Wustrau-Altfriesack
Wustrau-Altfriesack ist ein Ortsteil der Gemeinde Fehrbellin (Landkreis Ostprignitz-Ruppin) im Norden des Landes Brandenburg.
Wustrau-Altfriesack Gemeinde Fehrbellin | |
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Höhe: | 39 m ü. NHN |
Einwohner: | 1146 |
Eingemeindung: | 26. Oktober 2003 |
Postleitzahl: | 16818 |
Vorwahl: | 033925 |
Schloss Wustrau |
Geographie
Wustrau-Altfriesack liegt an den Ufern von Bützsee und Ruppiner See im Ruppiner Land. Der Ortsteil umfasst die Gemeindeteile Altfriesack, Wustrau und Zietenhorst. Er wird von der Landesstraße 164 durchquert. Die Bahnstrecke Kremmen–Meyenburg führt nordöstlich am Gemeindegebiet vorbei.
Geschichte
Altfriesack war ursprünglich ein Fischerdorf, das 1421 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Der mittelalterliche Ortskern liegt auf einer Insel in der Verbindung zwischen dem Ruppiner See und dem sich südlich anschließenden Bützsee. Im südlichen Teil der Insel befand sich im Mittelalter mit dem Burgwall Altfriesack vermutlich ein kultischer Mittelpunkt des slawischen Stammes der Zamzizi. Im Neuen Museum Berlin befindet sich der Altfriesacker Götze, die Figur eines slawischen Pfahlgottes, die in Altfriesack gefunden wurde.
Aus dem Jahr 1418 stammte die erste urkundliche Erwähnung einer Walkmühle in Wustrau. Das Dorf selbst wurde 1462 erstmals urkundlich erwähnt. Im Dreißigjährigen Krieg fiel es einem Brand zum Opfer. Wustrau gehörte 1590 bereits zu einem Viertel einem Jacob von Zieten und wurde 1766 vollständig Zietenscher Besitz. Aus dem 18. Jahrhundert liegen Meldungen über Weinanbau auf dem Weinberg vor. Theodor Fontane war bei seinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg von Wustrau angetan, er sah „saubere, von Wohlstand zeugende Bauerhäuser“.[1]
Um 1490 gehörten Wustrau und Altfriesack zur im Kern reichsunmittelbaren Herrschaft Ruppin der Grafen von Lindow-Ruppin.
Altfriesack und Wustrau bildeten 1974 die Gemeinde Wustrau-Altfriesack. Am 26. Oktober 2003 wurde Wustrau-Altfriesack nach Fehrbellin eingemeindet.[2]
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Museen
Im Jahr 2000 wurde in Wustrau das private Brandenburg-Preußen Museum eröffnet. Auf 350 m² wird die 500-jährige Geschichte Brandenburg-Preußens unter den Hohenzollern gezeigt. Neben diesem Museum befindet sich das Denkmal für von Zieten, welches von Johann Gottfried Schadow für den Berliner Wilhelmplatz 1794 geschaffen worden war.[3]
Schloss Wustrau
Das Kavaliershaus wurde 1690 gebaut. Das alte Gutshaus war 1699 Geburtsort von Hans Joachim von Zieten, einem der berühmtesten Reitergeneräle der preußischen Geschichte und engem Vertrauten Friedrichs des Großen. Zieten wurde im Januar 1786 auf dem Wustrauer Friedhof begraben, nachdem er im Alter von 86 Jahren gestorben war, nur wenige Monate vor dem Alten Fritz.
Ein erster Schlossbau ländlich-barocken Stils entstand zwischen 1747 und 1750. Seine endgültige Gestalt erhielt Schloss Wustrau im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts unter dem Grafen Albert-Julius von Zieten-Schwerin. Der zugehörige Landschaftspark entstand 1840; Peter Joseph Lenné wurde vom Landrat Friedrich Graf v. Zieten gebeten (13.1.1840), Ideen für die Parkgestaltung vorzuschlagen. Im Februar besuchte Lenné Wustrau und übersandte einen Monat später seine Planungen. Zur Verwirklichung dieser schickte er außerdem verschiedene Baumsetzlinge. Zum Gut gehörte ab 1750 ein Eiskeller, in dem das im Winter vom See herantransportierte Eis (abgedeckt mit Stroh und Torf) bis in den Sommer hinein gelagert wurde. Der Eiskeller ist mit von Friedrich Christian Glume geschaffenen Hermen verziert, die zwischen 1991 und 2003 restauriert wurden.
Im Zweiten Weltkrieg war das Schloss zeitweilig Sitz der SS-Wehrwirtschaftsführung und zentrale SS-Führungsdienststelle. Angeblich wurden von hier aus zuletzt die Konzentrationslager Sachsenhausen und Ravensbrück verwaltet. Bei Kriegsende hatte SS-Chef Heinrich Himmler hier kurze Zeit seinen Befehlsstand. Letzte Besitzerin bis 1945 war Anni von Schwerin (1893–1961), seit 1918 verheiratet mit Hans-Ulrich von Oertzen.
