Abend
Als Abend (ahd. âpand, âbant, âbunt; mhd. âbent)[1] wird der spätere Teil des Tages bezeichnet, ein Tagesabschnitt zwischen Nachmittag und Nacht.
Bedeutung
Mit Vorabend wird ein Abend auf den folgenden Tag bezogen, traditionell insbesondere vor einem Fest, besonders vor einem Heiligen- oder Kirchenfest. Die Zusammensetzung Sonnabend bezeichnet synonym zu Samstag einen Wochentag, früher hatte das Wort wie altenglisch sunnanæfen die Bedeutung „Vorabend von Sonntag“.[2][3] Daneben gibt es im Deutschen eine Reihe von Wortzusammensetzungen wie auch Redewendungen, die Abend als einen Zeitbegriff aufnehmen oder mit davon abgeleiteten Begriffen beziehungsweise mit übertragenen Bedeutungen.
Veraltet[4] – insbesondere in der literarischen Dichtung[5], aber auch in der Nautik oder der sphärischen Astrononomie verwendet – wird als Abend auch die Himmelsrichtung des Sonnenuntergangs, der Westen bezeichnet[6] (vgl.: Okzident, Abendland oder Weltgegenden, astronomisch: West- oder Abendpunkt, Abendweite).
Etymologie
Die Herkunft des Wortes Abend lässt sich im 9. Jahrhundert aus dem Althochdeutschen als āband nachweisen. Im Mittelhochdeutschen entwickelte sich ābent. Die Wortbildung ist auf die westgermanische Form *āfanþija, *āfanðija zurückzuführen, die sich von nordgermanischen Entsprechungen (altnordisch aptann, schwedisch afton, dänisch aften) durch Fehlen des Dentals und die Länge des Anlauts unterscheidet. Als wahrscheinlich gilt eine Verwandtschaft mit griechisch epí (ἐπί) ‘auf’, opsé (ὀψέ) ‘spät’, denen indoeuropäisch *epi, *opi für ‘nahe hinzu, darauf, hinter’ zugrunde liegt. Abend im Sinne von ‘Westen, Okzident’ wurde nach dem Stand der Sonne, vereinzelt schon Ende des 14. Jahrhunderts im Mitteldeutschen unter Einfluss von lateinisch vesper für ‘Abend, Abendgegend, Westen’ und seit Anfang des 16. Jahrhunderts insbesondere durch Luther gängig.[7]
Zeitbegriffe
Abend als Tageszeit
Abend – als Adverb auch abends– bezeichnet eine Tageszeit als ungefähre Zeitspanne gegen Tagesende. Das Ende des lichten Tages ist der Sonnenuntergang, dessen Zeitpunkt vom Standort und von der Jahreszeit abhängt. Die Tageslänge sowie die Dauer der Dämmerung variiert in gemäßigten geographischen Breiten. Im Frühneuhochdeutschen bedeutete die Zeitspanne Abend die „Tageszeit zwischen Beendigung des Tagwerks und Beginn der Nachtruhe“[8]. Der heutige Zeitbegriff des Abends als – so der Duden – „Tageszeit um die Dämmerung, das Dunkelwerden vor Beginn der Nacht“,[9] ist ebenfalls am Ende des lichten Tages orientiert. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird zwischen einem frühen und einem späten[10] Abend unterschieden, der bis in die Nacht reichen kann und oft ein geselliges Beisammensein einschließt.
In der Antike, wie etwa im römischen Reich, waren sowohl die Nacht als auch der Tag meist in zwölf Temporalstunden eingeteilt, deren Länge der Dauer des Lichttages im Jahresverlauf angepasst war. Die zwölf Stunden des Tages wurden zu vier Abschnitten zusammengefasst: dem Morgen (mane), dem Vormittag (ad meridiem), dem Nachmittag (de meridie) und dem Abend (suprema). Der Abend umfasste den Zeitraum vom Anfang der zehnten Stunde bis zum Ende der zwölften Stunde, dem Sonnenuntergang. Die vier Tagesabschnitte wurden in Rom von Amtsdienern der Konsuln öffentlich ausgerufen.[11] Im späten Mittelalter etablierten sich mit der Erfindung der Räderuhr die Äquinoktionalen Stunden in Europa, womit es zu einer Anpassung der Stundenzählung kam, die von den Jahreszeiten unabhängig wurde.
