Éditions Gallimard
Die Éditions Gallimard sind ein bedeutendes französisches Verlagshaus. Der Verlag hat seinen Stammsitz in der nach dem Gründer des Verlages, Gaston Gallimard, benannten Straße im 7. Arrondissement in Paris. Der Verlag wurde im Jahr 1911 in Paris unter der Ägide von Gaston Gallimard, André Gide und Jean Schlumberger in Zusammenhang mit der Herausgabe der Nouvelle Revue Française gegründet.
Éditions Gallimard | |
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Rechtsform | Aktiengesellschaft |
Gründung | 1911 |
Sitz | Paris, Frankreich |
Leitung | Antoine Gallimard |
Branche | Verlag |
Website | http://www.gallimard.fr |
Die Éditions Gallimard zählen gemeinhin zu den prestigeträchtigsten und einflussreichsten Verlagshäusern französischer Sprache. Zu den Autoren des Verlages gehören unter anderem 38 Alumni des Nobelpreises für Literatur, 36 Gewinner des Prix Goncourt sowie 10 Graduierte des Pulitzer-Preises.[1]
Geschichte
Gegründet wurde das Verlagshaus 1911 von Gaston Gallimard, der gemeinsam mit André Gide und Jean Schlumberger die Idee hatte, der damals drei Jahre alten Zeitschrift Nouvelle Revue Française einen Bücherverlag anzugliedern. Die ersten drei Bücher – L’Otage (Die Geisel) von Paul Claudel, Isabelle von André Gide und La Mère et l’enfant von Charles-Louis Philippe – erschienen im Juni 1911 unter der Verlagsbezeichnung Les Éditions de la Nouvelle Revue Française (NRF).[2] Daraus leitet sich das stilisierte Logo nrf ab, das auch heute noch auf vielen Titeln des Verlags zu finden ist.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde von Marcel Duhamel im Gallimard-Verlag die Série noire („Schwarze Reihe“) gegründet, eine französische Reihe von Kriminalromanen US-amerikanischer Herkunft, den sogenannten „Thrillern“. Diese eigenständig, französisch geprägte Gattung war entscheidend verantwortlich für die rasante Entwicklung des Roman noir in Frankreich.[3]
Seit 1992 sind die Éditions Gallimard im Besitz der übergeordneten Holding Madrigall. Zu dieser gehören seit 2015 neben Gallimard auch Flammarion und andere Verlagshäuser. Das Unternehmen wird vom Enkel des Gründers, Antoine Gallimard, geführt. Laut The Guardian profitierte Éditions Gallimard selbst 2000 noch von André Gide, der quasi als Talentscout die beste „Backlist“ im internationalen Verlagsgeschäft geschaffen habe.[4] Allein 2003 veröffentlichte der Verlag 1418 Einzeltitel. Insgesamt umfasst das laufende Verlagsprogramm rund 17.000 Titel von ca. 7000 Autoren, hierunter:
- Marcel Proust, André Gide, Milan Kundera, Georges Simenon, Saint-John Perse, Antonin Artaud, Jean-Paul Sartre, Simone de Beauvoir, Albert Camus, Louis-Ferdinand Céline, Jean Genet, René Char, Louis Aragon, Pierre Klossowski, Élisabeth Gille, André Malraux, Léo Malet, Philippe Djian, Jean-Claude Izzo, Antoine de Saint-Exupéry, Raymond Queneau, Marguerite Yourcenar, Eugène Ionesco, Georges Schehadé, Nathalie Sarraute, Marguerite Duras, Jean-Patrick Manchette, Pascal Quignard, Michel Tournier, Patrick Modiano, Jean-Marie Gustave Le Clézio, Lydie Salvayre und Édouard Glissant.
