Acker-Schwarzkümmel
Der Acker-Schwarzkümmel (Nigella arvensis) ist eine Pflanzenart aus der Gattung Schwarzkümmel (Nigella) innerhalb der Familie der Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae). Sie ist im Mittelmeerraum beheimatet, ist in Eurasien weitverbreitet und zählt in Mitteleuropa als Ackerrand- sowie Ruderalpflanze.
Acker-Schwarzkümmel | ||||||||||||
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Acker-Schwarzkümmel (Nigella arvensis) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Nigella arvensis | ||||||||||||
L. |
Beschreibung
Erscheinungsbild und Blatt
Es ist eine einjährige krautige Pflanze (siehe Ephemere). Der Acker-Schwarzkümmel bildet einen aufrechten, bis etwa 10 bis 30 Zentimeter hohen und verzweigten Stängel aus. Die Laubblätter sind fiederteilig, mit weniger als 1 mm breiten, zugespitzten Zipfeln.
Blüten
Die Blüten stehen sich einzeln am Ende des Stängels. Die zwittrigen Blüten sind bei einem Durchmesser von 2 bis 3 Zentimetern radiärsymmetrisch. Die fünf (bis selten acht) kronblattartigen, hellblauen Kelchblätter sind spatelig mit einer Länge von 10 bis 15 Millimetern und besitzen deutliche, grüne Adern. Die fünf Kronblätter sind zu komplizierten Nektarblättern gestaltet: sie sind kürzer als die Kelchblätter und in einen Stiel und eine zweihörnige „Platte“ geteilt, im „Knie“ dazwischen liegt eine Höhlung, in der die Nektarproduktion erfolgt, und die durch einen flexibel gelagerten Deckel verschlossen ist. Bedeckt sind die Honigblätter mit komplizierten Saftmalen.
Frucht und Samen
Es wird eine etwa 3 Zentimeter lange kapselartige Frucht aus Balgfrüchten gebildet. Mit zunehmender Reife trocknen die Fruchtwände immer mehr aus, bis sie pergamentartig sind. Voll ausgereifte Früchte sind hell bräunlich und öffnen sich im Spätsommer infolge der Austrocknung an ihrer Spitze mit meist fünf Spalten, die jeweils etwa 7 Millimeter lang sind. Die Samen sind dunkelbraun, querrunzelig und durch eine Vielzahl von Papillen rau.[1]
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 12.[2]
Inhaltsstoffe
Die Samen enthalten das Alkaloid Magnoflorin (Aporchinalkaloid), das auch in anderen Hahnenfußgewächsen wie Akelei und Sumpfdotterblume vorkommt. Zu Vergiftungen durch die Pflanze ist nichts bekannt.
Ökologie
Der Acker-Schwarzkümmel wurzelt bis 65 Zentimeter tief.[2] Die Blüten des Acker-Schwarzkümmels sind ausgeprägt proterandrisch: In der "männlichen" Blühphase reift jeden Tag einer der Staubblattkreise und biegt sich nach außen, um blütenbesuchende Insekten auf dem Rücken mit Pollen einzustäuben. Dies setzt sich solange fort bis sämtliche Staubblätter ausgereift und entleert sind. Die innerhalb davon liegenden drei bis fünf Fruchtblätter sind miteinander verwachsen, ihre Griffel liegen frei. In der "weiblichen" Phase der Blüte (wenn also sämtliche Staubblätter leer sind) krümmen sich nun auch die Griffel nach außen und nach unten, um die Bestäuber zu erreichen und den aus "männlichen" Blüten mitgebrachten Pollen von ihnen abzustreifen.[3]
Zur Ausbreitung der Samen nutzt die Pflanze die Bewegung durch Wind oder vorbeistreifende Tiere (Wind- und Tierstreuer), der Ausbreitungsmechanismus wird zusammenfassend als Semachorie bezeichnet. Verschiedene Gestaltmerkmale unterstützen diese Ausbreitungsmechanismen. So sind die Blütenstängel zum Zeitpunkt der Kapselreife etwas länger als während der Blütezeit und sehr elastisch. Die blasig aufgetriebene und leichte Kapsel dient als Windfang, so dass die gesamte Pflanze auch schon von schwachem Wind hin und her bewegt wird. Die Kapsel selber hat an ihrer Spitze abgeknickte, verlängerte und hakige Griffel, die sich leicht im Fell eines vorbeistreifenden Tieres so verhaken, dass die Pflanze mitgezogen und beim Lösen zurückschnellt. Durch die Bewegung sowohl durch Wind wie durch Tiere werden die Samen aus den schmalen Spalten herausgeschleudert.[4]
Die Samen keimen im Dunkeln. Mit steigenden Frühjahrstemperaturen nimmt die Keimungsrate zu. Acker-Schwarzkümmel lässt sich einfach aus Samen vermehren.
