Adolf von Thadden
Adolf von Thadden (* 7. Juli 1921 auf Gut Trieglaff bei Greifenberg in Pommern; † 16. Juli 1996 in Bad Oeynhausen) war ein deutscher Politiker verschiedener rechtsextremer Parteien und langjähriger V-Mann des britischen Auslandsgeheimdienstes MI6.[1]
Familie
Er entstammte einem alten pommerschen Adelsgeschlecht und war ein Sohn des mehrfachen Gutsbesitzers Adolf von Thadden (1858–1932), königlich-preußischer Landrat des Landkreises Greifenberg, Mitglied des Provinziallandtags der preußischen Provinz Pommern und Vorsitzender des Verbands pommerscher Landkreise. Seine Mutter, zweite Ehefrau Adolf von Thaddens, Barbara Blank (1895–1972), war Tochter des Studienrats Ludwig Blank und der Mary Hume.
Thadden heiratete am 10. November 1957 in Hannover die Ärztin Edith Lange (* 28. September 1921 in Hannover), die Tochter des Oberregierungsrats und Baurats Otto Lange und der Marie-Luise Hett.
Der Familie von Thadden entstammten viele in der Öffentlichkeit tätige Persönlichkeiten. Am bekanntesten sind von Thaddens Schwester, die Schriftstellerin Maria Wellershoff (verheiratet mit dem Schriftsteller Dieter Wellershoff), die Halbschwester Elisabeth von Thadden, die 1944 wegen Widerstandes gegen das Nazi-Regime in Berlin-Plötzensee hingerichtet wurde, sein Halbbruder Reinold von Thadden, der Gründer des Deutschen Evangelischen Kirchentages, sowie sein Neffe, der Historiker Rudolf von Thadden, und Reinolds Enkel Johannes von Thadden, Bundesgeschäftsführer der CDU.
Leben und Beruf
Nach der Volksschule besuchte von Thadden zunächst das Greifenberger Friedrich-Wilhelm-Gymnasium. Später war er Schüler der Baltenschule Misdroy, wo er das Abitur erwarb. Danach absolvierte er eine landwirtschaftliche Lehre. Nach dem Reichsarbeitsdienst wurde er Soldat. Bei Kriegsanfang, am 1. September 1939 trat er in die NSDAP ein (Mitgliedsnummer 7.155.873).
Er nahm im Zweiten Weltkrieg, zuletzt als Oberleutnant und Adjutant einer Sturmgeschützbrigade, an zahlreichen Feldzügen teil und erlitt mehrfach schwere Verwundungen (Goldenes Verwundetenabzeichen, Eisernes Kreuz I. und II. Klasse). Im Jahr 1945 wurde er bei dem Versuch, seine Mutter aus Pommern in die Westzonen zu bringen, in Polen verhaftet. Im November 1946 gelang ihm die Flucht aus Polen. 1946/47 war er für die britische Militärregierung landwirtschaftlicher Treuhänder. Er zog 1947 nach Göttingen. In den 1960er und der ersten Hälfte der 1970er Jahre war von Thadden Herausgeber des NPD-Parteiorgans Deutsche Nachrichten. Ab 1974 war er Repräsentant von Bauträgerfirmen, ab 1975 Chefredakteur der Deutschen Wochenzeitung.
Nach dem Tod von Thaddens wurde bekannt, dass er Informant des britischen Geheimdiensts MI6 war, auch während seiner gesamten Zeit als Bundesvorsitzender der NPD.[2]
Partei
Seit 1947 war von Thadden Mitglied der (konservativen) Deutschen Rechtspartei (DKP-DRP), zu deren Führungspersonal er bald zählte. An den Verhandlungen der DKP-DRP mit der Deutschen Partei und der hessischen Nationaldemokratischen Partei am 1. Juli 1949 über einen gemeinsamen Wahlantritt zur Bundestagswahl 1949 nahm von Thadden für seine Partei gemeinsam mit Wilhelm Jaeger, Eldor Borck, Ludwig Schwecht, Lothar Steuer und Leonhard Schlüter teil. Obwohl die Pläne recht weit gediehen waren, scheiterten sie schließlich. Grund war die Erklärung der britischen Militärregierung, eine Fusionspartei werde keine Lizenz erhalten und könne somit nicht zur Wahl antreten.[3]
Er betrieb maßgeblich die Fusion des niedersächsischen DKP-DRP-Landesverbandes mit der Nationaldemokratischen Partei zur Deutschen Reichspartei (1950). Im März 1952 beantragte er mit Heinz Frommhold die Aufnahme in die FDP. Auf Druck des linken Parteiflügels vertagte der FDP-Bundesvorstand am 26. März 1952 jedoch die Entscheidung über den Aufnahmeantrag.[4] Von Thadden zog – ebenso wie Frommhold – den Antrag daraufhin zurück. 1961 wurde er als Nachfolger Heinrich Kunstmanns Vorsitzender der Deutschen Reichspartei (DRP).