Ähnlich wie in den romanischen Sprachen wurde insbesondere im west- und süddeutschen Sprachbereich der Abend als letzter Teil des hellen Tages verstanden, während die Zeit nach Einbruch der Dunkelheit Nacht genannt wurde. Im nord- und mitteldeutschen Sprachgebrauch konnte Abend auch die frühen Nachtstunden bedeuten. So heißt es etwa im Goethe-Wörterbuch „besonders im gesellschaftl[ichen] Bereich erstreckt sich der A[bend] bis in die Zeit der Dunkelheit, ist aber bedeutungsmäßig nicht, wie ‘Nacht’, damit auswechselbar.“[12]
Christentum
Mit Abend oder hebräisch Erev wird gelegentlich auch in unserer Zeit ein ganzer Tag bezeichnet. Beispiele dafür sind der Begriff des Sonnabend vor dem höchsten Tag der Woche im Christentum, dem Sonntag, oder Heiliger Abend, dem Tag vor Weihnachten. Der Begriff verweist dann auf die Vigil eines hohen Festes, der liturgisch mit der ersten Vesper oder einer Nachtwache, der Vigil, beginnt.
Im Englischen ist diese Verwendung für Abend bzw. Vorabend (englisch eve) an mehreren Stellen erhalten geblieben. So bei Halloween, von All Hallows’ Eve, dem Tag vor Allerheiligen, Christmas Eve für den Heiligen Abend, oder bei New Year’s Eve für Silvester.
Im Mittelalter war die Bezeichnung Abend („am avende von“ oder die Synonyme Vigilia oder Pridie) als Bezeichnung der Vigil vor einem Fest im Kirchenjahr sowohl in der Umgangs- als auch in der Urkundensprache üblich, um den jeweils ganzen vorausgehenden Tag zu bezeichnen.[13] „Am avende von Magareten“ bedeutete damit während des Mittelalters in den meisten Diözesen „am 12. Juli“ und nicht „am Abend des 13. Juli“.
Erev Schabbat
Ma'ariv (hebr. מעריב) ist das erste bezeichnende Wort des jüdischen Abendgebets. Es ist aus Erev, hebräisch ערב für „Abend“ abgeleitet.[14][15]
Der Vorabend jüdischer Festtage, hebräisch Erev (hebräisch ערב „Abend“) und aramäische Aruvta bedeuten „Abend“. Besonders Erev ist im Sinne von Vorabend in Zusammensetzung mit Festtagen gebräuchlich, Erev Schabbat bedeutet also Vorabend des Sabbat. Umgangssprachlich kann auch ein dem Schabbat oder Festtag vorhergehender Tag gemeint sein[16].
Am Erev Schabbat, also am Freitag bis zum Anbruch des Abends, wird der Schabbat in jüdischen Haushalten vorbereitet.[17] Der Vorabend des Schabbat spielt eine wichtige Rolle für die Einstimmung auf den Schabbat.[18]
Erev Pessach
Die Vorzeit des Pessachfestes ist eine geschäftige Zeit, die der Vorbereitung für die Pessach-Festtage dient, von denen der erste und der letzte Pessachtag Hauptfeiertage sind, an denen jegliche Werktagsarbeit vermieden wird. Der Erev Pessach dient insbesondere der Vorbereitung des Sederabends.
Abgeleitete Begriffe
Vielfach wird der Abend metaphorisch oder literarisch für das Ende eines Zeitabschnitts, einer Ära oder eines Zeitalters gebraucht. So bezeichnet der Feierabend die Ruhezeit nach der täglichen Arbeitszeit. Als Lebensabend wird poetisch der Lebensabschnitt eines Menschen bezeichnet, den er im Ruhestand verbringt. Zudem wird der Zeitabschnitt unmittelbar vor einem historischen einschneidenden Ereignis als dessen Vorabend bezeichnet wie beispielsweise der Vorabend der Schlacht von Waterloo oder der Vorabend der Oktoberrevolution. Andererseits bezeichnet Vorabend auch den späten Nachmittag und früheren Abend, etwa in Begriffen wie Vorabendprogramm.[19]
Im kulturellen Bereich entwickelten sich Kunstformen, wie etwa in der Musik Serenade, Abendmusiken, Nocturne und nicht zuletzt abgeleitet vom soldatischen Begriff Zapfenstreich der sogenannte Große Zapfenstreich als militärisches Zeremoniell. Als Soirée bezeichnet man auch eine Abendgesellschaft. Weitere abgeleitete Begriffe sind zudem Abendgarderobe oder Abendkleid für eine Kleiderordnung bei abendlich stattfindenden feierlichen Anlässen. Ein häufig gebrauchter Begriff ist das Abendessen, wobei dieser in der Schweiz immer und in Süddeutschland teilweise durch den Begriff Nachtessen ersetzt wird.
