William Lossow
Walther William Lossow (* 21. Juli 1852 in Glauchau; † 24. Mai 1914 in Heidelberg) war ein deutscher Architekt.
Familie
William Lossow war das dritte von vier Kindern des Kaufmanns Emil Lossow und dessen Ehefrau Marie Emilie Albertine Lossow geborene Walther. Seine Brüder waren Arthur Lossow und Max Lossow. Er heiratete 1880 die Glauchauer Fabrikantentochter Johanna Maria Gertrud Kratz, dieser Ehe entstammten die Tochter Hanna und der Sohn Wilhelm Herbert.
Ausbildung und Beruf
Lossow studierte Ingenieurwissenschaften an der Höheren Gewerbeschule Chemnitz und am Polytechnikum Dresden. Dort war er Mitglied des Corps Thuringia. Er folgte jedoch bald seiner Neigung zur Architektur und wechselte zur Dresdner Kunstakademie, wo er Schüler von Karl Weißbach war. An den Studienabschluss im Jahr 1878 schloss sich ein einjähriger Studienaufenthalt in Italien an.
Nach seiner Rückkehr eröffnete Lossow 1880 mit dem Architekten Hermann Viehweger das gemeinsame Architekturbüro Lossow & Viehweger in Dresden, das bis 1906 bestand. Lossow und Viehweger konzentrierten sich auf Entwürfe historistischer Villen, Wohnhäuser und Geschäftshäuser in Dresden und Umgebung. Der Stil war anfangs dem Historismus zuzuordnen. Später wurden auch Elemente des Neobarock aufgegriffen, damit erleichterte sich die Einordnung der Bauten in das historische Dresdner Stadtbild. Nach 1900 zeigen sich aber auch Einflüsse der zeitgenössischen Reformarchitektur.
Nach der Auflösung der Bürogemeinschaft Lossow & Viehweger im Jahr 1906 arbeitete Lossow bis zu seinem Tod mit seinem Schwiegersohn Max Hans Kühne (1874–1942) zusammen. In dieser Zeit entstanden zahlreiche bedeutende öffentliche Gebäude, Sakral- und Industriebauten sowie Wohn- und Herrenhäuser, die sich durch eine zeitgemäße Funktionalität, einfühlsame Materialwahl und eine wirkungsvolle Gestaltung auszeichneten.
1906 war er Vorsitzender des Ausstellungsdirektoriums der Dritten Deutschen Kunstgewerbeausstellung in Dresden, bei deren Eröffnung er gemeinsam mit Cornelius Gurlitt, König Friedrich August III. von Sachsen und Prinz Johann Georg durch die Ausstellung führte.
Parallel zu seiner freiberuflichen Tätigkeit war Lossow ab 1906 auch Direktor der Kunstgewerbeschule Dresden und Vorstand der Sächsischen Landesstelle für Kunstgewerbe, außerdem war er Vorsitzender des Dresdner Kunstgewerbevereins. In der Immobilienwirtschaft betätigte er sich als Mitglied Aufsichtsrat der Bank für Bauten in Dresden.
Zu den bekanntesten Bauten des Büros Lossow und Kühne (auch Lossow & Kühne) zählt der Leipziger Hauptbahnhof, der in den Jahren 1909 bis 1915 unter Beteiligung des damaligen Mitarbeiters Rudolf Bitzan als bis heute größter Kopfbahnhof Europas errichtet wurde.
William Lossow starb 1914 an einem Nierenleiden in Heidelberg.
Bauten und Entwürfe (Auswahl)
Lossow und Viehweger
- 1885–1887: Villa für den Unternehmer Eduard Hielle in Schönlinde, Nordböhmen (Krásná Lípa, Tschechien)
- 1891–1892: „Victoria-Haus“ in Dresden (zerstört)
- 1893–1894: Rathaus der Gemeinde Plauen bei Dresden (Dresden-Plauen)
- 1895–1896: Landratsamt in Bad Liebenwerda, Dresdener Straße 21 (unter Denkmalschutz)
- 1896–1900: Garnisonkirche St. Martin in der Dresdner Albertstadt
- 1897–1898: Central-Theater in Dresden (zerstört)
- 1899–1901: Fernheiz- und Elektrizitätswerk in Dresden (westlich der Semper-Oper, nicht erhalten)[1]
- 1901 und 1903: Wettbewerbsentwürfe für das Neue Rathaus in Dresden (nicht ausgeführt)
- 1901–1902: evang. Auferstehungskirche in Plauen bei Dresden (Dresden-Plauen)
- 1901–1902: Central-Theater in Chemnitz, Zwickauer Straße (zerstört)
- 1902: Lossows eigenes Wohnhaus in Dresden, Tiergartenstraße 52
- 1902: Müllerbrunnen in Plauen bei Dresden (Dresden-Plauen)
- 1902: Herrenhaus auf Rittergut Elstra, Lessinggasse 7 (genannt „Schloss Elstra“, unter Denkmalschutz)
- 1903–1907: Kunstgewerbeschule und Kunstgewerbemuseum in Dresden (nach dem Zweiten Weltkrieg teilweise vereinfacht wiederaufgebaut)
- 1904: Kaufhaus Herzfeld am Altmarkt in Dresden (zerstört)
