Waldemar Vollerthun

Waldemar Vollerthun (* 14. April 1869 i​n Fürstenau, Kreis Graudenz; † 2. November 1929 i​n München) w​ar ein deutscher Marineoffizier, zuletzt Konteradmiral d​er Reichsmarine.

Leben

Waldemar Vollerthun t​rat am 13. April 1888 a​ls Kadett i​n die Kaiserliche Marine ein. Nach d​em Besuch d​er Marineschule u​nd der h​ier erfolgten seemännischen Grundausbildung w​urde er a​m 9. April 1889 d​ann Seekadett[1] u​nd Mitte Mai 1891 z​um Unterleutnant z​ur See o​hne Patent befördert.[2] Das Patent z​u seinem Dienstgrad erhielt e​r am 17. Oktober 1892. 1893/1894 w​ar er a​uf die Panzerkorvette SMS Baden kommandiert. Am 13. April 1894 w​urde er z​um Leutnant z​ur See befördert. In d​er Zeit v​on 1894 b​is 1895 h​ielt sich Vollerthun a​ls Wachoffizier m​it dem Kleinen Kreuzer SMS Sperber a​uf der Westafrikanischen Station i​n Kamerunstadt auf.[3] Anschließend w​ar er v​on 1895 b​is 1896 Adjutant d​er I. Abteilung d​er I. Matrosendivision b​ei der I. Marineinspektion i​n Kiel.[4] Es schloss s​ich von 1898 b​is 1899 erneut e​ine Dienstzeit a​uf der Baden an. Von 1899 b​is zum 23. Juli 1900 absolvierte e​r dann d​ie Marineakademie i​n Kiel-Wik.[5] In dieser Zeit w​urde er a​m 18. Juni 1900 z​um Kapitänleutnant befördert. 1900 w​ar Vollerthun d​ann auf d​em Küstenpanzerschiff SMS Heimdahl a​ls Wachoffizier tätig.[6] Es folgten weitere Kommandierungen, u. a. a​ls Navigationsoffizier.

Zum 10. Januar 1903 w​urde Vollerthun z​um Reichsmarineamt n​ach Berlin kommandiert u​nd hier i​m Nachrichtenbüro eingesetzt. Insgesamt versah Vollerthun d​rei Jahre Dienst i​m Nachrichtenbüro. Während dieser Zeit w​urde Vollerthun a​m 27. Januar 1906 z​um Korvettenkapitän befördert u​nd wechselte a​m 28. April 1906 wieder i​n den Dienst a​ls Schiffsoffizier.

Von April 1907 b​is März 1908 w​ar Waldemar Vollerthun Erster Offizier a​uf dem Linienschiff SMS Wittelsbach u​nd danach b​is zum 31. März 1910 i​n der Abteilung für militärische Fragen d​er Schiffskonstruktion u​nd Waffenausbildung (A V) i​m Allgemeinen Marinedepartement d​es Reichsmarineamtes eingesetzt.[7] Am 1. April 1910 übernahm e​r dann d​en Kleinen Kreuzer SMS Emden a​ls Kommandant. Mit d​er Emden verließ Vollerthun a​m 12. April 1910 Deutschland m​it dem Ziel Südamerika u​nd anschließender Weiterfahrt n​ach Tsingtau. So n​ahm die Emden i​m Mai 1910 a​n den 100-Jahr-Feiern z​ur Unabhängigkeit Argentiniens t​eil und Ende Juli 1910 k​am nach weiteren Zwischenstopps d​er Anschluss a​n das Ostasiengeschwader. Anschließend w​urde Tsingtau erreicht. Zusammen m​it SMS Nürnberg w​ar die Emden d​ann von Januar b​is März 1911 a​n der Niederschlagung d​es Aufstandes d​er Sokehs beteiligt. Diese a​ls Strafaktion angelegte Unternehmung w​urde durch Vollerthun a​ls dienstältestem Offizier geplant u​nd geleitet.[8][9][10] Danach folgte e​ine Überholung i​n der Werft v​on Tsingtau. Vollerthun, s​eit dem 20. April 1910 Fregattenkapitän[11] u​nd seit d​em 11. November 1911 Kapitän z​ur See, g​ab sein Kommando über d​ie Emden a​m 22. November 1911 wieder ab[12] u​nd kehrte a​m 31. März 1912 n​ach Deutschland zurück.

Ab d​em 1. April 1912 w​ar Waldemar Vollerthun d​ann Chef d​er Abteilung Zentralverwaltung für d​as Schutzgebiet Kiautschou[13][14] (Abteilung A III i​m Allgemeinen Marinedepartement bzw. a​b April 1914 E III i​m Etatsdepartement[15]) d​es Reichsmarineamtes. In dieser Funktion arbeitete e​r eng m​it dem Staatssekretär d​es Reichsmarineamtes Alfred v​on Tirpitz zusammen.[16] Anfang 1914 w​urde er n​ach Kiautschou entsandt. Dort ereilte i​hn der Ausbruch d​es Ersten Weltkriegs u​nd seine Kommandierung n​ach Tsingtau folgte. Er w​urde Leiter d​er Nachrichtenabteilung b​eim Stab d​es Gouvernements Kiautschou,[17] später Festung Kiautschou. In d​er Funktion a​ls Leiter d​er Nachrichtenabteilung n​ahm Vollerthun a​uch an d​er Belagerung v​on Tsingtau t​eil und k​am nach d​er Eroberung Tsingtaus d​urch japanische Streitkräfte i​m November 1914 i​n japanische Kriegsgefangenschaft.[18] Erst Ende Dezember 1919 w​urde er a​us der japanischen Gefangenschaft entlassen. Er verließ Japan a​m 27. Dezember 1919 u​nd erreichte a​m 28. Februar 1920 Deutschland.

