Boļeslavs Sloskāns
Boļeslavs Sloskāns (* 31. August 1893 in Tiltagals, Lettland; † 18. April 1981 in Korbeek-Lo, Bierbeek, Belgien) war ein lettischer römisch-katholischer Geistlicher und Bischof. Sein Seligsprechungsverfahren ist eröffnet.
Leben und Werk
Als Priester
Sloskāns, der in der Nähe von Varakļāni (80 km nördlich Dünaburg) geboren war, besuchte das Gymnasium in Rēzekne und trat 1911 in das Priesterseminar von Sankt Petersburg ein. Er wurde im Januar 1917 zum Priester geweiht und feierte am 22. April 1917 seine Primizmesse in Ludza. Neun Jahre lang war er Kaplan in Sankt Petersburg (Petrograd, Leningrad) und Wizebsk.
Als Bischof
Im Rahmen einer Geheimaktion, die Papst Pius XI. mit Geheimbischof Michel d’Herbigny ausführte, wurde Sloskāns am 1. Mai 1926 in Moskau zum Titularbischof von Cillium geweiht und als Apostolischer Administrator des Erzbistums Minsk-Mahiljou mit Sitz in Mogilew eingesetzt. Er nahm die russische Staatsangehörigkeit an. Im September 1926 (Mogilew) und im Mai 1927 (Minsk) trat er offiziell sein Amt an.
Gulag auf den Solowezki-Inseln
Im September 1927 wurde er der Spionage überführt, indem die Polizei in seiner Wohnung Dokumente zuerst heimlich versteckte und dann auffand. Er wurde festgenommen und in Moskau in das Lubjanka-Gefängnis, dann in das Butyrka-Gefängnis verbracht. Ohne Prozess oder Urteil wurde er administrativ zu drei Jahren Konzentrationslager auf den Solowezki-Inseln bei Kem bestimmt, der Urzelle des Gulag. Von März 1928 bis Oktober 1930 tat er dort unter härtesten Bedingungen Zwangsarbeit. Mit Lähmungserscheinungen und völlig erschöpft wurde er am 1. November 1930 freigelassen.
Sibirien
Am 8. November 1930 wurde er in Mogilew ohne Begründung wieder festgenommen. Über Minsk und Moskau wurde er am 19. Dezember 1930 einem Gefangenentransport nach Sibirien angeschlossen, der ihn über Swerdlowsk, Irkutsk, Krasnojarsk, Jenisseisk nach Turuchansk führte, wo er am 22. Juni 1931 ankam. Dort wurde er von den anderen Gefangenen getrennt und 37 km nordwestlich nach Staro-Turuchansk gebracht, wo er isoliert und im Sommer von Mücken geplagt mit der Lektüre der französisch verfassten Autobiographie der Therese von Lisieux verbrachte und darin Französisch lernte. Im November 1932 verbrachte er zehn Tage im Gefängnis von Turuchansk. Die Überstellung nach Krasnojarsk per Schlitten dauerte vom 28. November 1932 bis zum 2. Januar 1933. Dann ging es im Zug nach Moskau. Dort wurde er gegen einen russischen Spion ausgetauscht und kam am 22. Januar 1933 in Riga an. Seine Weigerung, die UdSSR zu verlassen, wurde gebrochen durch die Lüge, der Papst selbst verlange seine Ausreise.
Rom. Riga. Eichstätt. Lohr
Er begab sich nach Rom und wurde mit dem Titel eines Päpstlichen Thronassistenten geehrt. Zurück in Lettland lehrte er an der Theologischen Hochschule Riga. 1944 wurde er von der Gestapo zusammen mit den Bischöfen Antonijs Urbšs und Jāzeps Rancans (1886–1969) in das Lager Schneidemühl gebracht. Er kam zum Kriegsende nach Eichstätt, dann in das Kapuzinerkloster Mariabuchen in Lohr am Main.
Brüssel. Löwen. Tod
1947 ging er nach Brüssel, wo er für die Ostflüchtlinge wirkte. 1951 trat er in die Benediktinerabtei Keizersberg bei Löwen ein. 1952 ernannte ihn Pius XII. zum Apostolischen Visitator für die emigrierten katholischen Russen und Belarussen. 1955 wurde er Moderator der Letten und Esten. 1979 verließ er das Kloster aus Krankheitsgründen und ging nach Korbeek-Lo in Pflege. Dort starb er im Alter von 87 Jahren im Heim Emmaus der Schwestern des Betlehemklosters Duffel. Seit 1993 ist er in der Basilika von Aglona beigesetzt. 2004 wurde ihm von Papst Johannes Paul II. der Ehrentitel Ehrwürdiger Diener Gottes verliehen.
Werke
- (mit Paul Roth, 1925–2006, und Ernst Nittner): Der Osten. Anruf und Aufgabe. Pressverein Volksbote, München 1962 (Schriftenreihe der Ackermann-Gemeinde 17).
- Témoin de Dieu chez les sans-Dieu. Du bagne des îles Solovetski à la déportation en Sibérie. Journal de prison. Aide à l’Eglise en détresse, Mareil-Marly 1986 (Einführung von François Rouleau, S.J., 1919–2017).
- (deutsch) Zeuge Gottes bei den Gottlosen. Gefängnistagebuch. München 1988.
Literatur
- Stefaan Van Calster, Dirk Hanssens: Gedenkboek Monseigneur Boleslas Sloskans. Symbool van de vervolgde kerk. Tabor, Brügge 1995.
- (französisch) L’anéantissement silencieux. Mgr Boleslas Sloskans. Pierre Téqui, Paris 2000.
- Jānis Jerumanis: Upuris par brāļiem. Bīskaps Boļeslavs Sloskāns. Atmiņu sakopojums. Internacionālais Katoļu palīdzības fonds "Baznīca spaidos", Wavre 1990, Riga 1993 („Opfer für die Brüder. Bischof Bolesław Sloskāns. Gesammelte Erinnerungen“).
Weblinks
- Angaben zu Boļeslavs Sloskāns in der Datenbank der Bibliothèque nationale de France.
- Literatur von und über Boļeslavs Sloskāns im SUDOC-Katalog (Verbund französischer Universitätsbibliotheken)
- Homepage des Seligsprechungsverfahrens, deutsch und französisch
- Kurzbiographie, lettisch, bebildert
- Kurzbiographie, deutsch
- Kurzbiographie, deutsch, mit Bild
- Kurzbiographie, englisch