Das Unternehmen machte im Jahr 2003 mit eintausend Mitarbeitern einen Umsatz von 226 Millionen Euro. Im Jahr 2011 wurde in der Bibliothèque nationale de France anlässlich des hundertjährigen Jubiläums eine Ausstellung zur Verlagsgeschichte ausgerichtet.[5]
Gallimard beabsichtigte, die antisemitischen Pamphlete Bagatelle pour un massacre (1937), L’École des cadavres (1938) und Les Beaux Draps (1941) von Louis-Ferdinand Céline im Jahre 2018 in Neuauflage herauszubringen. Dies führte in Frankreich zu heftigem Widerspruch.[6] Zwar versicherte der Verlag, diese Texte nur mit ausführlichem Kommentar und entsprechendem Vorwort zu veröffentlichen,[7] doch in einer Zeit ansteigender antisemitischer Vorfälle hoben kritische Stimmen, wie etwa Serge Klarsfeld, Gründer und Präsident der Association des fils et filles des déportés juifs de France, die Gefährlichkeit eines solchen Unternehmens hervor. Am 11. Januar 2018 reagierte Herausgeber Antoine Gallimard auf die Proteste und stellte das Projekt ein.[8]
Im Juni 2021 kündigten die Éditions de Minuit und Madrigall, Muttergesellschaft der Éditions Gallimard, gemeinsam an, dass Madrigall ab Januar 2022 die Éditions de Minuit übernimmt. Neuer Leiter der Éditions de Minuit wird Thomas Simonnet.[9][10]
Untergliederung
Verlagshäuser
- Éditions Denoël
- Les Éditions du Mercure de France
- Nouveaux Loisirs (Touristik)
- Futuropolis
- Gallimard Jeunesse
- P.O.L. (88 %)
- Les Éditions de la Table Ronde
Vertrieb und Distribution
- SODIS
- SOCADIS (Joint Venture mit Flammarion)
- Centre de Diffusion de l'Édition
- France Export Diffusion
Programmreihen
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Literatur
- Pierre Assouline: Gaston Gallimard – Un demi-siècle d’édition française. Balland, 1984.
- Pierre Assouline: Gaston Gallimard: medio siglo de edición en Francia. Península, Barcelona 2003, ISBN 84-8307-544-X.
Film
- Im Reich der Bücher. Gallimard. (OT: Gallimard, Le Roi Lire.) Dokumentarfilm, Frankreich, 2011, 93:20 Min., Buch und Regie: William Karel, Produktion: Films du Bouloi, arte France, INA, France Télévisions, deutsche Erstsendung: 10. Februar 2014 bei arte, Inhaltsangabe von arte.
Weblinks
- Homepage des Verlags Gallimard (fr)
- Ausführliche Geschichte des Verlags auf Englisch und Französisch (PDF; 0 kB)
- Die Collectionen von Éditions Gallimard
- Collection Gallimard Jeunesse
- Collection Gallimard Loisirs
- Latitude Gallimard
Einzelnachweise
- Gallimard, une histoire si française - Les Echos. Abgerufen am 7. September 2018 (französisch).
- Eléonore Sulser: Paul Gallimard, le génie oublié de la dynastie. Artikel erschienen in Le Temps am 25. Juni 2011
- Siehe zur Geschichte der série noire: Emmanuelle Papazian: Brève histoire de la Série Noire. In: La République des Lettres, 30. Juli 2010, online (Memento vom 3. Februar 2011 im Internet Archive) zuletzt abgerufen am 10. Mai 2013.
- Paul Webster: The French connection. Paul Webster explores current crises and literary rebirths in the land of Flaubert and Voltaire. In: The Guardian, 29. Juli 2000.
- Helmut Mayer: Ausstellung 100 Jahre Gallimard. Frankfurter Allgemeine Zeitung am 29. März 2011, abgerufen am 12. Oktober 2014.
- Petites et grandes manoeuvres autour des pamphlets de Céline. In: Le Monde, 3. Januar 2018.
- Helmut Mayer: Céline-Neuauflage: Sein Gift war echt. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28. Dezember 2017, abgerufen am 30. Dezember 2017.
- Gallimard ‚suspend‘ son projet de publication des pamphlets antisémites de Céline. In: Le Parisien, 11. Januar 2018.
- Alain Beuve-Méry: En rejoignant Gallimard, les Editions de Minuit choisissent d’unir deux des plus beaux catalogues du XXe siècle In: Le Monde, 24. Juni 2021, abgerufen am 5. Juli 2021.
- Valérie Marin La Meslée: Qui est Thomas Simonnet, qui dirigera les Éditions de Minuit, rachetées par Gallimard? In: Le Point, 24. Juni 2021, abgerufen am 5. Juli 2021.