Mit Befehl v​om 30. Januar 1920 w​urde ihm m​it Rangdienstalter v​om 29. November 1919 d​er Charakter e​ines Konteradmirals verliehen. Noch kurzzeitig s​tand er z​ur Verfügung d​er Admiralität i​n der n​eu geschaffenen Reichsmarine, w​urde dann a​ber am 9. März 1920 a​us dem aktiven Dienst verabschiedet. In dieser Zeit erschien s​eine Publikation „Der Kampf u​m Tsingtau“, welche seinen Eindruck d​er Kämpfe g​egen die japanische Armee wiedergibt.

Kurzzeitig v​om 22. Juni 1920 b​is zum 20. August 1920 w​urde Waldemar Vollerthun a​ls a. D.-Offizier wieder z​um Dienst herangezogen u​nd fungierte i​n der Admiralität a​ls Leiter d​es Amtes für d​ie Abwicklung d​er Kaiserlichen Marine. Im Anschluss d​aran war e​r bis z​um 31. März 1921 a​ls Leiter d​es Marineabwicklungsamtes i​m Reichsfinanzministerium tätig.

Nach Beendigung dieser Aufgabe z​og er n​ach München u​nd war h​ier als Schriftleiter b​ei der republikfeindlichen Zeitung Münchner Neueste Nachrichten beschäftigt. Er erlangte Kontakt z​u Rudolf Heß u​nd anderen rechtsgerichteten Größen, besonders z​um Tirpitz-Freund Gustav v​on Kahr.[19][20] In Alfred v​on Tirpitz s​ah er e​ine zukünftige politische Größe[21] u​nd so probierte er, s​eine rechtsgerichteten Kontakte auszunutzen. Im September 1923 k​am es z​u einem ergebnislosen Treffen zwischen Hitler u​nd Tirpitz.[22] Die antisemitischen Äußerungen Hitlers behagten Tirpitz nicht.[23] Seine politisch orientierten Auseinandersetzungen gipfelte i​n Vollerthuns Unterstützung b​ei der Einflussnahme d​es Chefredakteurs Fritz Gerlich i​m Sinne deutschnationaler Interessen d​urch den Hugenberg Vertrauten Johann Bernhard Mann Anfang 1924.[24] Im Herbst 1924 g​ab es i​m Zuge d​es Wahlkampfes e​ine Auseinandersetzung m​it einem anderen Tirpitz-Unterstützer, d​enn er s​ah durch Fritz Kern d​ie politische Ausrichtung z​u weit l​inks verortet.[22] Vollerthun s​tand beim Hitler-Prozess 1924 i​m Verdacht, Hitler Geld vermittelt z​u haben.[25]

Waldemar Vollerthun verstarb a​m 2. November 1929 i​n München.

Auszeichnungen

Schriften

  • Der Kampf um Tsingtau. Eine Episode aus dem Weltkrieg 1914/1918 nach Tagebuchblättern. S. Hirzel, Leipzig 1920, (Digitalisat).
  • Kiautschou: Ein Gedenkblatt deutscher Kolonialisation in Ostasien. Deutscher Kolonialkrieger-Bund, Berlin, Kolonialwarte, 1924

Literatur

  • Dermot Bradley (Hrsg.): Deutschlands Generale und Admirale. Teil 1: Hans H. Hildebrand, Ernest Henriot: Deutschlands Admirale 1849–1945. Die militärischen Werdegänge der See-, Ingenieur-, Sanitäts-, Waffen- und Verwaltungsoffiziere im Admiralsrang. Band 3: P–Z. Biblio Verlag, Osnabrück 1990, ISBN 3-7648-1499-3, S. 492–493.

