Zürch (Schweinfurt)
Der Zürch (Ortsangabe: im Zürch) ist ein Stadtviertel in der kreisfreien Stadt Schweinfurt und Teil der Altstadt. In den Annalen tauchte der Name Zürch erstmals im Jahre 1377 auf.[2] Das baulich wie historisch eigenständige Altstadt-Quartier mit weithin erhaltenem Ortsbild ist ein ehemaliges Burgenviertel.
Zürch Stadtviertel in Schweinfurt | |
---|---|
Höhe: | 220 m |
Fläche: | 5,1 ha[1] |
Postleitzahl: | 97421 |
Vorwahl: | 09721 |
Zürch mit Stadtmauer, Pulvertürmen und St. Salvator |
Das Gebiet des heutigen Zürch gehört neben dem Fischerrain zu den am längsten besiedelten Arealen innerhalb der heutigen Altstadt. Vorchristliche Funde erster Besiedlungen wurden in beiden Quartieren gemacht. Der Zürch ist das älteste mittelalterliche Stadtviertel der Reichstadt Schweinfurt, da bei ihrer Gründung der Fischerrain noch nicht in sie einbezogen war.
Die über 300 Jahre alte Zürcher Kirchweih gilt als eine der ältesten Kirchweihen Unterfrankens.
Lage
Das historische Schweinfurt bestand aus vier Vierteln, die durch ein Straßenkreuz am Marktplatz gebildet wurden. Diese klassische mittelalterliche Struktur ist bis heute erhalten. Der Zürch umfasst das südöstliche Viertel und liegt oberhalb von Main und Marienbach, die dort einen rechten Winkel bilden.
Der Zürch wurde an seinen vier Eckpunkten einstmals vom Markt im Westen, vom Mühltor im Norden, von der Reichsburg im Osten und vom Brückentor im Süden begrenzt. Zwischen Markt und Mühltor verläuft die Rückertstraße (einst: Mühlgasse) und zwischen Markt und Brückentor die Brückenstraße (einst: Brückengasse). Zwischen Mühltor und einstiger Reichsburg verlaufen parallel zum Marienbach die dort noch erhaltene bzw. sanierte Stadtmauer und der unmittelbar dahinter liegende Untere Wall (siehe oberes Bild). Zwischen der Reichsburg mit erhaltener Burgmauer, die dort identisch mit der Stadtmauer ist (siehe unteres Bild) und Brückentor verlief parallel zum Main ein Zwinger.[3]
Die Gasse im östlichen Bereich trägt noch den Namen Zwinger, während der westliche Teil als Abschnitt des Stadtrings (Paul-Rummert-Ring) völlig umgebaut wurde.
Etymologie
Es wurde bisher vermutet, dass der Name auf das mittelhochdeutsche Wort zirk, zirch, zürch, zurch, was so viel wie Kot oder Tierkot bedeutet, zurückgeht. Das wäre denkbar, da das hochwasserfreie Gelände auf einer Anhöhe über Main und Marienbach sich als Viehweide geeignet haben könnte. Zürch ist auch die alte Bezeichnung der Schweizer Stadt Zürich, deren Ursprünge ebenfalls auf einem Hügel an der Limmat, dem Lindenhof lagen, jedoch wird der Stadtname heute völlig anders hergeleitet. Ansonsten gibt es keinen Ort mit dieser Bezeichnung.
In neuerer Zeit gibt es eine einfachere Erklärung für den Schweinfurter Namen: Zürch sei einfach verschliffen auf zirc oder zirk zurückzuführen, was so viel bedeutet wie Bezirk und dessen Bezeichnung als Burgbezirk um die alte Reichsburg kennzeichnet:
- „Der Zürch gibt in diesem Falle einen Hinweis auf den Burg(be)zirk, den Standort der ehemaligen Reichsburg in diesem Stadtteil, die Graf Berthold IV von Henneberg um 1310 errichtete und die bereits 1427 wieder zerstört wurde. Gleichzeitig wird damit auch der rechtliche Sonderstatus des Burgareals innerhalb des Stadtgebietes manifestiert. Diese Fläche war auch nach dem Abgang der Burg und Abtragung der sichtbaren oberirdischen Gebäudereste ein Sondergebiet/eine Sonderrechtszone auf der noch lange Rechte und Pflichten wie bei Burgmannsitzen (Burggütern) üblich ruhten.“ (Michael Unrath aus Nassach) [2]
Für diese Erklärung spricht, dass das erstmalige Auftauchen des Namens Zürch in den Annalen (1377) in die relativ kurze Zeit des Bestands der Reichsburg fällt.
