Altenhaßlau (Linsengericht)
Altenhaßlau ist, vor Eidengesäß, Großenhausen (mit Waldrode), Geislitz (mit Hof Eich und Eichermühle) und Lützelhausen, der größte der fünf Ortsteile der Gemeinde Linsengericht im hessischen Main-Kinzig-Kreis. Der Ort liegt 145 m über NN, 1 km südlich von Gelnhausen am Haßelbach. Hauptverkehrsstraße durch den Ort ist die Landesstraße 2306.
Altenhaßlau Gemeinde Linsengericht | |
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Höhe: | 142 m ü. NHN |
Fläche: | 17,15 km²[1] |
Einwohner: | 3660 (Mai 2011)[2] |
Bevölkerungsdichte: | 213 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 1. September 1970 |
Postleitzahl: | 63589 |
Vorwahl: | 06051 |
Geschichte
Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Altenhaßlau erfolgte unter dem Namen Hasela im Jahr 1240.[1] Damals vermachen Dietrich von Bardenhausen und seine Frau dem Kloster Meerholz ihre Güter in Altenhaßlau. Später wurde der Ort in erhaltenen Urkunden auch wurde Altenhaßlau auch als Haselaha (1296) und Aldenhasela (1354) bezeichnet (in Klammern das Jahr der Erwähnung).[1]
Das Dorf war seit dem Mittelalter über Jahrhunderte hinweg Sitz des Gerichts Altenhaßlau, aus dem sich das Amt Altenhaßlau entwickelte, das zur Herrschaft Hanau, später zur Grafschaft Hanau und letztendlich zur Grafschaft Hanau-Münzenberg gehörte. Nach dem Tod des letzten Hanauer Grafen, Johann Reinhard III., 1736 erbte Landgraf Friedrich I. von Hessen-Kassel aufgrund eines Erbvertrages aus dem Jahr 1643 die Grafschaft Hanau-Münzenberg und damit auch Amt und Dorf Altenhaßlau. Das führte unter anderem dazu, dass das Dorf seine Mittelpunktfunktion zunehmend an die benachbarte Stadt Gelnhausen verlor, die seit 1746 ebenfalls insgesamt zur Landgrafschaft gehörte. 1821 kam das Dorf, nunmehr im Kurfürstentum Hessen genannten Hessen-Kassel gelegen, bei einer dort durchgeführten grundlegenden Verwaltungsreform zu dem neu gebildeten Landkreis Gelnhausen. Mit der hessischen Kreisgebietsreform ging dieser Landkreis dann am 1. Juli 1974 im Main-Kinzig-Kreis auf.
Die Gemeinde Linsengericht wurde zum 1. September 1970 im Zuge der Gebietsreform in Hessen durch den freiwilligen Zusammenschluss der vier bis dahin selbständigen Gemeinden Altenhaßlau, Eidengesäß, Geislitz und Großenhausen gegründet.[3] Für alle Ortsteile von Linsengericht wurden Ortsbezirke mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[4]
Territorialgeschichte und Verwaltung im Überblick
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Altenhaßlau lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][5]
- vor 1458: Heiliges Römisches Reich, Grafschaft Hanau, Amt Altenhaßlau
- ab 1458: Heiliges Römisches Reich, Grafschaft Hanau-Münzenberg, Amt Altenhaßlau
- ab 1643: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Kassel (als Pfand), Grafschaft Hanau-Münzenberg, Amt Altenhaßlau
- ab 1803: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Kassel, Fürstentum Hanau, Amt Altenhaßlau
- ab 1806: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Fürstentum Hanau, Amt Altenhaßlau
- 1807–1810: Kaiserreich Frankreich, Fürstentum Hanau, Amt Altenhaßlau
- 1810–1813: Großherzogtum Frankfurt, Departement Hanau, Distrikt Gelnhausen
- ab 1815: Kurfürstentum Hessen, Fürstentum Hanau, Amt Altenhaßlau[6]
- ab 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Hanau, Kreis Gelnhausen[7]
- ab 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Hanau
- ab 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Hanau, Amt Altenhaßlau
- ab 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Gelnhausen
- ab 1871: Deutsches Reich, Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Gelnhausen
- ab 1918: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Gelnhausen
- ab 1944: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Nassau, Kreis Gelnhausen
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Wiesbaden, Landkreis Gelnhausen
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen (seit 1946), Regierungsbezirk Wiesbaden, Landkreis Gelnhausen
- ab 1968: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Gelnhausen
- ab 1974: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Main-Kinzig-Kreis
Bevölkerung
Einwohnerzahlen
Belegte Einwohnerzahlen sind:[1]
- 1587: 27 Schützen, 7 Spießer, 2 Hellebarder, 1 Zimmermann = 37 Familien
- 1632: 30 Dienstpflichtige
- 1753: 71 christliche, 12 Jüdische Haushalte mit 240 Personen
- 1812: 87 Feuerstellen, 460 Seelen
- Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs verdoppelte sich die Einwohnerzahl nahezu durch den Zustrom von Flüchtlingen und Vertriebenen.
Altenhaßlau: Einwohnerzahlen von 1812 bis 2011 | ||||
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Jahr | Einwohner | |||
1812 | 460 | |||
1834 | 568 | |||
1840 | 548 | |||
1846 | 611 | |||
1852 | 588 | |||
1858 | 528 | |||
1864 | 558 | |||
1871 | 579 | |||
1875 | 617 | |||
1885 | 711 | |||
1895 | 670 | |||
1905 | 875 | |||
1910 | 906 | |||
1925 | 987 | |||
1939 | 1.156 | |||
1946 | 1.712 | |||
1950 | 1.890 | |||
1956 | 2.223 | |||
1961 | 2.679 | |||
1967 | 2.769 | |||
1970 | 2.856 | |||
1981 | 3.300 | |||
1990 | ? | |||
2000 | ? | |||
2011 | 3.660 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: LAGIS[1]; Gemeinde Linsengericht[8]; Zensus 2011[2] |
Einwohnerstruktur 2011
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Altenhaßlau 3660 Einwohner. Darunter waren 261 (7,1 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 669 Einwohner unter 18 Jahren, 1644 zwischen 18 und 49, 732 zwischen 50 und 64 und 645 Einwohner waren älter.[2] Die Einwohner lebten in 1581 Haushalten. Davon waren 501 Singlehaushalte, 423 Paare ohne Kinder und 489 Paare mit Kindern, sowie 141 Alleinerziehende und 27 Wohngemeinschaften. In 303 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 1116 Haushaltungen lebten keine Senioren.[2]
Historische Religionszugehörigkeit
• 1885: | evangelische (= 89,59 %), 44 katholische (= 6,19 %), 30 jüdische (= 4,22 %) Einwohner[1] | 637
• 1961: | 1853 evangelische (= 69,17 %), 782 katholische (= 29,19 %) Einwohner[1] |
Politik
Wappen
Blasonierung: „In goldenem Schild ein gotisches Rotes A.“[9] Das Recht zur Führung eines Wappens wurde der Gemeinde Altenhaßlau am 30. Januar 1951 durch das Hessische Innenministerium verliehen.
Frühere Darstellungen zeigten ein Schild mit einem Sparren und einem Schildhaupt, die zusammen den Buchstaben A ergaben. Später wurden beide gekürzt und zu einem gotischen A, dem Anfangsbuchstaben des Ortes vereint. Die Farben Rot und Gold gehen auf die Grafschaft Hanau zurück.
Gemeindepartnerschaften
1965 wurde eine Partnerschaft mit dem Ort St. Etienne du Bois in Frankreich eingegangen.
Öffentliche Einrichtungen
Kindertagesstätten
- Kindergarten Altenhaßlau – „Hasselbachzwerge“ ist eine integrative Kindertagesstätte. Die Kita bietet, in vier Gruppen, Platz für bis zu 75 Kinder, die von 12 pädagogischen Fachkräften betreut werden.