1964 gründete von Thadden gemeinsam mit Fritz Thielen (Deutsche Partei), Wilhelm Gutmann (GDP), Heinrich Fassbender (DNVP) und anderen die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) als Sammlungspartei nationaler bzw. rechtsextremer Politiker. Am 11. November 1967 wurde er zum Bundesvorsitzenden der NPD gewählt. 1969 scheiterte er mit der NPD knapp am Einzug in den Deutschen Bundestag. 1971 trat er als Vorsitzender der NPD zurück, unterstützte aber die Wahl seines Nachfolgers Martin Mußgnug. 1975 verließ von Thadden die NPD aus Verärgerung über die Wahl von Gerhard Frey in den Bundesvorstand der NPD. 1994 sagte er in einem Interview mit der Wochenzeitung Junge Freiheit: „Die heutige NPD hat nichts mehr zu tun mit der NPD der sechziger Jahre, also der Zeit, als ich Parteivorsitzender war.“
Abgeordneter
1948 errang von Thadden für die DKP-DRP bei den Kommunalwahlen in Göttingen 10,8 % der Stimmen und wurde Ratsherr (bis 1958). 1949 wurde er 28-jährig zweitjüngster Abgeordneter des ersten Deutschen Bundestages (bis 1953). In Anspielung auf sein junges Alter sprach ihn ein SPD-Abgeordneter als „Bubi“ an, was den Spitznamen für sein ganzes politisches Leben ergab.
Vom 6. Mai 1955 bis 5. Mai 1959 (3. Wahlperiode) saß er für die DRP im Niedersächsischen Landtag, vom 6. Juni 1967 bis 20. Juni 1970 (6. Wahlperiode) für die NPD. Am 6. Juni 1967 übernahm von Thadden den Vorsitz der Landtagsfraktion der NPD, den er bis zum 30. Juni 1968 behielt. Vom 21. Januar 1970 bis 20. Juni 1970 war er stellvertretender Fraktionsvorsitzender.
Öffentliche Ämter
1952/53 war von Thadden stellvertretender Oberbürgermeister von Göttingen, bis 1958 Senator der Stadt.
Literatur
- Genealogisches Handbuch des Adels, Adelige Häuser A Band XXV, Band 117 der Gesamtreihe. C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn) 1998, ISSN 0435-2408, S. 525.
- Barbara Simon: Abgeordnete in Niedersachsen 1946–1994. Biographisches Handbuch. Hrsg. vom Präsidenten des Niedersächsischen Landtages. Niedersächsischer Landtag, Hannover 1996, S. 379.
- Werner Treß: Adolf von Thadden. In: Wolfgang Benz (Hrsg.): Handbuch des Antisemitismus. Band 2.2 (Personen). De Gruyter/Saur, Berlin 2009, S. 822–824.
Weblinks
Belege
- John Hooper: Neo-Nazi leader 'was MI6 agent'. In: The Guardian. 13. August 2002, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 27. März 2019]).
- Kölner Stadt-Anzeiger: Der braune Schlapphut; The Guardian: Neo-Nazi leader ‘was MI6 agent’, 13. August 2002; Deutscher Bundestag, 17. Wahlperiode: Drucksache 17/13394 – Schriftliche Fragen mit den in der Woche vom 6. Mai 2013 eingegangenen Antworten der Bundesregierung, S. 24 (zurückhaltender).
- Horst W. Schmollinger: Deutsche Konservative Partei – Deutsche Rechtspartei. In: Richard Stöss: Parteien-Handbuch, Bd. 4: NDP bis WAV, Westdeutscher Verlag, Opladen 1986, S. 1002 f.
- Brauers: Die FDP in Hamburg 1945 bis 1953, S. 556 ff.