Geschichte
Einstige Reichsburg
In der Südostecke an der Stadtmauer lag von 1310 bis 1427 die von den Hennebergern erbaute Reichsburg. Dort nahmen die Henneberger Grafen als vom Kaiser eingesetzte Pfandherren dessen Rechte in der Reichsstadt wahr.[4] Zeitweise war die Burg eigentlich keine richtige Reichsburg, da die Henneberger nicht nur Reichsvögte, sondern – aufgrund einer Verpfändung durch den König – sogar Herren der Schweinfurter waren. Diese Zeit endete mit der Rückzahlung der Pfändungssumme durch die Schweinfurter an die Henneberger bzw. den Bischof von Würzburg, der eine Pfandhälfte, die vererbt worden war, von den Erben erworben hatte. Die große Burg mit mehreren Gebäuden und Höfen umfasste im Gassenkreuz des Zürchs das gesamte südöstliche Quartier,[5] worauf die Namen Burggasse und Rittergasse hinweisen. Die Burg wurde 1427 abgebrochen, die Steine wurden zum Bau des Schweinfurter Rathauses verwendet.
Stadtviertel
Erstmals urkundlich erwähnt wurde der Zürch 1538.[4] Der Zürch war früher kein Stadtviertel, sondern eine eigenständige Gemeinde mit Bürgermeister, Gemeinderat und Schutzmann[4] (siehe auch: Etymologie). Mit seiner eigenständigen Geschichte ähnelt der Zürch dem Fischerrain.
Im Zürch gab es einst zwei Brauereien. Das 1807 gegründete und in den 1990er Jahren geschlossene Wall Bräu zwischen Burggasse und Unterem Wall war in historischer Zeit ein großer Komplex und später nur noch ein kleines Brauhaus. Am Zwinger lag die 1886 gegründete und 1921 geschlossene Herzog Brauerei[6] (siehe auch: Liste ehemaliger Brauereien in Bayern, Schweinfurt).
Denkmalschutz und Sanierung
Der Zürch ist als Bauensemble in die Bayerische Denkmalliste eingetragen.[7] Im Sanierungsgebiet Altstadt 2: Zürch (5,1 ha)[1] wurden umfassenden Maßnahmen zur Restaurierung in den 1980er Jahren durchgeführt. Anschließend wurde die am östlichen Rand des Quartiers gelegene Stadtmauer saniert, die Wallanlagen wurden neu gestaltet.
Beschreibung
Der Zürch zeugt mehr als andere Viertel von der mittelalterlichen und reichsstädtischen Vergangenheit Schweinfurts, besitzt den eigenständigsten Charakter und wird deshalb „das Dorf in der Stadt“ genannt. Der Zürch ist ein Viertel oder Quartier im wörtlichen Sinne, da es vom Straßenkreuz der mittelalterlichen Gründungsstadt begrenzt wird, als Quadrat mit einer Seitenlänge von 200 Metern und somit 4 ha Fläche. Charakteristisch für das Quartier sind die gepflasterten, meist engen Gassen. Die Linsengasse ist an der engsten Stelle nur 2,50 m breit. Das Quartier besteht heute aus sieben Gassen:
|
|
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Bürgerverein
Zur Pflege von Tradition und Brauchtum wurde der Bürgerverein Gemeinde Zürch von zwölf Stammtischbrüdern am Neujahrstag des Jahres 1900 beim Frühschoppen im Gasthaus Herzogs-Bräu gegründet. Karl Erhardt war der erste Zürcher „Bürgermeister“. Dies ist eine in Schweinfurt volkstümliche Bezeichnung für Vorsitzende der traditionellen Stadtteil-Bürgervereine, die seit Eintragung des Zürcher Bürgervereins ins Vereinsregister im Jahre 1996 der Bürgervereinr nicht mehr verwenden darf.[4] Er ist der älteste Bürgerverein der Stadt.