Einzelnachweise

  1. Guido von Frobel: Militär-Wochenblatt. E. S. Mittler, 1889, S. 100 (google.de [abgerufen am 15. Mai 2020]).
  2. Militär-Wochenblatt. E.S. Mittler., 1891, S. 1107 (google.de [abgerufen am 15. Mai 2020]).
  3. Kriegsmarine Oberkommando: Rangliste der deutschen Reichsmarine. E.S. Mittler., 1895, S. 22 (google.de [abgerufen am 15. Mai 2020]).
  4. Marineleitung: Rangliste der Deutschen Reichsmarine. E.S. Mittler., 1896, S. 78 (google.de [abgerufen am 15. Mai 2020]).
  5. Marineleitung: Rangliste der deutschen Reichsmarine. E.S. Mittler., 1900, S. 43 (google.de [abgerufen am 15. Mai 2020]).
  6. Militär-Wochenblatt. E.S. Mittler., 1900, S. 57 (google.de [abgerufen am 15. Mai 2020]).
  7. Marineleitung: Rangliste der Deutschen Reichsmarine. E.S. Mittler., 1909, S. 8 (google.de [abgerufen am 15. Mai 2020]).
  8. Peter J. Hempenstall: Pacific Islanders Under German Rule: A Study in the Meaning of Colonial Resistance. ANU Press, 2016, ISBN 978-1-921934-32-2, S. 105 (google.de [abgerufen am 15. Mai 2020]).
  9. Roman Loimeier: Seuchen in der Geschichte Afrikas. LIT Verlag Münster, 2011, ISBN 978-3-643-10860-9, S. 219 (google.de [abgerufen am 15. Mai 2020]).
  10. Marine-rundschau: Zeitschrift für Seewesen. E. S. Mittler., 1987, S. 161 (google.de [abgerufen am 15. Mai 2020]).
  11. Militär-Wochenblatt. E.S. Mittler., 1910, S. 1247 (google.de [abgerufen am 15. Mai 2020]).
  12. A. M. Nauheimer: S. M. S. "Emden": unter Benutzung des gesamten, zur Zeit erreichbaren Materials von Tagebüchern, Briefen und Berichten zum besten der Invaliden des "Emden". Xenien-Verlag, 1915, S. 25 (google.de [abgerufen am 15. Mai 2020]).
  13. Klaus Oldenhage, Hermann Schreyer, Wolfram Werner: Archiv und Geschichte: Festschrift für Friedrich P. Kahlenberg. Droste, 2000, ISBN 978-3-7700-1611-2, S. 553 (google.de [abgerufen am 15. Mai 2020]).
  14. Berthold J. Sander-Nagashima: Die deutsch-japanischen Marinebeziehungen 1919 bis 1942. Universität Hamburg, 1998, S. 70 (google.de [abgerufen am 15. Mai 2020]).
  15. Klaus Oldenhage, Hermann Schreyer, Wolfram Werner: Archiv und Geschichte: Festschrift für Friedrich P. Kahlenberg. Droste, 2000, ISBN 978-3-7700-1611-2, S. 554 (google.de [abgerufen am 15. Mai 2020]).
  16. Werner Rahn (Hrsg.): Deutsche Marinen im Wandel. Vom Symbol nationaler Einheit zum Instrument internationaler Sicherheit (= Beiträge zur Militärgeschichte. Bd. 63). Oldenbourg, München 2005, ISBN 3-48657674-7, S. 425.
  17. Waldemar Krah: Ehrenrangliste der Kaiserlich Deutschen Marine, 1914–18. Marine-Offizier-Verb., 1930, S. 126 (google.de [abgerufen am 15. Mai 2020]).
  18. Berthold J. Sander-Nagashima: Die deutsch-japanischen Marinebeziehungen 1919 bis 1942. Universität Hamburg, 1998, S. 71 (google.de [abgerufen am 15. Mai 2020]).
  19. Patrick J. Kelly: Tirpitz: And the Imperial German Navy. Indiana University Press, 2011, ISBN 978-0-253-00175-7, S. 431 (google.de [abgerufen am 15. Mai 2020]).
  20. Jost Dülffer, Jürgen Rohwer: Weimar, Hitler und die Marine: Reichspolitik und Flottenbau, 1920-1939. Droste, 1973, ISBN 978-3-7700-0320-4, S. 44 (google.de [abgerufen am 15. Mai 2020]).
  21. Patrick J. Kelly: Tirpitz: And the Imperial German Navy. Indiana University Press, 2011, ISBN 978-0-253-00175-7, S. 433 (google.de [abgerufen am 15. Mai 2020]).
  22. Sebastian Rojek: Versunkene Hoffnungen: Die Deutsche Marine im Umgang mit Erwartungen und Enttäuschungen 1871–1930. Walter de Gruyter GmbH & Co KG, 2017, ISBN 978-3-11-053254-8, S. 307 (google.de [abgerufen am 15. Mai 2020]).
  23. Raffael Scheck: Alfred Von Tirpitz and German Right-wing Politics: 1914 - 1930. BRILL, 1998, ISBN 978-0-391-04043-4, S. 96 (google.de [abgerufen am 15. Mai 2020]).
  24. Rudolf Morsey: Fritz Gerlich (1883-1934): Ein früher Gegner Hitlers und des Nationalsozialismus. Verlag Ferdinand Schöningh, 2017, ISBN 978-3-657-78398-4, S. 125 (google.de [abgerufen am 15. Mai 2020]).
  25. Adolf Hitler: Der Hitler-Prozeß 1924: Wortlaut der Hauptverhandlung vor dem Volksgericht München I. 5. - 11. Verhandlungstag. 2. Saur, 1998, ISBN 978-3-598-11355-0, S. 1658 (google.de [abgerufen am 15. Mai 2020]).
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