Walstrandung
Unter einer Walstrandung versteht man das unbeabsichtigte Auflaufen eines Wals auf den Strand oder eine Untiefe. Am bekanntesten sind dabei Massenstrandungen von Grind- und Pottwalen. Die Ursachen von Walstrandungen sind bis heute noch nicht ausreichend geklärt. Mögliche Gründe für Massen- oder Einzelstrandungen sind:
- Toxische Kontaminationen innerhalb der Nahrungskette
- schwächender Parasitenbefall im Respirationstrakt, Gehirn oder Mittelohr
- bakterielle oder virale Infektionen
- panische Flucht vor Feinden (inkl. Mensch)
- starke soziale Bindungen innerhalb einer Gruppe, wodurch alle Individuen einem gestrandeten Tier folgen
- Störung des Magnetsinns durch natürliche Anomalien im Magnetfeld der Erde
- Verletzungen; Etwa durch Kollisionen mit Schiffsschrauben.[1]
- Unterwasserlärmverschmutzung des Wasserschalls durch Schiffsverkehr, seismische Untersuchungen und militärische Sonarexperimente.
Seit Ende des 16. Jahrhunderts sind in der Nordsee Pottwale gestrandet. Diese traten vor allem in den Wintermonaten zwischen November und Februar in der Zeit der männlichen Südwanderung auf.[2]
Seit den 1990er-Jahren treten Walstrandungen im Zusammenhang mit militärischen Sonartests gehäuft auf. Im Dezember 2001 räumte die US Navy eine Mitschuld an der Strandung und dem Tod mehrerer Meeressäuger im März 2000 ein.[3] Der von ihr mitverfasste Zwischenbericht[4] kommt zu dem Schluss, dass die Tiere durch das aktive Sonar einiger Navy-Schiffe getötet oder verletzt wurden. Generell wird Unterwasserlärm, der noch immer im Zunehmen begriffen ist, vermehrt für Strandungen verantwortlich gemacht, da er die Kommunikation und den Orientierungssinn der Tiere beeinträchtigt.[5]
Auch der Klimawandel scheint durch die Beeinflussung der großen Windsysteme der Erde und damit des Verlaufs der Meeresströmungen zu Walstrandungen zu führen. Mark Hindell und sein Team von der University of Tasmania in Hobart untersuchten Walstrandungen an der Küste von Tasmanien zwischen 1920 und 2002 und stellten fest, dass in gewissen zeitlichen Abständen jeweils größere Strandungsereignisse vorkamen.[6] In den Jahren mit einer zehnfachen Anzahl von Strandungsereignissen wurde auch das Auftreten von starken Stürmen registriert, welche die Kaltwasserströmungen vermehrt in Küstennähe leiteten. In nährstoffreichem, kaltem Wasser finden Wale besonders viele Beutetiere, weshalb sie den Kaltwasserströmungen folgten und damit in diesen meteorologisch außergewöhnlichen Jahren in seichtere Gewässer gelangten als sonst, wo die Gefahr für Strandungen höher ist.
Da viele Wale und Delfine in Gruppenverbänden leben, folgen oder begleiten sie oft kranke oder geschwächte Tiere in seichte Gewässer, was bei Ebbe zu Massenstrandung führen kann.
Einmal gestrandet, werden vor allem Großwale von ihrem eigenen Körpergewicht erdrückt, wenn sie nicht rechtzeitig ins tiefere Wasser zurückgelotst werden können. Zudem ist die Regulation der Körpertemperatur bei einem gestrandeten Wal nicht mehr gewährleistet und es besteht die Gefahr der Überhitzung.
Konkrete Fälle
- 1918 strandeten rund 1000 Wale auf den Chathaminseln[7]
- Walstrandungen an der Nordseeküste 2016
- Walstrandungen in Haast (Neuseeland) 2017/18
- Walstrandungen in Stewart Island (Neuseeland) 2018
- Januar bis Ende Mai 2019 rund 70 Grauwale in Kalifornien, Oregon, Washington und Alaska – ähnlich viele zuletzt 2000[8]
- 50 Grindwale (tot im Sand) am Strand Löngufjörur auf der Halbinsel Snaefellsnes nördlich von Reykjavík, Island, am 18. Juli 2019 entdeckt[8]
- Im September 2020 strandeten 470 Grindwale bei Macquarie Harbour (Tasmanien), 110 davon konnten gerettet werden[9]
- Im November 2020 strandeten 97 Grindwale auf den Chathaminseln[7]
Siehe auch
Einzelnachweise
- Verletzter Wal durch Euthanasie erlöst. In: wochenblatt.es. 25. April 2019, abgerufen am 26. Mai 2019.
- Joseph G. Schnitzler, Marianna Pinzone, Marijke Autenrieth, Abbo van Neer, Lonneke L. IJsseldijk, Jonathan L. Barber, Rob Deaville, Paul Jepson, Andrew Brownlow, Tobias Schaffeld, Jean-Pierre Thomé, Ralph Tiedemann, Krishna Das, Ursula Siebert: Inter-individual differences in contamination profiles as tracer of social group association in stranded sperm whales. In: Scientific Reports. 8, 2018, doi:10.1038/s41598-018-29186-z.
- heise.de: U-Boot-Ortungsgerät tötet Wale vom 14. Januar 2002, abgerufen am 2. September 2013.
- bahamaswhales.org: Joint Interim Report, Bahamas Marine Mammal Stranding, Event of 15-16 March 2000 (Memento des Originals vom 4. Oktober 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 1,6 MB) Dezember 2001, abgerufen am 2. September 2013.
- Ocean Noise Coalition, 26. November 2007
- New Scientist, 26. Juli 2004
- Fast 100 Grindwale an Neuseelands Küste verendet. In: derstandard.at. 25. November 2020, abgerufen am 25. November 2020.
- Rätseln über Ursache: 50 tote Grindwale auf Island entdeckt. In: orf.at. 20. Juli 2019, abgerufen 20. Juli 2019.
- Helfer bargen letzten überlebenden Wal vor Tasmanien. In: orf.at. 27. September 2020, abgerufen am 27. September 2020.