Nach 1945 wurde das Schloss geplündert, anschließend verstaatlicht und als Notunterkunft genutzt. Von 1950 bis 1975 war eine Berufs- und Oberschule untergebracht. Das DDR-Ministerium der Justiz betrieb ab 1981 im Schloss eine Fortbildungsstätte, das Institut für Weiterbildung. Im Park wurden zu diesem Zweck zwei bis heute erhaltene Gästehäuser errichtet.
Nach der Deutschen Wiedervereinigung fand die Fortbildungseinrichtung der Justiz des Landes Brandenburg bis 1993 ein Zuhause im Schloss. Seitdem ist es die zweite Tagungsstätte der Deutschen Richterakademie.[4][5]
Dorfkirche
Die Dorfkirche Wustrau, ein im Kern spätgotischer Feldsteinbau beherbergt neben dem Epitaph für den Husarengeneral Hans Joachim von Zieten auch einige mittelalterliche Kunstgegenstände. Das Gotteshaus wurde im 18. Jahrhundert barockisiert und 1883 um eine neuromanische Chornische und eine Vorhalle an der Nordseite erweitert. Die Kirche gehört und dient einer Gemeinde der unierten Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz.
Weitere Bauwerke
Das Mühlengebäude am Wustrauer Mühlenrhin erhielt 1918 eine Sichtfassade im Art-déco-Stil, ist jedoch seines originalen Innenlebens beraubt. Die Gewölbe des ehemaligen Weinmeisterhauses in Wustrau sind erhalten. Das Pfarrhaus Wustrau stammt von 1740. Das 1908 am Anger von Wustrau gebaute Constanzehaus wurde nach Constanze Gräfin Zieten-Schwerin benannt und diente als soziale Freizeiteinrichtung. Es beherbergt heute ein Café.
Im nicht öffentlich zugänglichen Teil des Schlossparks steht die Schifferkapelle. Das Seeschlacht-Denkmal an der Uferpromenade von Wustrau wurde von Matthias Zágon Hohl-Stein geschaffen. Ein Fliegerdenkmal in Wustrau ist „den Vorkämpfern für Deutschlands Luftgeltung Joachim von Schröder und Erich Albrecht † 19.12.1929“ gewidmet.
Im Jahr 1787 wurde in Altfriesack eine nach holländischem Vorbild erbaute hölzerne Klappbrücke über den Rhinkanal eröffnet. Die Klappbrücke wurde 1927 durch eine Stahlkonstruktion ersetzt und 1994 vollständig erneuert. Sie steht ebenso wie die Schleuse Altfriesack und das Schleusenhaus unter Denkmalschutz.
Regelmäßige Veranstaltungen
Im Sommer spielt an der Uferpromenade von Wustrau das Sommertheater Wustrau, das auch als Seefestival bezeichnet wird. Die „Seeschlacht“ erinnert an dieselbe, die sich die Söhne derer von Zieten und derer von dem Knesebeck 1785 als militärische Kurzweil in den Sommermonaten ausdachten.
Söhne und Töchter (Auswahl)
- Hans Joachim von Zieten (1699–1786), Preußischer General
- Ernst Steudener (1803–1859), Architekt und Baubeamter
Verkehr
Der Haltepunkt Wustrau-Radensleben liegt an der Bahnstrecke Kremmen–Meyenburg und wird im SPNV durch die Linie RE 6 bedient.
Literatur
- Irina Rockel: Allergnädigster König und Herr! Ich bin Euer Knecht v. Zieten. Berlin 2012, ISBN 978-3-87776-198-4.
Weblinks
- Wustrau-Altfriesack auf der Internetseite der Gemeinde Fehrbellin
- Material zu Schloss Wustrau in der Sammlung Duncker der Zentral- und Landesbibliothek Berlin (PDF; 224 kB)
- Theodor Fontane: Notizbücher. Genetisch-kritische und kommentierte Edition. Hrsg. von Gabriele Radecke. Göttingen 2018. Notizbuch A1, Blatt 25r ff.: Wustrau
Einzelnachweise
- Theodor Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Band 1. Hertz, Berlin 1862, Kapitel: Wustrau. S. 3–13, hier S. 4.
- StBA: Änderungen bei den Gemeinden Deutschlands, siehe 2003.
- MD Berlin (Hrsg.): PreußenJahrBuchg. 2001, ISBN 3-930929-12-0, S. 196.
- Stefanie Krause: Wustrau. Hrsg.: Sibylle Badstübner-Gröger unter Mitarbeit von Christine Herzog (= Schlösser und Gärten der Mark. Nr. 111). Berlin 2010.
- Stefanie Leibetseder: Friedrich von Zieten (1765–1864) und seine Bemühungen um die Landesverschönerung im Kreis Ruppin. In: Sylvia Butenschön (Hrsg.): Landesentwicklung durch Gartenkultur. Gartenkunst und Gartenbau als Themen der Aufklärung (= Arbeitshefte des Instituts für Stadt- und Regionalplanung. Nr. 78). Technische Universität Berlin, Berlin 2014, ISBN 978-3-7983-2685-9, S. 201–217.