie

Boscalid hat eine niedrige Giftwirkung bei Einnahme, Einatmen oder Aufnahme über die Haut. In Fütterungsstudien an Ratten, Mäusen und Hunden wurden zuerst Abnahmen des Körpergewichtes sowie Irrationen an der Leber und der Schilddrüse festgestellt.[7]

Toxikologische Daten:[2]

Abbau

Boscalid wird im Boden nur langsam abgebaut, die DT90-Zeit beträgt über 1 Jahr. Der Wirkstoff kann sich also potentiell im Boden anreichern.[8]

Karzinogenität

Eine Karzinogenität wird von der US-amerikanischen Umweltbehörde (EPA) zwar eingeräumt, allerdings wird das krebserregende Potenzial für den Menschen als ungefährlich eingestuft.[1]

Rückstände

Lebensmittelbelastungen mit bis zu 59 % der erlaubten Tagesdosis (ADI) an Boscalid wurden auf handelsüblichem Gemüse (Rauke und Kopfsalat) von Greenpeace nachgewiesen.[9]

In der Schweiz gilt für Fenchel und Stangensellerie ein relativ hoher Rückstandshöchstgehalt von 30 Milligramm Boscalid pro Kilogramm.[10]

Umweltbelastung

Boscalid ist eine langlebige Verbindung und wird in großen Mengen (mehrere hundert Tonnen pro Jahr)[4] eingesetzt. Dennoch erwartet die EPA wegen der geringen Mobilität von Boscalid im Erdboden nur geringe Umweltbelastungen. Es kann aber durch Verwehung während des Ausbringens und durch Bodenerosion in Grund- und Oberflächengewässer gelangen. Wegen der saisonalen Anwendung erwartete die EPA nur relativ geringe Belastungen in Gewässern. Wird Boscalid im Rahmen der vorgeschriebenen Grenzen und nur für die beantragten Zwecke eingesetzt, ist Boscalid nach der EPA nur gering riskant für die Umwelt.[1]

Eine deutliche Belastung in Oberflächengewässern wurde in Rheinland-Pfalz nachgewiesen. In einem zwischen 2008 und 2009 durchgeführten Messprogramm eines rheinland-pfälschen Landesamtes ist Boscalid das am häufigsten nachgewiesene Fungizid. Es wurde in 12 von 24 untersuchten Fließgewässern in jeder Probe nachgewiesen. Mit fünf gemessenen Jahresmitteln über > 0,1 μg/l ist es nach Dimethomorph auf Platz zwei der untersuchten Pestizide.[4] In Mecklenburg-Vorpommern ist Boscalid in einem Sondermessprogramm gegenüber anderen Pestiziden nicht auffällig häufiger nachgewiesen worden.[5]

Zulassung

In einer Reihe von EU-Staaten, unter anderem Deutschland und Österreich sowie der Schweiz sind Pflanzenschutzmittel mit Boscalid als Wirkstoff (z. B. Cantus) zugelassen.[11]

Einzelnachweise

  1. United States Environmental Protection Agency (Hrsg.): Pesticide Fact Sheet Boscalid, Juli 2006, abgerufen am 11. Dezember 2011.
  2. Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Hrsg.): Boscalid (Nicofibren), Wirkstoff-Nr. 1023-1, abgerufen am 26. November 2011.
  3. Datenblatt Boscalid bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 22. September 2018 (PDF).
  4. Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht (Hrsg.): PSM-wirkstoffe in Oberflächengewässern, Ergebnisse und Bewertungen der Messprogramme 2008/2009 (Memento vom 22. Februar 2014 im Internet Archive), 7/2010, abgerufen am 11. Dezember 2011.
  5. Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.): Sonderbericht über Pflanzenschutz- und Arzneimittelbefunde in Oberflächengewässern und im Grundwasser Mecklenburg-Vorpommerns im Frühjahr 2008 (PDF; 2,8 MB), abgerufen am 11. Dezember 2011.
  6. Wolfgang Krämer, Ulrich Schirmer, Peter Jeschke, Matthias Witschel: Modern Crop Protection Compounds: Herbicides, Band 1. Wiley-VCH, 2011, ISBN 978-3-527-32965-6, S. 1231 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. Eintrag zu Boscalid in der Hazardous Substances Data Bank, abgerufen am 11. Dezember 2011 (online auf PubChem).
  8. Zulassungsbericht Signum
  9. Greenpeace (Hrsg.): Pestizide in Kopfsalat und Rucola (PDF; 375 kB), Februar 2010.
  10. Verordnung des EDI über die Höchstgehalte für Pestizidrückstände in oder auf Erzeugnissen pflanzlicher und tierischer Herkunft. In: admin.ch. Abgerufen am 6. Februar 2020.
  11. Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit der Europäischen Kommission: Eintrag zu Boscalid (formerly nicobifen) in der EU-Pestiziddatenbank; Eintrag in den nationalen Pflanzenschutzmittelverzeichnissen der Schweiz, Österreichs und Deutschlands, abgerufen am 17. Februar 2016.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.