Vorkommen und Gefährdung
Der Acker-Schwarzkümmel ist ursprünglich auf dem Balkan verbreitet. Er wurde vermutlich während der Jungsteinzeit nach Mitteleuropa eingeschleppt. Älteste archäologische Nachweise stammen etwa aus dem latènezeitlichen Heiligtum von Roseldorf in Niederösterreich[5] und dem römerzeitlichen Biesheim-Kunheim im Elsass.[6] Schriftliche Belege des Acker-Schwarzkümmels sind nur sehr schwer zu finden, da er sehr lange nicht vom Echten Schwarzkümmel (Nigella sativa) unterschieden wurde. Gesichert ist die Erwähnung erst ab den Kräuterbüchern der Renaissance, etwa im "New Kreüterbuch" des Leonhart Fuchs von 1543.
Der Acker-Schwarzkümmel ist ein mediterranes Florenelement. Seine Verbreitung reicht östlich bis Kleinasien und den Iran, nördlich bis Nordfrankreich, Norddeutschland und Polen. Im Westen kam er früher bis zum Atlantik bei Bordeaux, heute nur noch bis zur Loire bei Nantes, vor. Im Süden reicht das Verbreitungsgebiet bis zu den Pyrenäen, dem Rhonetal, Sardinien und Sizilien, am Adriatischen Meer von Slowenien bis Griechenland. Allerdings ist das Vorkommen in Osteuropa stärker, hier wächst der Acker-Schwarzkümmel sogar in zusammenhängenden Gebieten von Polen bis Bulgarien, Belarus, Rumänien, Moldawien und der Ukraine.
Er besiedelt in Mitteleuropa Getreideäcker oder Brachen, er kommt aber auch gelegentlich an Wegrändern vor. In Österreich tritt die Art selten im pannonischen Gebiet der Bundesländer Wien, Niederösterreich und Burgenland sowie unbeständig in Tirol und Vorarlberg in der collinen Höhenstufe auf nährstoffreichen, warmen, lehmig-steinigen Äckern, Brachen und Erdanrissen auf.[7]
Der Acker-Schwarzkümmel gedeiht am besten auf kalkreichen, skelettreichen, steinigen, doch nährstoffreichen, sommerwarmen Lehmböden oder auch sandigen Böden.[8] Als Therophyt ist er tolerant gegenüber vorübergehenden Trockenperioden. Der Acker-Schwarzkümmel ist sehr konkurrenzschwach. Er ist eine Charakterart des Verbands Caucalidion lappulae, kommt aber auch in Gesellschaften der Verbands Convolvulo-Agropyrion vor.[2]
Gefährdung
Durch intensive landwirtschaftliche Nutzung, verkürzte Brachezeiten und starken Herbizideinsatz, insbesondere im Getreideanbau, ist der Acker-Schwarzkümmel stark zurückgegangen. Die chemische Unkrautbekämpfung hat ihn an den meisten Standorten nach dem Zweiten Weltkrieg verschwinden lassen, so dass er nur noch am Mittelrhein, im Rhein-Main-Gebiet und an der unteren Naab, im Schweizer Jura, am Alpensüdfuß und in Niederösterreich zu finden ist.[8]
Neuerdings wird Acker-Schwarzkümmelsaat als Beimischung zu gezielt gesäten Buntbrachen und Ackerschonstreifen, die eine vielfältige Ackerbegleitflora fördern, landschaftspflegerisch für ökologische Ausgleichsflächen eingesetzt.
In West- und Mitteleuropa gilt der Acker-Schwarzkümmel als gefährdet, nicht aber in Norditalien und Südosteuropa. In der Schweiz steht er auf der Roten Liste gefährdeter Arten.
Im Bundesland Wien steht Nigella arvensis auf der Liste der streng geschützten Pflanzen.[9]
Systematik
Nigella arvensis wurde 1753 von Carl von Linné in Species Plantarum erstveröffentlicht.[10] Die Gattungsbezeichnung Nigella (Lat. nigellus = schwarz) verweist auf die schwarz gefärbten Samen. Das Artepitheton arvensis bedeutet „vom Acker stammend“.
Der Acker-Schwarzkümmel umfasst in Europa und im Mittelmeerraum neun Unterarten:[11][12]
- Nigella arvensis subsp. aristata (Sm.) Nyman, Heimat: Griechenland.
- Nigella arvensis L. subsp. arvensis, Heimat: Europa, Nordafrika, Asien.
- Nigella arvensis subsp. brevifolia Strid, Heimat: Kreta, Rhodos.
- Nigella arvensis subsp. glauca (Boiss.) Terracc., Heimat: Europäische und asiatische Türkei, östägäische Inseln.