Siehe auch: Schweinfurt, Bürgervereine
Sehenswürdigkeiten
Die Kirche des Altstadtquartiers ist St. Salvator, eine schlichte Barockkirche. Sie wurde an Stelle der Burgkapelle (um 1315) errichtet, mit gotischem Ausbau (1412). Der Chor stammt noch von der ehemaligen Liebfrauenkirche an selber Stelle. Die Reformation in der Stadt nahm durch eine Predigt in dieser Kirche 1532[8] ihren Ausgang. St. Salvator wurde später zum Teil zerstört und zerfiel. Zum 200. Jahrestag der Reformation 1717 begann die Stadt eine umfassende, zweijährige Erneuerung. Die Kirche wurde während des Zweiten Weltkriegs bis auf die Außenmauern zerstört und bis 1953 wieder originalgetreu aufgebaut. Sie gilt als einziges bedeutendes barockes Bauwerk der von der Renaissance geprägten Altstadt.
In der Rittergasse liegt der Ebracher Hof. Er wurde 1431 vom Zisterzienser-Kloster Ebrach im Steigerwald als Amtssitz und Klosterhof erworben, ist im Zweiten Markgrafenkrieg 1554 bis auf die Außenmauern abgebrannt und konnte wegen des Widerstandes des (evangelischen) Stadtrates erst 1578 wieder aufgebaut worden.[8] Nach Bauarbeiten im Jahre 1698 blieb der historische Hof bis heute unverändert. Der südliche Bereich des Ebracher Hofs in Richtung Main wurde für die neue Stadtbücherei 2004–2007 ausgebaut und erhielt Architekturpreise.
Im Zürch gibt es darüber hinaus umfassende historische Bausubstanz in Form von Wohn- und kleinen Handwerkergebäuden. Am östlichen Rand des Quartiers, Am Unteren Wall, ist die restaurierte Stadtmauer komplett erhalten, mit zwei Wehrtürmen, den sogenannten Pulvertürmen.
- Burggasse
- St.-Salvator,
Barock-Portal - Am Unteren Wall
- Rückertstraße/
Ecke Linsengasse
Kutschenstation
Das Haus in der Burggasse 17 (Baubeginn 1563) ist das älteste erhaltene Bürgerhaus der Stadt und steht direkt neben der St.-Salvator-Kirche. Das als Kutschenstation errichtete Gebäude wurde im Zweitem Welzktieg teilzerstört und wird derzeit (2022) restauriert und vollständig wieder aufgebaut. Der große, eingestürzte Renaissancegiebel wird rekonstruiert. Zahlreiche Malereien wurden entdeckt (siehe auch: rechtes Bild Lage und Video).[9]
Kirchweih
Das Hochfest des Jahres ist die Zürcher-Kirchweih (St. Salvator) Ende Juni oder Anfang Juli, die der Bürgerverein ausrichtet.
Infrastruktur
Der Zürch ist eine verkehrsberuhigte Zone. Im Quartier gibt es eine evangelische Kirche, die Stadtbücherei und ein kleines Hotel mit Restaurant im Ebracher Hof, einen Kindergarten, kleine Boutiquen und zwei Lokale. Am Rand des Zürch in der Brücken- und Rückertstraße befinden sich Geschäfte, weitere Lokale und ein Kinozentrum mit fünf Sälen.
Video
Einzelnachweise
- swity.de/Vorbild Schweinfurt: Altstadtsanierung gegen Wohnungsmangel. Abgerufen am 8. Juli 2020.
- Peter Hofmann: schweinfurtfuehrer/Zürch. Abgerufen am 13. Dezember 2018.
- BayernAtlas: Historische Karte, Katasterplan Blatt Schweinfurt (zwischen 1833 und 1852), Planausschnitt Zürch. Abgerufen am 26. November 2019.
- mainpost.de: Leben im Zürch: Wo Stadt und Dorf nur ein paar Schritte trennen, 28. März 2020. Abgerufen am 13. April 2020.
- Historisches Lexikon Bayerns. Abgerufen am 14. Juni 2018.
- Peter Hofmann: schweinfurtfuehrer.de
- Liste der Baudenkmäler in Schweinfurt, Ensemble Am Unteren Wall/Burggasse (einschließlich weiterer Gassen des Zürch): Aktennummer E-6-62-000-1
- Tourist-Information Schweinfurt 360°: Schweinfurt-Stadtplan. Sehenswürdigkeiten und Rundgang. September 2009
- mainpost.de: Kirchenmaler sanieren im Zürch das "Erste Haus am Platz", 2. Juni 2021. Abgerufen am 2. Juli 2021.