- Montessori Kinderhaus hat Platz für bis zu 20 Kindern[10]
Schulen
- Hasela-Grundschule, früher Grund- und Hauptschule Altenhaßlau,
- Martinsschule, eine Förderschule für den Schwerpunkt geistiger Entwicklung, seit 1980[11]
- Brentano-Schule mit denn Abteilungen: Förderschule mit Schwerpunkt Lernen, Förderschule mit Schwerpunkt Sprachheil-Förderung, sowie das Beratungs- und Förderzentrum
- Montessori-Schule[12]
Weiteres
- Behindertenwerk Main-Kinzig – Barbarossa-Werkstatt, Einrichtung zur Behindertenförderung, seit 1973.
- Haus der Vereine, früher Alte Schule
Wirtschaft und Infrastruktur
Die Landwirtschaft verlor seit den 1980er Jahren immer mehr an Bedeutung und wurde als wichtigster Arbeitgeber von der Industrie abgelöst. In Altenhaßlau und dem unmittelbar benachbarten Gelnhausen entwickelten sich mehrere Gewerbegebiete wie z. B. in der Lagerhausstraße / Baumschulenstraße. Später kamen die Gewerbegebiete Vogelsbergstraße und Im Niederfeld hinzu. Das größte Gewerbegebiet ist das „An der Wann“. In Altenhaßlau ansässig sind Autohäuser, Bauunternehmen sowie produzierendes Gewerbe und mehrere Supermärkte.[13] Altenhaßlau verfügt über zwei Apotheken, ein Hausarztzentrum und einige niedergelassener Ärzte.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Kulturdenkmäler
Siehe Liste der Kulturdenkmäler in Linsengericht-Altenhaßlau
Bauwerke
- Die evangelische Martinskirche aus dem 13. Jahrhundert wurde erstmals 1402 erwähnt. In der mittelalterlichen Kirchenorganisation gehörte die Kirche zum Archidiakonat von St. Peter und Alexander in Aschaffenburg und dessen Landkapitel Rodgau. Die Martinskirche war nach der zweiten Reformation durch Graf Philipp Ludwig II. von Hanau-Münzenberg ab 1597 die reformierte Kirche des Ortes.
- Für die Lutheraner wurde 1724–1726 aus einem Jagdzeughaus des Hanauer Grafen Johann Reinhard III. eine eigene Kirche, die Reinhardskirche, durch den Baumeister Christian Ludwig Hermann errichtet. Sie ist heute ein Gemeindehaus. Sie war funktionslos geworden, nachdem mit der Hanauer Union die beiden protestantischen Kirchen der Grafschaft Hanau-Münzenberg vereinigt worden waren.
- Die Römisch-katholische Kirche St. Johannes Apostel entstand erst 1963/64 aufgrund des Zustroms von Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg.
- 1968/69 errichtete die Gemeinde ein Feuerwehrhaus.
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter der Gemeinde
- Karl Glöckner (auch „Opa Glöckner“ genannt) (* 28. Dezember 1845 in Eidengesäß - † 1953) war in seinen letzten Lebensjahren der älteste Bewohner Deutschlands. Nach ihm ist die Karl-Glöckner-Straße in Eidengesäß benannt, in der er ab seinem zweiten Lebensjahr wohnte. In der Zehntscheune von Linsengericht hängt ein Porträt von ihm, das 1952, in seinem 107 Lebensjahr, ein Jahr vor seinem Tode, von Wilhelm Eidam gemalt wurde.[14]
- Richard Bayha (* 15. März 1929 in Altenhaßlau; † 3. November 1993 in Bonn), deutscher Politiker (CDU)
- Marie Hassenpflug (* 27. Dezember 1788 in Altenhaßlau; † 21. November 1856 in Kassel), deutsche Märchenerzählerin, wohnte bis 1789 mit ihren Eltern und Geschwistern im Amtshaus Altenhaßlau
Personen mit Bezug zur Gemeinde
- Johannes Hassenpflug (* 9. August 1755 in Dorheim; † 9. Juli 1834 in Kassel), hessen-kasselischer Verwaltungsbeamter, Vorsteher des Amtes Altenhaßlau
- Fredéric Armand Strubberg (* 18. März 1806 in Kassel; † 3. April 1889 in Altenhaßlau) war ein deutscher Amerikareisender und Schriftsteller
- Carl Friedrich Buderus von Carlshausen (* 22. Februar 1759 in Büdingen; † 5. August 1819 in Hanau) war der Gutsherr des Ritterguts Carlshausen in Altenhaßlau und Finanzbeamter des Landgrafen Wilhelm IX. von Hessen-Kassel, des späteren Kurfürsten Wilhelm I. von Hessen-Kassel.
Literatur
- Ludwig Bickell: Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel. Band 1: Alhard von Drach: Kreis Gelnhausen. Marburg 1901, S. 116–119.
- Walter Engel: Die urkundlichen Ersterwähnungen der Linsengerichter Ortsteile in einer kurzen Zusammenfassung – Altenhaßlau – Eidengesäß – Geislitz mit Hof Eich, Großenhausen mit Waldrode – Lützelhausen. In: Mitteilungsblatt des Zentrums für Regionalgeschichte 30 (2005), S. 4–5. ISSN 0940-4198
- Heinrich Reimer: Historisches Ortslexikon für Kurhessen. Marburg 1926., S. 206–207.
- Literatur über Altenhaßlau nach Stichwort nach GND In: Hessische Bibliographie
Weblinks
- Ortsteil Altenhaßlau. In: Webauftritt. Gemeinde Linsengericht
- Altenhaßlau. Ortsgeschichte, Infos. In: www.geschichte-linsengericht.de. Heimat- und Geschichtsverein Linsengericht e.V.
- Altenhaßlau, Main-Kinzig-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Einzelnachweise
- Altenhaßlau, Main-Kinzig-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 19. November 2021). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 28 und 82 .
- Zusammenschluss der Gemeinden Altenhaßlau, Eidengesäß, Geislitz und Großenhausen im Landkreis Gelsnhausen zur neuen Gemeinde „Linsengericht“ vom 28. August 1970. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1970 Nr. 37, S. 1785, Punkt 1673 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 3,9 MB]).
- Hauptsatzung. (PDF; 284 kB) §; 5. In: Webauftritt. Gemeinde Linsengericht, abgerufen im November 2021.
- Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006 .
- Kur-Hessischer Staats- und Adress-Kalender: 1818. Verlag d. Waisenhauses, Kassel 1818, S. 198 f. (online bei Google Books).
- Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August. (kurhess GS 1821) S. 76.
- Ortsteil Altenhaßlau. In: Webauftritt. Gemeinde Linsengericht, abgerufen im November 2021.
- Verleihung des Rechts zur Führung eines Wappens an die Gemeinde Altenhaßlau im Landkreis Gelnhausen, Regierungsbezirk Wiesbaden vom 30. Januar 1951. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1951 Nr. 7, S. 73, Punkt 124 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 1,9 MB]).
- Montessori Kinderhaus, aufgerufen am 16. Dezember 2021
- Martinsschule Linsengericht, aufgerufen am 10. Dezember 2021
- Montessori-Schule mit Kindergarten, aufgerufen am 10. Dezember 2021
- Branchenbuch – Linsengericht. Gemeinde LG, abgerufen am 1. August 2020.
- „Ein Ehrenplatz für „Opa Glöckner“-Ein restauriertes Gemälde vom einst ältesten Einwohner Deutschlands, Karl Glöckner, hängt in der Zehntscheune in Altenhaßlau“, Gelnhäuser Neue Zeitung, 4. Dezember 2021