- Nigella arvensis subsp. glaucescens (Guss.) Greuter & Burdet, Heimat: Italien, Sizilien, Sardinien, Nordafrika.[12]
- Nigella arvensis subsp. latilabris (Zohary) Greuter & Burdet
- Nigella arvensis subsp. negevensis (Zohary) Greuter & Burdet
- Nigella arvensis subsp. palaestina (Zohary) Greuter & Burdet
- Nigella arvensis subsp. taubertii (Brand) Maire
Literatur
- Christoph Käsermann: Nigella arvensis L. – Acker-Schwarzkümmel – Ranunculaceae. In: Christoph Käsermann, Daniel M. Moser (Hrsg.): Merkblätter Artenschutz – Blütenpflanzen und Farne. Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft, Bern 1999, S. 206–207.
Weblinks
- Acker-Schwarzkümmel. FloraWeb.de
- Acker-Schwarzkümmel. In: BiolFlor, der Datenbank biologisch-ökologischer Merkmale der Flora von Deutschland.
- Steckbrief und Verbreitungskarte für Bayern. In: Botanischer Informationsknoten Bayerns.
- Nigella arvensis L. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora.
- Thomas Meyer: Datenblatt mit Bestimmungsschlüssel und Fotos bei Flora-de: Flora von Deutschland (alter Name der Webseite: Blumen in Schwaben)
- Günther Blaich: Fotos europäischer Pflanzen. Nigella arvensis.
- Gerhard Nitter: Steckbrief mit Fotos.
- Robert Flogaus-Faust: Datenblatt mit Links zu Fotos.
Einzelnachweise
- Andreas G. Heiss, Matthias Kropf, Susanne Sontag, Anton Weber: Seed Morphology of Nigella s.l. (Ranunculaceae): Identification, Diagnostic Traits, and Their Potential Phylogenetic Relevance. In: International Journal of Plant Sciences. Band 172, Nr. 2, 2011, S. 267–284, doi:10.1086/657676.
- Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3131-5. Seite 397.
- Anton Weber: Struktur, Antheseverlauf und Bestäubung der Blüte von Nigella arvensis (Ranunculaceae). In: Verhandlungen der Botanisch-Zoologischen Gesellschaft in Österreich. Band 130, 1993, S. 99–125 (PDF-Datei; 10,2 MB).
- Paul Müller-Schneider: Verbreitungsbiologie (Diasporologie) der Blütenpflanzen. In: Veröffentlichungen des Geobotanischen Instituts der Eidgenössischen Technischen Hochschule, Stiftung Rübel, in Zürich. Band 61, 1977, S. 1–226, DOI:10.5169/seals-308500.
- A. Caneppele, Andreas G. Heiss, M. Kohler-Schneider: Weinstock, Dill und Eberesche: Pflanzenreste aus der latènezeitlichen Siedlung Sandberg/Roseldorf. In: Archäologie Österreichs. Band 21, Nr. 1, 2010, S. 13–25 (PDF-Datei; 2,5 MB).
- Stefanie Jacomet: Flora-Geschichte der Region. In: UNI NOVA. Wissenschaftsmagazin der Universität Basel. Band 107, 2007, S. 23–25 (PDF-Datei). (Memento vom 24. Dezember 2010 im Internet Archive)
- Manfred A. Fischer, Karl Oswald, Wolfgang Adler: Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol. 3., verbesserte Auflage. Land Oberösterreich, Biologiezentrum der Oberösterreichischen Landesmuseen, Linz 2008, ISBN 978-3-85474-187-9.
- Dietmar Aichele, Heinz-Werner Schwegler: Die Blütenpflanzen Mitteleuropas. 2. Auflage. Band 5: Schwanenblumengewächse bis Wasserlinsengewächse. Franckh-Kosmos, Stuttgart 2000, ISBN 3-440-08048-X.
- RIS - Wiener Naturschutzverordnung - Landesrecht konsolidiert Wien, Fassung vom 21.10.2021. Abgerufen am 21. Oktober 2021.
- Carl von Linné: Species Plantarum. Band 1, Lars Salvius, Stockholm 1753, S. 534, Digitalisat .
- Jaakko Jalas, Juha Suominen (Hrsg.): Atlas Florae Europaeae. Distribution of Vascular Plants in Europe. 8. Nymphaeaceae to Ranunculaceae. Akateeminen Kirjakauppa, The Committee for Mapping the Flora of Europe & Societas Biologica Fennica Vanamo, Helsinki 1989, ISBN 951-9108-07-6, S. 32.
- Werner Greuter, Hervé-Maurice Burdet, Gilbert Long (Hrsg.): Med-Checklist. A critical inventory of vascular plants of the circum-mediterranean countries. Vol. 4: Dicotyledones (Lauraceae – Rhamnaceae). Conservatoire et Jardin Botanique, Genève 1989, ISBN 2-8277-0154-5, S. 411–412 (online).