Siehe auch
- Abenderst und Abendletzt
- Abendmahl (Begriffsklärung)
- Feierabend
- Tag-Nacht-Grenze
Literatur
- Ignaz Bernstein: Jüdische Sprichwörter und Redensarten. J. Kauffmann, 2. Aufl. Frankfurt a. M. 1908
- Georg Herlitz und Bruno Kirschner: Jüdisches Lexikon. Ein enzyklopädisches Handbuch des jüdischen Wissens in vier Bänden. Jüdischer Verlag, Berlin 1927.
- Leo Hirsch: Jüdische Glaubenswelt. Bertelsmann, Gütersloh 1966
Weblinks
Einzelnachweise
- ABEND, m.. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. Hirzel, Leipzig 1854–1961 (woerterbuchnetz.de, Universität Trier).
- Eintrag Sonnabend in Duden (online); abgerufen am 23. Januar 2019
- SONNABEND, m.. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. Hirzel, Leipzig 1854–1961 (woerterbuchnetz.de, Universität Trier).
- Abend in duden.de; abgerufen am 25. Januar 2019
- Abend in DWDS; abgerufen am 24. Januar 2019
- Meyers Großes Konversations-Lexikon 1905 (Eintrag Abend in: Meyers Konversations-Lexikon 1905) auf Zeno.org
- Abend, in: Wolfgang Pfeifer et al., Etymologisches Wörterbuch des Deutschen (1993), digitalisierte und von Wolfgang Pfeifer überarbeitete Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache; abgerufen am 24. Januar 2019
- abend In: Frühneuhochdeutsches Wörterbuch der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen; abgerufen am 8. Januar 2019
- Abend In: Duden.de; abgerufen am 8. Januar 2019
- spätabends, duden.de; abgerufen am 23. Januar 2019
- Wolfgang Trapp: Kleines Handbuch der Maße, Zahlen, Gewichte und der Zeitrechnung. Philipp Reclam, Stuttgart 1998, ISBN 3-89836-198-5, S. 53.
- Abend; In: Goethe-Wörterbuch. Hg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften [bis Bd. 1, 6. Lfg.: Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin; bis Bd. 3, 4. Lfg.: Akademie der Wissenschaften der DDR], der Akademie der Wissenschaften in Göttingen und der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Stuttgart 1978-. In: Wörterbuchnetz.de der Universität Trier
- Siehe A. von Brandt: Werkzeug des Historiker. Eine Einführung in die historischen Hilfswissenschaften, ²1960, S. 45.
- "Ma'ariv - Synonym: Arawit; das Abendgebet" Mauricio Manuel Dessauer, Ulrich Michael Lohse: Was Sie schon immer über das Judentum wissen wollten - und nicht zu fragen wagten. Pelican Pub., Fehmarn 2006, ISBN 978-3-934522-13-8, S. 88.
- Living Jewish: values, practices and traditions By Berel Wein, page 88
- "Erew - „Abend“, gebräuchlich im Sinne von Vorabend, etwa des Schabbat oder eines Festtages; umgangssprachlich der einem Schabbat oder Festtag vorhergehende Tag." Mauricio Manuel Dessauer, Ulrich Michael Lohse: Was Sie schon immer über das Judentum wissen wollten - und nicht zu fragen wagten. Pelican Pub., Fehmarn 2006, ISBN 978-3-934522-13-8, S. 46.
- "Die Wohnung wird gerichtet wie zu einem Fest, alle Geräte werden geputzt, und der Tisch wird weiß gedeckt. Man badet und zieht möglichst von Kopf bis Fuß frische Kleidung an. Man tut Geld und was man sonst in den Taschen hat, heraus und bereitet sich in jeder Weise auf den Schabbat vor, an dem nicht gehastet und nicht gearbeitet wird, an dem kein Geschäft und keine Alltagssorge existiert." Leo Hirsch: Jüdische Glaubenswelt. C. Bertelsmann, 1966, ISBN B0089UVW78, S. S. 86.
- Berel Wein, Besondere Zeit. Was der Freitagnachmittag zur Atmosphäre des Schabbats beiträgt, in: Jüdische Allgemeine vom 22. Mai 2008
- Vorabendprogramm, duden.de; abgerufen am 23. Januar 2019.