- 1905: Büro- und Geschäftshaus der Kieler Neuesten Nachrichten in Kiel, Fleethörn / Mühlenbach (nach dem Zweiten Weltkrieg stark vereinfacht wiederaufgebaut)
- Viktoriahaus in Dresden
- Landratsamt in Bad Liebenwerda
- Garnisonkirche in Dresden
- Central-Theater in Dresden
- Fernheiz- und Elektrizitätswerk in Dresden
- Herrenhaus auf Rittergut Elstra
- Kunstgewerbeschule und -museum in Dresden
Lossow und Kühne
- 1907: „Preußenhaus“ in Tübingen
- 1907–1908: Herrenhaus auf Gut Weißig (genannt Schloss Weißig), Oberlausitz
- 1908: Stadtbad, genannt „Dr.-Curt-Geitner-Bad“, in Schneeberg (Erzgebirge) (unter Denkmalschutz)
- 1908–1909: evang. Kirche in Zinnwald (Erzgebirge)
- Wettbewerbsentwurf 1909, erbaut 1910–1911: Synagoge in Görlitz
- 1909–1910: Gebäude der Handelskammer in Dresden (zerstört)
- 1909–1910: Ständehaus in Bautzen
- 1909–1913: architektonische Gestaltung der Talsperre Malter
- 1909–1915: Hauptbahnhof Leipzig
- Wettbewerbsentwurf 1910, erbaut 1912–1913: Neues Königliches Schauspielhaus in Dresden
- um 1910: Wohnhaus für den Unternehmer Moritz Hendel jun. in Oelsnitz (Vogtland), Lutherstraße 19 (unter Denkmalschutz)
- 1910–1911: Hauptbauten der Internationalen Hygiene-Ausstellung 1911 in Dresden
- 1910–1911: Herrenhaus auf Gut Helmsdorf
- 1911: Verlagshaus für den B. G. Teubner Verlag in Leipzig, Poststraße (zerstört)
- 1911: Palasthotel Weber in Dresden, Postplatz (zerstört)
- 1911–1912: Spinnerei der Firma Johann Priebsch Erben in Untermorchenstern, Böhmen (heute: Dolní Smržovka, Tschechien)[2]
- 1912: Villa Tiergartenstraße 50 in Dresden-Strehlen
- 1912–1913: Bienert’sche Hafenmühle in Dresden-Friedrichstadt (unter Denkmalschutz)
- 1913: evangelische Kapelle in Oberbärenburg
- 1913: Königin-Luise-Haus für den Deutschen Bund abstinenter Frauen e.V. in Leipzig (ohne Entwurfshonorar)
- 1913–1915: Hotel „Astoria“ in Leipzig, beim Hauptbahnhof (Fassade erhalten)
- Wettbewerbsentwurf 1913, erbaut 1914–1915: Gebäude der Handelskammer in Plauen (Vogtland) (unter Denkmalschutz)
- 1914: „Sächsisches Haus“ auf der Deutschen Werkbund-Ausstellung Köln 1914 (nicht erhalten)
(späteres Werk des Büros Lossow & Kühne nach Lossows Tod im Artikel zu Max Hans Kühne)
- Preußenhaus in Tübingen
- Kirche in Zinnwald
- Synagoge in Görlitz
- Schauspielhaus in Dresden
- Herrenhaus auf Gut Helmsdorf
- Hauptbahnhof in Leipzig
Einzelnachweise
- Neue Architektur; eine Auswahl der beachtenswertesten Neubauten moderner Richtung, aus Deutschland und Österreich. I. Serie, Tafel 30 (archive.org).
- textilka Johann Priebsch Erben (první) - tzv. Obnovená. In: Architektura českých Němců 1848–1891 | Architektur der Deutschen in Böhmen 1848–1891. Abgerufen am 24. März 2020.
Literatur
- o. V.: William Lossow †. In: Deutsche Bauzeitung, 48. Jahrgang 1914, Nr. 50 (vom 24. Juni 1914), S. 490 f.
- Nekrolog in: Die Kunstchronik, Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe, Neue Folge, 25. Jahrgang 1913/1914, Nr. 37 (vom 5. Juni 1914), Sp. 542.
- Will Grohmann: Lossow, William. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 23: Leitenstorfer–Mander. E. A. Seemann, Leipzig 1929, S. 404.
- Hartmut Gräfe: Zum Wirken der Architektengemeinschaft Lossow & Kühne in der Sächsischen Schweiz. in: Landesverein Sächsischer Heimatschutz (Hrsg.): Kalender Sächsische Heimat 2017, Kalenderblatt der 36. Woche.
Weblinks
- Matthias Donath: William Lossow (1852–1914). In: Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde (Hrsg.): Sächsische Biografie.
- William Lossow im Stadtwiki Dresden
- Otto-Heinrich Elias: Vom Historismus zur Moderne. Der Werdegang eines erfolgreichen Architekten. auf www.glauchau.de, zuletzt abgerufen am 11. Januar 2020
- Abbildung Kupferstich König Friedrich August III. von Sachsen mit Prinz Johann Georg, Architekt und Ausstellungspräsident William Lossow, Kunsthistoriker Cornelius Gurlitt u. a. auf der 3. Dt. Kunstgewerbeausstellung in Dresden 1906 in der Onlinecollection der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden