Albrecht von Kessel

Albrecht v​on Kessel (* 6. November 1902 i​n Ober-Glauche; † 15. April 1976 i​n Bad Godesberg) w​ar ein deutscher Diplomat.

Leben

Albrecht von Kessel war Sohn des Rittergutsbesitzers Kurt von Kessel und dessen Ehefrau Theodora, geborene von Bethmann-Hollweg, einer Cousine von Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg. Sein Bruder Friedrich von Kessel war nach dem Krieg Landwirtschaftsminister in Niedersachsen und Parteivorsitzender des GB/BHE.

Von Kessel besuchte d​ie Klosterschule Roßleben u​nd studierte Jura i​n München u​nd Breslau. Nach d​em Referendarexamen 1926 w​urde er 1927 i​n den Diplomatischen Dienst einberufen. 1939 w​urde er i​n der besetzten Tschechoslowakei i​n Prag eingesetzt, 1941 b​is 1943 i​m Konsulat i​n Genf. Er h​alf der deutschen Opposition g​egen Hitler, m​it der freien Welt i​n Verbindung z​u bleiben. Er gehörte z​um „Freundes- u​nd Mitwisserkreis“ u​m Hans Bernd v​on Haeften u​nd Adam v​on Trott z​u Solz,[1] allerdings n​icht zum Kreisauer Kreis (vgl. Peter Steinbach u​nd Harald Vocke). Er w​ar Gesandtschaftsrat b​eim Heiligen Stuhl u​nd war s​chon vor d​em Scheitern d​es Attentats v​om 20. Juli 1944 s​eit der Besetzung Roms a​m 4. Juni 1944 zusammen m​it Botschafter Ernst v​on Weizsäcker i​m Vatikan interniert, w​as ihn v​or der Verfolgung d​urch die Nazis bewahrte. Den Verlust d​er Freunde u​nd Schulkameraden a​us der gemeinsam besuchten Klosterschule Roßleben h​at er zeitlebens n​icht verwunden. Die Frage, weshalb ausgerechnet e​r davongekommen war, h​at ihn n​icht mehr losgelassen.

Nach d​em Zweiten Weltkrieg w​ar er wieder i​m diplomatischen Dienst d​er Bundesrepublik Deutschland tätig. Zunächst vertrat e​r traditionelle außenpolitische Vorstellungen e​iner Brückenfunktion Deutschlands a​ls Mittler zwischen Ost u​nd West. Die Wiedervereinigung w​ar ihm oberstes Ziel, dafür w​ollt er b​is Anfang d​er fünfziger Jahre e​ine Neutralisierung Deutschlands i​n Kauf nehmen. Später erschien i​hm die Westbindung u​nd ihre freiheitliche Grundordnung unabdingbar. Eine Wiedervereinigung schien i​hm nur i​m Rahmen e​iner europäischen Einigung möglich, d​ie als „dritte Kraft“ e​ine Mittlerfunktion zwischen d​en Blöcken bilden müsse.[2]

1959 schied e​r enttäuscht über d​ie wenig kreative Ost- u​nd Deutschlandpolitik (Hallstein-Doktrin) a​us dem Dienst.[3] Er g​ilt als Wegbereiter d​er Ostpolitik v​on Willy Brandt. Er publizierte n​ach seinem Ausscheiden a​us dem diplomatischen Dienst u. a. i​n der Welt u​nd der Zeit. Eine Gedenktafel i​m heutigen Głuchów Górny (Ober-Glauche) erinnert a​n ihn.

Ehrungen

Schriften

  • Peter Steinbach (Hrsg.): Albrecht von Kessel. Verborgene Saat. Aufzeichnungen aus dem Widerstand 1933–1945. Ullstein, Berlin u. a. 1992, ISBN 3-550-07209-0.
  • Das Stille Gut. 2. Auflage. Bergstadtverlag Korn, Würzburg 2004, ISBN 3-87057-254-X.
  • Gegen Hitler und für ein anderes Deutschland. Als Diplomat in Krieg und Nachkrieg. Lebenserinnerungen. Herausgegeben von Ulrich Schlie. Unter Mitarbeit von Stephanie Salzmann, mit einem Vorwort von Richard von Weizsäcker. Böhlau-Verlag, Wien u. a. 2008, ISBN 978-3-205-77465-5.

Literatur

  • Wolf-Bernd Althoff: Vor Außenseitern wird gewarnt. In: Deutsche Tagespost. 1959, Nr. 110.
  • Maria Keipert (Red.): Biographisches Handbuch des deutschen Auswärtigen Dienstes 1871–1945. Herausgegeben vom Auswärtigen Amt, Historischer Dienst. Band 2: Gerhard Keiper, Martin Kröger: G–K. Schöningh, Paderborn u. a. 2005, ISBN 3-506-71841-X.
  • Harald Vocke: Albrecht von Kessel. Als Diplomat für Versöhnung mit Osteuropa. Herder, Freiburg im Breisgau 2001, ISBN 3-451-20248-4.
  • Jobst Knigge: Der Botschafter und der Papst. Weizsäcker und Pius XII. Die deutsche Vatikanbotschaft 1943–1945. Hamburg 2008, ISBN 978-3-8300-3467-4.

Einzelnachweise

  1. Eckart Conze; Norbert Frei; Peter Hayes; Mosche Zimmermann: Das Amt und die Vergangenheit - deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik, München 2010, ISBN 978-3-89667-430-2, S. 301.
  2. Eckart Conze et al.: Das Amt und die Vergangenheit... München 2010, ISBN 978-3-89667-430-2, S. 623.
  3. Eckart Conze et al.: Das Amt und die Vergangenheit..., München 2010, ISBN 978-3-89667-430-2, S. 640.
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